Path:
Volume

Full text: Finanzplanung von Berlin (Rights reserved) Ausgabe 2016/20 (Rights reserved)

Finanzplanung von Berlin 2016 bis 2020 Beschluss des Senats von Berlin am 6. September 2016 Herausgeber: Senatsverwaltung für Finanzen, Klosterstr. 59, 10179 Berlin Druck: DDZ-Berlin, Bessemerstr. 83-91, 12103 Berlin Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 1 Positives Umfeld schafft Chancen – Berlin nutzt sie 7 2 Konsolidieren und Investieren 17 3 Bund-Länder-Finanzbeziehungen 29 4 Haushaltsrelevante Aspekte der Flüchtlingsthematik 35 5 Mehr Investitionen und Sicherung des Konsolidierungspfades 39 6 Die Eckwerte der Finanzplanung 51 7 Erläuterungen zu den Eckwerten der Finanzplanung 53 8 Gemeinsames Schema 63 Kompendium wichtiger Fachbegriffe 67 Anlage: Investitionsprogramm des Landes Berlin für die Jahre 2016 bis 2020 (auf den gelben Seiten) 3 Vorwort Der Zweiklang von „Investieren und Konsolidieren“ bleibt in den Jahren bis zum Jahr 2020 der finanzstrategische Grundton des Landes Berlin. Das Land bereitet sich damit von einer soliden Basis aus auf ein einschneidendes Jahr vor, in dem nicht nur die Solidarpakt II-Mittel und die Konsolidierungshilfen auslaufen, sondern auch die Schuldenbremse greifen wird und eine Anschlussregelung für die BundLänder-Finanzen gefunden werden muss: Berlin wird 2016 voraussichtlich das fünfte Jahr in Folge mit einem Überschuss abschließen, die flüchtlingsbedingten Mehrausgaben konnten ohne Neuverschuldung verkraftet werden, die Verschuldung wurde in dieser Wahlperiode von 2012-2016 um 3 Mrd. Euro gesenkt, der Einstieg in ein langfristig angelegtes Programm zur schrittweisen Ausweitung der Investitionen in die öffentliche Infrastruktur ist erfolgreich vollzogen und mit dem Sondervermögen SIWA mit zusätzlichen, überjährig verfügbaren Mitteln unterlegt. Der Schwerpunkt unseres Handelns wird daher darauf liegen, diese positive Entwicklung zu verstetigen. Die Finanzplanung 2016-2020 wird daher von zwei Grundtönen bestimmt: Einerseits wird das Volumen der Investitionen systematisch ausgeweitet werden, um Sanierungsstau abzubauen, das Entstehen neuen Bedarfs durch höhere Ersatzinvestitionen zu verhindern und den Bedarf an Erweiterungsinvestitionen, den das Bevölkerungswachstum verursacht, zu befriedigen. Die Investitionen werden daher von heute rd. 1,7 Mrd. Euro auf über 2 Mrd. Euro zum Ende des Finanzplanungszeitraums steigen. Andererseits werden wir die erreichten Konsolidierungserfolge absichern. Das Land muss finanziell auch für solche Zeiten gewappnet sein, in denen die finanzkraftabhängigen Einnahmen weniger stark wachsen oder gar sinken. Gleichzeitig gilt es Puffer zu schaffen, um bis 2020 jederzeit die Einhaltung der Vorgaben für das strukturelle Defizit zu gewährleisten. Deswegen streben wir an, eine Ausgleichsrücklage anzulegen, um zu verhindern, dass im Fall einer konjunkturellen Krise entweder die Schuldenbremse nicht eingehalten werden kann oder öffentliche Ausgaben in unerwünschtem Maße zurückgeführt werden müssen. Beides zusammen – mehr Investitionen und solide Vorsorge – sichern die Solidität des Berliner Haushalts und damit die Lebensbedingungen der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Dr. Matthias Kollatz-Ahnen 5 1 Positives Umfeld schafft Chancen – Berlin nutzt sie • Berlin weist überdurchschnittlichen Anstieg von Wirtschafts- und Finanzkraft auf, liegt aber noch immer unter dem Bundesdurchschnitt • Aussichten auf stabiles Wachstum günstig, aber mit Abwärtsrisiken behaftet 1.1 Berlin mit überdurchschnittlichem Wachstum Berlin befindet sich seit einigen Jahren auf einem sehr positiven Entwicklungspfad. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine auch weiterhin solide Entwicklung des Haushalts sind damit günstig. In den Jahren 2010 bis 2015 stieg die Wirtschaftskraft in Berlin um 9,1 %, während sie im Durchschnitt der Bundesrepublik um lediglich 7,9 % zulegte (Abb. 1). Die Wirtschaftsleistung in Berlin nahm 2015 zum dritten Mal in Folge zu. Beim Wachstum der Wirtschaftskraft lag Berlin 2015 wie schon im vorangegangenen Jahr auf einem Spitzenplatz. Die Wirtschaftsleistung Berlins ist 2015 nominal um 5,4 % und real um 3,0 % gestiegen. Dies waren deutlich höhere Werte als im Bundesdurchschnitt, der nominal bei +3,8 % und real bei +1,7 % lag (Abb. 2). 7 Nach einer langen Phase unterdurchschnittlicher Entwicklung liegt Berlin seit 2013 mit seinen Wachstumsraten über dem Bundesdurchschnitt, teilweise sogar an der Spitze aller Bundesländer. Die Lücke im Pro-Kopf-BIP zum Bundesdurchschnitt schließt sich langsam. Berlin ist damit eines der wenigen Länder, welche einen erfolgreichen Konvergenzprozess zu durchlaufen scheinen. Diese dynamische Entwicklung ging vor allem von den Bereichen Handel, Verkehr und Gastgewerbe sowie Information und Kommunikation aus, die zusammen den stärksten Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr erzielten (real +3,9 %). Damit einher geht ein ebenfalls überdurchschnittliches Wachstum der Erwerbstätigenzahl. Im ersten Quartal 2016 gab es in Berlin rd. 50.000 Erwerbstätige mehr als im Vergleichsquartal des Vorjahres. Mit einem Wert von +2,7 % erreichte Berlin den besten Wert aller Länder und lag deutlich über dem Bundesdurchschnitt von +1,3 % (Abb. 3). 8 Die Betrachtung der Wirtschaftskraft je Einwohner fällt für Berlin allerdings weiterhin unterdurchschnittlich aus. Sie betrug 2015 rund 96 % des Bundesdurchschnitts. Ein Grund dafür ist, dass die meisten der Arbeitsplätze bisher noch in Branchen mit geringer Produktivität und daher geringer Entlohnung entstehen. Ungeachtet dieser strukturellen Problematik sind die Konjunkturaussichten für Berlin positiv. Der Senat von Berlin geht für 2016 von einem Wirtschaftswachstum Berlins in Höhe von 2,5 % aus, während die Bundesregierung in ihrer Frühjahrsprognose ein bundesweites Wachstum von 1,8 % erwartet. Der Senat unterstützt die positive Wirtschaftsentwicklung und sichert die Rahmenbedingungen, damit sich auch in Zukunft die Wirtschaftskraft Berlins kräftig weiterentwickeln kann. Die aus dem Landeshaushalt bereitgestellten Mittel werden, flankiert von Zuweisungen des Bundes und der Europäischen Union, zielgerichtet sowohl für innovationspolitische Schwerpunkte wie z. B. Elektromobilität oder Bereitstellung der digitalen Infrastruktur als auch für erfolgversprechende weitere Gewerbeansiedlungen eingesetzt. Zum verbesserten Wachstumsumfeld trägt zweifelsohne auch bei, dass nach der erfolgreichen Konsolidierung des Haushalts bei den öffentlichen Investitionen eine Trendwende eingeleitet werden konnte. Abb. 4 zeigt diese Entwicklung am Beispiel der Investitionsausgaben bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt auf. Hierbei ist für Berlin besonders zu berücksichtigen, dass der Wert für Berlin bei Berücksichtigung der Zuführung an das Sondervermögen Investitionen in die Wachsende Stadt (SIWA) in Höhe von 691 Mio. Euro deutlich höher wäre. Da aber die Mittel 9 aus dem SIWA noch nicht vollständig investiv abgeflossen sind, sind hier nur tatsächlich investiv verwendete Mittel von 48 Mio. Euro für 2015 berücksichtigt. Bei den Investitionsausgaben pro Einwohner im Ländervergleich 2015 (Abb. 5) ist ebenfalls erkennbar, dass Berlin inzwischen einen guten Mittelplatz erreicht hat. Hier spiegelt sich wider, dass dank der guten Haushaltsentwicklung die langjährige Deckelung der Investitionsausgaben auf 1,4 Mrd. Euro aufgegeben werden konnte und die Investitionen aus dem Haushalt auf rd. 1,7 Mio. Euro ausgeweitet werden konnten. 10 Abb. 5 weist sowohl den Wert inklusive der vollen Zuführung an das SIWA aus (705 Euro pro Kopf) als auch den Wert, der nur die tatsächlich 2015 aus dem SIWA investiv abgeflossenen Mittel berücksichtigt. Ohne die SIWA-Zuführung (aber unter Berücksichtigung der tatsächlichen Abflüsse aus dem SIWA in 2015 in Höhe von 48 Mio. Euro) beliefen sich die Investitionen pro Kopf in Berlin auf 520 Euro, was wie in den Vorjahren noch unterhalb des Durchschnitts der Länder lag, auch wenn Berlin Plätze im Ranking gutmachen konnte. Insgesamt betrugen im Durchschnitt der letzten zehn Jahre die Investitionen pro Einwohner des Landes Berlin im Verhältnis zur Ländergesamtheit lediglich rd. 75 %. Der dadurch notwendig gewordene Nachholprozess hat aber begonnen. Dazu tragen zum einen die im SIWA verfügbaren Mittel bei. Entwickelt sich die Haushaltslage im Einklang mit den Prognosen dieser Finanzplanung, könnte diesem Sondervermögen bis 2020 noch einmal über eine halbe Milliarde Euro zugeführt werden. Zum anderen sollen auch die Investitionsausgaben im laufenden Haushalt im Zeitraum 2015-20 um 3,5% pro Jahr steigen und damit deutlich stärker als die bereinigten Gesamtausgaben (+2,9% p.a.). 