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schauämtern entsprechen dürfte. Seine Aufgabe war „die
Verbesserung der Luft und der Landwirtschaft, die Regelung
des Laufes der Flüsse und Gräben, die Unterhaltung der
Dämme und Straßen, die Trockenlegung der Sümpfe und die
Beschaffung von Trinkwasser.“ Ferdinand II. verfügte die
Wiederinstandsetzung der Dämme des Ombrone sowie eine im
Bereiche des Sees vorzunehmende Ausgrabung eines schiff
baren Kanals zwischen Grosseto und Castiglione della Pescaia,
womit schon um 1600 von Cosimo II. begonnen wurde. Bis
auf die Zeit Ferdinand II. der Medici gehen auch die ersten
Untersuchungen (um 1639) über die Möglichkeit der Auf
höhung der Sümpfe mittels der stark schlickhaltigen Wasser
des Ombrone zurück, ein Unternehmen, das von den Tech
nikern jener Zeit allerdings für unmöglich gehalten wurde.
Viele Sanierungsarbeiten ließ alsdann der Großherzog Leopold I.
ausführen, die dadurch, daß er auf den Thron Oesterreichs
berufen wurde, eine Unterbrechung erfuhren und auch von
seinem Sohne Ferdinand III. wegen der politischen Wechsel
fälle jener Zeit nicht weitergeführt wurden. Erst Leopold II.
war es Vorbehalten, das Bonifikationswerk der Maremme, das
von seinem Großvater begonnen worden war, wieder auf
zunehmen und während eines Zeitraums von 30 Jahren mit
weitsichtigem Blick und ausreichenden Mitteln beharrlich
durchzuführen. Er bediente sich zunächst der Ratschläge
des Giorgini (um 1827), welcher merkwürdigerweise die
Schließung der Ausmündungen der Wasserläufe nach dem
Meere mittels Schleusen vorschlug, um eine Vermischung
des salzigen Meereswassers mit dem süßen Flußwasser zu ver
hindern, da man damals einer merkwürdigen Theorie huldigte
und die Gründe der Malaria in dieser Vermischung von Meer-
und Flußwasser erblicken wollte. Durch eine solche Maß
nahme wäre der Mißstand nur vergrößert worden. Es war
daher ein Glück, daß andere Ansichten, die in der Kolmation
mit Recht das Heilmittel sahen, die Oberhand gewannen,
so daß im Jahre 1828 die Ausführung diesbezüglicher Arbeiten
dem Ingenieur Alessandro Manetti übertragen wurde. Im
Winter 1829 wurde in nur 160 Tagen mit einer Aufwendung
von etwa 400 000 Tagewerken ein Ableitungakanal — genannt
der erste Diversivo —- hergestellt, um die Muten des Ombrone
in die Sümpfe zu leiten, wo sie ihren Schlick absetzen sollten.
Der Kanal mit einer anfänglichen Länge von 7880 m wurde
mit fortschreitender Kolmation allmählich verlängert. Ein
zweiter Kanal wurde im Jahre 1832 ausgeführt. Beide Ab
leiter zusammen besitzen ein größtes Abführungsvermögen
von etwa 675 m 3 /sek. Die Oberfläche der aufzuhöhenden
Sumpfflächen war auf etwa 12 000 ha geschätzt worden und
der Kubikinhalt deT Sinkstoffe zur genügenden Aufhöhung
auf 174 Millionen Kubikmeter; man glaubte damals, diese
Masse aus den abgeleiteten Fluten des Ombrone in 8 Jahren
gewinnen zu können. Aber bereits im Jahre 1834 schätzte
Manetti auf Grund der Erfahrungen der zurückliegenden
Jahre die zur Vollendung der Kolmation erforderliche Zeit
auf noch 22 Jahre, da er noch zur vollständigen Aufhöhung
132 Millionen Kubikmeter Boden für erforderlich erachtete,
von denen im Mittel 6 Millionen jährlich aus den abgeleiteten
Wassermengen zu erhalten waren. Im Jahre 1859, also 3 Jahre
nach dem erhofften Vollendungstermin, war man jedoch von
der Beendigung der Arbeiten weit entfernt, wenn auch 5500 ha
ehemalige Sumpffläche als saniert und der Landwirtschaft
wieder zugeführt erklärt werden, konnten. Die Gründe des
Mißerfolges waren hauptsächlich die Verminderung des Ab
führungsvermögens der Ableiter infolge starker Verschlam
mung und der mit der Flächenaufhöhung notwendig sich er
gebenden Gefälleverringerung; weiterhin die langen Unter
brechungen der Ableitung aus dem Ombrone, verursacht durch
Schäden an dem Ueberfallbauwerk (Streichwehr), an den
Dämmen der Ableiter und an den Gehegen der Aufhöhungs
flächen (von 1830 bis 1859 waren wenigstens 10 Jahre infolge
solcher Unterbrechungen unausgenutzt geblieben); endlich
das außerordentlich hohe Ziisammensacken des Sumpfbodens
unter dem Gewicht des aufgebrachten Schlammes, wodurch
sich die benötigte Bodenmasse gegen den Anschlag erheblich
vergrößerte. So berief man im Jahre 1859 den im Jahre 1827
als Berater schon tätig gewesenen Giorgini zum Leiter des
Unternehmens. Da dieser aber noch immer der Theorie über
die Mischung der Salzwasser mit den süßen Wässern anhing
und die Ausflüsse nach dem Meer mit Schleusen versehen
ließ, so wurde das Kolmationsuntemehmen immer mehr ver
langsamt und nur 2000 ha weitere Flächen saniert und der
landwirtschaftlichen Kultur zugeführt, die aber bald wieder
infolge beträchtlicher Nachgiebigkeit des Untergrundes der
Versumpfung anheimfielen. Im Jahre 1871 berief die Regie
rung, um endlich das langwierige Unternehmen zu Ende zu
führen, zum Leiter des in Grosseto errichteten Ingenieurbüros
den vorzüglichen Ingenieur Baccarini, der sich des Problems
mit großer Liebe una Erfahrung annahm und außer der durch
greifenden Wiederinstandsetzung der Ableiter die Wieder
aufnahme und Verstärkung der Kolmation vorschlug. Die
Wirkung der Kolmation sollte verbessert werden:
1. Durch Errichtung eines genügend standfesten Streich
wehres am Ombrone bei der Einmündung des ersten
Ableiters, da das bisherige alle Jahre beschädigt oder
von den Hochwässern ganz fortgerissen worden war.
2. Durch Regelung des Einlaufes durch Einlaßschleusen
am Beginn des Ableitungskanals.
3. Durch hinreichende Dimensionierung und Ausbau des
ersten Ableiters nebst seiner Dämme, so daß er einer
Wasserführung von mindestens 300 m 3 /sek genügte,