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vorzunehmen und weiterhin an einer Tagung des ebengenannten
Instituts in Amsterdam sich zu beteiligen. Die Fortsetzung
begann mit der Fahrt von Borkum nach Delfzyl am 7. Juni
nachmittags und führte die Teilnehmer nach einer kurzen Be
sichtigung des Hafens von Delfzyl zunächst bis Leuwarden.
Von dort wurde am 8. Juni die Besichtigung der Zuidersee-
Werke unter Führung des Generaldirektors dieser Werke,
Jr. V. J. P. de Bloeq van Kuffeler, den Haag, angetreten.
Gezeigt wurden außer den eigentlichen Dammarbeiten die
Schiff- und Vorflutschleusen an den beiden Enden, bei Hooge-
zand auf der Ostseite und bei der Insel Wieringen auf der
Westseite, ferner das zu Versuchzwecken als erstes zunächst
fertig eingedeichte Wieringer Meer mit 20 000 ha Fläche und
seinen Entwässerungsanlagen. Die Dammarbeiten sind da
durch außerordentlich begünstigt, daß ein Geschiebemergel,
Keileem genannt, von ziemlicher Widerstandsfähigkeit gegen
den Angriff von Wellenschlag und strömendem Wasser für die
ersten Schüttungen zur Verfügung steht. Näheres über dieses
wohl gewaltigste Landgewinnungswerk aller Zeiten zu bringen,
ist hier nicht der Platz. Die Bereisung nahm den ganzen Tag
in Anspruch.
Am 9. Juni fand sodann die Sitzung in Amsterdam statt,
auf der nach den einleitenden Begrüßungen eine Reihe von
Vorträgen in deutscher Sprache über den Amsterdamer Hafen,
den Nordsee-Kanal und die Anlagen in Ymuiden gehalten
wurden. Die V ortragen den waren: JhrE. vanHeemskerek
van Beest über „Der Amsterdamer Hafen“; Jhr. W. G. C.
Gelinck und G. T. 0. Heyning über ,,Die Schleusen- und
Hafenanlagen Ymuiden und die Erweiterung des Nordsee-
Kanals“; Jhr. A. H. Ingen Monsz über „Die A.-G. Königl.
Niederländ. Hochöfen und Stahlwerke“.
Von besonderem Interesse waren hiervon die Ausführungen
über den teils fertigen, teils noch in Arbeit befindlichen Coen-
hafen in Amsterdam. Dieser Hafen ist für den Stückgutverkehr
bestimmt und soll die Beförderung von Gütern durch Leichter
und Hafenfahrzeuge erleichtern. Diese Beförderungsart ist
einer der wichtigsten Vorteile des Amsterdamer Umschlag
betriebes, verlangt aber auch für die Hafenfahrzeuge unge
störte Lösch- und Lademöglichkeiten. In dem östlichen Hafen
gebiet besitzen die Kaischuppen nur auf der einen Seite Kai
mauern, so daß der Binnenschiffsverkehr sehr oft durch die
Seeschiffe gestört wird. Im ersten Abschnitt des Coenhafens
sind deshalb zwei Hafenzungen von je 300 m Länge und 55 m
Breite gebaut worden, deren eine Seite eine Kaimauer für See
schiffe (Hafcnsohle — 10,30 m A. P.) mit Kranbahn, Eisenbahn
gleis und Pflasterstraße, deren andere Seite dagegen Liege
plätze für Binnenfahrzeuge (Hafentiefe —3,50 m A. P.) er
halten hat. Die beiden Hafenzungen liegen mit den Seiten
für Binnenfahrzeuge nebeneinander. Zwei weitere in der Aus
führung begriffene Hafenzungen erhalten eine seetiefe Kai
manen auch an der Außenseite des Einschnitts für die Binnen
fahrzeuge. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, nicht nur
Güter aus Seeschiff quer durch den Schuppen in Binnenschiffe
umzuschlagen, sondern auch unmittelbar aus Seeschiff in
Binnenschiffe. Durch Aufstellung von leichten Verlade
brücken, die den Einschnitt für Hafenfahrzeuge überspannen,
kann auch auf dieser Seite ein unmittelbarer Vorkehr zwischen
Seeschiff und Schuppen stattfinden.