1.2 Einwohnerentwicklung Ein überdurchschnittliches Wachstum weist Berlin nicht nur bei der Wirtschaftskraft, sondern auch bei der Einwohnerentwicklung auf. In den Jahren 2012-15 stieg die Einwohnerzahl Berlins pro Jahr um über 40.000 Personen. In der mittelfristigen Perspektive ist dabei allerdings eine Verschiebung bei den Quellen des Bevölkerungswachstums erkennbar (Abb. 6). Gab es in den Jahren 2007-2013 11 noch einen signifikanten Zuwachs der Bevölkerung aus der innerdeutschen Binnenwanderung, so resultiert das Bevölkerungswachstum seit 2014 (neben einem Geburtenüberschuss) im Wesentlichen aus der Zuwanderung aus dem Ausland. Der Negativsaldo in der Binnenwanderung resultiert dabei vor allem aus einer Abwanderung in das umliegende Land Brandenburg. Am aktuellen Rand ist die Einwohnerentwicklung freilich mit einer gewissen Unsicherheit behaftet: Konkret gibt es Anzeichen, dass die Zuwanderung von Flüchtlingen ebenso wie die Zuwanderung aus europäischen Staaten im Laufe des Jahres 2015 nicht vollständig in der Statistik erfasst wurde. Die registrierten Zahlen könnten also die tatsächliche Einwohnerentwicklung und die damit verbundenen Chancen, aber auch Herausforderungen für das Land Berlin unterzeichnen. 1.3 Entwicklung der Berliner Steuerkraft Korrespondierend zu der eingangs dargestellten sehr dynamischen Wirtschaftsentwicklung sowie dem deutlichen Anstieg der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Berlin befinden sich auch die Berliner Steuereinnahmen auf einem stabilen Wachstumskurs. Dies umfasst natürlich einerseits diejenigen Einnahmen, an denen alle Länder über den bundesweiten Konjunktur- und Finanzverbund partizipieren, insbesondere die Umsatzsteuer sowie die Mittel aus dem Finanzausgleich. Andererseits haben sich aber auch die originären Berliner Steuereinnahmen in den letzten Jahren sehr positiv und teilweise deutlich überdurchschnittlich entwickelt. Hervorzuheben sind insbesondere die lohnabhängigen Steuerarten, für die neben einer Ausweitung der Beschäftigung auch deutliche Lohn- und Gehaltssteigerungen in Berlin ursächlich sind. Ein Sonderfall ist die Grunderwerbsteuer in Berlin mit einem jährlichen Steueraufkommen von inzwischen rd. 1 Mrd. Euro, die in den letzten Jahren sehr dynamisch und weit überdurchschnittlich gewachsen ist – und zwar stärker als auf der Basis der Steuersatzänderungen allein zu erwarten war. Die Dynamik auf dem Berliner Immobilienmarkt ist allerdings auch von Faktoren wie Wohnungsnachfrage, Baulandangebot und Hypothekenzinsen abhängig, so dass sich im Finanzplanungszeitraum erhebliche Veränderungen bei dem Grunderwerbsteueraufkommen ergeben können. Berlin erhebt seit dem Jahr 2014 eine Übernachtungsteuer (auch City Tax genannt) in Höhe von 5% des Übernachtungspreises mit dem Ziel, private Touristen an den Kosten der touristisch genutzten Infrastruktur in Berlin zu beteiligen. Eine City Tax erheben mehrere europäische und außereuropäische Metropolen, z.B. Rom, Paris und New York. Der Tourismus in Berlin ist seit vielen Jahren eine Erfolgsgeschichte: So haben sich die Übernachtungszahlen von rd. 15 Millionen im 12 Jahr 2005 auf über 30 Millionen Übernachtungen im Jahr 2015 in nur einem Jahrzehnt mehr als verdoppelt. Dementsprechend befindet sich auch die City Tax auf einem Wachstumskurs. Im Jahr 2016 sind im Haushalt Einnahmen aus der Übernachtungsteuer von 44 Mio. Euro veranschlagt. Insgesamt verzeichnete das Aufkommen der Landes- und Gemeindesteuern im Land Berlin seit 2002 ein höheres Wachstum als das Aufkommen aus Berlins Anteil an den Gemeinschaftssteuern – und dies obwohl sich das Gewerbesteueraufkommen Berlins trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung weiterhin nur schwach entwickelt. Dies belegt, dass Berlin wie im Rahmen seiner Sanierungsvereinbarung zugesagt, erfolgreich darum bemüht ist, seine eigene Steuerkraft zu stärken. Anders als häufig behauptet, haben die Finanzhilfen für Berlin also keineswegs einen negativen Anreizeffekt. (Abb. 7) Die Gesamtentwicklung der Steuereinnahmen in Berlin lässt sich gut an der Steuerkraft je Einwohner im Vergleich zur bundesdurchschnittlichen Steuerkraft je Einwohner messen. Hier konnte Berlin in den vergangenen Jahren deutliche Steigerungen erreichen. So ist die Steuerkraft je Einwohner von rd. 88% des Durchschnitts im Jahr 2010 auf rd. 97% des Durchschnitts im Jahr 2015 angestiegen (Abb. 8). 13 Diese aufholende Entwicklung ist erfreulich. Sie kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Steuerkraft pro Kopf in Berlin noch immer unter dem Bundesdurchschnitt liegt – was eine Konsequenz aus der ja ebenfalls unterdurchschnittlichen Wirtschaftskraft pro Kopf ist. Die einnahmenmindernden Folgen aus Krieg und deutscher Teilung wirken hier dauerhaft in die Zukunft fort. Dies gilt etwa für die vergleichsweise geringe Zahl von Industriearbeitsplätzen in Berlin oder den Weggang mehrerer hundert Unternehmen, darunter mehrerer Großkonzerne, die Berlin nach 1945 verlassen haben und heute die hohe Steuerkraft in denjenigen westdeutschen Länder begründen, in die sie gegangen sind. Der aufgezeigte Trend bei der Steuerkraft geht in die richtige Richtung. Berlin kann mit Blick auf den Bundesdurchschnitt zunehmend Boden gutmachen. Der darüber hinausgehende Transformationsprozess zu einem wieder metropolengerechten Steueraufkommen wird jedoch noch lange andauern. Berlin ist mit dieser unterdurchschnittlichen Wirtschafts- und Finanzkraft im internationalen Vergleich absolut atypisch: In anderen Ländern liegen die Wirtschafts- und Finanzkraft der Hauptstadtregion oberhalb, in der Regel sogar an der Spitze der Verteilung in den jeweiligen Staaten. Insofern bleibt es für Berlin ein anzustrebendes kurzfristiges Ziel, zum Bundesdurchschnitt aufzuschließen. Das längerfristig realistische Ziel ist, als Metropole und Hauptstadt ein über dem Länderdurchschnitt liegendes Steueraufkommen zu erzielen. 14 1.4 Wirtschaftlicher Ausblick Die Bundesregierung geht in ihrer Mittelfristprognose derzeit von einem stabilen Wachstumspfad für das Wachstum der deutschen Volkswirtschaft von real 1,7% pro Jahr aus. Dieses Wachstum liegt leicht oberhalb der deutschen Potentialwachstumsrate, die auf ca. 1¼-1½% geschätzt wird, so dass sich die noch vorhandene Produktionslücke damit im Zeitablauf vollständig schließen dürfte. Für eine stetige Wirtschaftsentwicklung entlang des skizzierten Pfades gibt es in der Tat gute Gründe. Allerdings gilt auch: der nach der Überwindung der Großen Finanzkrise und der damit einhergehenden Rezession 2010 begonnene Aufschwung geht mittlerweile ins siebente Jahr, womit der Konjunkturzyklus recht reif ist. Zwar ließe sich einwenden, dass die Wachstumsraten in den letzten Jahren mit 1,5-1,7% im historischen Vergleich eher moderat waren – allerdings ist das Potentialwachstum der deutschen Wirtschaft eben auch sehr niedrig. Zudem ist der wirtschaftliche Ausblick für die kommenden Jahre mit zahlreichen Risiken behaftet, die teils politischer, teils struktureller Natur sind. Aus politischer Sicht sind hier erstens der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen und deren möglichen Rückwirkungen auf die US-Fiskalpolitik zu nennen; zweitens die Unsicherheit über die politischen Verhältnisse im Nahen und Mittleren Osten sowie die zukünftige Flüchtlingssituation; drittens das Wiedererstarken des Nationalismus und die daraus entstehende Unsicherheit für die Zukunft der Europäischen Union und des offenen, auf Multilateralismus beruhenden Weltwirtschaftssystems. Die Unsicherheiten über die Modalitäten der zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich tun ein Übriges. Aus struktureller Sicht ist einerseits die Situation in den Peripherie-Staaten der Eurozone weiterhin fragil. Neben innenpolitischen Instabilitäten ist hier v.a. die Rückkehr zu einem nachhaltigen Wachstumspfad fraglich. Auch die notwendigen institutionellen Reformen zu einer nachhaltigen Stabilisierung der Eurozone sind zwar angestoßen, aber nicht abgeschlossen worden. Negativ auf die Exportchancen der deutschen Wirtschaft wirkt sich andererseits aus, dass viele der zuletzt wachstumsstarken Schwellenländer Probleme haben. Hier ist insbesondere der Rückgang des Wachstums in China zu nennen, dessen Wirtschaft sich in einer Transformation von einer Export- hin zu einer Binnenorientierung befindet. Die überwiegend binnengetriebene Berliner Wirtschaft profitiert derzeit und auch in absehbarer Zukunft vom durch die gute Arbeitsmarktentwicklung unterlegten privaten Konsum und dem boomenden Tourismus ebenso wie von der hohen Bautätigkeit und den höheren Ausgaben des Staates. Sie wird von den oben genannten Risiken nur in überschaubarem Maße direkt getroffen: Schwache Exportmärkte treffen vor allem das produzierende Gewerbe. Die USA sind dabei nach Euroland der wichtigste Exportmarkt Berlins, die Golfstaaten, China, Brasili- 15 en und Russland sind mit Anteilen zwischen 1,5 und rd. 5% wichtige Exportziele. