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Emporengeschoß.
Erdgeschoß,
durch das Hauptschiff ein, besonders
vom Chor her. Auch hat man gleich
den Blick auf den Altar frei. Weiter
geht man dann in das Nebenschiff, das
vom Hauptschiff nur durch den großen
Mittelpfeiler getrennt ist, sich aber
in der Höhe stark -unterscheidet
(3,50 m Raumhöhe). Diese Neben-
halle dient den Volksandachten, außer
dem stehen dort die Beichtstühle.
Das Hauptschiff ist als strenger Ein
raum entworfen, rechteckig in Grund
riß und Aufriß. Die Altarsteile ist
nicht abgetrennt, sondern hervor
gehoben: der Boden steigt zu ihr in,
breiten Stufen auf, während die
Fenster dort absteigen. Im übrigen
liegen die Fenster sehr hoch, last
unter der Decke.
Der Baustoff ist elementar unter
schieden; was „Erde“ ist, besteht aus
schwarzem belgischem Marmor, wäh
rend alles , Auf steigende weiß ver
putzt ist. Ähnlich will der ganze Bau
nicht aus einem „Zweck“, sondern
aus einem „Sinn“ verstanden sein.
Bei der Bearbeitung der Aufgabe
zeigte sich immer wieder, daß Zweck
form und Sinnform sich nicht nur
nicht glichen, sondern daß sie oft
genug in einem großen Gegensatz
standen. Jedö einzelne Form wäre
sicherlich ganz anders ausgefallen,
hätte man sie nur aus dem ent
worfen, was heute unter Zweck ver
standen wird. In dieser Hinsicht
mußten wir eine ganz klare Ent
scheidung treffen 1 ).
Die sorgfältig bearbeiteten Kon
struktionen (Eisenbetonriegelbau mit
Doppelwänden aus Schwemmsteinen)
habe ich schon in Heft 21/22 der
Zeitschrift „Die Form“, Jahig, 1930,
beschrieben. Sie machten den ge
ringen Baupreis von 14,13 RM/cbm
möglich.
Die strenge Form des Hauptschiffs
ist in ihrer Art wohl etwas Neues.
Sie liegt aber in einer Entwicklung
vorbereitet, die zu einer Zeit schon be
gann, als man noch historisch baute
und als auch die liturgischen Fragen
wenig geklärt waren. Sie ist durchaus
geistig begründet und hat sich immer
klarer durchgesetzt, manchem Wider
stand entgegen, namentlich entgegen
dem Versuch, die spätgotische Halle
oder die dreischiffige Basilika zu mo
dernisieren, auch dem Versuch entgegen,
den klaren Bestand des Einraums mit
vielen oder wenigen, dicken oder dünnen
Innenpfeilem zu verzieren und dadurch
Erinnerungen an die Kathedrale mit
ihren heute sinnlos gewordenen Ka
pellen zu beschwören (was in Wett
bewerben und in natura allmählich un
erträglich wird und sich weder geistig,
noch religiös, noch technisch, noch
ästhetisch begründen läßt). Die Unter
suchungen der Ingenieure ergaben wäh
rend des Entwurfs, daß man das große
Haus als Kasten mit sehr dünnen
Wänden konstruieren konnte. Die tech
nische Entwicklung ist also auch hier
wieder zugleich eine geistige®).
Ähnliches gilt für den Außenbau.
Das künstlerische Thema eines solchen
’) Wir halten die Antithese von Zweck und Sinn für
»ehr glücklich im Hinblick darauf, daß Bauen vom
Zweck ausgehend nur dann erfolgreich sein kann, wenn
es den Zweck vergeistigt als „Sinn“ zugrunde legt.
Indessen ist die Annahme doch wohl nicht unberechtigt,
daß die rein materialistische Auffassung des Formpro
blems nach der primitiven Formel Zweckerfüllung
Oeataltung heute als baulicher Darwinismus überwunden
sein dürfte. (Schriftl.)
*) Vgl. Anmerkung 1.