Finanzplanung
von Berlin
2016 bis 2020
Beschluss des Senats von Berlin am 6. September 2016
Herausgeber: Senatsverwaltung für Finanzen, Klosterstr. 59, 10179 Berlin
Druck: DDZ-Berlin, Bessemerstr. 83-91, 12103 Berlin
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
5
1
Positives Umfeld schafft Chancen – Berlin nutzt sie
7
2
Konsolidieren und Investieren
17
3
Bund-Länder-Finanzbeziehungen
29
4
Haushaltsrelevante Aspekte der Flüchtlingsthematik
35
5
Mehr Investitionen und Sicherung des Konsolidierungspfades
39
6
Die Eckwerte der Finanzplanung
51
7
Erläuterungen zu den Eckwerten der Finanzplanung
53
8
Gemeinsames Schema
63
Kompendium wichtiger Fachbegriffe
67
Anlage: Investitionsprogramm des Landes Berlin
für die Jahre 2016 bis 2020
(auf den gelben Seiten)
3
Vorwort
Der Zweiklang von „Investieren und Konsolidieren“ bleibt in den Jahren bis zum
Jahr 2020 der finanzstrategische Grundton des Landes Berlin. Das Land bereitet
sich damit von einer soliden Basis aus auf ein einschneidendes Jahr vor, in dem
nicht nur die Solidarpakt II-Mittel und die Konsolidierungshilfen auslaufen, sondern
auch die Schuldenbremse greifen wird und eine Anschlussregelung für die BundLänder-Finanzen gefunden werden muss: Berlin wird 2016 voraussichtlich das
fünfte Jahr in Folge mit einem Überschuss abschließen, die flüchtlingsbedingten
Mehrausgaben konnten ohne Neuverschuldung verkraftet werden, die Verschuldung wurde in dieser Wahlperiode von 2012-2016 um 3 Mrd. Euro gesenkt, der
Einstieg in ein langfristig angelegtes Programm zur schrittweisen Ausweitung der
Investitionen in die öffentliche Infrastruktur ist erfolgreich vollzogen und mit dem
Sondervermögen SIWA mit zusätzlichen, überjährig verfügbaren Mitteln unterlegt.
Der Schwerpunkt unseres Handelns wird daher darauf liegen, diese positive Entwicklung zu verstetigen. Die Finanzplanung 2016-2020 wird daher von zwei
Grundtönen bestimmt:
Einerseits wird das Volumen der Investitionen systematisch ausgeweitet werden,
um Sanierungsstau abzubauen, das Entstehen neuen Bedarfs durch höhere Ersatzinvestitionen zu verhindern und den Bedarf an Erweiterungsinvestitionen, den
das Bevölkerungswachstum verursacht, zu befriedigen. Die Investitionen werden
daher von heute rd. 1,7 Mrd. Euro auf über 2 Mrd. Euro zum Ende des Finanzplanungszeitraums steigen.
Andererseits werden wir die erreichten Konsolidierungserfolge absichern. Das
Land muss finanziell auch für solche Zeiten gewappnet sein, in denen die finanzkraftabhängigen Einnahmen weniger stark wachsen oder gar sinken. Gleichzeitig
gilt es Puffer zu schaffen, um bis 2020 jederzeit die Einhaltung der Vorgaben für
das strukturelle Defizit zu gewährleisten. Deswegen streben wir an, eine Ausgleichsrücklage anzulegen, um zu verhindern, dass im Fall einer konjunkturellen
Krise entweder die Schuldenbremse nicht eingehalten werden kann oder öffentliche Ausgaben in unerwünschtem Maße zurückgeführt werden müssen.
Beides zusammen – mehr Investitionen und solide Vorsorge – sichern die Solidität des Berliner Haushalts und damit die Lebensbedingungen der Bürgerinnen
und Bürger dieser Stadt.
Dr. Matthias Kollatz-Ahnen
5
1
Positives Umfeld schafft Chancen – Berlin nutzt sie
•
Berlin weist überdurchschnittlichen Anstieg von Wirtschafts- und Finanzkraft auf, liegt aber noch immer unter dem Bundesdurchschnitt
•
Aussichten auf stabiles Wachstum günstig, aber mit Abwärtsrisiken behaftet
1.1
Berlin mit überdurchschnittlichem Wachstum
Berlin befindet sich seit einigen Jahren auf einem sehr positiven Entwicklungspfad. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine auch weiterhin solide
Entwicklung des Haushalts sind damit günstig.
In den Jahren 2010 bis 2015 stieg die Wirtschaftskraft in Berlin um 9,1 %, während sie im Durchschnitt der Bundesrepublik um lediglich 7,9 % zulegte (Abb. 1).
Die Wirtschaftsleistung in Berlin nahm 2015 zum dritten Mal in Folge zu. Beim
Wachstum der Wirtschaftskraft lag Berlin 2015 wie schon im vorangegangenen
Jahr auf einem Spitzenplatz. Die Wirtschaftsleistung Berlins ist 2015 nominal um
5,4 % und real um 3,0 % gestiegen. Dies waren deutlich höhere Werte als im
Bundesdurchschnitt, der nominal bei +3,8 % und real bei +1,7 % lag (Abb. 2).
7
Nach einer langen Phase unterdurchschnittlicher Entwicklung liegt Berlin seit
2013 mit seinen Wachstumsraten über dem Bundesdurchschnitt, teilweise sogar
an der Spitze aller Bundesländer. Die Lücke im Pro-Kopf-BIP zum Bundesdurchschnitt schließt sich langsam. Berlin ist damit eines der wenigen Länder, welche
einen erfolgreichen Konvergenzprozess zu durchlaufen scheinen.
Diese dynamische Entwicklung ging vor allem von den Bereichen Handel, Verkehr
und Gastgewerbe sowie Information und Kommunikation aus, die zusammen den
stärksten Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr erzielten (real +3,9 %).
Damit einher geht ein ebenfalls überdurchschnittliches Wachstum der Erwerbstätigenzahl. Im ersten Quartal 2016 gab es in Berlin rd. 50.000 Erwerbstätige mehr
als im Vergleichsquartal des Vorjahres. Mit einem Wert von +2,7 % erreichte Berlin den besten Wert aller Länder und lag deutlich über dem Bundesdurchschnitt
von +1,3 % (Abb. 3).
8
Die Betrachtung der Wirtschaftskraft je Einwohner fällt für Berlin allerdings weiterhin unterdurchschnittlich aus. Sie betrug 2015 rund 96 % des Bundesdurchschnitts. Ein Grund dafür ist, dass die meisten der Arbeitsplätze bisher noch in
Branchen mit geringer Produktivität und daher geringer Entlohnung entstehen.
Ungeachtet dieser strukturellen Problematik sind die Konjunkturaussichten für
Berlin positiv. Der Senat von Berlin geht für 2016 von einem Wirtschaftswachstum
Berlins in Höhe von 2,5 % aus, während die Bundesregierung in ihrer Frühjahrsprognose ein bundesweites Wachstum von 1,8 % erwartet.
Der Senat unterstützt die positive Wirtschaftsentwicklung und sichert die Rahmenbedingungen, damit sich auch in Zukunft die Wirtschaftskraft Berlins kräftig
weiterentwickeln kann. Die aus dem Landeshaushalt bereitgestellten Mittel werden, flankiert von Zuweisungen des Bundes und der Europäischen Union, zielgerichtet sowohl für innovationspolitische Schwerpunkte wie z. B. Elektromobilität
oder Bereitstellung der digitalen Infrastruktur als auch für erfolgversprechende
weitere Gewerbeansiedlungen eingesetzt.
Zum verbesserten Wachstumsumfeld trägt zweifelsohne auch bei, dass nach der
erfolgreichen Konsolidierung des Haushalts bei den öffentlichen Investitionen eine
Trendwende eingeleitet werden konnte. Abb. 4 zeigt diese Entwicklung am Beispiel der Investitionsausgaben bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt auf. Hierbei
ist für Berlin besonders zu berücksichtigen, dass der Wert für Berlin bei Berücksichtigung der Zuführung an das Sondervermögen Investitionen in die Wachsende
Stadt (SIWA) in Höhe von 691 Mio. Euro deutlich höher wäre. Da aber die Mittel
9
aus dem SIWA noch nicht vollständig investiv abgeflossen sind, sind hier nur
tatsächlich investiv verwendete Mittel von 48 Mio. Euro für 2015 berücksichtigt.
Bei den Investitionsausgaben pro Einwohner im Ländervergleich 2015 (Abb. 5) ist
ebenfalls erkennbar, dass Berlin inzwischen einen guten Mittelplatz erreicht hat.
Hier spiegelt sich wider, dass dank der guten Haushaltsentwicklung die langjährige Deckelung der Investitionsausgaben auf 1,4 Mrd. Euro aufgegeben werden
konnte und die Investitionen aus dem Haushalt auf rd. 1,7 Mio. Euro ausgeweitet
werden konnten.
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Abb. 5 weist sowohl den Wert inklusive der vollen Zuführung an das SIWA aus
(705 Euro pro Kopf) als auch den Wert, der nur die tatsächlich 2015 aus dem
SIWA investiv abgeflossenen Mittel berücksichtigt. Ohne die SIWA-Zuführung
(aber unter Berücksichtigung der tatsächlichen Abflüsse aus dem SIWA in 2015 in
Höhe von 48 Mio. Euro) beliefen sich die Investitionen pro Kopf in Berlin auf 520
Euro, was wie in den Vorjahren noch unterhalb des Durchschnitts der Länder lag,
auch wenn Berlin Plätze im Ranking gutmachen konnte.
Insgesamt betrugen im Durchschnitt der letzten zehn Jahre die Investitionen pro
Einwohner des Landes Berlin im Verhältnis zur Ländergesamtheit lediglich rd. 75
%. Der dadurch notwendig gewordene Nachholprozess hat aber begonnen. Dazu
tragen zum einen die im SIWA verfügbaren Mittel bei. Entwickelt sich die Haushaltslage im Einklang mit den Prognosen dieser Finanzplanung, könnte diesem
Sondervermögen bis 2020 noch einmal über eine halbe Milliarde Euro zugeführt
werden. Zum anderen sollen auch die Investitionsausgaben im laufenden Haushalt im Zeitraum 2015-20 um 3,5% pro Jahr steigen und damit deutlich stärker als
die bereinigten Gesamtausgaben (+2,9% p.a.).
1.2
Einwohnerentwicklung
Ein überdurchschnittliches Wachstum weist Berlin nicht nur bei der Wirtschaftskraft, sondern auch bei der Einwohnerentwicklung auf. In den Jahren 2012-15
stieg die Einwohnerzahl Berlins pro Jahr um über 40.000 Personen. In der mittelfristigen Perspektive ist dabei allerdings eine Verschiebung bei den Quellen des
Bevölkerungswachstums erkennbar (Abb. 6). Gab es in den Jahren 2007-2013
11
noch einen signifikanten Zuwachs der Bevölkerung aus der innerdeutschen Binnenwanderung, so resultiert das Bevölkerungswachstum seit 2014 (neben einem
Geburtenüberschuss) im Wesentlichen aus der Zuwanderung aus dem Ausland.
Der Negativsaldo in der Binnenwanderung resultiert dabei vor allem aus einer
Abwanderung in das umliegende Land Brandenburg.
Am aktuellen Rand ist die Einwohnerentwicklung freilich mit einer gewissen Unsicherheit behaftet: Konkret gibt es Anzeichen, dass die Zuwanderung von Flüchtlingen ebenso wie die Zuwanderung aus europäischen Staaten im Laufe des Jahres 2015 nicht vollständig in der Statistik erfasst wurde. Die registrierten Zahlen
könnten also die tatsächliche Einwohnerentwicklung und die damit verbundenen
Chancen, aber auch Herausforderungen für das Land Berlin unterzeichnen.
1.3
Entwicklung der Berliner Steuerkraft
Korrespondierend zu der eingangs dargestellten sehr dynamischen Wirtschaftsentwicklung sowie dem deutlichen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Berlin befinden sich auch die Berliner Steuereinnahmen auf einem
stabilen Wachstumskurs.
Dies umfasst natürlich einerseits diejenigen Einnahmen, an denen alle Länder
über den bundesweiten Konjunktur- und Finanzverbund partizipieren, insbesondere die Umsatzsteuer sowie die Mittel aus dem Finanzausgleich.
Andererseits haben sich aber auch die originären Berliner Steuereinnahmen in
den letzten Jahren sehr positiv und teilweise deutlich überdurchschnittlich entwickelt. Hervorzuheben sind insbesondere die lohnabhängigen Steuerarten, für die
neben einer Ausweitung der Beschäftigung auch deutliche Lohn- und Gehaltssteigerungen in Berlin ursächlich sind. Ein Sonderfall ist die Grunderwerbsteuer in
Berlin mit einem jährlichen Steueraufkommen von inzwischen rd. 1 Mrd. Euro, die
in den letzten Jahren sehr dynamisch und weit überdurchschnittlich gewachsen ist
– und zwar stärker als auf der Basis der Steuersatzänderungen allein zu erwarten
war. Die Dynamik auf dem Berliner Immobilienmarkt ist allerdings auch von Faktoren wie Wohnungsnachfrage, Baulandangebot und Hypothekenzinsen abhängig,
so dass sich im Finanzplanungszeitraum erhebliche Veränderungen bei dem
Grunderwerbsteueraufkommen ergeben können.
Berlin erhebt seit dem Jahr 2014 eine Übernachtungsteuer (auch City Tax genannt) in Höhe von 5% des Übernachtungspreises mit dem Ziel, private Touristen
an den Kosten der touristisch genutzten Infrastruktur in Berlin zu beteiligen. Eine
City Tax erheben mehrere europäische und außereuropäische Metropolen, z.B.
Rom, Paris und New York. Der Tourismus in Berlin ist seit vielen Jahren eine Erfolgsgeschichte: So haben sich die Übernachtungszahlen von rd. 15 Millionen im
12
Jahr 2005 auf über 30 Millionen Übernachtungen im Jahr 2015 in nur einem Jahrzehnt mehr als verdoppelt. Dementsprechend befindet sich auch die City Tax auf
einem Wachstumskurs. Im Jahr 2016 sind im Haushalt Einnahmen aus der Übernachtungsteuer von 44 Mio. Euro veranschlagt.
Insgesamt verzeichnete das Aufkommen der Landes- und Gemeindesteuern im
Land Berlin seit 2002 ein höheres Wachstum als das Aufkommen aus Berlins Anteil an den Gemeinschaftssteuern – und dies obwohl sich das Gewerbesteueraufkommen Berlins trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung weiterhin nur
schwach entwickelt. Dies belegt, dass Berlin wie im Rahmen seiner Sanierungsvereinbarung zugesagt, erfolgreich darum bemüht ist, seine eigene Steuerkraft zu
stärken. Anders als häufig behauptet, haben die Finanzhilfen für Berlin also keineswegs einen negativen Anreizeffekt. (Abb. 7)
Die Gesamtentwicklung der Steuereinnahmen in Berlin lässt sich gut an der Steuerkraft je Einwohner im Vergleich zur bundesdurchschnittlichen Steuerkraft je
Einwohner messen. Hier konnte Berlin in den vergangenen Jahren deutliche Steigerungen erreichen. So ist die Steuerkraft je Einwohner von rd. 88% des Durchschnitts im Jahr 2010 auf rd. 97% des Durchschnitts im Jahr 2015 angestiegen
(Abb. 8).
13
Diese aufholende Entwicklung ist erfreulich. Sie kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Steuerkraft pro Kopf in Berlin noch immer unter dem Bundesdurchschnitt liegt – was eine Konsequenz aus der ja ebenfalls unterdurchschnittlichen Wirtschaftskraft pro Kopf ist. Die einnahmenmindernden Folgen aus Krieg
und deutscher Teilung wirken hier dauerhaft in die Zukunft fort. Dies gilt etwa für
die vergleichsweise geringe Zahl von Industriearbeitsplätzen in Berlin oder den
Weggang mehrerer hundert Unternehmen, darunter mehrerer Großkonzerne, die
Berlin nach 1945 verlassen haben und heute die hohe Steuerkraft in denjenigen
westdeutschen Länder begründen, in die sie gegangen sind.
Der aufgezeigte Trend bei der Steuerkraft geht in die richtige Richtung. Berlin
kann mit Blick auf den Bundesdurchschnitt zunehmend Boden gutmachen. Der
darüber hinausgehende Transformationsprozess zu einem wieder metropolengerechten Steueraufkommen wird jedoch noch lange andauern. Berlin ist mit dieser
unterdurchschnittlichen Wirtschafts- und Finanzkraft im internationalen Vergleich
absolut atypisch: In anderen Ländern liegen die Wirtschafts- und Finanzkraft der
Hauptstadtregion oberhalb, in der Regel sogar an der Spitze der Verteilung in den
jeweiligen Staaten. Insofern bleibt es für Berlin ein anzustrebendes kurzfristiges
Ziel, zum Bundesdurchschnitt aufzuschließen. Das längerfristig realistische Ziel
ist, als Metropole und Hauptstadt ein über dem Länderdurchschnitt liegendes
Steueraufkommen zu erzielen.
14
1.4
Wirtschaftlicher Ausblick
Die Bundesregierung geht in ihrer Mittelfristprognose derzeit von einem stabilen
Wachstumspfad für das Wachstum der deutschen Volkswirtschaft von real 1,7%
pro Jahr aus. Dieses Wachstum liegt leicht oberhalb der deutschen Potentialwachstumsrate, die auf ca. 1¼-1½% geschätzt wird, so dass sich die noch vorhandene Produktionslücke damit im Zeitablauf vollständig schließen dürfte.
Für eine stetige Wirtschaftsentwicklung entlang des skizzierten Pfades gibt es in
der Tat gute Gründe. Allerdings gilt auch: der nach der Überwindung der Großen
Finanzkrise und der damit einhergehenden Rezession 2010 begonnene Aufschwung geht mittlerweile ins siebente Jahr, womit der Konjunkturzyklus recht reif
ist. Zwar ließe sich einwenden, dass die Wachstumsraten in den letzten Jahren
mit 1,5-1,7% im historischen Vergleich eher moderat waren – allerdings ist das
Potentialwachstum der deutschen Wirtschaft eben auch sehr niedrig.
Zudem ist der wirtschaftliche Ausblick für die kommenden Jahre mit zahlreichen
Risiken behaftet, die teils politischer, teils struktureller Natur sind. Aus politischer
Sicht sind hier erstens der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen und deren
möglichen Rückwirkungen auf die US-Fiskalpolitik zu nennen; zweitens die Unsicherheit über die politischen Verhältnisse im Nahen und Mittleren Osten sowie die
zukünftige Flüchtlingssituation; drittens das Wiedererstarken des Nationalismus
und die daraus entstehende Unsicherheit für die Zukunft der Europäischen Union
und des offenen, auf Multilateralismus beruhenden Weltwirtschaftssystems. Die
Unsicherheiten über die Modalitäten der zukünftigen Beziehungen zwischen der
EU und dem Vereinigten Königreich tun ein Übriges.