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass die Berliner Tourismuswirtschaft ein wichtiger Exportsektor ist: 44% der Übernachtungen (2014) gehen auf das Konto ausländischer Touristen. Indirekt aber wäre Berlin von einer Wachstumsschwäche der deutschen Volkswirtschaft signifikant betroffen, da die Berliner Steuereinnahmen durch den Finanzausgleich stark mit den bundesweiten Einnahmen korrelieren. Ein Wachstumsabschwung und mehr noch eine Rezession in Deutschland hinterlassen auch im Berliner Haushalt deutliche Bremsspuren, die sich auf der Einnahmeseite rasch auf Steuereinnahmeausfälle in dreistelliger Millionenhöhe summieren können. Zusammenfassend lässt sich damit festhalten: Aufgrund des eingangs beschriebenen strukturellen Aufholprozesses Berlins bestehen gute Aussichten darauf, dass das Land auch in den kommenden Jahren in der Tendenz stärker wachsen wird als Deutschland insgesamt. Damit sollte sich der Aufholprozess der Berliner Wirtschafts- und Finanzkraft gegenüber dem Rest der Bundesrepublik grundsätzlich fortsetzen. Angesichts der insbesondere außenwirtschaftlichen Risiken wäre es jedoch sehr überraschend, wenn sich dieser Prozess stetig und ohne Unterbrechung vollziehen würde. Vielmehr sind bei der Planung des Haushalts stets auch negative Entwicklungen einzukalkulieren, und es ist dafür Vorsorge zu treffen. 16 2 Konsolidieren und Investieren • Berlin hat erfolgreich konsolidiert und weist seit vier Jahren Überschüsse aus • Finanzieller Spielraum wird zur Schuldentilgung (3 Mrd. Euro) und für vermehrte Investitionen genutzt • Zusätzliche Investitionsmittel wie SIWA und Kommunales Investitionsprogramm (KInvP) als Bausteine der Berliner Investitionsplanung • Berlin erfüllt seine Verpflichtungen. Der Stabilitätsrat anerkennt die Berliner Konsolidierungserfolge und prognostiziert, dass das Land mit dem Jahresende 2016 das Sanierungsverfahren erfolgreich abschließen wird und im Frühjahr 2017 auf der Basis der Ist-Zahlen 2016 offiziell aus dem Verfahren entlassen wird. Mithilfe einer strikten Begrenzung der Ausgabenzuwächse sowie durch Maßnahmen zur Stärkung des regionalen Wirtschaftswachstums und der eigenen Einnahmenkraft ist es Berlin innerhalb weniger Jahre gelungen, seine Finanzierungsdefizite zunächst erheblich zurückzuführen und schließlich seit 2012 Finanzierungsüberschüsse zu erzielen (Abb. 9). Ende 2015 konnte das Land Berlin zum vierten Mal in Folge seine Haushaltsrechnung mit einem positiven Finanzierungssaldo abschließen. Damit hat Berlin nicht 17 nur die Abkehr von der Neuverschuldung verstetigt, sondern auch zusätzliche Spielräume geschaffen, wieder verstärkt in die öffentliche Infrastruktur zu investieren. Abb. 10 zeigt, dass Berlin im Jahre 2015 beim Ländervergleich der Finanzierungssalden je Einwohner wiederum einen Wert oberhalb des Durchschnitts der Länder erreicht hat. Der Wert fiele offenkundig noch höher aus, würde man die Zuführung an das SIWA bei der Berechnung des Überschusses berücksichtigen. Bei einem kalkulatorischen Finanzierungsüberschuss von 896 Mio. Euro zum Abschluss des Haushaltsjahres 2015 konnten 691 Mio. Euro dem Sondervermögen Infrastruktur der wachsenden Stadt (SIWA) für zukunftsweisende Projekte zur Verfügung gestellt werden. Darin enthalten ist die Zuführung aus dem Vorjahresergebnis in Höhe von 496 Mio. Euro und somit für 2015 in isolierter Betrachtung in Höhe von 195 Mio. Euro. Nach Zuführung an das SIWA verbleibt somit ein Finanzierungsüberschuss von 205 Mio. Euro. Betrachtet man den Zeitraum seit 2002 und vergleicht die Entwicklung der Finanzierungssalden der Länder, dann zeigt sich, dass das Land Berlin einen enormen Sprung von mehr als 1.400 Euro pro Einwohner nach vorn gemacht hat. Abb. 11 visualisiert diesen Vergleich. 18 Der strukturelle Finanzierungssaldo des Landeshaushalts, berechnet nach den in der Konsolidierungshilfenvereinbarung mit dem Bundesministerium der Finanzen festgelegten Regeln, belief sich im Jahre 2015 auf -147,7 Mio. Euro. Diese für eine nachhaltige Haushaltssteuerung zentrale Größe belief sich für 2015 damit auf nur noch ein Achtel des Wertes, mit dem das Land Berlin 2012 in das Sanierungsverfahren gestartet war. Gleichzeitig unterschreitet Berlin die in dieser Vereinbarung festgelegte Obergrenze um rund 850 Mio. Euro. Berlin ist es damit gelungen, trotz der erheblichen Mehrbelastungen aus der Bewältigung der Flüchtlingskrise seine vertraglich vereinbarten Verpflichtungen wiederum mit deutlichem Abstand zu erfüllen. 2.2 Schuldenabbau Im Jahre 2015 konnte das Land Berlin (per Stichtag 31.12.) den Schuldenstand Tabelle 1: Schulden des Landes Berlin Per Per 31.12.2015 31.12.2014 58.591 59.773 -1.182 Schulden bei öffentlichen Haushalten 762 788 -26 Innere Schulden 552 243 309 59.905 60.804 -899 In Mio. Euro Schulden aus Kreditmarktmitteln Summe Veränderung 19 von 60,8 Mrd. Euro auf 59,9 Mrd. Euro senken. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen: Erstmals seit 2009 lag der Schuldenstand des Landes damit wieder unter der Marke von 60 Mrd. Euro. Zwischen 2011 und 2015 konnten Schulden in Höhe von rund 3 Mrd. Euro abgebaut werden (s. hierzu Abb. 12). Dies ist umso bemerkenswerter als zum Start des Sanierungsprogramms im Jahre 2011 noch ein weiterer Anstieg der Schulden prognostiziert wurde. Gleichwohl ist die Verschuldung Berlins weiterhin extrem hoch. Der Schuldenstand pro Einwohner beträgt rd. 17.000 Euro. Lediglich Bremen weist hierbei schlechtere Werte auf als das Land Berlin. Die Robustheit des Haushalts wäre insbesondere bei steigenden Zinsen beansprucht und ggf. überfordert. Vor diesem Hintergrund muss der weitere Schuldenabbau weiterhin ein Ziel der Finanzpolitik des Senats bleiben. Mehr wirtschaftliche Dynamik kann dabei nicht nur mehr Beschäftigung schaffen, sondern wirkt sich auch positiv auf die Finanzkraft des Landes aus. Durch gezielte Zukunftsinvestitionen wird der Senat die wirtschaftliche Entwicklung fördern, die natürlichen Lebensgrundlagen der Bevölkerung erhalten und die Möglichkeiten für eine weitere Reduzierung der Landesschulden verbessern. 20 2.3 Haushaltsüberwachung, Konsolidierung und Sanierung Der Stabilitätsrat hat in seinen Beschlüssen vom 8. Juni 2016 die Erfolge Berlins, die es bei Konsolidierung und Sanierung seines Landeshaushalts erzielte, anerkannt. Laufende Haushaltsüberwachung Ausgangspunkt der laufenden Haushaltsüberwachung von Bund und Ländern ist die jährliche Berichterstattung wichtiger Haushaltskennziffern an den Stabilitätsrat. Für alle Kennziffern sind Schwellenwerte festgelegt, die sich aus den jeweiligen Länderdurchschnitten zuzüglich verabredeter Aufschläge errechnen und für die Stadtstaaten teilweise von denen der Flächenländer abweichen. Eine Überschreitung des jeweiligen Schwellenwerts wird als Auffälligkeit gewertet. Sind drei oder mehr Kennziffern oder die Standardprojektion auffällig, so leitet der Stabilitätsrat ein Evaluationsverfahren ein, das im Regelfall zu einem Sanierungsverfahren überleitet. Die nächsten Stabilitätsberichte sind dem Stabilitätsrat von allen Ländern und dem Bund im Oktober 2016 vorzulegen. Die nachstehende Abb. 13 zeigt in der besonderen, für Zwecke der Stabilitätsberichterstattung festgelegten Abgrenzung, wie sich die Berliner Meldung zu den Schwellenwerten verhält. Für das abgeschlossene Haushaltsjahr 2015 weist Berlin bei den beiden Schwellenwerten, die die Performance der aktuellen Haushaltsund Finanzpolitik abbilden, Werte unterhalb des Schwellenwertes aus (grüne Zone). Der Haushaltsabschluss zeigt einen positiven Finanzierungssaldo und wegen der Netto-Tilgung von Schulden eine negative Kreditfinanzierungsquote. Die Län- 21 derdurchschnitte und die daraus abgeleiteten Schwellenwerte hatten in beiden Fällen ein anderes Vorzeichen. Berlin unterschreitet beide Schwellenwerte deutlich. Anders ist die Lage bei den