Das in dem Vortrag Gehörte wurde am Nachmittag und
am folgenden Tag auf einer Besichtigungsfahrt durch den
Amsterdamer Hafen und nach Ymuiden gezeigt. In Ymuiden
wurden in mehreren Gruppen Schleusen und Außenhafenanlagen,
ferner der Fischereihafen und endlich die Eisfabrik besucht
und im Anschluß daran gemeinsam die Königl. Niederländi
schen Hochofen und Stahlfabriken nebst Stickstoffwerke und
Hochofen-Zementfabrik besichtigt. L. 8,
Literaturhinweis:
Zeitschrift „Werft — Reederei — Hafen“, Heft 12 vom
6, Juni 1931;
Technische Mededeetingen voor de Feestvergadering te
Amsterdam en Ymuiden, 9. en 10. Juni 1931 des Koninklijk
Instituut van Ingenieurs.
NEUER APENNIN-TUNNEL
IN DER BAHN BOLOGNA-FLORENZ.
Der Apennin hat der Anlage von Verkehrswegen in Italien
seit alters her Schwierigkeiten bereitet. Deshalb ist die Durch
dringung des Gebirges durch die neue Eisenbahn Bologna—
Florenz ein besonderes Ereignis. Die Bahn kürzt nicht nur
die Entfernung zwischen beiden Städten, bisher 132 km, auf
97 km ab, sondern vermindert auch die zu erklimmende Höhe
um fast 300 m. Freilich hat man dabei neben zahlreichen
Kunstbauten und einigen kleineren Tunnels den Bau eines
18,51 km langen Apennin-Tunnels in Kauf nehmen müssen,
über dessen Ausführung nachstehend’ 1 ') einiges berichtet sei.
*) Nach „Le Gönle civil“, Nr.^12 vom 20. Scpt. 1930, S. 274-
Abh. 1.
Lageplan der Eisen
bahnlinie Bologna -
Florenz.
Der Eingang des Apennin-Tunnels (Abb. 1) liegt etwa
45 km von Bologna entfernt. Der Tunnel verläuft geradlinig.
Von Norden her steigt das Gleis im Tunnel zunächst auf 4775 m
mit 1 ; 1000 (Abb, 2) und fällt dann auf 4751 m mit 1 : 406,5
und auf 8984 m mit 1 : 173,3. Der höchste Punkt liegt auf
322,46 m Seehöhe. Der Tunnel, der beide Gleise der Strecke
aufnimmt im Gegensatz zu dem etwas längeren Simplon-
Tunnel mit je einer besonderen Tunnelröhre für jedes Gleis,
hat einen Querschnitt von 8,8 m bis 9 m Breite und 7,70 m
bis 7,90 m Höhe über Sehienenunterkante mit ungefähr halb
kreisförmigem Gewölbe. Schon in den Jahren 1910 und 1911
wurden Schürfungen vorgenommen, die ergaben, daß das
Gebirge aus Sand, Tonschiefer, Mergel und Kalk besteht und
daß stellenweise Gas austrat. Nach der Beschaffenheit des
Gesteins war zu erwarten, daß der tägliche Fortschritt beim
Ausbruch des Tunnels etwa 2,5 bis 3 m betragen würde, und
man entschloß sich daher zur Beschleunigung des Werks von
vier Angriff stellen aus zu arbeiten. Ungefähr in der Mitte
des Tunnels wurden zwei geneigte Schächte niedergetrieben,
die den Zugang zu den mittleren Angriff stellen bilden; sie
haben eine Länge von je 520 m, sind unter 50° geneigt und
auf dem Boden mit einer Treppe von 1400 Stufen versehen;
ihr lichter Querschnitt beträgt 17 m 2 .
Abb. 2. Längsschnitt durch den Tunnel.
Station di dfpassement = Vberholungsanlage, Rampe de 0,001 p'.m. = Steigung 1:1000,
Altitude du sol — Geländehöhei Pente de 0,00246 p. m.'= Gelälie 1:406,6,
Pentes et rampes = Neigungen, Pente de 0,00677 p.m. — Gelälie 1:173,3.
Dislances küom — Entfernung,