Aus struktureller Sicht ist einerseits die Situation in den Peripherie-Staaten der
Eurozone weiterhin fragil. Neben innenpolitischen Instabilitäten ist hier v.a. die
Rückkehr zu einem nachhaltigen Wachstumspfad fraglich. Auch die notwendigen
institutionellen Reformen zu einer nachhaltigen Stabilisierung der Eurozone sind
zwar angestoßen, aber nicht abgeschlossen worden. Negativ auf die Exportchancen der deutschen Wirtschaft wirkt sich andererseits aus, dass viele der zuletzt
wachstumsstarken Schwellenländer Probleme haben. Hier ist insbesondere der
Rückgang des Wachstums in China zu nennen, dessen Wirtschaft sich in einer
Transformation von einer Export- hin zu einer Binnenorientierung befindet.
Die überwiegend binnengetriebene Berliner Wirtschaft profitiert derzeit und auch
in absehbarer Zukunft vom durch die gute Arbeitsmarktentwicklung unterlegten
privaten Konsum und dem boomenden Tourismus ebenso wie von der hohen
Bautätigkeit und den höheren Ausgaben des Staates. Sie wird von den oben genannten Risiken nur in überschaubarem Maße direkt getroffen: Schwache Exportmärkte treffen vor allem das produzierende Gewerbe. Die USA sind dabei
nach Euroland der wichtigste Exportmarkt Berlins, die Golfstaaten, China, Brasili-
15
en und Russland sind mit Anteilen zwischen 1,5 und rd. 5% wichtige Exportziele.
Nicht zu unterschätzen ist auch, dass die Berliner Tourismuswirtschaft ein wichtiger Exportsektor ist: 44% der Übernachtungen (2014) gehen auf das Konto ausländischer Touristen. Indirekt aber wäre Berlin von einer Wachstumsschwäche
der deutschen Volkswirtschaft signifikant betroffen, da die Berliner Steuereinnahmen durch den Finanzausgleich stark mit den bundesweiten Einnahmen korrelieren. Ein Wachstumsabschwung und mehr noch eine Rezession in Deutschland
hinterlassen auch im Berliner Haushalt deutliche Bremsspuren, die sich auf der
Einnahmeseite rasch auf Steuereinnahmeausfälle in dreistelliger Millionenhöhe
summieren können.
Zusammenfassend lässt sich damit festhalten: Aufgrund des eingangs beschriebenen strukturellen Aufholprozesses Berlins bestehen gute Aussichten darauf,
dass das Land auch in den kommenden Jahren in der Tendenz stärker wachsen
wird als Deutschland insgesamt. Damit sollte sich der Aufholprozess der Berliner
Wirtschafts- und Finanzkraft gegenüber dem Rest der Bundesrepublik grundsätzlich fortsetzen. Angesichts der insbesondere außenwirtschaftlichen Risiken wäre
es jedoch sehr überraschend, wenn sich dieser Prozess stetig und ohne Unterbrechung vollziehen würde. Vielmehr sind bei der Planung des Haushalts stets
auch negative Entwicklungen einzukalkulieren, und es ist dafür Vorsorge zu treffen.
16
2
Konsolidieren und Investieren
•
Berlin hat erfolgreich konsolidiert und weist seit vier Jahren Überschüsse
aus
•
Finanzieller Spielraum wird zur Schuldentilgung (3 Mrd. Euro) und für
vermehrte Investitionen genutzt
•
Zusätzliche Investitionsmittel wie SIWA und Kommunales Investitionsprogramm (KInvP) als Bausteine der Berliner Investitionsplanung
•
Berlin erfüllt seine Verpflichtungen. Der Stabilitätsrat anerkennt die Berliner Konsolidierungserfolge und prognostiziert, dass das Land mit dem
Jahresende 2016 das Sanierungsverfahren erfolgreich abschließen wird
und im Frühjahr 2017 auf der Basis der Ist-Zahlen 2016 offiziell aus dem
Verfahren entlassen wird.
Mithilfe einer strikten Begrenzung der Ausgabenzuwächse sowie durch Maßnahmen zur Stärkung des regionalen Wirtschaftswachstums und der eigenen Einnahmenkraft ist es Berlin innerhalb weniger Jahre gelungen, seine Finanzierungsdefizite zunächst erheblich zurückzuführen und schließlich seit 2012 Finanzierungsüberschüsse zu erzielen (Abb. 9).
Ende 2015 konnte das Land Berlin zum vierten Mal in Folge seine Haushaltsrechnung mit einem positiven Finanzierungssaldo abschließen. Damit hat Berlin nicht
17
nur die Abkehr von der Neuverschuldung verstetigt, sondern auch zusätzliche
Spielräume geschaffen, wieder verstärkt in die öffentliche Infrastruktur zu investieren.
Abb. 10 zeigt, dass Berlin im Jahre 2015 beim Ländervergleich der Finanzierungssalden je Einwohner wiederum einen Wert oberhalb des Durchschnitts der
Länder erreicht hat. Der Wert fiele offenkundig noch höher aus, würde man die
Zuführung an das SIWA bei der Berechnung des Überschusses berücksichtigen.
Bei einem kalkulatorischen Finanzierungsüberschuss von 896 Mio. Euro zum Abschluss des Haushaltsjahres 2015 konnten 691 Mio. Euro dem Sondervermögen
Infrastruktur der wachsenden Stadt (SIWA) für zukunftsweisende Projekte zur
Verfügung gestellt werden. Darin enthalten ist die Zuführung aus dem Vorjahresergebnis in Höhe von 496 Mio. Euro und somit für 2015 in isolierter Betrachtung in
Höhe von 195 Mio. Euro. Nach Zuführung an das SIWA verbleibt somit ein Finanzierungsüberschuss von 205 Mio. Euro.
Betrachtet man den Zeitraum seit 2002 und vergleicht die Entwicklung der Finanzierungssalden der Länder, dann zeigt sich, dass das Land Berlin einen enormen
Sprung von mehr als 1.400 Euro pro Einwohner nach vorn gemacht hat. Abb. 11
visualisiert diesen Vergleich.
18
Der strukturelle Finanzierungssaldo des Landeshaushalts, berechnet nach den in
der Konsolidierungshilfenvereinbarung mit dem Bundesministerium der Finanzen
festgelegten Regeln, belief sich im Jahre 2015 auf -147,7 Mio. Euro. Diese für eine nachhaltige Haushaltssteuerung zentrale Größe belief sich für 2015 damit auf
nur noch ein Achtel des Wertes, mit dem das Land Berlin 2012 in das Sanierungsverfahren gestartet war. Gleichzeitig unterschreitet Berlin die in dieser Vereinbarung festgelegte Obergrenze um rund 850 Mio. Euro. Berlin ist es damit gelungen, trotz der erheblichen Mehrbelastungen aus der Bewältigung der Flüchtlingskrise seine vertraglich vereinbarten Verpflichtungen wiederum mit deutlichem
Abstand zu erfüllen.
2.2
Schuldenabbau
Im Jahre 2015 konnte das Land Berlin (per Stichtag 31.12.) den Schuldenstand
Tabelle 1: Schulden des Landes Berlin
Per
Per
31.12.2015
31.12.2014
58.591
59.773
-1.182
Schulden bei öffentlichen Haushalten
762
788
-26
Innere Schulden
552
243
309
59.905
60.804
-899
In Mio. Euro
Schulden aus Kreditmarktmitteln
Summe
Veränderung
19
von 60,8 Mrd. Euro auf 59,9 Mrd. Euro senken. Dieser Betrag setzt sich wie folgt
zusammen:
Erstmals seit 2009 lag der Schuldenstand des Landes damit wieder unter der
Marke von 60 Mrd. Euro. Zwischen 2011 und 2015 konnten Schulden in Höhe von
rund 3 Mrd. Euro abgebaut werden (s. hierzu Abb. 12). Dies ist umso bemerkenswerter als zum Start des Sanierungsprogramms im Jahre 2011 noch ein weiterer Anstieg der Schulden prognostiziert wurde.
Gleichwohl ist die Verschuldung Berlins weiterhin extrem hoch. Der Schuldenstand pro Einwohner beträgt rd. 17.000 Euro. Lediglich Bremen weist hierbei
schlechtere Werte auf als das Land Berlin. Die Robustheit des Haushalts wäre
insbesondere bei steigenden Zinsen beansprucht und ggf. überfordert. Vor diesem Hintergrund muss der weitere Schuldenabbau weiterhin ein Ziel der Finanzpolitik des Senats bleiben. Mehr wirtschaftliche Dynamik kann dabei nicht nur
mehr Beschäftigung schaffen, sondern wirkt sich auch positiv auf die Finanzkraft
des Landes aus. Durch gezielte Zukunftsinvestitionen wird der Senat die wirtschaftliche Entwicklung fördern, die natürlichen Lebensgrundlagen der Bevölkerung erhalten und die Möglichkeiten für eine weitere Reduzierung der Landesschulden verbessern.
20
2.3
Haushaltsüberwachung, Konsolidierung und Sanierung
Der Stabilitätsrat hat in seinen Beschlüssen vom 8. Juni 2016 die Erfolge Berlins,
die es bei Konsolidierung und Sanierung seines Landeshaushalts erzielte, anerkannt.
Laufende Haushaltsüberwachung
Ausgangspunkt der laufenden Haushaltsüberwachung von Bund und Ländern ist
die jährliche Berichterstattung wichtiger Haushaltskennziffern an den Stabilitätsrat.
Für alle Kennziffern sind Schwellenwerte festgelegt, die sich aus den jeweiligen
Länderdurchschnitten zuzüglich verabredeter Aufschläge errechnen und für die
Stadtstaaten teilweise von denen der Flächenländer abweichen. Eine Überschreitung des jeweiligen Schwellenwerts wird als Auffälligkeit gewertet. Sind drei oder
mehr Kennziffern oder die Standardprojektion auffällig, so leitet der Stabilitätsrat
ein Evaluationsverfahren ein, das im Regelfall zu einem Sanierungsverfahren
überleitet. Die nächsten Stabilitätsberichte sind dem Stabilitätsrat von allen Ländern und dem Bund im Oktober 2016 vorzulegen.
Die nachstehende Abb. 13 zeigt in der besonderen, für Zwecke der Stabilitätsberichterstattung festgelegten Abgrenzung, wie sich die Berliner Meldung zu den
Schwellenwerten verhält. Für das abgeschlossene Haushaltsjahr 2015 weist Berlin bei den beiden Schwellenwerten, die die Performance der aktuellen Haushaltsund Finanzpolitik abbilden, Werte unterhalb des Schwellenwertes aus (grüne Zone). Der Haushaltsabschluss zeigt einen positiven Finanzierungssaldo und wegen
der Netto-Tilgung von Schulden eine negative Kreditfinanzierungsquote. Die Län-
21
derdurchschnitte und die daraus abgeleiteten Schwellenwerte hatten in beiden
Fällen ein anderes Vorzeichen. Berlin unterschreitet beide Schwellenwerte deutlich.
Anders ist die Lage bei den beiden Kennziffern, die vor allem die finanzpolitische
Historie abbilden: Sowohl beim Schuldenstand je Einwohner, als auch bei der
Zins-Steuer-Quote verletzt Berlin in 2015 den geltenden Schwellenwert (rote Zone). Der historisch bedingte hohe Schuldenstand Berlins, der Ende 2015 trotz der
Tilgungen in den letzten vier Jahren noch knapp 60 Mrd. Euro betrug, ist zwangsläufig mit einer hohen Zins-Steuer-Quote verbunden. Von dem seit einiger Zeit
sehr niedrigen Zinsniveau profitiert zwar Berlin in absoluten Werten. Allerdings
begünstigt es alle Länder und geht damit in die Schwellenwertberechnung ein,
weswegen Berlin 2015 immer noch über dem Schwellenwert liegt. Im Rückblick
lässt sich eine positive Tendenz erkennen; der Abstand zum Schwellenwert wurde
kontinuierlich verringert. Bei weiterer Haushaltskonsolidierung mit Schuldentilgung
und anhaltend niedrigem Zinsniveau könnte Berlin in nicht allzu ferner Zukunft
auch bei diesem Schwellenwert in den grünen Bereich wechseln.1
Eine zweite Prüfung basiert auf der sog. Standardprojektion. Diese stellt auf die
Überlegung ab, dass es keinem Land gelingen wird, seinen Schuldenstand in die
unauffällige (grüne) Zone zu drücken, wenn dazu für die kommenden sieben Jahre der jahresdurchschnittliche Ausgabenanstieg so niedrig sein müsste, dass er
um mehr als drei Prozentpunkte unter dem durchschnittlichen Wert der Länder
liegt. Schematisch und mit Standardannahmen gerechnet werden die Länderhaushalte insgesamt bis 2023 um 4,04 % p.a. wachsen; der daraus abgeleitete
Schwellenwert, der in diesem Falle nicht unterschritten werden darf, beträgt 1,04
%. Berlin könnte es mit einer Zuwachsrate von maximal 2,9 % p.a. erreichen, im
Endjahr der Projektion mit seinem Schuldenstand je Einwohner nicht mehr auffällig zu sein. Diese rein rechnerische Wachstumsrate der Ausgaben, die nicht mit
einer Politikempfehlung zu verwechseln ist, liegt über dem Schwellenwert. Deshalb ist auch die Standardprojektion für Berlin unauffällig.
Konsolidierungsvereinbarung und Konsolidierungshilfen
Berlin erhält jährlich 80 Mio. Euro als Konsolidierungshilfe. Die Einhaltung der in
der Verwaltungsvereinbarung festgelegten Obergrenze des strukturellen Finanzierungsdefizits ist dem Stabilitätsrat jährlich mit einem Konsolidierungsbericht im
April des Folgejahres nachzuweisen. Berlin ist es auch 2015 gelungen, die mit der
Verwaltungsvereinbarung gesetzte Obergrenze deutlich zu unterschreiten (Abb.
1
22
Im Ist 2015 lag die Zins-Steuer-Quote für Berlin bei 8,6, nur noch ein Zehntel-Prozentpunkt über
dem Schwellenwert von 8,5.
14). Eine weitere Jahresrate der Konsolidierungshilfen (80 Mio. Euro) wurde fristgerecht zum 1. Juli 2016 ausgezahlt.
Sanierungsvereinbarung
Das Land Berlin hat sich mit der Vereinbarung zum Sanierungsprogramm nach §
5 Stabilitätsratsgesetz zur Durchführung eines Sanierungsprogramms in den Jahren 2012 bis 2016 verpflichtet. Ziel des Sanierungsprogramms ist die Absenkung
der Nettokreditaufnahme – den Vorgaben und der Berechnungsmethodik folgend,
die für die Ermittlung des strukturellen Defizits im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen vereinbart worden sind. Diesem Ziel dient die Umsetzung von Maßnahmen, die die Einhaltung
der Absenkung der Kreditaufnahme sicherstellen sollen und im Sanierungsprogramm im Einzelnen beschrieben sind. Über den Erfolg der Konsolidierungsanstrengungen berichtet das Land Berlin ebenso wie die drei anderen Sanierungsländer (Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein) halbjährlich dem Stabilitätsrat.
Das Land Berlin bewegt sich bislang hinsichtlich der Umsetzung der vereinbarten
Maßnahmen in dem vorgesehenen Zeitfenster. Der Stabilitätsrat hat dementsprechend in seinem jüngsten Beschluss zum Neunten Sanierungsbericht Berlins
vermerkt, dass Berlin die Grundlagen geschaffen hat, das Sanierungsverfahren
erfolgreich abzuschließen. Der Stabilitätsrat wird den Abschluss des Verfahrens
voraussichtlich im Frühjahr 2017 auf Basis der Ist-Zahlen 2016 endgültig feststellen. Kritisch weist der Stabilitätsrat allerdings darauf hin, dass das Land seinen
23
Konsolidierungskurs weiter lockert und warnt davor, neue dauerhafte Haushaltsbelastungen einzugehen und damit die Einhaltung der Schuldenbremse ab dem
Jahr 2020 zu gefährden.
2.4
Investitionsprogramme SIWA und KInvP
Neben der Ausweitung der Investitionen aus dem Kernhaushalt stehen dem Land
Investitionsmittel aus zwei weiteren Quellen zur Verfügung.
Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA)
Gemäß dem SIWA Errichtungsgesetz vom Dezember 2014 sind Teile des Finanzierungsüberschusses des Landes Berlin an das Sondervermögen Infrastruktur
der Wachsenden Stadt (SIWA) zu übertragen, sofern der Finanzierungsüberschuss mehr als 80 Mio. Euro beträgt. Ab einem Überschuss von mindestens 200
Mio. Euro ist die Hälfte des Saldos dem SIWA zuzuführen.
Aus den Überschüssen der Jahre 2014 und 2015 sind dem SIWA seitdem in zwei
Tranchen – SIWA I mit 496 Mio. Euro und SIWA II im Umfang von 195,3 Mio.
EUR – insgesamt rd. 691,3 Mio. Euro zugewiesen worden. Im Rahmen des mit
dem Abgeordnetenhaus von Berlin vereinbarten Verfahrens wurden diese Mittel
mittlerweile vollständig rd. 240 konkreten Investitionsprojekten zugewiesen und
werden sukzessive abgerufen. Der Mittelabfluss lag per 30. Juni d.J. bei insgesamt 61,8 Mio. Euro; bis zum Jahresende werden Abflüsse von insgesamt 189
Mio. Euro erwartet. Ein zeitlich verzögerter Abfluss von Investitionsmitteln ist dabei nicht untypisch, da Investitionen ein Planungs- und Genehmigungsprozess vorangehen muss.
Der Schwerpunkt der Mittelbelegung aus dem SIWA I lag dabei mit jeweils rund
einem Fünftel der Mittel im Bereich investiver Maßnahmen bei Schulen und Krankenhäusern, inkl. der Charité. Weitere rund 67 Mio. Euro sind für Projekte im Bereich der Verkehrsinfrastruktur vorgesehen. Auch beim SIWA II bilden Maßnahmen für die Schulen mit über einem Drittel der Mittel einen Schwerpunkt. Mit rd.
46% ist der größte Einzelposten der SIWA II-Gelder aber für die Errichtung von
Flüchtlingsunterkünften, inkl. der Errichtung von Unterkünften für unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge, vorgesehen. Etwa ein Zehntel der Mittel ist für die Errichtung von Kitas bestimmt.
24
Kommunalinvestitionsförderungsprogramm (KInvP)
Mit dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz vom Juni 2015 hat die Bundesregierung ein 3,5 Mrd. Euro umfassendes Sondervermögen, den Kommunalinvestitionsförderungsfonds, geschaffen. Berlin steht aus diesem Fonds ein Anteil von
rd. 4% oder 137,8 Mio. Euro zu. Unter Einbeziehung eines Eigenanteils von 10%,
den das Land Berlin zu leisten hat, steht mit dem KInv-Programm ein zusätzliches
Fördervolumen von 153,2 Mio. Euro zur Verfügung, welche das Land, nach Abschluss der notwendigen Verwaltungsvereinbarung, seit Anfang 2016 nutzen
kann.
Die Verwendungsmöglichkeiten der KInvP-Mittel sind gesetzlich auf genau spezifizierte Bereiche der Infrastruktur und der Bildungsinfrastruktur beschränkt, darunter Krankenhäuser, energetische Sanierung, Barriereabbau und die Modernisierung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten.