beiden Kennziffern, die vor allem die finanzpolitische Historie abbilden: Sowohl beim Schuldenstand je Einwohner, als auch bei der Zins-Steuer-Quote verletzt Berlin in 2015 den geltenden Schwellenwert (rote Zone). Der historisch bedingte hohe Schuldenstand Berlins, der Ende 2015 trotz der Tilgungen in den letzten vier Jahren noch knapp 60 Mrd. Euro betrug, ist zwangsläufig mit einer hohen Zins-Steuer-Quote verbunden. Von dem seit einiger Zeit sehr niedrigen Zinsniveau profitiert zwar Berlin in absoluten Werten. Allerdings begünstigt es alle Länder und geht damit in die Schwellenwertberechnung ein, weswegen Berlin 2015 immer noch über dem Schwellenwert liegt. Im Rückblick lässt sich eine positive Tendenz erkennen; der Abstand zum Schwellenwert wurde kontinuierlich verringert. Bei weiterer Haushaltskonsolidierung mit Schuldentilgung und anhaltend niedrigem Zinsniveau könnte Berlin in nicht allzu ferner Zukunft auch bei diesem Schwellenwert in den grünen Bereich wechseln.1 Eine zweite Prüfung basiert auf der sog. Standardprojektion. Diese stellt auf die Überlegung ab, dass es keinem Land gelingen wird, seinen Schuldenstand in die unauffällige (grüne) Zone zu drücken, wenn dazu für die kommenden sieben Jahre der jahresdurchschnittliche Ausgabenanstieg so niedrig sein müsste, dass er um mehr als drei Prozentpunkte unter dem durchschnittlichen Wert der Länder liegt. Schematisch und mit Standardannahmen gerechnet werden die Länderhaushalte insgesamt bis 2023 um 4,04 % p.a. wachsen; der daraus abgeleitete Schwellenwert, der in diesem Falle nicht unterschritten werden darf, beträgt 1,04 %. Berlin könnte es mit einer Zuwachsrate von maximal 2,9 % p.a. erreichen, im Endjahr der Projektion mit seinem Schuldenstand je Einwohner nicht mehr auffällig zu sein. Diese rein rechnerische Wachstumsrate der Ausgaben, die nicht mit einer Politikempfehlung zu verwechseln ist, liegt über dem Schwellenwert. Deshalb ist auch die Standardprojektion für Berlin unauffällig. Konsolidierungsvereinbarung und Konsolidierungshilfen Berlin erhält jährlich 80 Mio. Euro als Konsolidierungshilfe. Die Einhaltung der in der Verwaltungsvereinbarung festgelegten Obergrenze des strukturellen Finanzierungsdefizits ist dem Stabilitätsrat jährlich mit einem Konsolidierungsbericht im April des Folgejahres nachzuweisen. Berlin ist es auch 2015 gelungen, die mit der Verwaltungsvereinbarung gesetzte Obergrenze deutlich zu unterschreiten (Abb. 1 22 Im Ist 2015 lag die Zins-Steuer-Quote für Berlin bei 8,6, nur noch ein Zehntel-Prozentpunkt über dem Schwellenwert von 8,5. 14). Eine weitere Jahresrate der Konsolidierungshilfen (80 Mio. Euro) wurde fristgerecht zum 1. Juli 2016 ausgezahlt. Sanierungsvereinbarung Das Land Berlin hat sich mit der Vereinbarung zum Sanierungsprogramm nach § 5 Stabilitätsratsgesetz zur Durchführung eines Sanierungsprogramms in den Jahren 2012 bis 2016 verpflichtet. Ziel des Sanierungsprogramms ist die Absenkung der Nettokreditaufnahme – den Vorgaben und der Berechnungsmethodik folgend, die für die Ermittlung des strukturellen Defizits im Rahmen der Verwaltungsvereinbarung zum Gesetz zur Gewährung von Konsolidierungshilfen vereinbart worden sind. Diesem Ziel dient die Umsetzung von Maßnahmen, die die Einhaltung der Absenkung der Kreditaufnahme sicherstellen sollen und im Sanierungsprogramm im Einzelnen beschrieben sind. Über den Erfolg der Konsolidierungsanstrengungen berichtet das Land Berlin ebenso wie die drei anderen Sanierungsländer (Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein) halbjährlich dem Stabilitätsrat. Das Land Berlin bewegt sich bislang hinsichtlich der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen in dem vorgesehenen Zeitfenster. Der Stabilitätsrat hat dementsprechend in seinem jüngsten Beschluss zum Neunten Sanierungsbericht Berlins vermerkt, dass Berlin die Grundlagen geschaffen hat, das Sanierungsverfahren erfolgreich abzuschließen. Der Stabilitätsrat wird den Abschluss des Verfahrens voraussichtlich im Frühjahr 2017 auf Basis der Ist-Zahlen 2016 endgültig feststellen. Kritisch weist der Stabilitätsrat allerdings darauf hin, dass das Land seinen 23 Konsolidierungskurs weiter lockert und warnt davor, neue dauerhafte Haushaltsbelastungen einzugehen und damit die Einhaltung der Schuldenbremse ab dem Jahr 2020 zu gefährden. 2.4 Investitionsprogramme SIWA und KInvP Neben der Ausweitung der Investitionen aus dem Kernhaushalt stehen dem Land Investitionsmittel aus zwei weiteren Quellen zur Verfügung. Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) Gemäß dem SIWA Errichtungsgesetz vom Dezember 2014 sind Teile des Finanzierungsüberschusses des Landes Berlin an das Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) zu übertragen, sofern der Finanzierungsüberschuss mehr als 80 Mio. Euro beträgt. Ab einem Überschuss von mindestens 200 Mio. Euro ist die Hälfte des Saldos dem SIWA zuzuführen. Aus den Überschüssen der Jahre 2014 und 2015 sind dem SIWA seitdem in zwei Tranchen – SIWA I mit 496 Mio. Euro und SIWA II im Umfang von 195,3 Mio. EUR – insgesamt rd. 691,3 Mio. Euro zugewiesen worden. Im Rahmen des mit dem Abgeordnetenhaus von Berlin vereinbarten Verfahrens wurden diese Mittel mittlerweile vollständig rd. 240 konkreten Investitionsprojekten zugewiesen und werden sukzessive abgerufen. Der Mittelabfluss lag per 30. Juni d.J. bei insgesamt 61,8 Mio. Euro; bis zum Jahresende werden Abflüsse von insgesamt 189 Mio. Euro erwartet. Ein zeitlich verzögerter Abfluss von Investitionsmitteln ist dabei nicht untypisch, da Investitionen ein Planungs- und Genehmigungsprozess vorangehen muss. Der Schwerpunkt der Mittelbelegung aus dem SIWA I lag dabei mit jeweils rund einem Fünftel der Mittel im Bereich investiver Maßnahmen bei Schulen und Krankenhäusern, inkl. der Charité. Weitere rund 67 Mio. Euro sind für Projekte im Bereich der Verkehrsinfrastruktur vorgesehen. Auch beim SIWA II bilden Maßnahmen für die Schulen mit über einem Drittel der Mittel einen Schwerpunkt. Mit rd. 46% ist der größte Einzelposten der SIWA II-Gelder aber für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften, inkl. der Errichtung von Unterkünften für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, vorgesehen. Etwa ein Zehntel der Mittel ist für die Errichtung von Kitas bestimmt. 24 Kommunalinvestitionsförderungsprogramm (KInvP) Mit dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz vom Juni 2015 hat die Bundesregierung ein 3,5 Mrd. Euro umfassendes Sondervermögen, den Kommunalinvestitionsförderungsfonds, geschaffen. Berlin steht aus diesem Fonds ein Anteil von rd. 4% oder 137,8 Mio. Euro zu. Unter Einbeziehung eines Eigenanteils von 10%, den das Land Berlin zu leisten hat, steht mit dem KInv-Programm ein zusätzliches Fördervolumen von 153,2 Mio. Euro zur Verfügung, welche das Land, nach Abschluss der notwendigen Verwaltungsvereinbarung, seit Anfang 2016 nutzen kann. Die Verwendungsmöglichkeiten der KInvP-Mittel sind gesetzlich auf genau spezifizierte Bereiche der Infrastruktur und der Bildungsinfrastruktur beschränkt, darunter Krankenhäuser, energetische Sanierung, Barriereabbau und die Modernisierung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten. Berlin hat mittlerweile (Stand Mitte Juli 2016) 54 Maßnahmen der Förderbereiche Krankenhäuser, Städtebau und energetische Sanierung mit einem Volumen von insgesamt 59,5 Mio. Euro konkret beplant. Weitere 42 Mio. Euro sind für den Bereich der Kindertagesstätten vorgesehen, wobei die konkreten Maßnahmen kurz vor dem Abschluss der Planungen stehen. Insgesamt sind damit rd. 101 Mio. Euro oder 73% des Bundesanteils an der auf Berlin entfallenden KInvP-Mittel bereits konkret beplant. 