232
Außenansicht bei Tage.
Portal entspricht, mit dem Kirchenraum verbunden wer
den. Um die Wesentlichkeit der Kaumgestaltung nicht
zu erschweren, ist auf eine „Dehnbarkeit ' des Kirchen
raumes mit Absicht und mit Recht verzichtet worden.
Die „Dehnbarkeit“ des Kultraums gehört zu den Merk
malen jener bekannten Intellektualisierung evangelischer
Kaumgestaltung, die ihre Formbildung immer gänzlicher
aus dem Kalkül praktisch-äußerlicher Zweckhaftigkcit
und in gleichem Maße immer weniger aus der Symbol
kraft und geistigen Sinnhaftigkeit der Raumgestaltung
hergeleitet hat.
Der Kirchenraum verengt sich über keilförmigem
Grundriß nach dem Chor, der trapezförmig, vom Kult
raum abgesetzt, die Grundlinie vollendet. Durch diese
Grundlinienführung ist eine au Berge wöhnheh starke
Dynamik der Kaumbewegung zum Chor erreicht worden.
Das Gestühl, in zwei großen Blöcken zu seiten eines
breiten Mittelganges angeordnet, ist ein bedeutsamer Fak
tor in der Aktivierung der Raumbewegung und in der
Einschaltung der versammelten Gemeinde in die Spannung
der Raumform. Diese Dynamik der Raumgestalt konzen
triert die Aufmerksamkeit der Gemeinde auf die kultischen
Stätten von Kanzel und Altar.
Während die Kanzel der Gemeinde nahegerückt ist,
steht der Altar in der Ferne. Er ist dicht vor die gläserne
Stirnwand gestellt und durch Stufen soweit erhöht, daß
er für die Gemeinde über der Kanzel sichtbar wird. Der
Altar ist die Stätte der Verkündigung und der Abend
mahlsfeier. Diese Bestimmung gibt ihm den Sinn des
Beth-El-Zeichens: „Der Herr ist an diesem Orte“. Nach
evangelischer Auffassung ist die Gegenwärtigkeit des
Heiligen nicht äußere Bindung an die Stätte, sondern
Selbstoffenbarung in der Raumgestalt und der in ihr voll
zogenen Feier. Deshalb ist der Raum des Chores die
Höchststeigerung gebauter Epiphanie, die der kultischen
Architektur als Ziel und Aufgabe ihr Gepräge gibt. Es
ist ohne weiteres deutlich, daß der Strukturbau den „Er
scheinungscharakter“ sakraler Architektur mit besonderer
Ausdruckskraft zu gestalten vermag. Denn das Skelett
des konstruktiven Raumsystems umkleidet sich nicht mit