Berlin hat mittlerweile (Stand Mitte Juli 2016) 54 Maßnahmen der Förderbereiche
Krankenhäuser, Städtebau und energetische Sanierung mit einem Volumen von
insgesamt 59,5 Mio. Euro konkret beplant. Weitere 42 Mio. Euro sind für den Bereich der Kindertagesstätten vorgesehen, wobei die konkreten Maßnahmen kurz
vor dem Abschluss der Planungen stehen. Insgesamt sind damit rd. 101 Mio. Euro oder 73% des Bundesanteils an der auf Berlin entfallenden KInvP-Mittel bereits
konkret beplant.
2.5
Neuorientierung beim Personalbestand
Wie bereits in der letztjährigen Finanzplanung ausgeführt2, konnte angesichts der
erheblich gestiegenen und weiter ansteigenden Bevölkerungszahlen nicht mehr
an der bisherigen Zielzahl von 100.000 VZÄ festgehalten werden. Das Wachstum
Berlins hat zu neuen Aufgaben und in vielen Bereichen zu einem objektiv gestiegenen und weiter steigenden Aufgaben- und Fallzahlenvolumen geführt. Sofern
alle durch Altersausscheiden freiwerdenden Stellen sowie alle neuen Stellen tatsächlich besetzt werden können, ist für das Jahr 2018 mit einem Bestand von rd.
109.000 VZÄ zu rechnen.
Schwerpunktmäßig erfolgt der Aufbau von Personal dabei dort, wo gestiegene
Fallzahlen oder veränderte Rahmenbedingungen dies notwendig machen.
•
So steigt der Bedarf von aktuell rd. 28.070 Lehrkräften in den nächsten vier
Jahren um durchschnittlich rd. 770 zusätzliche Lehrkräfte je Schuljahr an. So-
2
Vgl. Finanzplanung von Berlin 2015 bis 2019, S. 29f.
25
mit wird der Lehrkräftebedarf nach der aktuellen Prognose zum Schuljahr
2019/2020 insgesamt 31.150 betragen.
•
Bei der Polizei sind aufgrund der gestiegenen Einwohnerzahlen und der daraus resultierenden Aufgabenzuwächse mit dem Haushalt 2016/2017 insgesamt 375 zusätzliche Stellen bewilligt worden. Unabhängig vom Aufgabenzuwachs aufgrund der gestiegenen Fallzahlen, sind noch rd. 90 zusätzliche Stellen als „Sicherheitspaket“ nach den Terroranschlägen von Paris zur Stärkung
der Polizei gewährt worden.
•
Zur effektiven Bewältigung des Zugangs von Flüchtlingen musste in Berlin –
wie in anderen Ländern und Kommunen auch – Personal in erheblichem Umfang bereitgestellt werden. So enthält der Haushaltsplan 2016/17 in der
Hauptverwaltung rd. 700 neue Stellen bzw. Beschäftigungspositionen. Hinzukommen die Zugänge bei den Bezirken.
Der mit den Bezirken vereinbarte Personalabbau, der auf eine vergleichbare Personalausstattung der Bezirke pro Einwohner abzielt, wird bis Ende dieses Jahres
weitgehend abgeschlossen sein. Gleichzeitig erfolgt in Reaktion auf die gestiegene Bevölkerungszahl ein aufgabenbezogener Personalaufbau. Die eigens für die
Ermittlung des Personalbedarfs eingerichtete AG Wachsende Stadt, der Vertreter
aus der Hauptverwaltung und den Bezirken angehören, hat den Personalbedarf
an Hand der besonders betroffenen Bezirks-Produkte und deren bereits eingetretenen bzw. noch zu erwartenden Mengensteigerungen unter Berücksichtigung der
prognostizierten Bevölkerungsentwicklung bis 2016 bzw. 2017 berechnet. Dabei
wurden bereits eingetretene bzw. erwartete Mengenentwicklungen und deren korrespondierende Personalmehrbedarfe (VZÄ) bezirksscharf ermittelt. Im Ergebnis
hat die AG Wachsende Stadt zu einem anerkannten Personalmehrbedarf für 2016
und 2017 von 755 VZÄ geführt. Allein rd. 280 VZÄ entfallen auf das Flüchtlingsmanagement. Insgesamt wurde ein Personalmehrbedarf von derzeit zusätzlich rd.
1.300 VZÄ (seit 2013 bis einschließlich 2017) für die Bezirke bewilligt.
Es sei betont, dass dieser auf den ersten Blick substantielle Personalaufbau in die
richtige Perspektive gerückt werden muss: Der Personalbestand in Relation zur
Entwicklung der Einwohnerzahl ist seit Jahren rückläufig. Seit 2011 ist er von
30,86 VZÄ je 1.000 Einwohner auf aktuell 29,32 VZÄ je 1.000 Einwohner zurückgegangen – und dies trotz des seit 2014 wieder steigenden Personalbestandes.
Nach den gegenwärtigen Prognosen wird die Personalbestand-EinwohnerRelation auf dem aktuellen Niveau konstant gehalten. Die absolute Leistungskraft
der Berliner Verwaltung steigt deutlich an. In dem Umfang, in dem es zusätzlich
gelingt, die Produktivität zu steigern, nimmt zudem die Verwaltungskraft je Einwohner zu.
26
2.6
Fazit
Berlin ist schon jetzt in der Lage – und damit deutlich vor dem Jahre 2020 –, die
Schuldenbremse aus eigener Kraft einzuhalten. Das Land hat sich damit den
Spielraum verschafft, sowohl unerwartete Herausforderungen – wie die Mehrausgaben für die Versorgung und Integration von Geflüchteten – zu meistern, als
auch sich durch die Konsolidierungserfolge bietende Spielräume zu nutzen, um
strukturelle Nachholbedarfe bei Investitionen und Personal zu beheben und den
Notwendigkeiten der weiter wachsenden Stadt gerecht zu werden.
Dies stellt keine Abkehr vom Konsolidierungskurs dar. Berlin hat vielmehr lediglich
im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten auf die Herausforderungen einer
wachsenden Stadt reagiert. Nur in dem Maße, in dem sich durch (1) die früheren
Konsolidierungserfolge, (2) die einwohnerzuwachsbedingten strukturellen Mehreinnahmen sowie (3) aus dem Rückgang der Zinsen finanzielle Spielräume ergaben, wurden Ausgaben in jenen Bereichen ausgeweitet, in denen es nachprüfbar
Mehrbedarfe gab. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts und weiterer Schuldentilgung wird nicht in Frage gestellt.
27
3
Bund-Länder-Finanzbeziehungen
•
Neuordnung des Finanzausgleichssystems von zentraler Bedeutung,
aber noch immer offen
•
Zusage des Bundes zur finanziellen Entlastung der Kommunen sowie
Vereinbarung zu Regionalisierungsmitteln verschaffen auch Berlin größere finanzielle Spielräume
•
Abschluss eines Hauptstadtfinanzierungsvertrages ist auf dem Weg. Darf
nicht mit anderen Themen vermengt werden.
3.1
Zum Stand der Neuordnung des Finanzausgleichssystems
Die Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist eine zentrale finanzpolitische Aufgabe der nächsten Jahre. Berlin verfolgt dabei das Ziel, dass auch
künftig allen Ländern eine aufgabengerechte Finanzausstattung zur Verfügung
steht.
Sowohl das Maßstäbegesetz als auch das geltende Finanzausgleichsgesetz als
einfachgesetzliche Konkretisierungen des im Grundgesetz garantierten bundesstaatlichen Finanzausgleichs sind bis zum 31. Dezember 2019 befristet. Gleichzeitig treten zu diesem Zeitpunkt der Solidarpakt II für die neuen Länder und Berlin sowie weitere finanzpolitisch bedeutsame Gesetze außer Kraft. Ebenso gilt das
Neuverschuldungsgebot für die Länder ab dem Jahre 2020 vollständig.
Der bundesstaatliche Finanzausgleich und weitere Finanzströme zwischen Bund
und Ländern sind von erheblicher fiskalischer Bedeutung für die jeweiligen Landeshaushalte. Deshalb ist es notwendig, die Regelungen für den bundesstaatlichen Finanzausgleich und die übrigen Bund-Länder-Finanzbeziehungen insbesondere im vertikalen Verhältnis der Länder zum Bund fortzuschreiben. Dies gilt
umso mehr, als dass die Finanzplanungen von Bund und Ländern nunmehr auch
das Jahr 2020 umfassen und alle Ebenen Planungssicherheit für die Zeit nach
2019 benötigen. Die unterschiedlichen, oft widerstreitenden Interessen des Bundes und auch der Länder untereinander müssen im Ergebnis zu einem tragfähigen Gesamtkonzept zusammengeführt werden. Die Verhandlungen zwischen
Bund und Ländern sind in den vergangenen Jahren auf den verschiedensten
Ebenen geführt worden.
Am 3. Dezember 2015 einigten sich zunächst alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten auf einen Modellvorschlag für die Neuordnung, den sie dem
Bund vorlegten. Wesentliche Elemente der Ländereinigung sind ein höherer Um-
29
satzsteueranteil für alle Länder zu Lasten des Bundes, die Zusammenfassung von
Umsatzsteuerergänzungsanteilen und Länderfinanzausgleich zu einer Ausgleichsstufe, die höhere Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft in den Ausgleich sowie die Umstellung des horizontalen Ausgleichs von einem abschnittsweise progressiven auf einen Lineartarif. Daneben enthält das Modell eine Anspannung des Tarifs für die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen,
Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen bei unterdurchschnittlicher kommunaler Finanzkraft, Bundes-Zinshilfen für Bremen und das Saarland sowie den
Entfall der sog. Entflechtungsmittel. Die Umsetzung dieses Modells setzt eine Änderung des Grundgesetzes voraus.
Anschließend legte der Bund ein Arbeitspapier zur Neuordnung vor. Ein zentraler
Unterschied zum Ländermodell besteht in der vorgesehenen Beibehaltung des
Länderfinanzausgleichs als horizontaler Ausgleichsstufe, während der Umsatzsteuervorwegausgleich entfallen soll. Weitere wesentliche Bestandteile des Vorschlag des Bundes sind eine höhere, aber gegenüber dem Ländermodell geringere Erhöhung des Länderanteils an der Umsatzsteuer, ein gegenüber dem Ländermodell höherer Lineartarif sowie eine Tarifabsenkung bei den allgemeinen
Bundesergänzungszuweisungen. Der Bund sieht in seinem Modell vor, dass die
Zinshilfen für Bremen und das Saarland zwar in gleicher Höhe wie im Ländermodell gewährt, aber die Länder anteilig an deren Finanzierung beteiligt werden. Die
Entflechtungsmittel sollen modifiziert weitergeführt werden.
Über das Modell des eigentlichen Finanzausgleichs hinaus hat der Bund noch
wesentliche Forderungen in Bezug u.a. auf die Sozialgesetzgebung, den Stabilitätsrat und die Bundesautobahnverwaltung erhoben, die teilweise konträr zu den
Positionen der Ländergesamtheit oder einzelner Länder stehen. Im Unterschied
zum Ländermodell benötigt das reine Finanzausgleichsmodell des Bundes keine
Grundgesetzänderung.
In einer rein fiskalischen Betrachtung liegen die Verteilungsergebnisse für Berlin
für 2020 in beiden Modellen recht nah beieinander. Es scheint deshalb möglich,
dass das Land Berlin nach Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen –
sei es im Sinne der Länder oder des Bundes – für das Jahr 2020 gegenüber dem
bisherigen Rechtsstand mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von rd. 450 Mio. Euro
rechnen kann.
Bei mehreren Verhandlungsrunden, zuletzt Anfang Juli 2016, konnten Bund und
Länder sich bislang nicht auf ein gemeinsames Modell verständigen.
30
3.2
Weitere Elemente der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
Zusage des Bundes zur kommunalen Entlastung
Im Zusammenhang mit der Ratifizierung des europäischen Fiskalvertrags im Jahr
2012 einigten sich Bund und Länder darauf, dass die Kommunen im Kontext der
Eingliederungshilfe entlastet werden sollten. Der Bund hat daraufhin im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und CSU aus dem November 2013 zugesagt, die
Kommunen durch ein Bundesteilhabegesetz um 5 Mrd. Euro ab dem Jahre 2018
und bereits vor Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes um jährlich eine
Mrd. Euro zu entlasten. In den Beratungen des Bundesteilhabegesetzes ist zwischenzeitlich deutlich geworden, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang
mit der vereinbarten Entlastung mehr gibt.
Die zugesagte eine Mrd. Euro wird für die Jahre 2015 bis 2017 teilweise durch einen höheren Bundeszuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie
teilweise durch einen Festbetrag an der Umsatzsteuer zugunsten der Gemeinden
und zulasten des Bundes gewährt. Mit dem im Juni 2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von
Asylbewerbern ist die Soforthilfe für das Jahr 2017 um anderthalb Mrd. Euro auf
insgesamt zweieinhalb Mrd. Euro aufgestockt worden; die Länder erhalten dabei
laut ursprünglicher Vereinbarung ein Drittel des zusätzlichen Betrages über höhere Zuweisungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung sowie zwei Drittel über
einen erhöhten Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer.
Bund und Länder haben sich in der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den
Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 16. Juni 2016 auf einen Verteilungsschlüssel für die ab dem Jahr 2018 vom Bund zu erbringenden
fünf Mrd. Euro verständigt. Danach stehen den Kommunen als Vorabbetrag aus
dem Umsatzsteueraufkommen 2,4 Mrd. Euro zur Verfügung. Die Erstattung der
Kosten der Unterkunft und Heizung wird um 1,6 Mrd. Euro erhöht. Zugleich steigt
der Vorabbetrag für die Länder aus dem Umsatzsteueraufkommen um eine Mrd.
Euro. Der Anteil des Landes Berlin an den fünf Mrd. Euro beträgt voraussichtlich
rd. 333 Mio. Euro.
Regionalisierungsgesetz
Im Rahmen der zum 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Bahnstrukturreform ist die
Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung für den Schienenpersonennahverkehr zum 1. Januar 1996 auf die Länder übertragen worden. Sie erhielten dafür
vom Bund seit 1996 Ausgleichsmittel (Regionalisierungsmittel) in Höhe von zunächst 4,4 Mrd. Euro, die in ihrer Höhe in den Folgejahren angepasst wurden.
31
Den Ländern steht dabei gemäß Art. 106a GG für den öffentlichen Personennahverkehr ein Anteil aus dem Steueraufkommen des Bundes zu.
Bisher sind im Berliner Landeshaushalt für dieses Jahr Einnahmen aus Ausgleichsleistungen des Bundes in Höhe von 415,6 Mio. Euro veranschlagt. Am 15.
Dezember 2015 ist das Regionalisierungsgesetz novelliert worden. Der Betrag für
alle Länder ist danach für das Jahr 2016 erhöht und auf acht Mrd. Euro festgesetzt worden. In den Jahren 2017 bis einschließlich 2031 sollte dieser Betrag jährlich um 1,8 vom Hundert steigen. Die Bundesregierung legte dabei die Verteilung
der Regionalisierungsmittel auf die Länder unter Zugrundelegung der Entwicklung
der Verkehrsleistungen und der Bevölkerungsentwicklung fest („Kieler Schlüssel“).
Die im Vergleich zum ermittelten Bedarf in Höhe von 8,5 Mrd. Euro jährlich geringere Summe hätte insbesondere in den ostdeutschen Flächenländern zu Verwerfungen geführt. Im Rahmen der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 16. Juni 2016 haben sich
Bund und Länder nunmehr darauf verständigt, dass alle ostdeutschen Länder einschließlich Berlins zusätzlich, beginnend in 2018, anfänglich 199 Mio. Euro sowie
das Saarland eine Mio. Euro erhalten. Der Betrag für die ostdeutschen Länder
wird nach länderspezifischer Betroffenheit verteilt werden. Der Gesamtbetrag für
alle Länder in Höhe von 8,2 Mrd. Euro wird ab diesem Jahr mit 1,8 vom Hundert
dynamisiert.
Hochschule und Forschung
Die Exzellenzinitiative fördert bis Oktober 2017 herausragende Projekte und Einrichtungen an den Hochschulen. Dazu wurden drei Förderlinien ausgezeichnet:
Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Exzellenzcluster zur Förderung der Spitzenforschung und Zukunftsprojekte zum projektbezogenen Ausbau der universitären Forschung. Bund und Länder hatten sich
dabei seit dem Jahr 2005 auf zwei Förderperioden verständigt, die mit 1,9 Mrd.
Euro bzw. 2,7 Mrd. Euro ausgestattet sind. Finanziert werden die jeweiligen Maßnahmen zu 75 % vom Bund und zu 25 % vom betroffenen Land.
An die Exzellenzinitiative schließt sich eine neue Bund-Länder-Initiative zur Förderung universitärer Spitzenforschung an, die Bund und Länder im Rahmen der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 16. Juni 2016 beschlossen haben. Die Exzellenzstrategie
umfasst die Förderlinien Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten. Die Strategie gilt unbefristet und ist mit 80 Mio. Euro im Jahr 2017 sowie ab dem Jahr 2018
mit jährlich insgesamt 533 Mio. Euro ausgestattet; davon werden 385 Mio. Euro
p.a. auf die Exzellenzcluster sowie 148 Mio. Euro p.a. auf die Exzellenzuniversitäten entfallen. Bund und Sitzland teilen sich wiederum die Mittel im Verhältnis 75
32
zu 25. Der Anteil Berlins an der Exzellenzstrategie wird vom Erfolg der Berliner
Hochschulen im Wettbewerb abhängen.
In der ersten Ausschreibungsrunde werden bei Erfolg elf Exzellenzuniversitäten
bzw. Universitätsverbünde gefördert. Nach sieben Jahren der ersten Förderphase
werden sie evaluiert: Nur für Universitäten bzw. Verbünde, die das Förderziel des
Ausbaus ihrer internationalen Spitzenstellung in der Forschung erreicht und herausragende wissenschaftliche Leistungen im internationalen Maßstab erbracht
haben, gelten die Voraussetzungen einer gemeinsamen Förderung als weiterhin
erfüllt. In diesem Fall wird die Förderung fortgesetzt. Außerdem müssen die Exzellenzuniversitäten regelmäßig alle sieben Jahre im Wettbewerb mit Neuanträgen die notwendigen zwei bzw. bei Verbünden drei Exzellenzcluster erfolgreich
neu einwerben. Falls nach der Evaluation im Jahre 2025 weniger als vier Exzellenzuniversitäten bzw. Universitätsverbünde aus der dauerhaften gemeinsamen
Förderung ausscheiden, wird durch eine erhöhte Zahl von Förderfällen sichergestellt, dass bei Erfolg im wettbewerblichen Verfahren vier neue Universitäten bzw.
Verbünde in die Förderung aufgenommen werden. Gegebenenfalls sind dafür
neue Mittel zur Verfügung zu stellen.
Bund und Länder haben sich am 16. Juni 2016 auf zwei weitere Förderprogramme verständigt: Mit der Förderinitiative „Innovative Hochschule“ sollen Hochschulen dabei unterstützt werden, besonders innovative und sichtbare Aktivitäten der
Kooperation mit Wirtschaft und Gesellschaft auf- und auszubauen. Die Förderinitiative richtet sich dabei insbesondere an kleine und mittlere Universitäten und
Fachhochschulen. Bund und Länder stellen dafür 550 Mio. Euro zur Verfügung.
Die Fördermittel sollen jeweils im Verhältnis 90 zu 10 vom Bund und dem Sitzland
getragen werden.