2.5 Neuorientierung beim Personalbestand Wie bereits in der letztjährigen Finanzplanung ausgeführt2, konnte angesichts der erheblich gestiegenen und weiter ansteigenden Bevölkerungszahlen nicht mehr an der bisherigen Zielzahl von 100.000 VZÄ festgehalten werden. Das Wachstum Berlins hat zu neuen Aufgaben und in vielen Bereichen zu einem objektiv gestiegenen und weiter steigenden Aufgaben- und Fallzahlenvolumen geführt. Sofern alle durch Altersausscheiden freiwerdenden Stellen sowie alle neuen Stellen tatsächlich besetzt werden können, ist für das Jahr 2018 mit einem Bestand von rd. 109.000 VZÄ zu rechnen. Schwerpunktmäßig erfolgt der Aufbau von Personal dabei dort, wo gestiegene Fallzahlen oder veränderte Rahmenbedingungen dies notwendig machen. • So steigt der Bedarf von aktuell rd. 28.070 Lehrkräften in den nächsten vier Jahren um durchschnittlich rd. 770 zusätzliche Lehrkräfte je Schuljahr an. So- 2 Vgl. Finanzplanung von Berlin 2015 bis 2019, S. 29f. 25 mit wird der Lehrkräftebedarf nach der aktuellen Prognose zum Schuljahr 2019/2020 insgesamt 31.150 betragen. • Bei der Polizei sind aufgrund der gestiegenen Einwohnerzahlen und der daraus resultierenden Aufgabenzuwächse mit dem Haushalt 2016/2017 insgesamt 375 zusätzliche Stellen bewilligt worden. Unabhängig vom Aufgabenzuwachs aufgrund der gestiegenen Fallzahlen, sind noch rd. 90 zusätzliche Stellen als „Sicherheitspaket“ nach den Terroranschlägen von Paris zur Stärkung der Polizei gewährt worden. • Zur effektiven Bewältigung des Zugangs von Flüchtlingen musste in Berlin – wie in anderen Ländern und Kommunen auch – Personal in erheblichem Umfang bereitgestellt werden. So enthält der Haushaltsplan 2016/17 in der Hauptverwaltung rd. 700 neue Stellen bzw. Beschäftigungspositionen. Hinzukommen die Zugänge bei den Bezirken. Der mit den Bezirken vereinbarte Personalabbau, der auf eine vergleichbare Personalausstattung der Bezirke pro Einwohner abzielt, wird bis Ende dieses Jahres weitgehend abgeschlossen sein. Gleichzeitig erfolgt in Reaktion auf die gestiegene Bevölkerungszahl ein aufgabenbezogener Personalaufbau. Die eigens für die Ermittlung des Personalbedarfs eingerichtete AG Wachsende Stadt, der Vertreter aus der Hauptverwaltung und den Bezirken angehören, hat den Personalbedarf an Hand der besonders betroffenen Bezirks-Produkte und deren bereits eingetretenen bzw. noch zu erwartenden Mengensteigerungen unter Berücksichtigung der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung bis 2016 bzw. 2017 berechnet. Dabei wurden bereits eingetretene bzw. erwartete Mengenentwicklungen und deren korrespondierende Personalmehrbedarfe (VZÄ) bezirksscharf ermittelt. Im Ergebnis hat die AG Wachsende Stadt zu einem anerkannten Personalmehrbedarf für 2016 und 2017 von 755 VZÄ geführt. Allein rd. 280 VZÄ entfallen auf das Flüchtlingsmanagement. Insgesamt wurde ein Personalmehrbedarf von derzeit zusätzlich rd. 1.300 VZÄ (seit 2013 bis einschließlich 2017) für die Bezirke bewilligt. Es sei betont, dass dieser auf den ersten Blick substantielle Personalaufbau in die richtige Perspektive gerückt werden muss: Der Personalbestand in Relation zur Entwicklung der Einwohnerzahl ist seit Jahren rückläufig. Seit 2011 ist er von 30,86 VZÄ je 1.000 Einwohner auf aktuell 29,32 VZÄ je 1.000 Einwohner zurückgegangen – und dies trotz des seit 2014 wieder steigenden Personalbestandes. Nach den gegenwärtigen Prognosen wird die Personalbestand-EinwohnerRelation auf dem aktuellen Niveau konstant gehalten. Die absolute Leistungskraft der Berliner Verwaltung steigt deutlich an. In dem Umfang, in dem es zusätzlich gelingt, die Produktivität zu steigern, nimmt zudem die Verwaltungskraft je Einwohner zu. 26 2.6 Fazit Berlin ist schon jetzt in der Lage – und damit deutlich vor dem Jahre 2020 –, die Schuldenbremse aus eigener Kraft einzuhalten. Das Land hat sich damit den Spielraum verschafft, sowohl unerwartete Herausforderungen – wie die Mehrausgaben für die Versorgung und Integration von Geflüchteten – zu meistern, als auch sich durch die Konsolidierungserfolge bietende Spielräume zu nutzen, um strukturelle Nachholbedarfe bei Investitionen und Personal zu beheben und den Notwendigkeiten der weiter wachsenden Stadt gerecht zu werden. Dies stellt keine Abkehr vom Konsolidierungskurs dar. Berlin hat vielmehr lediglich im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten auf die Herausforderungen einer wachsenden Stadt reagiert. Nur in dem Maße, in dem sich durch (1) die früheren Konsolidierungserfolge, (2) die einwohnerzuwachsbedingten strukturellen Mehreinnahmen sowie (3) aus dem Rückgang der Zinsen finanzielle Spielräume ergaben, wurden Ausgaben in jenen Bereichen ausgeweitet, in denen es nachprüfbar Mehrbedarfe gab. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts und weiterer Schuldentilgung wird nicht in Frage gestellt. 27 3 Bund-Länder-Finanzbeziehungen • Neuordnung des Finanzausgleichssystems von zentraler Bedeutung, aber noch immer offen • Zusage des Bundes zur finanziellen Entlastung der Kommunen sowie Vereinbarung zu Regionalisierungsmitteln verschaffen auch Berlin größere finanzielle Spielräume • Abschluss eines Hauptstadtfinanzierungsvertrages ist auf dem Weg. Darf nicht mit anderen Themen vermengt werden. 3.1 Zum Stand der Neuordnung des Finanzausgleichssystems Die Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ist eine zentrale finanzpolitische Aufgabe der nächsten Jahre. Berlin verfolgt dabei das Ziel, dass auch künftig allen Ländern eine aufgabengerechte Finanzausstattung zur Verfügung steht. Sowohl das Maßstäbegesetz als auch das geltende Finanzausgleichsgesetz als einfachgesetzliche Konkretisierungen des im Grundgesetz garantierten bundesstaatlichen Finanzausgleichs sind bis zum 31. Dezember 2019 befristet. Gleichzeitig treten zu diesem Zeitpunkt der Solidarpakt II für die neuen Länder und Berlin sowie weitere finanzpolitisch bedeutsame Gesetze außer Kraft. Ebenso gilt das Neuverschuldungsgebot für die Länder ab dem Jahre 2020 vollständig. Der bundesstaatliche Finanzausgleich und weitere Finanzströme zwischen Bund und Ländern sind von erheblicher fiskalischer Bedeutung für die jeweiligen Landeshaushalte. Deshalb ist es notwendig, die Regelungen für den bundesstaatlichen Finanzausgleich und die übrigen Bund-Länder-Finanzbeziehungen insbesondere im vertikalen Verhältnis der Länder zum Bund fortzuschreiben. Dies gilt umso mehr, als dass die Finanzplanungen von Bund und Ländern nunmehr auch das Jahr 2020 umfassen und alle Ebenen Planungssicherheit für die Zeit nach 2019 benötigen. Die unterschiedlichen, oft widerstreitenden Interessen des Bundes und auch der Länder untereinander müssen im Ergebnis zu einem tragfähigen Gesamtkonzept zusammengeführt werden. Die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sind in den vergangenen Jahren auf den verschiedensten Ebenen geführt worden. Am 3. Dezember 2015 einigten sich zunächst alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten auf einen Modellvorschlag für die Neuordnung, den sie dem Bund vorlegten. Wesentliche Elemente der Ländereinigung sind ein höherer Um- 29 satzsteueranteil für alle Länder zu Lasten des Bundes, die Zusammenfassung von Umsatzsteuerergänzungsanteilen und Länderfinanzausgleich zu einer Ausgleichsstufe, die höhere Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft in den Ausgleich sowie die Umstellung des horizontalen Ausgleichs von einem abschnittsweise progressiven auf einen Lineartarif. Daneben enthält das Modell eine Anspannung des Tarifs für die allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen, Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen bei unterdurchschnittlicher kommunaler Finanzkraft, Bundes-Zinshilfen für Bremen und das Saarland sowie den Entfall der sog. Entflechtungsmittel. Die Umsetzung dieses Modells setzt eine Änderung des Grundgesetzes voraus. Anschließend legte der Bund ein Arbeitspapier zur Neuordnung vor. Ein zentraler Unterschied zum Ländermodell besteht in der vorgesehenen Beibehaltung des Länderfinanzausgleichs als horizontaler Ausgleichsstufe, während der Umsatzsteuervorwegausgleich entfallen soll. Weitere wesentliche Bestandteile des Vorschlag des Bundes sind eine höhere, aber gegenüber dem Ländermodell geringere Erhöhung des Länderanteils an der Umsatzsteuer, ein gegenüber dem Ländermodell höherer Lineartarif sowie eine Tarifabsenkung bei den allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen. Der Bund sieht in seinem Modell vor, dass die Zinshilfen für Bremen und das Saarland zwar in gleicher Höhe wie im Ländermodell gewährt, aber die Länder anteilig an deren Finanzierung beteiligt werden. Die Entflechtungsmittel sollen modifiziert weitergeführt werden. Über das Modell des eigentlichen Finanzausgleichs hinaus hat der Bund noch wesentliche Forderungen in Bezug u.a. auf die Sozialgesetzgebung, den Stabilitätsrat und die Bundesautobahnverwaltung erhoben, die teilweise konträr zu den Positionen der Ländergesamtheit oder einzelner Länder stehen. Im Unterschied zum Ländermodell benötigt das reine Finanzausgleichsmodell des Bundes keine Grundgesetzänderung. In einer rein fiskalischen Betrachtung liegen die Verteilungsergebnisse für Berlin für 2020 in beiden Modellen recht nah beieinander. Es scheint deshalb möglich, dass das Land Berlin nach Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen – sei es im Sinne der Länder oder des Bundes – für das Jahr 2020 gegenüber dem bisherigen Rechtsstand mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von rd. 450 Mio. Euro rechnen kann. Bei mehreren Verhandlungsrunden, zuletzt Anfang Juli 2016, konnten Bund und Länder sich bislang nicht auf ein gemeinsames Modell verständigen. 30 3.2 Weitere Elemente der Bund-Länder-Finanzbeziehungen Zusage des Bundes zur kommunalen Entlastung Im Zusammenhang mit der Ratifizierung des europäischen Fiskalvertrags im Jahr 2012 einigten sich Bund und Länder darauf, dass die Kommunen im Kontext der Eingliederungshilfe entlastet werden sollten. Der Bund hat daraufhin im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und CSU aus dem November 2013 zugesagt, die Kommunen durch ein Bundesteilhabegesetz um 5 Mrd. Euro ab dem Jahre 2018 und bereits vor Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes um jährlich eine Mrd. Euro zu entlasten. In den Beratungen des Bundesteilhabegesetzes ist zwischenzeitlich deutlich geworden, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der vereinbarten Entlastung mehr gibt. Die zugesagte eine Mrd. Euro wird für die Jahre 2015 bis 2017 teilweise durch einen höheren Bundeszuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie teilweise durch einen Festbetrag an der Umsatzsteuer zugunsten der Gemeinden und zulasten des Bundes gewährt. Mit dem im Juni 2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern ist die Soforthilfe für das Jahr 2017 um anderthalb Mrd. Euro auf insgesamt zweieinhalb Mrd. Euro aufgestockt worden; die Länder erhalten dabei laut ursprünglicher Vereinbarung ein Drittel des zusätzlichen Betrages über höhere Zuweisungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung sowie zwei Drittel über einen erhöhten Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer. Bund und Länder haben sich in der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 16. Juni 2016 auf einen Verteilungsschlüssel für die ab dem Jahr 2018 vom Bund zu erbringenden fünf Mrd. Euro verständigt. Danach stehen den Kommunen als Vorabbetrag aus dem Umsatzsteueraufkommen 2,4 Mrd. Euro zur Verfügung. Die Erstattung der Kosten der Unterkunft und Heizung wird um 1,6 Mrd. Euro erhöht. Zugleich steigt der Vorabbetrag für die Länder aus dem Umsatzsteueraufkommen um eine Mrd. Euro. Der Anteil des Landes Berlin an den fünf Mrd. Euro beträgt voraussichtlich rd. 333 Mio. Euro. Regionalisierungsgesetz Im Rahmen der zum 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Bahnstrukturreform ist die Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung für den Schienenpersonennahverkehr zum 1. Januar 1996 auf die Länder übertragen worden. Sie erhielten dafür vom Bund seit 1996 Ausgleichsmittel (Regionalisierungsmittel) in Höhe von zunächst 4,4 Mrd. Euro, die in ihrer Höhe in den Folgejahren angepasst wurden. 31 Den Ländern steht dabei gemäß Art. 106a GG für den öffentlichen Personennahverkehr ein Anteil aus dem Steueraufkommen des Bundes zu. Bisher sind im Berliner Landeshaushalt für dieses Jahr Einnahmen aus Ausgleichsleistungen des Bundes in Höhe von 415,6 Mio. Euro veranschlagt. Am 15. Dezember 2015 ist das Regionalisierungsgesetz novelliert worden. Der Betrag für alle Länder ist danach für das Jahr 2016 erhöht und auf acht Mrd. Euro festgesetzt worden. In den Jahren 2017 bis einschließlich 2031 sollte dieser Betrag jährlich um 1,8 vom Hundert steigen. Die Bundesregierung legte dabei die Verteilung der Regionalisierungsmittel auf die Länder unter Zugrundelegung der Entwicklung der Verkehrsleistungen und der Bevölkerungsentwicklung fest („Kieler Schlüssel“). Die im Vergleich zum ermittelten Bedarf in Höhe von 8,5 Mrd. Euro jährlich geringere Summe hätte insbesondere in den ostdeutschen Flächenländern zu Verwerfungen geführt. Im Rahmen der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 16. Juni 2016 haben sich Bund und Länder nunmehr darauf verständigt, dass alle ostdeutschen Länder einschließlich Berlins zusätzlich, beginnend in 2018, anfänglich 199 Mio. Euro sowie das Saarland eine Mio. Euro erhalten. Der Betrag für die ostdeutschen Länder wird nach länderspezifischer Betroffenheit verteilt werden. Der Gesamtbetrag für alle Länder in Höhe von 8,2 Mrd. Euro wird ab diesem Jahr mit 1,8 vom Hundert dynamisiert. Hochschule und Forschung Die Exzellenzinitiative fördert bis Oktober 2017 herausragende Projekte und Einrichtungen an den Hochschulen. Dazu wurden drei Förderlinien ausgezeichnet: Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, Exzellenzcluster zur Förderung der Spitzenforschung und Zukunftsprojekte zum projektbezogenen Ausbau der universitären Forschung. Bund und Länder hatten sich dabei seit dem Jahr 2005 auf zwei Förderperioden verständigt, die mit 1,9 Mrd. Euro bzw. 2,7 Mrd. Euro ausgestattet sind. Finanziert werden die jeweiligen Maßnahmen zu 75 % vom Bund und zu 25 % vom betroffenen Land. An die Exzellenzinitiative schließt sich eine neue Bund-Länder-Initiative zur Förderung universitärer Spitzenforschung an, die Bund und Länder im Rahmen der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 16. Juni 2016 beschlossen haben. Die Exzellenzstrategie umfasst die Förderlinien Exzellenzcluster und Exzellenzuniversitäten. Die Strategie gilt unbefristet und ist mit 80 Mio. Euro im Jahr 2017 sowie ab dem Jahr 2018 mit jährlich insgesamt 533 Mio. Euro ausgestattet; davon werden 385 Mio. Euro p.a. auf die Exzellenzcluster sowie 148 Mio. Euro p.a. auf die Exzellenzuniversitäten entfallen. Bund und Sitzland teilen sich wiederum die Mittel im Verhältnis 75 32 zu 25. Der Anteil Berlins an der Exzellenzstrategie wird vom Erfolg der Berliner Hochschulen im Wettbewerb abhängen. In der ersten Ausschreibungsrunde werden bei Erfolg elf Exzellenzuniversitäten bzw. Universitätsverbünde gefördert. Nach sieben Jahren der ersten Förderphase werden sie evaluiert: Nur für Universitäten bzw. Verbünde, die das Förderziel des Ausbaus ihrer internationalen Spitzenstellung in der Forschung erreicht und herausragende wissenschaftliche Leistungen im internationalen Maßstab erbracht haben, gelten die Voraussetzungen einer gemeinsamen Förderung als weiterhin erfüllt. In diesem Fall wird die Förderung fortgesetzt. Außerdem müssen die Exzellenzuniversitäten regelmäßig alle sieben Jahre im Wettbewerb mit Neuanträgen die notwendigen zwei bzw. bei Verbünden drei Exzellenzcluster erfolgreich neu einwerben. Falls nach der Evaluation im Jahre 2025 weniger als vier Exzellenzuniversitäten bzw. Universitätsverbünde aus der dauerhaften gemeinsamen Förderung ausscheiden, wird durch eine erhöhte Zahl von Förderfällen sichergestellt, dass bei Erfolg im wettbewerblichen Verfahren vier neue Universitäten bzw. Verbünde in die Förderung aufgenommen werden. Gegebenenfalls sind dafür neue Mittel zur Verfügung zu stellen. Bund und Länder haben sich am 16. Juni 2016 auf zwei weitere Förderprogramme verständigt: Mit der Förderinitiative „Innovative Hochschule“ sollen Hochschulen dabei unterstützt werden, besonders innovative und sichtbare Aktivitäten der Kooperation mit Wirtschaft und Gesellschaft auf- und auszubauen. Die Förderinitiative richtet sich dabei insbesondere an kleine und mittlere Universitäten und Fachhochschulen. Bund und Länder stellen dafür 550 Mio. Euro zur Verfügung. Die Fördermittel sollen jeweils im Verhältnis 90 zu 10 vom Bund und dem Sitzland getragen werden. Zudem wird ein Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses etabliert: Der Bund wird ab dem Jahr 2017 eine Mrd. Euro bereitstellen, um 1.000 zusätzliche „Tenure-Track-Professuren“ zu fördern: Diese Professuren sehen nach erfolgreicher Bewährungsphase den unmittelbaren Übergang in eine Lebenszeitprofessur vor. Für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler soll auf diese Weise der Weg zur Professur transparenter und planbarer werden. Die 1.000 vom Bund geförderten neuen Tenure-Track-Professuren werden immer wieder neu ausgeschrieben, und die Länder werden sie langfristig unterhalten. Zugleich werden die Länder die Zahl der unbefristeten Professuren um 1.000 erhöhen. Die Laufzeit des Programms reicht bis zum Jahr 2032. 