Zudem wird ein Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
etabliert: Der Bund wird ab dem Jahr 2017 eine Mrd. Euro bereitstellen, um 1.000
zusätzliche „Tenure-Track-Professuren“ zu fördern: Diese Professuren sehen
nach erfolgreicher Bewährungsphase den unmittelbaren Übergang in eine Lebenszeitprofessur vor. Für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler soll
auf diese Weise der Weg zur Professur transparenter und planbarer werden. Die
1.000 vom Bund geförderten neuen Tenure-Track-Professuren werden immer
wieder neu ausgeschrieben, und die Länder werden sie langfristig unterhalten.
Zugleich werden die Länder die Zahl der unbefristeten Professuren um 1.000 erhöhen. Die Laufzeit des Programms reicht bis zum Jahr 2032.
33
3.3
Neuer Hauptstadtfinanzierungsvertrag
Der Bund und Berlin haben am 30. November 2007 den „Hauptstadtfinanzierungsvertrag 2007“ abgeschlossen, der die finanzielle Beteiligung des Bundes an
den hauptstadtbedingten Ausgaben regelt. Der Vertrag gilt vom 1. Januar 2008
bis Ende 2017. Im Berichtszeitraum dieser Finanzplanung ist somit ein neues Regelwerk auszuhandeln und ab Jahresbeginn 2018 in Kraft zu setzen.
Daher führt das Land Berlin, federführend vertreten durch die Senatskanzlei von
Berlin, gegenwärtig mit dem Bund Verhandlungen zur Ausgestaltung des künftigen Vertrages. Aus Berliner Sicht ist beabsichtigt, die Laufzeit des Vertrags wiederum auf zehn Jahre festzulegen.
Das Land Berlin legt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf Themenbereiche,
die sehr gut begründet und im Detail belegt werden können. Exemplarisch seien
hier die hauptstadtbedingten Sicherheitsaufwendungen genannt. Darüber hinaus
existieren weitere Forderungen Berlins, die sich neben den einschlägigen grundgesetzlichen Regelungen in Art. 22 Abs. 1 GG und Art. 106 Abs. 8 GG aus dem
konkretisierenden Hauptstadt-Kooperationsvertrag vom 25. August 1992 ableiten.
Der „Hauptstadtfinanzierungsvertrag 2007“ nimmt hierauf ausdrücklich Bezug.
Bund und Berlin haben sich in Art. 1 Abs. 3 des Hauptstadt-Kooperationsvertrags
darauf verständigt, insbesondere auf folgenden Gebieten zusammenzuarbeiten:
„…
-
die geordnete städtebauliche und siedlungsstrukturelle Entwicklung
der Gebiete mit Hauptstadtfunktionen und die Einbindung hauptstadtbedingter Einrichtungen einschließlich der dafür erforderlichen Infrastruktur, (…)
-
Art, Umfang und Standort hauptstadtbedingter wohnungsbezogener
Infrastruktureinrichtungen,
-
den zur Wahrnehmung der hauptstadtbedingten Aufgaben erforderlichen Bau und Ausbau sowie die Instandhaltung der Verkehrs- und
sonstigen technischen Infrastruktur,
-
hauptstadtbedingte Kultur- und Bildungseinrichtungen, an denen die
Bundesrepublik Deutschland ein besonderes Interesse hat,
-
die wechselseitige Bereitstellung von Liegenschaften“.
Der Ausgleich hauptstadtbedingter Belastungen ist ein Anspruch Berlins von Verfassungsrang. Er kann daher weder mit anderen finanzpolitischen Fragestellungen – wie etwa der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen – sachfremd vermengt noch mit dem Hinweis auf fiskalische Zwänge an anderer Stelle
gekürzt werden.
34
4
Haushaltsrelevante Aspekte der Flüchtlingsthematik
•
Berlin hat die flüchtlingsbedingten Mehrausgaben frühzeitig im Haushalt
abgebildet und ohne Neuverschuldung verkraftet
•
Die Bundesbeteiligung an den Flüchtlingskosten wird in den kommenden Jahren für eine Entlastung des Haushalts sorgen
4.1
Flüchtlingskrise: Auswirkungen auf den Berliner Haushalt
Wie die anderen Länder hat auch Berlin im Jahr 2015 Flüchtlinge in hoher Zahl
aufgenommen. Es ist dabei gelungen, die besonderen organisatorischen und finanziellen Herausforderungen zu meistern, die sich bei der Unterbringung und
Versorgung der rd. 55.000 hier registrierten Asylbegehrenden stellten und auch
weiterhin stellen. Der Senat hat die sich abzeichnenden finanziellen Erfordernisse
im Doppelhaushalt 2016/2017 frühzeitig weitgehend abgebildet.
Für die Jahre ab 2016 wird davon ausgegangen, dass sich die Zugangszahlen
neuer Flüchtlinge deutlich reduzieren. Der Bestand an Flüchtlingen nimmt aber
nur langsam ab und wird im Jahresmittelwert 2016 etwa 50.000 betragen. Der
Senat hat gesonderte Bauprogramme für Unterkünfte mit bis zu 40.000 Plätzen
aufgelegt. Vor diesem Hintergrund ist es nun möglich, die bisher als Notunterkünfte genutzten Turnhallen freizuziehen und die Asylbegehrenden in anderen Unterkünften unterzubringen. Mit der beschlossenen Kapazitätsplanung trägt der Senat
dafür Sorge, dass in den Jahren 2016 und 2017 insbesondere mit den geplanten
Tempohomes und Modularen Unterkünften für Flüchtlinge (MUFs) ausreichend
geeignete Unterkünfte bereitgestellt werden, um die Situation der Geflüchteten
weiter zu verbessern. Hierbei hat der Senat auch berücksichtigt, dass sich mit
dem Abbau der Bearbeitungsrückstände beim Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge (BAMF) der Statuswechsel in den Rechtskreis des SGB II beschleunigen wird und der Bedarf an Wohnraum im Sinne einer Unterbringung der Flüchtlinge im Anschluss an die Erstunterbringung künftig gedeckt werden kann.
Berlin schafft damit die Basis für eine erfolgreiche Integration der Geflüchteten in
die Gesellschaft – die vorrangige Aufgabe für die Zukunft. Auch hier hat der Senat
vor allem mit dem langfristig ausgelegten Masterplan Integration und Sicherheit,
der für die Jahre 2016 und 2017 ein zusätzliches finanzielles Volumen von insgesamt rd. 150 Mio. € vorsieht, die fachlichen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen, die zu einer gelungenen Integration beitragen werden.
35
4.2
Bundesbeteiligung an den Asylkosten
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz
Im Rahmen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom Herbst 2015 haben
Bund und Länder eine Kostenbeteiligung des Bundes an den Asylkosten über das
Vehikel des Finanzausgleichsgesetzes vereinbart. Die Länder erhalten vom Bund
vorläufige Zahlungen von 3,637 Mrd. Euro (2016) sowie 1,124 Mrd. Euro (2017).
Diese Zahlungen setzen sich zusammen aus:
−
Abschlagszahlung für einen Teil der Kosten für die Asylbewerber/-innen
und zwar ab dem 1. Januar 2016 für den Zeitraum von der Registrierung
bis zur Erteilung eines Bescheides durch das BAMF. Es wurden für die
Berechnung der Abschlagszahlung durchschnittlich 800.000 Asylbewerber
im Verfahren bei dem BAMF unterstellt und eine Verfahrensdauer von 5
Monaten angenommen. Pro Asylbewerber werden für diesen Zeitraum
pauschal 670 Euro pro Monat gezahlt. Ende 2016 erfolgt eine personenscharfe Spitzabrechnung für 2016, die bei der für 2017 festzulegenden
Abschlagszahlung berücksichtigt wird.
−
Für abgelehnte Asylbewerber wird den Ländern ebenfalls pauschal 670
Euro für einen Monat gezahlt.
−
Der Bund leistet weiterhin Beiträge zur Finanzierung der Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 350 Mio. Euro jährlich sowie
weitere Mittel für eine verbesserte Kinderbetreuung.
Für die Spitzabrechnung für das Jahr 2016 hat der Bund mittlerweile Verfahrensvorschläge gemacht, nach denen neben den Neuzugängen im Jahresverlauf 2016
auch die mit Stand 1.1.2016 rund 365.000 anhängigen Verfahren beim BAMF berücksichtigt werden sowie die rd. 400.000 Flüchtlinge aus dem Jahr 2015, die im
Jahr 2015 noch keinen Antrag stellen konnten.
Das Ergebnis der Spitzabrechnung hängt maßgeblich von den Flüchtlingszahlen
im weiteren Jahresverlauf sowie der Entwicklung der Bearbeitungsdauer der Verfahren im BAMF ab.
Berlin hat im Haushalt 2016 die Erwartungen zur Spitzabrechnung bereits in Höhe
von 31 Mio. Euro berücksichtigt; dieser Betrag ist in dem für das Haushaltsjahr
2016 festgelegten Betrag von 231 Mio. Euro bereits enthalten. Nach derzeitigen
Erwartungen des Bundes zu Flüchtlingszahlen und Verfahrensdauer dürfte sich
für Berlin aus der Spitzabrechnung keine größere Abweichung zum veranschlagten Soll ergeben. Die Verfahrensdauer des BAMF in Berlin lag per 30.04.2016 bei
9,2 Monaten. Die tatsächliche Entwicklung bleibt also abzuwarten.
36
Für 2017 sind im Haushalt Einnahmen aus dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz von 183 Mio. Euro veranschlagt. Der tatsächliche Betrag wird neben den
Zugangszahlen von der Verfahrensdauer abhängen. Beide Werte sinken derzeit.
Auch für die Folgejahre ist wegen geringerer Asylbewerberzahlen in Verbindung
mit einer Beschleunigung der Verfahrensdauer auf die vom BAMF angestrebten
drei Monate mit deutlich geringeren Zuflüssen seitens des Bundes zu rechnen.
Zugleich läuft 2018 die Zurverfügungstellung des eingesparten Aufwandes für das
Betreuungsgeld aus, das 2018 Berlin noch einmal Einnahmen von rd. 48 Mio. Euro bescheren wird. Unsicherheit besteht auch über die Fortzahlung der derzeit
vom Bund zur Verfügung gestellten 350 Mio. Euro p.a. für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UMF, Anteil Berlin: 19 Mio. Euro), da vereinbart
ist, bei deutlich rückläufigen Zahlen eine Überprüfung der Leistung des Bundes
vorzunehmen. Da die tatsächlichen Kosten der Betreuung von UMF aber bundesweit deutlich über 350 Mio. Euro liegt, besteht sachlich trotz zurückgehender
Zahlen ein berechtigter Anspruch der Länder, dass diese Mittel auch über 2018
hinaus fließen.
Integrationspauschale
Am 7. Juli 2016 haben sich Bund und Länder über eine zusätzliche Integrationspauschale für die Länder von 2 Mrd. Euro für die Jahre 2016, 2017 und 2018 geeinigt, die über die Umsatzsteuerverteilung gezahlt werden. Der Berliner Anteil beträgt 110 Mio. Euro pro Jahr. In der Finanzplanung wurden daher die Steuereinnahmen für das Jahr 2018 angehoben.
Die technische Umsetzung der Bundesbeteiligung an den Asylkosten erfolgt über
eine Veränderung der Umsatzsteuerverteilung im Finanzausgleichsgesetz zu Lasten des Bundes und zu Gunsten der Länder.
Übernahme KdU für Geflüchtete
Am 16. Juni 2016 einigten sich die Bundeskanzlerin und Regierungschefinnen
und Regierungschefs der Länder auf eine Übernahme der Kosten der Unterkunft
und Heizung für anerkannte Asyl- und Schutzberechtigte durch den Bund. Danach
erhöht der Bund befristet für drei Jahre (2016-18) die Bundesbeteiligung an den
Leistungen für Unterkunft und Heizung nach SGB II für die flüchtlingsbedingten
Mehrbelastungen ab 2016 in Anlehnung an das Verfahren bei Leistungen für Bildung und Teilhabe auf 100 Prozent, um dadurch die Kommunen um 400 Mio. Euro in 2016 und voraussichtlich um 900 Mio. Euro in 2017 und 1.300 Mio. Euro in
2018 zu entlasten. Die Verteilung auf die Länder erfolgt für das Jahr 2016 nach
dem Königsteiner Schlüssel, für 2017 und 2018 in Anlehnung an einen Vertei37
lungsschlüssel, der sich aus den tatsächlichen flüchtlingsbedingten Ausgaben für
Unterkunft und Heizung des Vorjahres ergibt. Bund und Länder werden im Lichte
der weiteren Entwicklung rechtzeitig über die Notwendigkeit einer Anschlussregelung Gespräche führen.
In der Finanzplanung des Landes Berlin sind diese Mittel für das Jahr 2018 mit einem Betrag von 65 Mio. Euro berücksichtigt.
38
5
Mehr Investitionen und Sicherung des Konsolidierungspfades
•
Berlin ist schon in den Jahren bis 2020 dem Ziel eines ausgeglichenen
Haushalts verpflichtet; Finanzplanung sieht Überschüsse vor
•
Berlin bedarf eines mehrjährigen Investitionsplans
•
Haushalt braucht größeren Puffer zwischen bereinigten Einnahmen und
Ausgaben, um Risiken abdecken zu können und die Einhaltung der
Obergrenze für das strukturelle Defizit zu gewährleisten
•
Als Instrument bietet sich, auch mit Blick auf die Zeit nach 2020, das Instrument einer Ausgleichsrücklage insbesondere für Konjunkturabschwünge, Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen,
die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, an.
Mit dem DHH 2016/17 hat der Berliner Senat einen Zweiklang als Grundton der
Haushaltspolitik angeschlagen: Investieren und Konsolidieren. Mit der Ausweitung
der Investitionen reagiert der Senat zum einen auf die Notwendigkeit, mittelfristig
den in den Jahren der Konsolidierung entstandenen Sanierungs- und Instandhaltungsstau zu beseitigen, zum anderen auf die Notwendigkeit, angesichts der gestiegenen Einwohnerzahl Erweiterungsinvestitionen in die städtische Infrastruktur
vorzunehmen.
Gleichzeitig ist der Senat auch für die kommenden Jahre dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts verpflichtet. Das Land Berlin ist aufgrund der erfolgreichen
Konsolidierungspolitik bereits heute in der Lage, das ab 2020 geltende grundgesetzliche Neuverschuldungsverbot einzuhalten.
Um einen ausgeglichenen Haushalt zu gewährleisten, war die Leitlinie zuletzt,
dass, ausgehend von der Situation eines Haushaltsüberschusses, die Ausgaben
nicht stärker steigen dürfen als die Einnahmen. Diese Vorgabe wurde im Haushalt
2015 und wird im DHH 16/17 erfüllt.
Wie bereits in der letzten Finanzplanung vermerkt3, hat diese Leitlinie eine Konsequenz: Sie impliziert eine symmetrische Handhabung, derzufolge steigenden
Einnahmen zwar Ausgabespielräume eröffnen, gleichzeitig aber bei sinkenden
Einnahmen eine korrespondierende Reduzierung der Ausgaben erforderlich ist.
3
Finanzplanung von Berlin 2015-19, S.48
39
Dies erfordert zum einen ein hohes Maß an politischer Disziplin auf der Ausgabenseite; zum anderen setzt es die Haushaltspolitik in verstärktem Maß den Unsicherheiten der Einnahmeentwicklung aus.
Um das simultane Erreichen der Ziele Investieren und Konsolidieren langfristig zu
sichern, bedarf es daher eines umfassenderen Ansatzes, der aus mehreren Bausteinen besteht:
−
einem systematischen Investitionsplan, der den Investitionsbedarf in
handhabbare, aber verlässlich fließenden Beträge über einen sicheren
Planungshorizont verteilt,
−
die Begrenzung des Ausgabenwachstums auf eine Rate, die jene des
Einnahmewachstums nicht übersteigt,
−
die Einhaltung der zulässigen Obergrenzen für das strukturelle Haushaltsdefizit,
−
die Bildung eines hinreichenden Puffers, um unerwartete Mindereinnahmen kompensieren zu können.
5.1
Investitionsbedarf finanziell absichern
Die Ausweitung der Investitionen erfordert ein umfassendes Programm, das aus
mehreren Bausteinen besteht:
−
Mit dem SIWA hat das Land Berlin die Möglichkeit geschaffen, einen Teil
von unerwarteten Haushaltsüberschüssen überjährig in zusätzliche Investitionen für die wachsende Stadt fließen zu lassen. Bisher sind, wie oben
ausgeführt, knapp 700 Mio. Euro in das SIWA geflossen.
−
Die Beteiligungsunternehmen des Landes haben ihre Investitionen deutlich erhöht. Beliefen sich diese 2013 auf 1,68 Mrd. Euro, so sind sie 2015
bereits auf rund 2 Mrd. Euro gestiegen und werden weiter steigen.
−
Die Investitionsausgaben im Haushalt wurden erhöht und werden zukünftig weiter ausgeweitet: Waren die Investitionsansätze im Haushalt lange
Jahre auf der Höhe von 1,4 Mrd. Euro plafondiert, so wurde der Ansatz
bereits für den DHH 16/17 auf 1,74 Mrd. Euro angehoben. Zukünftig sollen
die Investitionen pro Jahr mit einer Rate von 3,5% anwachsen und damit
stärker als die konsumtiven Ausgaben. Die für 2018-20 geplanten Volumina liegen damit noch einmal über den in der letzten Finanzplanung prognostizierten Investitionsausgaben von rd. 1,75 Mrd. Euro pro Jahr.
Die Eckwerte der geplanten Investitionsausgaben weisen für die Jahre 2018 und
2019 eine Differenz zu den in der detaillierten Investitionsplanung (vgl. gelbe Sei40
ten) ausgewiesenen Investitionsvolumina auf. Diese Differenz stellt den verbleibenden Handlungsspielraum für zusätzliche Investitionsausgaben dar.
Die starke Ausweitung der Investitionen ist nicht nur geboten, sondern dank der
Konsolidierungserfolge der Vergangenheit auch finanzierbar. Damit kann eine
deutliche Ausweitung der Investitionen direkt aus dem Haushalt finanziert werden.
Voraussetzung ist jedoch, dass der Investitionsbedarf, basierend auf einer soliden
Bestandserhebung, in verlässliche, z.B. zehnjährige Investitionspläne verwandelt
wird, aus denen handhabbare jährliche Investitionsvolumina resultieren. Solche
mehrjährigen Investitionsprogramme vereinen zwei wichtige Elemente: Sie geben
einerseits einen verlässlichen Fahrplan für die Bewältigung eines vorhandenen
Investitionsbedarfs, und sie vermeiden andererseits eine Überlastung des Haushalts durch die Zerlegung großer Summen in Teilbeträge.
5.2
Puffer und Handlungsspielräume kleiner – Unsicherheit größer
Betrachtet man die Entwicklung des Haushalts in den letzten zwei Jahren so zeigt
sich, dass die Puffer im Haushalt zur Wahrung eines ausgeglichenen Haushalts
geringer geworden sind. Der Finanzierungsüberschuss ist im Laufe der letzten
vier Jahre in der Tendenz von Jahr zu Jahr geringer geworden.
Die Entwicklung spiegelt zuallererst die unerwarteten, aber unabwendbaren
Mehrausgaben wider, die seit 2015 durch die Flüchtlingssituation entstanden. Nur
so war es möglich, die Programme für die Berlinerinnen und Berliner sowie für
Berlin neben die Flüchtlingsprogramme zu stellen und nicht gegen sie. Zudem ist
die beschriebene Entwicklung auch Folge einer bewussten Entscheidung des Senats von Berlin, die vorhandenen Finanzierungsspielräume insbesondere für Investitionen stärker zu nutzen, um so finanziell auf die Herausforderungen der
wachsenden Stadt zu reagieren.
Gleichzeitig steigt aber die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung. Wie in
Kapitel 1.4 beschrieben, ist der Konjunkturzyklus in einem reifen Stadium, was die
Frage nach einem konjunkturellen Wendepunkt nahelegt. Im außenwirtschaftlichen und europapolitischen Umfeld regiert ebenfalls die Unsicherheit, die negative Rückwirkungen auch auf die Berliner Wirtschaft haben könnte. Und schließlich
sind auch die flüchtlingsbedingten Mehrausgaben, obwohl Berlin sie dank der
günstigen finanziellen Ausgangsposition gut bewältigen konnte, ein Beispiel dafür,
wie externe Ereignisse Anforderungen an den Haushalt stellen können, auf die
das Land reagieren können muss.
41
Um sich der Bedeutung von Puffern im Haushalt bewusst zu werden, ist es hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, dass die Einnahmen des Landes in Reaktion auf
den Konjunkturzyklus in substantieller Größenordnung schwanken. In der langjährigen Betrachtung4 steigen die bereinigten Einnahmen des Landes um etwa 390
Mio. Euro pro Jahr. Allerdings ergaben sich in Reaktion auf externe Entwicklungen Schwankungen um diesen Wert herum. Diese Schwankungen liegen in einer
Spanne von -1,6 Mrd. Euro bis +1,3 Mrd. Euro (Abb. 15).
Diese Größenordnung ist insofern bemerkenswert, als offensichtlich ist, dass die
Ausgabenseite des Haushalts nicht so flexibel ist, Schwankungen in dieser Höhe
zu kompensieren. Dies gilt a fortiori, wenn man berücksichtigt, dass Zeiten
schwachen oder gar negativen Wachstums in der Regel nicht nur ein Jahr dauern,
sondern sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.
Sinkende Puffer und steigende Unsicherheit treffen in einer Zeit auf den Haushalt
des Landes, in der die Handlungsspielräume geringer werden. Die ab 2020 greifende, grundgesetzliche Schuldenbremse lässt eine Neuverschuldung grundsätzlich nicht mehr zu. Über das Ob und Wie der landesrechtlichen Ausgestaltung der
Schuldenbremse – die etwaige Regelung von Ausnahmetatbeständen für eine
Kreditaufnahme bei Konjunkturabschwüngen, Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, einer Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um
4
42
Als Ausgangsjahr für diese Betrachtung wird das Jahr 1995 gewählt, das die erstmalige Einbeziehung des Landes in das System des Länderfinanzausgleichs markiert. 1995 betrugen die finanzkraftabhängigen Einnahmen Berlins 10,334 Mrd. Euro, 2015 18,207 Mrd. Euro.
finanzielle Transaktionen sowie eines Konjunkturbereinigungsverfahrens – wird in
der nächsten Legislaturperiode zu entscheiden sein. Zum Jahre 2020 laufen auch
die Solidarpakt II-Mittel (letzte Rate 2019 rd. 399 Mio. Euro), die Entflechtungsmittel (letzte Rate 2019 rd. 119 Mio. Euro) sowie die Konsolidierungshilfen (letzte Rate 2020 rd. 27 Mio. Euro) aus. Berlin wird vorbehaltlich einer Anschlussregelung
für die Solidarpaktmittel dann Mindereinnahmen in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro haben, die von 2019 auf 2020 wegfallen und in den Folgejahren fehlen. Sollte bis dahin keine Neuregelung für die Bund-Länder-Finanzbeziehungen
gefunden werden, droht ein haushaltspolitischer Handlungsbedarf in dreistelliger
Millionenhöhe zu entstehen.
Auch schlichte Verwaltungsentscheidungen, wie seinerzeit beim sogenannten
Zensuseffekt nachteilig erfahren, können als externe Effekte haushaltspolitischen
Handlungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe auslösen. Schließlich bleiben angesichts der hohen Verschuldung Berlins Zinsrisiken eine Quelle der Anfälligkeit
für den Haushalt.
Ganz unabhängig von möglichen konjunkturell bedingten Mindereinnahmen werden die finanziellen und institutionellen Spielräume, auf unvorhergesehene externe Entwicklungen reagieren zu können, geringer. Insofern steht die Haushaltspolitik vor der Aufgabe, nicht nur auf konjunkturell adverse Entwicklungen reagieren
können zu müssen, sondern auch auf strukturell bedingte Beschränkungen. Die
früher übliche Pufferfunktion einer Kreditaufnahme wird ab 2020 wegen der
grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse nicht mehr verfügbar sein, soweit
nicht landesrechtlich Ausnahmen bei Konjunkturabschwüngen, Naturkatastrophen
oder außergewöhnlichen Notsituationen geregelt werden, während gleichzeitig auf
der Einnahmeseite weniger Spielraum zu erwarten ist.
5.3
Zusätzliches Ziel: Einhaltung Vorgabe für strukturelles Defizit
Bei der haushaltspolitischen Strategie ist dabei auch zu beachten, dass für Berlin
nicht nur der tatsächliche Finanzierungssaldo handlungsrelevant ist, sondern auch
der strukturelle. Der strukturelle Finanzierungssaldo ist dabei insbesondere das
Bewertungskriterium für die Konsolidierungshilfenvereinbarung, die das Land Berlin mit dem Bund und den anderen Ländern getroffen hat. Danach hat sich das
Land im Gegenzug für den Erhalt der Konsolidierungshilfen i.H.v. Euro 80 Mio.
jährlich verpflichtet, das strukturelle Defizit entlang eines linearen Pfades abzubauen (vgl. Kapitel 2.3).
Der strukturelle Finanzierungssaldo wird im Rahmen der Überwachung der Konsolidierungsverpflichtung des Stabilitätsrats durch mehrere Rechnungsschritte
ausgehend vom tatsächlichen Finanzierungssaldo errechnet. Dabei werden insbesondere der Saldo der finanziellen Transaktionen, die empfangenen Konsolidie43
rungshilfen, die periodengerechte Abrechnung des LFA, Schuldenaufnahmen von
Extrahaushalten sowie die Abweichung der tatsächlichen von den geschätzten
Steuereinnahmen berücksichtigt. Im Fall Berlins gilt, dass der strukturelle Finan-
zierungssaldo in den letzten Jahren grundsätzlich schlechter ausfiel als der tatsächliche Finanzierungssaldo. Der Abstand zwischen beiden betrug im Jahr 2015
rd. 350 Mio. Euro (Abb. 16).
Ein wesentlicher Grund für diese Abweichung liegt in der nicht überzeugenden
Klassifizierung von strukturellen Mehreinnahmen aus überproportional wachsenden Einwohnerzahlen (wachsende Stadt) als konjunkturelle, also vorübergehende, Einnahmen.
Es spricht deshalb einiges dafür, dass der strukturelle Finanzierungssaldo auch in
Zukunft schlechter ausfallen wird als der tatsächliche: Zum einen wurde mit der
Berliner Gesellschaft zur Errichtung von Flüchtlingsunterkünften (BEFU), einem
Gemeinschaftsunternehmen des Landes Berlin und seines Beteiligungsunternehmens, der Berlinovo, ein schuldenfähiger Extrahaushalt geschaffen. Zum
zweiten ist nicht auszuschließen, dass die Steuereinnahmen in der Tendenz auch
weiterhin oberhalb der Steuerschätzung liegen werden.
Gleichzeitig verringert sich aber die zulässige Defizitobergrenze stetig. Daraus
folgt: Selbst wenn es Berlin, wie geplant, gelingt, weiterhin Überschüsse im Haushalt zu erwirtschaften, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der strukturelle
Finanzierungssaldo die zulässige Grenze übersteigt. Dies wird umso wahrscheinlicher, je geringer der tatsächliche Finanzierungsüberschuss ist, da dann die Ba-
44
sis, von der aus die – in der Regel mit negativem Vorzeichen versehenen – Korrekturfaktoren hin zum strukturellen Defizit führen, kleiner ist.
Anders als andere Konsolidierungsländer hat das Land Berlin das strukturelle Defizit bisher nicht als eine explizite haushaltspolitische Zielgröße formuliert und danach gesteuert. Dies liegt daran, dass aufgrund der hohen Überschüsse beim tatsächlichen Finanzierungssaldo das Land nie in der Gefahr stand, die Vorgabe für
die zulässige Obergrenze für das strukturelle Defizit zu reißen. Wie oben argumentiert, kann dies aber für die Jahre bis 2020 nicht mehr als selbstverständlich
vorausgesetzt werden. So beträgt die zulässige Obergrenze für das strukturelle
Defizit 2019 nur noch 201,2 Mio. Euro. Betrüge die Differenz zwischen tatsächlichem und strukturellem Finanzierungssaldo wie in 2015 wieder 350 Mio. Euro, so
wäre der geplante Finanzierungssaldo von 80 Mio. Euro nicht ausreichend, um
die Verpflichtung der Konsolidierungsvereinbarung einzuhalten.
Berlin muss daher bei seiner Haushaltsplanung für den Finanzierungssaldo in den
Jahren bis 2020 einen hinreichenden Puffer einplanen, um sicherzustellen, dass
auch der strukturelle Finanzierungssaldo jederzeit regelkonform ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der strukturelle Finanzierungssaldo anders als der tatsächliche Finanzierungssaldo weniger gut zu steuern
ist, da einzelne Komponenten wie etwa die periodengerechte Abrechnung des
LFA nur bedingt dem Einfluss des Landes unterliegen. Der bisher errichtete –
quasi natürliche – Puffer durch das SIWA reicht dazu nicht aus. Für die Zeit ab
2020 muss zudem noch festgelegt werden, welche Definition des strukturellen Defizits für die Kontrolle der Einhaltung der Schuldenbremse zum Tragen kommen
wird. Je nach Definition wird es auch dann erforderlich sein, hinreichende Puffer in
der Finanzplanung vorzuhalten.
5.4
Notwendigkeit und mögliche Ausgestaltung eines Puffers
Nimmt man die vorhergehende Argumentation zusammen, bestehen mindestens
drei Gründe, warum höhere Puffer im Haushalt notwendig sind:
−
Berlin hat wie der Bund und alle Länder bei den Steuereinnahmen von der
guten konjunkturellen Lage profitiert. Die weitere konjunkturelle Entwicklung und damit die Steuereinnahmen sind aber mit größerer Unsicherheit
behaftet als in den letzten Jahren.
−
Die Notwendigkeit, neben dem tatsächlichen auch den strukturellen Finanzierungssaldo als explizite Zielgröße des Haushalts zu etablieren, erfordert in den Jahren bis 2020 einen hinreichenden Überschuss im tatsächlichen Finanzierungssaldo.
45
−
Das Land hat wegen der notwendigen Maßnahmen zur Finanzierung der
wachsenden Stadt eine strukturell höhere Ausgabenbasis geschaffen, insbesondere bei den Bereichen Personal und Investitionen. Die natürlichen
Puffer reichen dann nicht aus, wenn eine Zinserhöhung parallel zu einer
haushälterischen Anspannung eintritt.
Die quantitative Analyse der Schwankungen und Abweichungen der Einnahmen
und Ausgaben unterstreicht den politischen Handlungsbedarf: Ergeben sich im
Haushaltsvollzug durch unerwartete Mehrausgaben oder Mindereinnahmen substantielle Haushaltslücken, können diese unter den Bedingungen der Schuldenbremse nicht mehr durch eine Kreditaufnahme abgedeckt werden, sondern müssten entweder durch Kürzungen bei den diskretionären Ausgaben oder durch kurzfristige
Vermögensveräußerungen
ausgeglichen
werden.
Beides
ist
gleichermaßen unerwünscht: Kürzungen bei den diskretionären Ausgaben treffen
üblicherweise in erster Linie die Investitionsbudgets, mithin Bereiche, die für die
Zukunftsfähigkeit einer wachsenden Stadt besonders relevant sind. Kurzfristige
Vermögensveräußerungen wiederum sind zum einen ökonomisch unerwünscht,
weil solche Verkäufe unter Druck (sog. „fire sales“) nur Erlöse unter dem eigentlichen Wert der Beteiligungen bringen; sie sind zum anderen politisch unerwünscht,
weil sie dem Erreichen der mit den Beteiligungen angestrebten politischen Ziele
widersprechen.
Es liegt daher im Interesse einer vorsichtigen Finanzpolitik, solche Handlungszwänge gar nicht erst entstehen zu lassen. Theoretisch lässt sich dies auf zwei
Wegen vermeiden:
−
Einerseits dadurch, dass bereits bei der Haushaltsplanung ein hinreichender Puffer zwischen Einnahmen und Ausgaben eingeplant wird, der auch
größere Einnahmeausfälle bzw. Mehrausgaben abfedert.
−
Andererseits dadurch, dass im Haushalt eine Rücklage gebildet wird, die
für den Fall von Finanzierungslücken für einen Ausgleich des Haushalts
genutzt werden kann.
Risikopuffer im laufenden Haushalt
Ein hinreichend großer Abstand zwischen den geplanten Einnahmen und Ausgaben im Länderhaushalt würde sicherstellen, dass die Vorgabe eines ausgeglichenen Haushalts jederzeit eingehalten werden kann, auch wenn es zu Einnahmeausfällen oder unerwarteten Ausweitungen der Ausgaben kommt. Dabei ist zu
bedenken, dass im Zuge eines konjunkturellen Einbruchs beide Effekte üblicherweise gleichzeitig auftreten: Gibt es eine Rezession und erhöhte Arbeitslosigkeit,
steigen die Ausgaben der öffentlichen Hand v.a. wegen höherer Ausgaben im So-
46
zialbereich, während gleichzeitig die Einnahmen aus Umsatz-, Lohn- und Einkommensteuer sowie der Körperschaftssteuer zurückgehen. Ein Puffer zwischen
geplanten Einnahmen und Ausgaben müsste also so hoch dimensioniert sein,
auch eine solche Situation aufzufangen. Das bedeutet im Umkehrschluss eine
Haushaltsplanung, die hohe Überschüsse einplant, die, sofern der Puffer nicht in
Anspruch genommen werden muss, zur Schuldentilgung genutzt werden können.
Es bedeutet freilich auch, dass das Ausgabenniveau deutlich abgesenkt und auf
niedrigem Niveau gehalten werden muss, was politische Gestaltungsspielräume
einschränkt. Dies ist angesichts der Notwendigkeit, in Reaktion auf die Herausforderungen der wachsenden Stadt reagieren zu müssen, nicht zielführend.
Rücklage
Eine Rücklage ermöglicht die intertemporale Glättung von Abweichungen vom
Trend in den Einnahmen und Ausgaben des Staates mit dem Ziel, trotz unerwarteter Mindereinnahmen bzw. Mehrausgaben einen ausgeglichenen Haushalt zu
erreichen. In wirtschaftlich schlechten Zeiten kann auf die Rücklage zurückgegriffen werden, um Haushaltslücken zu schließen.
Die Verfügbarkeit einer Rücklage hat den Vorteil, dass im Bedarfsfall keine –
möglicherweise sehr umstrittenen oder schwerfälligen – politischen Entscheidungen gefällt werden müssen. Eine Rücklage hat zudem eine stabilisierende Wirkung, da sie im Fall einer Rezession zusätzliche fiskalische Mittel zur Verfügung
stellt, in Boomphasen hingegen durch das Abschöpfen fiskalischer Überschüsse
für eine Dämpfung der aggregierten Nachfrage sorgt.
Tabelle 2: Vergleich Puffer im lfd. Haushalt vs. Ausgleichsrücklage
Risikopuffer im lfd. Haushalt
Vorteile
Nachteile
Erfordert kein neues
haushaltspolitisches Instrumentarium
Erfordert hohe laufende
Haushaltsüberschüsse
Schränkt finanziellen
Gestaltungsspielraum
stark ein
47
Die
Ermöglicht Ausgleich
von Defiziten ohne Notwendigkeit, staatliche
Leistungen einzuschränken bzw. vermögen zu
veräußern
beiden
Optionen
abwägend
spricht
viel
dafür,
das
Erforderliches Volumen
mit Unsicherheit behaftet
Ausgleichsrücklage
Erfordert keine – evtl.
schwierigen – politischen
Entscheidungen
Instrument
einer
Aufbau erfordert temporär, Ausgabespielräume
nicht voll auszuschöpfen
Aus-
gleichsrückAnti-zyklische Wirkung
der Fiskalpolitik
lage zu wählen.
Eigene Darstellung SenFin
Zur angemessenen Höhe einer Rücklage
Grundsätzlich muss die Rücklage so groß sein, dass damit unerwartete Entwicklungen sowohl auf der Einnahme- wie auf der Ausgabeseite aufgefangen werden
können. Ansatzpunkt für eine Schätzung, wie hoch eine Rücklage sein sollte, um
unter den Bedingungen der Schuldenbremse nachhaltige Haushalte zu sichern,
müssen daher die Schwankungen der Einnahmen und Ausgaben des Landes
Berlin sein.
Da die Rücklage das Ziel hat, ungeplante Schwankungen in den Einnahme- bzw.
Ausgabeströmen des Staates zu erreichen, sollte die Methodik grundsätzlich auf
die Betrachtung von Schwankungen dieser Ströme um einen zu bestimmenden
Normwert beruhen.
Als Basisjahr für die nachfolgende Analyse wird das Jahr 1995 gewählt: dieses
Jahr markiert den Zeitpunkt, ab dem Berlin nach der Vereinigung Teil des normalen gesamtstaatlichen Finanzausgleichssystems wurde. Die finanzkraftabhängigen Einnahmen (Steuern, LFA, allg. BEZ) des Landes wachsen seitdem (Zeitraum 1995-2015 einschl.) trendmäßig mit etwa 390 Mio. Euro oder 3,81% jährlich.
Die Schwankungen zwischen den tatsächlich realisierten Einnahmen von Jahr zu
Jahr sind dabei aber beachtlich: So sanken die finanzkraftabhängigen Einnahmen
im Rezessionsjahr 2009 um 1,26 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr; demgegenüber ergab sich in den Boomjahren 2006/7 ein Zuwachs von je 1,2 Mrd. Euro. Berücksichtigt man das o.g. Trendwachstum, so schwankt die Abweichung vom
Trendwachstum zwischen -1,65 Mrd. Euro und +1,3 Mrd. Euro.
Eine Rücklage, die Schwankungen in dieser Höhe in vollem Umfang ausgleichen
kann, ist unrealistisch hoch – sie muss es aber auch nicht. So ist zu berücksichtigen, dass im Falle eines Defizits nicht die vollständige Lücke durch Rücklagen
ausgeglichen werden muss, da ein Teil der Lücke auch durch den diskretionären
Spielraum im Haushaltsvollzug geschlossen werden kann. Dieser Aspekt würde
das erforderliche Volumen der Rücklagen tendenziell verringern. Außerdem ist zu
48
berücksichtigen, dass die o.g. Schwankungsbreite Extremwerte wie die Große
Rezession des Jahres 2009 abbildet, die atypisch für einen normalen Konjunkturverlauf sind und daher oft auch besondere Politikmaßnahmen auslösen – wie das
Konjunkturprogramme K2, das zu Mehreinnahmen bei den Ländern führte.