33 3.3 Neuer Hauptstadtfinanzierungsvertrag Der Bund und Berlin haben am 30. November 2007 den „Hauptstadtfinanzierungsvertrag 2007“ abgeschlossen, der die finanzielle Beteiligung des Bundes an den hauptstadtbedingten Ausgaben regelt. Der Vertrag gilt vom 1. Januar 2008 bis Ende 2017. Im Berichtszeitraum dieser Finanzplanung ist somit ein neues Regelwerk auszuhandeln und ab Jahresbeginn 2018 in Kraft zu setzen. Daher führt das Land Berlin, federführend vertreten durch die Senatskanzlei von Berlin, gegenwärtig mit dem Bund Verhandlungen zur Ausgestaltung des künftigen Vertrages. Aus Berliner Sicht ist beabsichtigt, die Laufzeit des Vertrags wiederum auf zehn Jahre festzulegen. Das Land Berlin legt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf Themenbereiche, die sehr gut begründet und im Detail belegt werden können. Exemplarisch seien hier die hauptstadtbedingten Sicherheitsaufwendungen genannt. Darüber hinaus existieren weitere Forderungen Berlins, die sich neben den einschlägigen grundgesetzlichen Regelungen in Art. 22 Abs. 1 GG und Art. 106 Abs. 8 GG aus dem konkretisierenden Hauptstadt-Kooperationsvertrag vom 25. August 1992 ableiten. Der „Hauptstadtfinanzierungsvertrag 2007“ nimmt hierauf ausdrücklich Bezug. Bund und Berlin haben sich in Art. 1 Abs. 3 des Hauptstadt-Kooperationsvertrags darauf verständigt, insbesondere auf folgenden Gebieten zusammenzuarbeiten: „… - die geordnete städtebauliche und siedlungsstrukturelle Entwicklung der Gebiete mit Hauptstadtfunktionen und die Einbindung hauptstadtbedingter Einrichtungen einschließlich der dafür erforderlichen Infrastruktur, (…) - Art, Umfang und Standort hauptstadtbedingter wohnungsbezogener Infrastruktureinrichtungen, - den zur Wahrnehmung der hauptstadtbedingten Aufgaben erforderlichen Bau und Ausbau sowie die Instandhaltung der Verkehrs- und sonstigen technischen Infrastruktur, - hauptstadtbedingte Kultur- und Bildungseinrichtungen, an denen die Bundesrepublik Deutschland ein besonderes Interesse hat, - die wechselseitige Bereitstellung von Liegenschaften“. Der Ausgleich hauptstadtbedingter Belastungen ist ein Anspruch Berlins von Verfassungsrang. Er kann daher weder mit anderen finanzpolitischen Fragestellungen – wie etwa der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen – sachfremd vermengt noch mit dem Hinweis auf fiskalische Zwänge an anderer Stelle gekürzt werden. 34 4 Haushaltsrelevante Aspekte der Flüchtlingsthematik • Berlin hat die flüchtlingsbedingten Mehrausgaben frühzeitig im Haushalt abgebildet und ohne Neuverschuldung verkraftet • Die Bundesbeteiligung an den Flüchtlingskosten wird in den kommenden Jahren für eine Entlastung des Haushalts sorgen 4.1 Flüchtlingskrise: Auswirkungen auf den Berliner Haushalt Wie die anderen Länder hat auch Berlin im Jahr 2015 Flüchtlinge in hoher Zahl aufgenommen. Es ist dabei gelungen, die besonderen organisatorischen und finanziellen Herausforderungen zu meistern, die sich bei der Unterbringung und Versorgung der rd. 55.000 hier registrierten Asylbegehrenden stellten und auch weiterhin stellen. Der Senat hat die sich abzeichnenden finanziellen Erfordernisse im Doppelhaushalt 2016/2017 frühzeitig weitgehend abgebildet. Für die Jahre ab 2016 wird davon ausgegangen, dass sich die Zugangszahlen neuer Flüchtlinge deutlich reduzieren. Der Bestand an Flüchtlingen nimmt aber nur langsam ab und wird im Jahresmittelwert 2016 etwa 50.000 betragen. Der Senat hat gesonderte Bauprogramme für Unterkünfte mit bis zu 40.000 Plätzen aufgelegt. Vor diesem Hintergrund ist es nun möglich, die bisher als Notunterkünfte genutzten Turnhallen freizuziehen und die Asylbegehrenden in anderen Unterkünften unterzubringen. Mit der beschlossenen Kapazitätsplanung trägt der Senat dafür Sorge, dass in den Jahren 2016 und 2017 insbesondere mit den geplanten Tempohomes und Modularen Unterkünften für Flüchtlinge (MUFs) ausreichend geeignete Unterkünfte bereitgestellt werden, um die Situation der Geflüchteten weiter zu verbessern. Hierbei hat der Senat auch berücksichtigt, dass sich mit dem Abbau der Bearbeitungsrückstände beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) der Statuswechsel in den Rechtskreis des SGB II beschleunigen wird und der Bedarf an Wohnraum im Sinne einer Unterbringung der Flüchtlinge im Anschluss an die Erstunterbringung künftig gedeckt werden kann. Berlin schafft damit die Basis für eine erfolgreiche Integration der Geflüchteten in die Gesellschaft – die vorrangige Aufgabe für die Zukunft. Auch hier hat der Senat vor allem mit dem langfristig ausgelegten Masterplan Integration und Sicherheit, der für die Jahre 2016 und 2017 ein zusätzliches finanzielles Volumen von insgesamt rd. 150 Mio. € vorsieht, die fachlichen und finanziellen Voraussetzungen geschaffen, die zu einer gelungenen Integration beitragen werden. 35 4.2 Bundesbeteiligung an den Asylkosten Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz Im Rahmen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom Herbst 2015 haben Bund und Länder eine Kostenbeteiligung des Bundes an den Asylkosten über das Vehikel des Finanzausgleichsgesetzes vereinbart. Die Länder erhalten vom Bund vorläufige Zahlungen von 3,637 Mrd. Euro (2016) sowie 1,124 Mrd. Euro (2017). Diese Zahlungen setzen sich zusammen aus: − Abschlagszahlung für einen Teil der Kosten für die Asylbewerber/-innen und zwar ab dem 1. Januar 2016 für den Zeitraum von der Registrierung bis zur Erteilung eines Bescheides durch das BAMF. Es wurden für die Berechnung der Abschlagszahlung durchschnittlich 800.000 Asylbewerber im Verfahren bei dem BAMF unterstellt und eine Verfahrensdauer von 5 Monaten angenommen. Pro Asylbewerber werden für diesen Zeitraum pauschal 670 Euro pro Monat gezahlt. Ende 2016 erfolgt eine personenscharfe Spitzabrechnung für 2016, die bei der für 2017 festzulegenden Abschlagszahlung berücksichtigt wird. − Für abgelehnte Asylbewerber wird den Ländern ebenfalls pauschal 670 Euro für einen Monat gezahlt. − Der Bund leistet weiterhin Beiträge zur Finanzierung der Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 350 Mio. Euro jährlich sowie weitere Mittel für eine verbesserte Kinderbetreuung. Für die Spitzabrechnung für das Jahr 2016 hat der Bund mittlerweile Verfahrensvorschläge gemacht, nach denen neben den Neuzugängen im Jahresverlauf 2016 auch die mit Stand 1.1.2016 rund 365.000 anhängigen Verfahren beim BAMF berücksichtigt werden sowie die rd. 400.000 Flüchtlinge aus dem Jahr 2015, die im Jahr 2015 noch keinen Antrag stellen konnten. Das Ergebnis der Spitzabrechnung hängt maßgeblich von den Flüchtlingszahlen im weiteren Jahresverlauf sowie der Entwicklung der Bearbeitungsdauer der Verfahren im BAMF ab. Berlin hat im Haushalt 2016 die Erwartungen zur Spitzabrechnung bereits in Höhe von 31 Mio. Euro berücksichtigt; dieser Betrag ist in dem für das Haushaltsjahr 2016 festgelegten Betrag von 231 Mio. Euro bereits enthalten. Nach derzeitigen Erwartungen des Bundes zu Flüchtlingszahlen und Verfahrensdauer dürfte sich für Berlin aus der Spitzabrechnung keine größere Abweichung zum veranschlagten Soll ergeben. Die Verfahrensdauer des BAMF in Berlin lag per 30.04.2016 bei 9,2 Monaten. Die tatsächliche Entwicklung bleibt also abzuwarten. 36 Für 2017 sind im Haushalt Einnahmen aus dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz von 183 Mio. Euro veranschlagt. Der tatsächliche Betrag wird neben den Zugangszahlen von der Verfahrensdauer abhängen. Beide Werte sinken derzeit. Auch für die Folgejahre ist wegen geringerer Asylbewerberzahlen in Verbindung mit einer Beschleunigung der Verfahrensdauer auf die vom BAMF angestrebten drei Monate mit deutlich geringeren Zuflüssen seitens des Bundes zu rechnen. Zugleich läuft 2018 die Zurverfügungstellung des eingesparten Aufwandes für das Betreuungsgeld aus, das 2018 Berlin noch einmal Einnahmen von rd. 48 Mio. Euro bescheren wird. Unsicherheit besteht auch über die Fortzahlung der derzeit vom Bund zur Verfügung gestellten 350 Mio. Euro p.a. für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UMF, Anteil Berlin: 19 Mio. Euro), da vereinbart ist, bei deutlich rückläufigen Zahlen eine Überprüfung der Leistung des Bundes vorzunehmen. Da die tatsächlichen Kosten der Betreuung von UMF aber bundesweit deutlich über 350 Mio. Euro liegt, besteht sachlich trotz zurückgehender Zahlen ein berechtigter Anspruch der Länder, dass diese Mittel auch über 2018 hinaus fließen. Integrationspauschale Am 7. Juli 2016 haben sich Bund und Länder über eine zusätzliche Integrationspauschale für die Länder von 2 Mrd. Euro für die Jahre 2016, 2017 und 2018 geeinigt, die über die Umsatzsteuerverteilung gezahlt werden. Der Berliner Anteil beträgt 110 Mio. Euro pro Jahr. In der Finanzplanung wurden daher die Steuereinnahmen für das Jahr 2018 angehoben. Die technische Umsetzung der Bundesbeteiligung