Mit einer Zielausstattung von rd. einer halben Milliarde Euro hätte eine Rücklage
daher ein hinreichendes Volumen, um die Einnahmeverluste eines normalen Konjunkturabschwungs einigermaßen abfedern zu können. Diese halbe Milliarde Euro
müsste dann prozentual jährlich mit einem wachsenden Haushaltsvolumen steigen, um in der Wirkung gleich stark bleiben zu können. Bei einem Haushaltswachstum von 4% wären das 20 Mio. Euro p.a.
Voraussetzung für die Nutzung
Mit einem solchen Volumen wäre die Ausgleichsrücklage hinreichend, aber nicht
übermäßig dotiert. Dies ist mit Blick auf zwei Erwägungen bedeutsam: Zum einen
sollte es möglich sein, mit der Ausgleichsrücklage auch die Wirkung einer länger
anhaltenden wirtschaftlichen Schwächephase zu kompensieren. Zum anderen
muss stets bedacht werden, dass die Rücklage nach einer Inanspruchnahme zügig wieder aufgefüllt werden müsste, um für die nächste wirtschaftliche Abschwungphase wieder in vollem Umfang zur Verfügung zu stehen.
Diese Überlegungen sprechen dafür, die Ausgleichrücklage zur Deckung von
Haushaltsdefiziten nur konservativ einzusetzen. Konkret empfiehlt es sich, eine
Mindestschwelle an Steuermindereinnahmen zu definieren, die erreicht sein
muss, bevor die Rücklage genutzt werden darf. Auf diese Weise wäre sichergestellt, dass kleinere Haushaltslücken durch ein aktives Haushaltsmanagement im
laufenden Vollzug geschlossen werden, während die Rücklage geschont und für
die Bewältigung substantieller wirtschaftlicher Schwächephasen zur Verfügung
stehen würde. Die Höhe der Mindestschwelle sollte sich dabei einerseits an historischen Erfahrungen über Abweichungen von der Budgetplanung orientieren, andererseits am diskretionären Steuerungsspielraum im Haushalt. Dies berücksichtigend scheint die Höhe des trendmäßigen Wachstums der finanzkraftabhängigen
Einnahmen ein guter Näherungswert zu sein, so dass die Mindestschwelle einer
negativen Abweichung vom Trendwachstum der finanzkraftabhängigen Einnahmen z.B. auf 400 Mio. Euro festgelegt werden könnte.
Bildung der Rücklage
Die Rücklage kann sich nicht nur aus Haushaltsüberschüssen speisen, sondern
ihre Dotierung muss vielmehr Teil der Haushaltsplanung sein: Würde man die Bildung der Rücklage ausschließlich aus Überschüssen speisen, wäre sie zu sehr
49
von der unvorhersagbaren wirtschaftlichen und budgetären Entwicklung abhängig
und eine hinreichende Dotierung mithin fraglich. Daraus folgt, dass bereits in den
laufenden Haushalten Zuweisungen an die Rücklage erfolgen müssen, die durch
etwaige Haushaltsüberschüsse lediglich ergänzt werden könnten. Wenn das Zielvolumen erreicht ist, kann die Dotierung ausgesetzt werden; etwaige Inanspruchnahmen der Rücklage zum Ausgleich von Defiziten müssen jedoch nachfolgend
im Sinne eines symmetrischen Mechanismus durch erneute Zuführungen ausgeglichen werden.
Rein praktisch ist es erforderlich, dass diese Rücklage bereits ab dem Jahr 2020
zur Verfügung steht, mithin bereits vor 2020 und damit im Zeitraum der hier vorliegenden Finanzplanung dotiert werden muss. Der Grund hierfür ist: Es ist nicht
auszuschließen, dass bereits im Haushaltsjahr 2020 – dem Jahr, in dem die
Schuldenbremse wirksam wird – die Notwendigkeit auftritt, einen Fehlbetrag auszugleichen. Daher müssen die Rücklagenmittel bereits für dieses Haushaltsjahr in
hinreichender Höhe zur Verfügung stehen.
Die momentan günstigen Rahmenbedingungen erlauben es, eine solche Grunddotierung der Rücklage vorzunehmen.
50
6
Die Eckwerte der Finanzplanung 2016 bis 2020
alle Angaben in Millionen Euro
Ist
Ist
Ist
Ist
DHH
DHH
Planung
Planung
Planung
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
2
3
4
6
7
8
9
10
11
6.760
11.619
1.377
6.938
12.110
1.265
7.207
12.566
1.380
7.487
13.015
1.681
7.944
13.738
1.765
8.268
14.184
1.813
8.601
14.810
1.877
8.901
15.160
1.942
9.205
15.510
2.010
39
2.097
36
1.921
53
1.759
26
1.607
691
23
1.676
90
21
1.708
66
20
1.410
119
19
1.410
134
18
1.460
110
Mio. € =
21.892
22.270
22.965
24.507
25.235
26.060
26.837
27.566
28.313
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
21 Steuereinnahmen, LFA, Allgemeine BEZ2
22 Ausgleichsrücklage
Mio. € +
16.112
16.335
17.583
18.207
19.078
19.942
20.817
-400
21.417
-50
22.227
-50
23 Solidarpakt
Mio. € +
24 sonstige Bundesergänzungszuweisungen
Mio. € +
1.381
255
1.245
255
1.099
255
963
255
817
255
681
255
535
255
399
255
0
255
25 Konsolidierungshilfen3
26 sonstige Einnahmen (einschl. PME4 )
27 Vermögensaktivierung
Mio. € +
80
4.607
133
80
4.716
117
80
4.741
80
80
5.152
56
80
5.023
63
80
5.131
52
80
5.640
30
80
5.570
28
27
5.489
25
28 Schätzgröße zur Neuordnung BLF 5 )
29 b e r e i n i g t e E i n n a h m e n
Mio. € +
22.568
22.747
23.837
24.713
25.315
26.140
26.957
27.699
450
28.422
2012
2013
2014
2015
2016
2017
2018
2019
2020
872
896
691
205
170
90
80
146
66
80
239
119
119
267
134
134
219
110
110
2018
2019
2020
b erein ig t e Au sg ab en
11 Personalausgaben
Mio. € +
12 konsumtive Sachausgaben
Mio. € +
13 Investitionsausgaben1
14 Tilgung von Bundesdarlehen
Mio. € +
15 Zinsausgaben
Mio. € +
16 Zuführung SIWA6
17 b e r e i n i g t e A u s g a b e n
Mio. € +
Mio. € +
b erein ig t e Ein n ah men
Mio. € +
Mio. € +
Mio. € +
Mio. € =
F in an zierun gssaldo
32 kalkulatorischer Finanzierungssaldo
Mio. €
33 Zuführung SIWA6
34 F i n a n z i e r u n g s s a l d o 7
Mio. € Mio. € =
676
477
1 ohne Sonderv ermögen Inv estitionen in die Wachsende Stadt (SIWA), v gl. Zeile 16
2 im Jahr 2018 inklusiv e der zw ischen Bund und Ländern am 7. Juli 2016 v ereinbarten Integrationspauschale/Asy l (Umsatzsteuerfestbetrag) in Höhe v on 2 Mrd. € / Berlin 110 Mio. € (BEZ = Bundesergänzungszuw eisungen)
3 sow eit die Voraussetzungen erfüllt w erden; letzte v olle Jahresrate (80 Mio. Euro) in 2019, Teilrate (27 Mio. Euro) in 2020, danach v ollständiger Entfall
4 enthält ab 2018 Beträge für die zugesagten, aber gesetzgeberisch noch nicht umgesetzten Entlastungen der Kommunen (Eingliederungshilfe); im Jahr 2018 inklusiv e der zw ischen Bund und Ländern v ereinbarten
Übernahme der Kosten der Unterkunft für Flüchtlinge durch den Bund sow ie der Änderungen bei den Regionalisierungsmitteln (PME = Pauschale Mindereinnahme)
5 Schätzung auf der Basis der v orliegenden Vorschläge (BLF = Bund-Länder-Finanzen)
6 2015 Summe aus Zuführung aus Vorjahresergebnis (496 Mio. Euro) und Zuführung aus Ergebnis 2015 (195 Mio. Euro)
7 bereinigte Einnahmen (Zeile 29) abzüglich bereinigte Ausgaben (Zeile 17)
2011
2012
2013
2014
2015
Mio. €
62.914
62.337
61.617
60.804
59.906
Mio. €
61.538
61.006
60.429
59.773
58.591
Nachrichtlich
46 Schuldenstand zum Stichtag 31.12. (gesamt8 )
47 darunter: Schulden am Kreditmarkt
2016
2017
7
Erläuterungen zu den Eckwerten der Finanzplanung
Personalausgaben (Zeile 11)
Aufsetzend auf den Ist-Ausgaben des Jahres 2015 wurden die Personalausgaben
für den Zeitraum der Mittelfristplanung um alle bekannten bzw. prognostizierbaren
Sachverhalte fortgeschrieben.
Wie sich bereits im Rahmen der vorjährigen Finanzplanung abgezeichnet hat, ist
bei den Ausgaben der Hauptgruppe 4 vor allem wegen der Auswirkungen der
wachsenden Stadt und der daraus resultierenden Entwicklung des Personalbestands von deutlichen Steigerungsraten auszugehen. Ausgehend vom Ergebnis
2015 beträgt die durchschnittliche jährliche Steigerung bei den Personalausgaben
bis 2020 rd. 4,2 %.
Die eingeplanten Tarif-, Besoldungs- und Versorgungsanpassungen tragen wesentlich zu den steigenden Personalausgaben bei.
Die finanziellen Auswirkungen des Tarifabschlusses vom 29. März 2015 sowie die
Anpassung an das Vergütungsniveau der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL)
sind vollständig berücksichtigt.
Für das laufende Jahr hat das Abgeordnetenhaus eine Anpassung der linearen
Besoldungs- und Versorgungsbezüge um 2,8 % zum 1. August beschlossen. Hinzu trat die Regelung, dass mindestens 75 Euro bei der Erhöhung pro Person
mehr anfallen. Mit dieser Erhöhung wird der im Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2014/2015 enthaltenen Regelung entsprochen, wonach die Erhöhungen der Berliner Besoldung ab 2016 mindestens 0,5 % über der durchschnittlichen Besoldungsanpassung der anderen Länder liegen sollen. Im Ergebnis lag die Anpassung damit sogar gut 1,0% höher als im Bundesdurchschnitt.
Daneben trägt auch der fortschreitende Aufwuchs der Zahl der Versorgungsfälle
zu spürbaren finanziellen Mehrbelastungen bei. Nach den aktuellen Prognosen
des Versorgungsberichts steigt die Zahl der Versorgungsfälle von derzeit rd.
53.700 bis zum Jahre 2031 auf den dann zu verzeichnenden Höchststand von rd.
67.900 Versorgungsfällen an.
Konsumtive Sachausgaben (Zeile 12)
Die konsumtiven Sachausgaben umfassen den laufenden Sachaufwand mit den
sächlichen Verwaltungsausgaben – also die Kosten der Verwaltung im engeren
Sinne – sowie die laufenden Zuweisungen und Zuschüsse.
53
Dabei weisen die Transferausgaben seit mehreren Jahren eine stärkere Dynamik
auf als das Volumen der bereinigten Ausgaben insgesamt. Dies ist zum einen eine Folge der trotz des hohen Wirtschaftswachstums noch immer schwachen sozialen Struktur des Landes, zum anderen Folge bundesgesetzlicher Regelungen im
Sozialbereich, bei deren Ausgestaltung Berlin nur geringen Spielraum hat. Entlastend wirkt sich aber aus, dass sich der Bund in den letzten Jahren verstärkt an der
Finanzierung der Transferausgaben beteiligt, so etwa bei der Finanzierung der
Grundsicherung, beim Wohngeld, beim BAföG sowie bei den Kosten der Unterkunft für Geflüchtete. Den hohen Zuwächsen der Ausgaben stehen damit auch
einnahmeseitig höhere Zuweisungen des Bundes bzw. Anteile Berlins (und der
anderen Länder) an den Gemeinschaftssteuern gegenüber.
Nach dem flüchtlings- und integrationsbedingten stärkeren Anstieg der konsumtiven Sachausgaben in den Jahren 2016-18 ist damit zu rechnen, dass die
Wachstumsrate dieser Ausgabenkategorie in den Folgejahren wieder sinkt.
Investitionsausgaben (Zeile 13)
Im Einklang mit der haushaltspolitischen Leitlinie des Zweiklangs von Investieren
und Konsolidieren werden die Investitionsausgaben im Finanzplanungszeitraum
stärker steigen als die Personalausgaben und die konsumtiven Sachausgaben.
Die Investitionsausgaben sind auf den gelben Seiten im Anhang zusammengestellt.
Eine Übersicht über große Hochbaumaßnahmen (Schwellenwert 25 Mio. Euro)
enthält Tabelle 3, eine Übersicht über die größten investiven Zuschüsse (Schwellenwert 10 Mio. Euro jährlich) Tabelle 4.
Bei den in der Tabelle aufgeführten Mobilen Ergänzungsbauten für Geflüchtete
handelt es sich nur um die aus dem Kernhaushalt finanzierten MEBs. Weitere
MEBs werden über das SIWA finanziert; hinzu kommen die von den städtischen
Wohnungsbaugesellschaften errichteten Einheiten sowie die vom LAGeSo zu beschaffenden sog. Tempohomes.
54
Tabelle 3: Große Hochbaumaßnahmen
2016
Staatsoper, Sanierung/Grundinstandsetzg. (400)
2017
2018
2019
2020
55
45
30
10
1
Internationales Congress Centrum (200)
1
3
17
30
30
Beuth, Umbau Flughafen Tegel (106)
0
0
1
1
5
FU, Institut für Chemie 2. BA (97)
2
5
10
17
17
TU, Neubau Mathematikgebäude (90)
0
0
0
10
12
Leitstelle Polizei und Feuerwehr (88)
0
5
10
16
20
Olympiapark (84)
6
6
6
6
6
Komische Oper, Sanierung (80)
0
0
0
1
1
HU, Philologische Institute (57)
0
0
0
2
5
Bauhausarchiv (56)
3
6
12
14
10
Beuth, Neubau Campus Mitte (53)
0
0
3
7
10
HU, Hauptgebäude (47)
4
8
10
10
7
10
30
5
0
0
HU, Forschungsbau Hybridsysteme (44)
5
15
16
6
0
FU, Forschungsneubau Biogrenzflächen (42)
0
0
5
10
14
TU, Grundsan. Lehr- und Laborgebäude (36)
0
0
0
1
5
TU, Forschungsneubau Mathesimulation (35)
0
0
3
10
15
HU, Institut für Lebenswissenschaften (34)
8
1
0
0
0
12
7
5
0
0
FU, Institut für Chemie 1. BA (32)
9
10
5
1
0
FU, Tiermedizin. Zentr. Resistenzforschung (32)
0
2
12
16
2
Modulare Schulergänzungsbauten (25)
5
5
5
5
5
Werner-Seelenbinder-Schule (25)
2
0
0
0
0
JVA Tegel (25)
0
0
10
10
5
MEB für Asylbegehrende (45)
Hochschule für Schauspielkunst (34)
Millionen Euro. in Klammern: Gesamtkosten
55
Tabelle 4: Die größten investiven Zuschüsse
2016 2017 2018 2019 2020
Öffentlicher Personennahverkehr
214
221
228
235
Flughafen BER (Beteiligung)
183
135
50
0
Wohnungsneubaufonds
54
92
146
169
GA Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur – Gewerbe
71
73
77
77
Krankenhausbau Pauschale an
nichtöffentliche Träger
73
75
75
69
Charité sonstige
67
18
33
28
Forschungseinrichtungen
34
36
40
37
9
9
16
36
Charité Pauschale
34
34
34
34
Krankenhausbau Pauschale an Vivantes
33
34
34
31
Zukunftsinitiative Stadtteil
28
29
28
28
Stadtumbau Ost
26
26
26
26
GA Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur – Private
25
19
19
19
Investitionspakt Hochschulen
24
22
11
11
Kita-Ausbauprogramm
24
17
32
32
Historische Stadtkerne
18
21
22
23
Straßenregenentwässerung, Grundwasserschutz
19
19
19
19
Tempelhofer Feld
10
10
18
15
Stadtumbau West
13
13
16
17
Aktive Stadtzentren
14
15
15
16
4
10
16
5
Freie Universität
11
11
11
11
Technische Universität
11
11
11
11
Humboldt-Universität
10
10
10
10
Zukunftsstandort Tegel
UNESCO-Weltkulturerbestätten
Millionen Euro.
56
Tilgung von Bundesdarlehen (Zeile 14)
Die zur Tilgung anstehenden Bundesdarlehen waren im Rahmen der Bundeshilfe
für Berlin vorwiegend für Zwecke des Wohnungsbaus und zur Finanzierung neuer
U-Bahn-Linien gewährt worden.
Zinsausgaben (Zeile 15)
Die Zinsausgaben enthalten angesichts der Portfoliostruktur und der gegenwärtigen Kapitalmarktbedingungen eine Vorsorge für Zinssatzerhöhungen nach Maßgabe historischer Schwankungsbreiten.
Zuführung SIWA (Zeile 16)
Die Zuführungen an das SIWA ergeben sich aus der im SIWA-Errichtungsgesetz
festgelegten Berechnungslogik in Abhängigkeit vom tatsächlich realisierten Finanzierungsüberschuss.
bereinigte Ausgaben (Zeile 17)
Die bereinigten Ausgaben ergeben sich als Summe der vorangehenden Zeilen 11
bis 16.
Steuereinnahmen, Länderfinanzausgleich, Allgemeine
Bundesergänzungszuweisungen (Zeile 21)
Die Prognose der finanzkraftabhängigen Einnahmen (Steuereinnahmen, Länderfinanzausgleich und Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen) basiert auf der
Frühjahrsprojektion der Bundesregierung (2016) zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie auf der Steuerschätzung vom Mai 2016.
Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ hat in dieser Steuerschätzung die bundesweiten Einnahmeerwartungen gegenüber den letzten Steuerschätzungen nochmals angehoben. Gründe sind vor allem die deutliche Ausweitung der Beschäftigung, die gestiegene Binnennachfrage und eine verbesserte Gewinnsituation der
Unternehmen. Für Berlin ist nach der Steuerschätzung ein geschätztes Mehraufkommen ggü. dem Haushalt 2016/2017 von 42 Mio. Euro im Jahr 2016 und 98
Mio. Euro im Jahr 2017 zu erwarten.
Die bundesweite Steuerschätzung erfolgt grundsätzlich auf der Basis des geltenden Steuerrechts, so dass absehbare, aber noch nicht rechtskräftige Rechtsänderungen noch nicht berücksichtigt sind. In der Steuerschätzung sind daher folgende
aktuelle Sachverhalte wie folgt berücksichtigt:
57
a.) Die Bundesbeteiligung an den Asylkosten wirkt über den Zahlungsweg der
Umsatzsteuer in die Steuereinnahmen Berlins hinein. Im Haushalt 2016/2017
ist die Bundesbeteiligung an den Asylkosten auf Basis des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes und des Senatsbeschlusses S-648/2015 vom Oktober
2015 in Höhe von rd. 231 Mio. Euro (2016) und 183 Mio. Euro (2017) abgebildet. Auf Basis der vereinbarten Spitzabrechnung können sich Veränderungen
bei den Steuereinnahmen ggü. den früheren Erwartungen ergeben (vgl. hierzu
Abschnitt 4.2).
Am 7. Juli 2016 haben sich Bund und Länder auf eine zusätzliche Integrationspauschale für die Länder von 2 Mrd. Euro für die Jahre 2016, 2017 und
2018 geeinigt, die über die Umsatzsteuerverteilung gezahlt werden. Der Berliner Anteil beträgt 110 Mio. Euro pro Jahr. In der Eckwerteübersicht wurden
daher die Steuereinnahmen für das Jahr 2018 angehoben.
b.) Die Entlastung der Kommunen um 5 Milliarden Euro wirkt über den Zahlungsweg der Umsatzsteuer ebenfalls in die Steuereinnahmen Berlins hinein.
Gesetzlich umgesetzt ist bisher erst die Entlastung für die Jahre 2016 und
2017, die bereits in die Veranschlagung im Haushalt 2016/2017 eingeflossen
ist. Für die Jahre 2018ff. haben sich Bund und Länder im Juni 2016 auf die
Transferwege geeinigt (vgl. hierzu Abschnitt 4.2).
Eine gesetzliche Umsetzung steht jedoch noch aus, so dass die aus dieser
Einigung zu erwartenden Einnahmen für Berlin ab dem Jahr 2018 in Höhe von
rd. 333 Mio. Euro (Steuern und KdU) weiterhin pauschal bei den nicht finanzkraftabhängigen sonstigen Einnahmen berücksichtigt werden (siehe dort). Bereits in der letzten Finanzplanung von 2015 bis 2019 waren an dieser Stelle
330 Mio. Euro berücksichtigt worden, so dass die Veränderung durch die aktuellen Beschlüsse vergleichsweise gering ausfällt.
c.) Finanzielle Effekte aus der Einwohnerentwicklung: Im Haushalt 2016/2017
sind Einnahmen von 90 Mio. Euro (2016) und 180 Mio. Euro (2017) aus dem
erwarteten überdurchschnittlichen Berliner Einwohnerwachstum berücksichtigt. Aufgrund der stark gestiegenen Flüchtlingszahlen in der zweiten Jahreshälfte 2015 haben sich die langjährigen Trends der Einwohnerentwicklung und
damit die Relation zwischen den Ländern signifikant verändert. In der Folge ist
Berlin nach rund zehnjährigem überdurchschnittlichen Wachstum nach den
letzten Einwohnerfortschreibungen des Statistischen Bundesamtes (II. und III.
Quartal 2015) nur unterdurchschnittlich gewachsen. Ursache dieser Verwerfungen unter den Ländern war der bundesweit große Flüchtlingsandrang innerhalb kürzester Zeit, der ein geordnetes Aufnahmeverfahren zeitweise nicht
mehr zugelassen hat.
58
Darüber hinaus dürften auch Probleme bei der melderechtlichen Erfassung
der Flüchtlinge in Berlin durch die Bezirksämter sowie die Betreiber der Unterkünfte eine Rolle gespielt haben. Diese Meldedefizite konnten durch Nacherfassungen in der ersten Jahreshälfte 2016 weitgehend abgebaut werden.
Somit könnte das Einwohnerwachstum in Berlin im Jahr 2016 dennoch weniger überdurchschnittlich ausfallen, als das zum Zeitpunkt des Haushaltsbeschlusses 2016/2017 erwartet worden war. Ob die eingangs genannten Mehreinnahmen aus dem überdurchschnittlichen Einwohnerwachstum in dieser Situation noch in voller Höhe realisiert werden können, bleibt daher abzuwarten.
Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung der Flüchtlingszahlen und die
relative Verteilung der Flüchtlinge auf die Länder sind nach wie vor hoch.
d.) Steuerrechtsänderungen: Die finanziellen Auswirkungen der Reform der
Erbschaftsteuer, die aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes
zur weitgehenden Verschonung von Betriebsvermögen notwendig geworden
war, sind derzeit noch nicht absehbar.
Ausgleichsrücklage (Zeile 22)
Die Dotierung der Ausgleichrücklage erfolgt grundsätzlich aus Steuereinnahmen
in Zeiten guter wirtschaftlicher Entwicklung. Sie ist deswegen gedanklich ein Abzugsposten auf der Einnahmeseite des Haushalts. Für die Erstdotierung wird angestrebt, bis zum Beginn der Schuldenbremse im Jahr 2020 die Rücklage in Höhe
eines Betrags von 500 Mio. Euro aufzufüllen, der einen hinreichend großen Puffer
für Steuerausfälle in wirtschaftlich schwächeren Zeiten bildet und nötigenfalls bereits im Jahr 2020 Höhe zur Verfügung steht.
Einnahmen aus Solidarpakt II (Zeile 23), sonstige
Bundesergänzungszuweisungen (Zeile 24), Konsolidierungshilfe (Zeile 25)
Die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen (SoBEZ) zählen wie die Konsolidierungshilfen zu den nicht finanzkraftabhängigen Einnahmen. Bei den SoBEZ
haben die Leistungen aus dem Solidarpakt II den größten Anteil. Sie sind degressiv ausgestaltet und werden letztmalig im Jahr 2019 gezahlt. Im Jahr 2016 erhält
Berlin noch rd. 817 Mio. Euro aus dem Solidarpakt II. Die Konsolidierungshilfen
werden bis 2019 mit einem konstanten Betrag (80 Mio. Euro) und 2020 mit einer
letzten Teilrate (rd. 27 Mio. Euro) gezahlt.
59
Sonstige Einnahmen (Zeile 26)
Der deutliche Anstieg der sonstigen Einnahmen im Jahr 2018 ggü. dem Jahr 2017
war teilweise bereits in der letztjährigen Finanzplanung ersichtlich und resultiert
wesentlich aus der Verbuchung der Einnahmen aus der Fünf-Milliarden-Zusage
des Bundes ab dem Jahr 2018. Während die kommunale Entlastung für die Jahre
2015 bis 2017 bereits gesetzlich umgesetzt ist, steht diese für die Jahre ab 2018
noch aus. Wie oben dargestellt, ist eine Entlastung für Berlin durch den Bund in
Höhe von 333 Mio. Euro p.a. ab dem Jahr 2018 berücksichtigt.
Zusätzlich hier berücksichtigt sind die Anschlussregelung für die Regionalisierungsmittel ab 2018 sowie die Übernahme der KdU für Geflüchtete durch den
Bund. Letztere sind durch den Bund bisher nur für das Jahr 2018 zugesagt und
sind deswegen für die Folgejahre nicht fortgeschrieben. 2020 ist ferner der Wegfall der Entflechtungsmittel berücksichtigt.
Vermögensaktivierung (Zeile 27)
Die Einnahmen resultieren im Wesentlichen aus Erlösabführungen aus dem Treuhandvermögen Liegenschaftsfonds.
Schätzgröße zur Neuordnung BLF (Zeile 28)
Die Mindereinnahmen aus dem Auslaufen von Solidarpakt II und Entflechtungsmitteln sind für das Jahr 2020 in den Zeilen 21 und 23 als Mindereinnahmen des
Landes berücksichtigt. Diesen wegfallenden Beträgen stehen Einnahmen aus
dem erwarteten Bund-Länder-Kompromiss über die Finanzverteilung ab dem Jahr
2020 gegenüber. Zeile 28 weist für 2020 einen Wert von 450 Mio. Euro aus, der in
der Größenordnung des auf Berlin entfallenden Anteils aus den derzeit vorliegenden Modellen für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen liegt.
Bereinigte Einnahmen (Zeile 29)
Die bereinigten Einnahmen ergeben sich als Summe der vorangehenden Zeilen
21 bis 28.
Finanzierungssaldo (Zeile 34)
Der Finanzierungssaldo ermittelt sich als Differenz zwischen den bereinigten Einnahmen und den bereinigen Ausgaben abzüglich der Zuweisung an das SIWA
gemäß Zeile 16.
60
Schuldenstand (Zeilen 46 und 47)
Die Entwicklung des Schuldenstandes lässt sich nicht aus den haushälterischen
bzw. finanzplanerischen Zahlen der Eckwertetabelle ableiten, weil es sich dabei
um eine stichtagsbezogene Angabe handelt. Sie wird jährlich zum 31. Dezember
erhoben und an das Statistische Bundesamt gemeldet. Zeile 46 weist den gesamten Schuldenstand (Kreditmarkt, Verwaltungsschulden, Inneres Darlehen, Kassenkredite) aus, Zeile 42 als Teilmenge davon nur den Schuldenstand am Kreditmarkt.
61
8
Gemeinsames Schema
Die nachfolgende Übersicht der Einnahmen und Ausgaben folgt einem gemeinsamen Schema von Bund und Ländern. Hierfür werden die Gruppierungen des
Haushaltsplans in ›Positionen‹ aufbereitet.
63
Finanzplanung von Berlin
Gesamtübersicht der Einnahmen
2016 bis 2020
Einnahmen
Einnahmeart
Mio. €
Position
2016
Einnahmen der laufenden Rechnung
2017
2018
2019
2020
1
24.433
25.262
25.988
26.680
27.365
Steuern
11
14.282
14.902
15.403
15.920
16.513
steuerähnliche Abgaben
12
24
24
24
24
24
Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit
13
522
535
533
523
520
Zinseinnahmen
14
25
25
20
20
20
laufende Zuweisungen und Zuschüsse
15
8.569
8.770
8.970
9.123
9.213
v om öffentlichen Bereich
151
8.242
8.438
8.599
8.738
8.843
v om Bund
1511
4.353
4.360
4.360
4.355
4.292
Länderfinanzausgleich
1512
3.631
3.817
4.022
4.168
4.333
sonstige v on Ländern
1513
98
98
85
86
86
v on Bezirken
1514
28
28
20
19
22
v on Sozialv ersicherungsträgern
1516
132
135
112
110
110
152
327
332
371
385
370
35
(ohne Schuldendiensthilfen)
v on anderen Bereichen
Schuldendiensthilfen
v om Bund
v on anderen Bereichen
16
25
25
30
35
1611
0
0
0
0
0
162
25
25
30
35
35
sonstige Einnahmen der
laufenden Rechnung
17
986
981
1.008
1.035
1.040
Gebühren, sonstige Entgelte
171
906
910
926
950
950
sonstige Einnahmen
172
80
71
82
85
90
Einnahmen der Kapitalrechnung
2
878
853
969
1.019
1.057
Veräußerung von Sachvermögen
21
71
61
72
79
80
Vermögensübertragungen
22
518
506
597
633
652
Zuw eisungen für Inv estitionen v om Bund
2211
339
319
358
381
381
v om sonstigen öffentlichen Bereich
2215
66
64
72
76
77
Bereichen
222
110
120
163
172
190
sonstige Vermögensübertragungen
223
3
3
4
4
4
v on anderen Bereichen
2234
3
3
4
4
4
Zuschüsse für Inv estitionen v on anderen
Darlehensrückflüsse
23
285
283
295
302
320
2321
285
283
295
302
320
24
4
3
5
5
5
Globale Mehr-/Minderausgaben
3
4
26
0
0
0
Bereinigte Einnahmen
4
25.315
26.140
26.957
27.699
28.422
v on Sonstigen im Inland
Veräußerung von Beteiligungen u. dgl.
Besondere Finanzierungsvorgänge
5
-13
-77
-114
-129
-105
Nettoneuv erschuldung am Kreditmarkt
51
-79
-83
-119
-134
-110
Entnahme aus Rücklagen
52
6
6
5
5
5
Überschüsse aus Vorjahren
53
60
0
0
0
0
360
Zu- und Absetzungen
Nettostellungen (Verrechnungen u.ä.)
Einnahmevolumen
64
6
359
361
360
360
64
359
361
360
360
360
7
25.661
26.424
27.203
27.930
28.677
und Ausgaben nach Arten
Ausgaben
Mio. €
Position
2016
2017
2018
2019
Ausgabeart
2020
23.132
23.816
24.324
25.015
25.875
1 Ausgaben der laufenden Rechnung
7.944
8.268
8.601
8.901
9.205
6.604
6.717
6.905
7.055
7.257
3.016
3.029
3.086
3.115
3.160
121 sächliche Verw altungsausgaben
3.453
3.551
3.679
3.804
3.952
123 Erstattungen an andere Bereiche
135
137
140
136
145
1.676
1.708
1.410
1.410
1.460
2
1
1
1
1
1311
an Bund
1.674
1.707
1.409
1.409
1.459
1322
für Kreditmarktmittel
6.786
7.028
7.307
7.548
7.845
568
577
586
587
592
260
260
264
262
270
1411
an Bund
62
63
64
64
63
1413
sonstige an Länder
7
7
8
8
9
1415
sonstige an Bezirke
0
0
0
0
0
1416
an Sonderv ermögen
239
247
250
253
250
1418
an Sozialv ersicherungsträger
6.218
6.451
6.721
6.961
7.253
2.869
2.986
3.112
3.223
3.334
1422
sonstige an Unternehmen und
2.986
3.089
3.208
3.312
3.465
1423
Renten, Unterstützungen u.ä.
349
363
387
413
441
1424
an soziale u. ähnliche Einrichtungen
14
14
14
13
13
1425
an Ausland
122
95
101
101
108
122
95
101
101
108
72
67
68
68
68
1521
an Unternehmen u. öffentliche Einrichtungen
50
29
33
33
40
1522
an Sonstige im Inland
1.920
1.951
2.066
2.143
2.188
1.855
1.880
1.996
2.076
2.120
43
51
50
48
50
23
21
20
19
18
22
20
19
18
17
1
1
1
1
1
182
293
447
408
250
25.235
26.060
26.837
27.566
28.313
66
2
5
5
5
6
2
5
5
5
52 Zuführung an Rücklagen
60
0
0
0
0
53 saldierter Fehlbetrag
359
360
360
360
360
359
360
360
360
360
25.661
26.424
27.203
27.930
28.677
11 Personalausgaben
12 laufender Sachaufwand
124 sonstige Zuschüsse für laufende Zw ecke
13 Zinsausgaben
14 laufende Zuweisungen und Zuschüsse
141 an öffentlichen Bereich
142 an andere Bereiche
öffentliche Einrichtungen
15 Schuldendiensthilfen
152 an andere Bereiche
2 Ausgaben der Kapitalrechnung
21-24 Investitionen
223 Vermögensübertragungen
25 Schuldentilgung an öffentlichen Bereich
251 an Bund
252 an Sonderv ermögen
3 Globale Mehr-/Minderausgaben
4 Bereinigte Ausgaben
5 Besondere Finanzierungsvorgänge
6 Zu- und Absetzungen
64 Nettostellungen (Verrechnungen u.ä.)
7 Ausgabevolumen
65
Kompendium wichtiger Fachbegriffe
bereinigte
Ausgaben
Summe aus Personalausgaben, konsumtiven → Sachausgaben, Zinsausgaben, Tilgungen gegenüber Verwaltungen
und Investitionsausgaben; gelegentlich
auch als nachfragewirksame Ausgaben
bezeichnet
investive
Ausgaben
siehe → Investitionsausgaben
konsumtive
Ausgaben
siehe laufende → Ausgaben
laufende
Ausgaben
Summe der Personalausgaben, konsumtiven → Sachausgaben und Zinsausgaben
Ausgabevolumen
bereinigte Ausgaben zuzüglich der besonderen → Finanzierungsausgaben (Zuführung an Rücklagen, ausgabeseitige
Verrechnungen, Abdeckung von Vorjahresfehlbeträgen); entspricht dem Haushaltsvolumen.
Bruttoinlandsprodukt
bezeichnet den Teil der Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft, der innerhalb
der Landesgrenzen erbracht wird (Territorialprinzip); dabei spielt es keine Rolle, ob
diese Leistungen durch inländische oder
ausländische Produzenten erzielt werden.
Bruttowertschöpfung
Gesamtbetrag der in einer Region in einem Zeitraum erzeugten Sachgüter und
Dienstleistungen abzüglich der Vorleistungen
Bundesergänzungszuweisungen
•• Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen für leistungsschwache Länder zur
ergänzenden Deckung ihres allgemeinen
Finanzbedarfs nach § 11 Abs. 2 FAG (ergänzendes Element im bundesstaatlichen
→ Finanzausgleich);
•• Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zur Deckung von teilungsbedingten Sonderlasten aus dem bestehenden starken infrastrukturellen Nachholbedarf und zum Ausgleich unterproportionaler kommunaler Finanzkraft
für die neuen Länder und Berlin nach
§ 11 Abs. 3 FAG;
•• Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für die neuen Flächenländer
zum Ausgleich von Sonderlasten durch
die strukturelle Arbeitslosigkeit und den
daraus entstehenden überproportionalen
Lasten bei der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige nach § 11 Abs. 3a FAG;
•• Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen wegen überdurchschnittlich
hoher Kosten politischer Führung nach
§ 11 Abs. 4 FAG.
Deckungslücke
Unterschiedsbetrag zwischen → Ausgabevolumen und → Einnahmevolumen
Defizit
siehe → Finanzierungsdefizit
konjunkturelles
Defizit
auch: konjunkturbedingte Komponente
des → Finanzierungsdefizits; gibt Auskunft darüber, welcher Teil des Finanzierungsdefizits durch unmittelbare konjunkturelle Wirkung (insbesondere konjunkturbedingte
Steuermindereinnahmen)
verursacht ist. Nicht empirisch beobachtbar; kann nur mithilfe theoretischer Modelle ermittelt werden.
strukturelles
Defizit
auch: strukturelle Komponente des → Finanzierungsdefizits; bezeichnet denjenigen Teil des Finanzierungsdefizits, der
nicht durch unmittelbare konjunkturelle
Wirkung verursacht und damit tendenziell
dauerhaft ist. Wird als Restgröße ermittelt, indem vom Finanzierungsdefizit das
konjunkturelle Defizit abgesetzt wird.
Defizitquote
Verhältnis des → Finanzierungsdefizits
zu den bereinigten → Ausgaben
67
bereinigte
Einnahmen
Summe der laufenden und investiven
Einnahmen; enthält keine → Nettokreditaufnahme.
investive
Einnahmen
Zuweisungen und Zuschüsse Dritter (insbesondere vom Bund und der EU für Investitionen), Darlehensrückflüsse und
Einnahmen aus der Veräußerung von
Vermögen
konsumtive
Einnahmen
siehe laufende → Einnahmen
laufende
Einnahmen
Summe der Steuereinnahmen, Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen
Dritter (insbesondere vom Bund und der
EU) mit Ausnahme für Investitionen, Gebühren, sonstigen Entgelte und Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit
Einnahmen aus Vermögensaktivierung
umfassen die Veräußerungserlöse, soweit im Einzelplan 29 (Allgemeine Finanzangelegenheiten) gebucht.
Einnahmevolumen
bereinigte Einnahmen zuzüglich der besonderen Finanzierungseinnahmen (Entnahme aus Rücklagen, einnahmeseitige
Verrechnungen, Überschüsse aus Vorjahren, Nettokreditaufnahme); entspricht
dem Haushaltsvolumen (siehe auch Ausgabevolumen).
bundesstaatlicher
Finanzausgleich
Der bundesstaatliche Finanzausgleich ist
das Instrument zur Verteilung der gemeinsamen Steuereinnahmen im Bundesstaat. Seine wesentlichen Ziele sind,
die Eigenstaatlichkeit der Länder zu
garantieren und einheitliche Lebensverhältnisse in Deutschland zu wahren:
•• 1. Stufe: vertikale Steuerverteilung.
Verteilung des gesamten Steueraufkommens auf die beiden staatlichen Ebenen
Bund und Länder (einschließlich Gemeinden).
•• 2. Stufe: horizontale Steuerverteilung.
Das Steueraufkommen der Länderge-
68
samtheit wird den einzelnen Ländern zugeordnet, und zwar (mit Ausnahme der
Umsatzsteuer) nach dem Prinzip des örtlichen Aufkommens (Wohnsitz oder Betriebsstätte). Die Steuerzerlegung korrigiert erhebungstechnisch bedingte Verzerrungen des örtlichen Aufkommens.
•• 3. Stufe: Länderfinanzausgleich. Im
Länderfinanzausgleich erhalten finanzschwache Länder Ausgleichsleistungen
der finanzstarken Länder.
Siehe → Länderfinanzausgleich.
•• 4. Stufe:
Bundesergänzungszuweisungen. Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen ergänzen den Länderfinanzausgleich durch Zuweisungen des
Bundes an leistungsschwache Länder.
Daneben
existieren
SonderbedarfsBundesergänzungszuweisungen,
die
spezielle Sonderlasten einzelner Länder
ausgleichen (z.B. die »Solidarpaktmittel«
für die ostdeutschen Länder zur Deckung
von Sonderlasten aus dem bestehenden
starken infrastrukturellen Nachholbedarf
und der unterproportionalen kommunalen
Finanzkraft). Siehe → Bundesergänzungszuweisungen
besondere
Finanzierungsausgaben
Zuführung an Rücklagen, ausgabeseitige
Verrechnungen, Abdeckung von Vorjahresfehlbeträgen
Finanzierungsdefizit
Negativer → Finanzierungssaldo. In der
Regel muss das Finanzierungsdefizit
durch Kreditaufnahme gedeckt werden.
besondere
Finanzierungseinnahmen
Entnahme aus Rücklagen, einnahmeseitige Verrechnungen, Überschüsse aus
Vorjahren → Nettokreditaufnahme
Finanzierungssaldo
Unterschiedsbetrag zwischen bereinigten
→ Einnahmen und bereinigten → Ausgaben. Ist der Finanzierungssaldo gleich
null, handelt es sich um einen materiell
ausgeglichenen Haushalt, der ohne Kreditaufnahme finanziert werden kann (siehe ausgeglichener → Haushalt).
Föderalismusreform I
Im Zentrum der Föderalismusreform I, die
im September 2006 in Kraft trat, standen
die Neuordnung der Gesetzgebungs-
kompetenzen und die Aufhebung der bisherigen Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (unter Aufteilung ihrer
Materien auf Bund und Länder). Für Berlin ist darüber hinaus die Änderung des
Grundgesetzes von großer Bedeutung,
die die gesamtstaatliche Repräsentation
in der Hauptstadt als Aufgabe des Bundes nunmehr auch im Grundgesetz explizit festschreibt (Art. 22 Abs. 1 GG). Für
die durch die Änderung des Grundgesetzes weggefallenen Mischfinanzierungen
regelt Art. 143c GG die Ausgleichszahlungen an die Länder im Gesamtzeitraum
2007 bis 2019.
eigenfinanzierte
Investitionen
→ Investitionsausgaben abzüglich der
von Dritten empfangenen Zuweisungen
und Zuschüsse für Investitionen (vor allem vom Bund und der EU)
Föderalismusreform II
Im Zentrum der Föderalismusreform II,
die im August 2009 in Kraft trat, standen
die Begrenzung der Verschuldung von
Bund und Ländern sowie die laufende
Haushaltsüberwachung zur Vermeidung
von Haushaltsnotlagen.
Siehe → Schuldenregel für Bund und
Länder, Vermeidung von Haushaltsnotlagen, Konsolidierungshilfen
Kassenkredite
kurzfristige Kreditaufnahme zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen
Forum Finanzausgleich
Zusammenschluss der ausgleichsberechtigten Länder im Länderfinanzausgleich
(Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern,
RheinlandPfalz, Saarland, Sachsen, SachsenAnhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen;
zusätzlich: Hamburg; nicht vertreten:
Nordrhein-Westfalen) zur gemeinsamen
Wahrnehmung ihrer finanzpolitischen Interessen
ausgeglichener
Haushalt
Ein Haushalt ist formal stets ausgeglichen
(Gleichheit von Einnahme- und Ausgabevolumen). Materiell ausgeglichen ist der
Haushalt dann, wenn die Ausgaben ohne
→ Neuverschuldung finanziert werden
können.
Investitionsausgaben
Ausgaben für Baumaßnahmen, Erwerb
von beweglichen und unbeweglichen Sachen, investive Zuweisungen und Zuschüsse, Vergabe von Darlehen, Erwerb
von Beteiligungen
Investitionsquote
Verhältnis der → Investitionsausgaben zu
den bereinigten Ausgaben
Kapitalrechnung
umfasst die investiven → Einnahmen und
→ Ausgaben.
Kennziffernsystem
Der → Stabilitätsrat bedient sich bei der
fortlaufenden Überwachung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern eines Systems, das aus den Kennziffern
(struktureller) → Finanzierungssaldo je
Einwohner, → Kreditfinanzierungsquote,
→ Zins-Steuer-Relation und Schuldenstand je Einwohner besteht. Für den Bereich der Länder ist zu jeder Kennziffer –
ermittelt auf Basis des Länderdurchschnitts – ein Schwellenwert festgelegt.
Die Kennziffern für den Bund werden aus
dessen eigener Vergangenheitsentwicklung hergeleitet. Überschreitet eine Gebietskörperschaft eine Mehrzahl von
Schwellenwerten (d.h. drei von vier), leitet
der Stabilitätsrat eine Prüfung (»Evaluation«) ein, ob der betreffenden Gebietskörperschaft eine Haushaltsnotlage droht.
Konjunkturkomponente
siehe konjunkturelles → Defizit
Konsolidierungshilfen
Teil der Beschlüsse der → Föderalismusreform II. Als Hilfe zur Einhaltung der
Schuldenregel kann fünf Ländern (Bremen, Saarland, Berlin, Sachsen-Anhalt,
Schleswig-Holstein) im Zeitraum 2011 bis
2019 eine finanzielle Unterstützung in
Höhe von zusammen 800 Mio. Euro jährlich gewährt werden (insgesamt 7,2 Mrd
Euro). Voraussetzung ist die Einhaltung
von Konsolidierungsverpflichtungen mit
einem jährlichen Abbau des strukturellen
→ Defizits des Jahres 2010 um jeweils
ein Zehntel.
69
Kreditfinanzierungsquote
Verhältnis von → Neuverschuldung zu
bereinigten → Ausgaben
Länderfinanzausgleich
Im Länderfinanzausgleich erhalten finanzschwache Länder Ausgleichszuweisungen, die von den finanzstarken Ländern erbracht werden. Grundlage hierfür
ist Art. 107 GG. Wesentlicher Maßstab
des Ausgleichs ist die durchschnittliche
Finanzkraft je Einwohner.
Mit dem Länderfinanzausgleich wird eine
angemessene Annäherung der Finanzkraft der Länder erreicht, wobei die Finanzkraftreihenfolge der Länder nicht
verändert wird.
Der Länderfinanzausgleich stellt die dritte
Stufe des bundesstaatlichen Finanzausgleichs dar. Siehe bundesstaatlicher →
Finanzausgleich
Mischfinanzierungen
•• Art. 91a GG [Gemeinschaftsaufgaben
Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes];
•• Art. 91b GG [Gemeinschaftsaufgaben
Förderung von Wissenschaft, Forschung
und Lehre, Bildungsevaluation];
•• Art. 91c GG [Gemeinschaftsaufgabe
IT-Zusammenarbeit von Bund und Ländern];
•• Art. 91d GG [Gemeinschaftsaufgabe
Verwaltungs-Benchmarking für Bund und
Länder];
•• Art. 91e GG [Grundsicherung für Arbeitssuchende];
•• Art. 104a Abs. 3 GG [Geldleistungsgesetze des Bundes]; Art. 104 a Abs. 4 GG
[Zustimmungserfordernis des Bundesrats
zu bestimmten Bundesgesetzen mit Kostenfolgen];
•• Art. 104b GG [Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts oder zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind;
Voraussetzung: Gesetzgebungsbefugnis
des Bundes; Befristung, Degression, regelmäßige Überprüfung; Ausnahme: bei
Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notsituationen (z.B. die
zum Beschlusszeitpunkt dieser Grundgesetzänderung aktuelle Finanz- und Wirt70
schaftskrise) Gewährung von Finanzhilfen durch Bund an Länder und Gemeinden auch ohne Gesetzgebungsbefugnis
möglich];
•• Art. 104a Abs. 6 GG [Regelung der
Lastentragung von Bund und Ländern bei
Verletzung supranationaler oder völkerrechtlicher Verpflichtungen];
•• Art. 109 Abs. 5 [Regelung der vertikalen und horizontalen Aufteilung möglicher
Sanktionszahlungen nach MaastrichtVertrag];
•• für weggefallene Mischfinanzierungen
(GA Hochschulbau und Bildungsplanung,
Finanzhilfen zur Gemeindeverkehrsfinanzierung und Wohnraumförderung) regelt
Art. 143c GG Ausgleichszahlungen an
Länder für den Gesamtzeitraum 2007 bis
2019;
•• nach Art. 106a GG steht den Ländern
ein Anteil aus dem Steueraufkommen
des Bundes für den öffentlichen Personennahverkehr zu.
Nettokreditaufnahme
siehe → Neuverschuldung
Neuverschuldung
Gesamtbetrag der in einem Haushaltsjahr
aufgenommenen Kredite (Bruttoneuverschuldung) abzüglich derjenigen Mittel,
die für eine Refinanzierung der im laufenden Haushaltsjahr vertragsgemäß anfallenden Tilgungen früherer Perioden erforderlich werden. Gelegentlich auch als
Nettoneuverschuldung bezeichnet.
Positionen der Finanzplanung
Den Positionen der Finanzplanung liegt
ein für Bund und Länder einheitliches
Abgrenzungsschema zugrunde. Die Positionen der Finanzplanung werden aus der
Gruppierung der Haushalte hergeleitet;
Absicht ist eine verdichtete Darstellung
unter vorwiegend volkswirtschaftlichen
Gesichtspunkten.
Primärausgaben
bereinigte → Ausgaben abzüglich Zinsausgaben (d.h. Personalausgaben, konsumtive Sachausgaben ohne Zinsausgaben, → Investitionsausgaben)
Primärdefizit
negativer → Primärsaldo
Primäreinnahmen
Bereinigte → Einnahmen ohne Einnahmen aus der Aktivierung von Vermögen.
Umfassen damit Steuereinnahmen, Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen, andere Zuweisungen und
Zuschüsse des Bundes und der EU, Gebühren, Beiträge sowie Einnahmen aus
wirtschaftlicher Betätigung.
Primärhaushalt
Rechnerischer Teil des Haushalts, wie er
sich aus der Zusammenstellung von →
Primäreinnahmen und → Primärausgaben ergibt. Die Absicht des Primärhaushalts ist es, einen politischen »Kernhaushalt« mit den für die Politikfelder relevanten Einnahmen und Ausgaben
darzustellen; hierbei bleiben die Zinsausgaben unberücksichtigt, weil es sich um
die Finanzierungskosten früherer Haushaltsjahre handelt. Die Abschlusssumme
des Primärhaushalts – der Primärsaldo –
gibt Aufschluss darüber, in welchem Umfange die für politische Gestaltung im laufenden Haushaltsjahr eingesetzten Ausgaben durch (dauerhafte) Einnahmen finanziert
werden.
In
längerfristiger
Perspektive sollte der Primärhaushalt einen Überschuss erwirtschaften, der hoch
genug ist, um daraus die Zinsausgaben
finanzieren zu können (siehe ausgeglichener Haushalt).
Primärsaldo
Abschluss des Primärhaushalts, d.h. Differenzbetrag zwischen → Primäreinnahmen und → Primärausgaben
konsumtive
Sachausgaben
sächliche Verwaltungsausgaben, Ausgaben für den Schuldendienst ohne Tilgungsausgaben an Gebietskörperschaften, Schuldendiensthilfen, Ausgaben für
Zuweisungen und Zuschüsse ohne Ausgaben für Investitionen
laufender
Sachaufwand
Umfasst die sächlichen Verwaltungsausgaben, die Erstattungen an andere Bereiche sowie sonstige Zuschüsse für laufende Zwecke. Enger abgegrenzt als die
konsumtiven → Sachausgaben, die außerdem noch die laufenden Zuweisungen
und Zuschüsse und die Schuldendiensthilfen enthalten.
Sanierungsprogramm
Wird vom → Stabilitätsrat mit einer Gebietskörperschaft (Bund oder Land) abgeschlossen, wenn die Evaluation ergeben hat, dass eine Haushaltsnotlage
droht. Enthält Vorgaben für die angestrebten Abbauschritte der jährlichen Nettokreditaufnahme und die geeigneten
Sanierungsmaßnahmen. Laufzeit fünf
Jahre, wird ggf. um weitere fünf Jahre
verlängert.
Schuldenbremse
siehe → Schuldenregel für Bund und
Länder
Schuldendienst
Ausgaben für Zinsen und Tilgung
Schuldendiensthilfen
Zuschüsse an Dritte zur Finanzierung von
Zinsen und Tilgung von Darlehen, die von
den Zuschussempfängern aufgenommen
wurden (z.B. in der sozialen Wohnraumförderung)
Schuldenregel für Bund und Länder
Teil der Beschlüsse der Föderalismusreform II. Die Schuldenregel sieht –
beginnend mit dem Haushaltsjahr 2011 –
vor, dass die Haushalte von Bund und
Ländern grundsätzlich ohne Aufnahme
von Krediten auskommen müssen; für
den Bund ist eine begrenzte strukturelle
Verschuldung in Höhe von 0,35 % des
Bruttoinlandsprodukts zulässig. Ausnahmen bestehen lediglich mit Blick auf eine
Konjunktursteuerung und bei Naturkatastrophen und anderen außergewöhnlichen Notsituationen. Eine Übergangsregelung lässt den Abbau bestehender
struktureller Defizite beim Bund bis Ende
2015, bei den Ländern bis Ende 2019 zu.
Solidarpakt II
Anschlussregelung zu der Vereinbarung
aus dem Jahr 1993 (Solidarpakt I; Laufzeit 1995 bis 2004). Besondere Förderung der neuen Länder und Berlins ab
dem 1. Januar 2005:
•• Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zum Abbau teilungsbedingter
Sonderbelastungen sowie zum Ausgleich
unterproportionaler kommunaler Finanzkraft (›Korb I‹). Das Gesamtvolumen beträgt 105 Mrd Euro und ist degressiv
ausgestaltet, die Zuweisungen laufen mit
dem Jahr 2019 aus.
71
•• Überproportionale Leistungen des
Bundes u.a. für die Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen, EU-Strukturfondsmittel sowie die Investitionszulage an die
ostdeutschen Länder (›Korb II‹). Das Gesamtvolumen beträgt rd. 51 Mrd Euro, die
Zuweisungen laufen ebenfalls mit dem
Jahre 2019 aus.
Die neuen Länder und Berlin berichten
dem → Stabilitätsrat jeweils jährlich im
Rahmen eines »Fortschrittsberichts Aufbau Ost« über ihre Fortschritte bei der
Schließung der Infrastrukturlücke, die
Verwendung der erhaltenen Mittel zum
Abbau teilungsbedingter Sonderlasten
und die finanzwirtschaftliche Entwicklung
der Länder- und Kommunalhaushalte einschließlich der Begrenzung der Nettoneuverschuldung.
Stabilitätsrat
Eingerichtet zur fortlaufenden Überwachung der Haushaltswirtschaft von Bund
und Ländern. Mitglieder sind der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie sowie die Länder mit den für Finanzen zuständigen Ministerinnen und
Ministern. Der Stabilitätsrat tagt im Regelfalle zweimal jährlich. Bund und Länder
berichten in jährlichem Turnus auf der
Basis eines Kennziffernsystems sowie einer Standardprojektion; auffällig gewordene Gebietskörperschaften werden auf
die Frage hin evaluiert, ob eine Haushaltsnotlage droht. Bejaht der Stabilitätsrat diese Frage, schließt er mit der betroffenen Gebietskörperschaft ein Sanierungsprogramm ab.
Seit 2013 obliegt dem Stabilitätsrat auch
die Überwachung der Einhaltung der im
Fiskalvertrag festgelegten gesamtwirtschaftlichen Defizitquote (0,5 % des BIP).
Siehe auch → Kennziffernsystem, →
Standardprojektionen.
Standardprojektion
Instrument des → Stabilitätsrats zur Erkennung drohender Haushaltsnotlagen.
Die Standardprojektionen ermitteln auf
der Grundlage einheitlicher Annahmen,
bei welcher Zuwachsrate der Ausgaben
der Länder am Ende eines siebenjährigen Projektionszeitraums ein Überschreiten des Schwellenwerts der Kennziffer
Schuldenstand gerade noch vermieden
wird.
72
gesamtwirtschaftliche
Steuerquote
Verhältnis des Steueraufkommens aller
Gebietskörperschaften (Bund, Länder,
Gemeinden) zum → Bruttoinlandsprodukt
finanzielle
Transaktionen
Im Zusammenhang mit der Bestimmung
des strukturellen Defizits bleiben folgende
Positionen unberücksichtigt:
•• einnahmeseitig Darlehensrückflüsse,
Veräußerung von Beteiligungen, Schuldenaufnahme beim öffentlichen Bereich,
•• ausgabeseitig Vergabe von Darlehen
(einschl. Gewährleistungen), Erwerb von
Beteiligungen, Tilgungsausgaben an den
öffentlichen Bereich.
Absicht ist, reine Finanzierungsvorgänge
von den eigentlichen Politikfeldern des
Haushalts zu trennen.
Vermeidung von Haushaltsnotlagen
Teil der Beschlüsse der Föderalismusreform II. Zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen regelt ab dem Jahre 2010 das
Stabilitätsratsgesetz
•• die laufende Überwachung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern
durch ein gemeinsames Gremium (Stabilitätsrat),
•• die Voraussetzungen und das Verfahren zur Feststellung einer drohenden
Haushaltsnotlage,
•• die Grundsätze zur Aufstellung und
Durchführung von Sanierungsprogrammen zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen.
Siehe → Stabilitätsrat.
Zins-Steuer-Relation
auch: Zins-Steuer-Quote; Verhältnis der
Zinsausgaben zu den Steuereinnahmen
(ggf. unter Hinzurechnung der Einnahmen aus → Länderfinanzausgleich und
Allgemeinen → Bundesergänzungszuweisungen sowie ggf. auch von SonderBundesergänzungszuweisungen).
73