an den Asylkosten erfolgt über eine Veränderung der Umsatzsteuerverteilung im Finanzausgleichsgesetz zu Lasten des Bundes und zu Gunsten der Länder. Übernahme KdU für Geflüchtete Am 16. Juni 2016 einigten sich die Bundeskanzlerin und Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder auf eine Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für anerkannte Asyl- und Schutzberechtigte durch den Bund. Danach erhöht der Bund befristet für drei Jahre (2016-18) die Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach SGB II für die flüchtlingsbedingten Mehrbelastungen ab 2016 in Anlehnung an das Verfahren bei Leistungen für Bildung und Teilhabe auf 100 Prozent, um dadurch die Kommunen um 400 Mio. Euro in 2016 und voraussichtlich um 900 Mio. Euro in 2017 und 1.300 Mio. Euro in 2018 zu entlasten. Die Verteilung auf die Länder erfolgt für das Jahr 2016 nach dem Königsteiner Schlüssel, für 2017 und 2018 in Anlehnung an einen Vertei37 lungsschlüssel, der sich aus den tatsächlichen flüchtlingsbedingten Ausgaben für Unterkunft und Heizung des Vorjahres ergibt. Bund und Länder werden im Lichte der weiteren Entwicklung rechtzeitig über die Notwendigkeit einer Anschlussregelung Gespräche führen. In der Finanzplanung des Landes Berlin sind diese Mittel für das Jahr 2018 mit einem Betrag von 65 Mio. Euro berücksichtigt. 38 5 Mehr Investitionen und Sicherung des Konsolidierungspfades • Berlin ist schon in den Jahren bis 2020 dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts verpflichtet; Finanzplanung sieht Überschüsse vor • Berlin bedarf eines mehrjährigen Investitionsplans • Haushalt braucht größeren Puffer zwischen bereinigten Einnahmen und Ausgaben, um Risiken abdecken zu können und die Einhaltung der Obergrenze für das strukturelle Defizit zu gewährleisten • Als Instrument bietet sich, auch mit Blick auf die Zeit nach 2020, das Instrument einer Ausgleichsrücklage insbesondere für Konjunkturabschwünge, Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, an. Mit dem DHH 2016/17 hat der Berliner Senat einen Zweiklang als Grundton der Haushaltspolitik angeschlagen: Investieren und Konsolidieren. Mit der Ausweitung der Investitionen reagiert der Senat zum einen auf die Notwendigkeit, mittelfristig den in den Jahren der Konsolidierung entstandenen Sanierungs- und Instandhaltungsstau zu beseitigen, zum anderen auf die Notwendigkeit, angesichts der gestiegenen Einwohnerzahl Erweiterungsinvestitionen in die städtische Infrastruktur vorzunehmen. Gleichzeitig ist der Senat auch für die kommenden Jahre dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts verpflichtet. Das Land Berlin ist aufgrund der erfolgreichen Konsolidierungspolitik bereits heute in der Lage, das ab 2020 geltende grundgesetzliche Neuverschuldungsverbot einzuhalten. Um einen ausgeglichenen Haushalt zu gewährleisten, war die Leitlinie zuletzt, dass, ausgehend von der Situation eines Haushaltsüberschusses, die Ausgaben nicht stärker steigen dürfen als die Einnahmen. Diese Vorgabe wurde im Haushalt 2015 und wird im DHH 16/17 erfüllt. Wie bereits in der letzten Finanzplanung vermerkt3, hat diese Leitlinie eine Konsequenz: Sie impliziert eine symmetrische Handhabung, derzufolge steigenden Einnahmen zwar Ausgabespielräume eröffnen, gleichzeitig aber bei sinkenden Einnahmen eine korrespondierende Reduzierung der Ausgaben erforderlich ist. 3 Finanzplanung von Berlin 2015-19, S.48 39 Dies erfordert zum einen ein hohes Maß an politischer Disziplin auf der Ausgabenseite; zum anderen setzt es die Haushaltspolitik in verstärktem Maß den Unsicherheiten der Einnahmeentwicklung aus. Um das simultane Erreichen der Ziele Investieren und Konsolidieren langfristig zu sichern, bedarf es daher eines umfassenderen Ansatzes, der aus mehreren Bausteinen besteht: − einem systematischen Investitionsplan, der den Investitionsbedarf in handhabbare, aber verlässlich fließenden Beträge über einen sicheren Planungshorizont verteilt, − die Begrenzung des Ausgabenwachstums auf eine Rate, die jene des Einnahmewachstums nicht übersteigt, − die Einhaltung der zulässigen Obergrenzen für das strukturelle Haushaltsdefizit, − die Bildung eines hinreichenden Puffers, um unerwartete Mindereinnahmen kompensieren zu können. 5.1 Investitionsbedarf finanziell absichern Die Ausweitung der Investitionen erfordert ein umfassendes Programm, das aus mehreren Bausteinen besteht: − Mit dem SIWA hat das Land Berlin die Möglichkeit geschaffen, einen Teil von unerwarteten Haushaltsüberschüssen überjährig in zusätzliche Investitionen für die wachsende Stadt fließen zu lassen. Bisher sind, wie oben ausgeführt, knapp 700 Mio. Euro in das SIWA geflossen. − Die Beteiligungsunternehmen des Landes haben ihre Investitionen deutlich erhöht. Beliefen sich diese 2013 auf 1,68 Mrd. Euro, so sind sie 2015 bereits auf rund 2 Mrd. Euro gestiegen und werden weiter steigen. − Die Investitionsausgaben im Haushalt wurden erhöht und werden zukünftig weiter ausgeweitet: Waren die Investitionsansätze im Haushalt lange Jahre auf der Höhe von 1,4 Mrd. Euro plafondiert, so wurde der Ansatz bereits für den DHH 16/17 auf 1,74 Mrd. Euro angehoben. Zukünftig sollen die Investitionen pro Jahr mit einer Rate von 3,5% anwachsen und damit stärker als die konsumtiven Ausgaben. Die für 2018-20 geplanten Volumina liegen damit noch einmal über den in der letzten Finanzplanung prognostizierten Investitionsausgaben von rd. 1,75 Mrd. Euro pro Jahr. Die Eckwerte der geplanten Investitionsausgaben weisen für die Jahre 2018 und 2019 eine Differenz zu den in der detaillierten Investitionsplanung (vgl. gelbe Sei40 ten) ausgewiesenen Investitionsvolumina auf. Diese Differenz stellt den verbleibenden Handlungsspielraum für zusätzliche Investitionsausgaben dar. Die starke Ausweitung der Investitionen ist nicht nur geboten, sondern dank der Konsolidierungserfolge der Vergangenheit auch finanzierbar. Damit kann eine deutliche Ausweitung der Investitionen direkt aus dem Haushalt finanziert werden. Voraussetzung ist jedoch, dass der Investitionsbedarf, basierend auf einer soliden Bestandserhebung, in verlässliche, z.B. zehnjährige Investitionspläne verwandelt wird, aus denen handhabbare jährliche Investitionsvolumina resultieren. Solche mehrjährigen Investitionsprogramme vereinen zwei wichtige Elemente: Sie geben einerseits einen verlässlichen Fahrplan für die Bewältigung eines vorhandenen Investitionsbedarfs, und sie vermeiden andererseits eine Überlastung des Haushalts durch die Zerlegung großer Summen in Teilbeträge. 5.2 Puffer und Handlungsspielräume kleiner – Unsicherheit größer Betrachtet man die Entwicklung des Haushalts in den letzten zwei Jahren so zeigt sich, dass die Puffer im Haushalt zur Wahrung eines ausgeglichenen Haushalts geringer geworden sind. Der Finanzierungsüberschuss ist im Laufe der letzten vier Jahre in der Tendenz von Jahr zu Jahr geringer geworden. Die Entwicklung spiegelt zuallererst die unerwarteten, aber unabwendbaren Mehrausgaben wider, die seit 2015 durch die Flüchtlingssituation entstanden. Nur so war es möglich, die Programme für die Berlinerinnen und Berliner sowie für Berlin neben die Flüchtlingsprogramme zu stellen und nicht gegen sie. Zudem ist die beschriebene Entwicklung auch Folge einer bewussten Entscheidung des Senats von Berlin, die vorhandenen Finanzierungsspielräume insbesondere für Investitionen stärker zu nutzen, um so finanziell auf die Herausforderungen der wachsenden Stadt zu reagieren. Gleichzeitig steigt aber die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung. Wie in Kapitel 1.4 beschrieben, ist der Konjunkturzyklus in einem reifen Stadium, was die Frage nach einem konjunkturellen Wendepunkt nahelegt. Im außenwirtschaftlichen und europapolitischen Umfeld regiert ebenfalls die Unsicherheit, die negative Rückwirkungen auch auf die Berliner Wirtschaft haben könnte. Und schließlich sind auch die flüchtlingsbedingten Mehrausgaben, obwohl Berlin sie dank der günstigen finanziellen Ausgangsposition gut bewältigen konnte, ein Beispiel dafür, wie externe Ereignisse Anforderungen an den Haushalt stellen können, auf die das Land reagieren können muss. 41 Um sich der Bedeutung von Puffern im Haushalt bewusst zu werden, ist es hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, dass die Einnahmen des Landes in Reaktion auf den Konjunkturzyklus in substantieller Größenordnung schwanken. In der langjährigen Betrachtung4 steigen die bereinigten Einnahmen des Landes um etwa 390 Mio. Euro pro Jahr. Allerdings ergaben sich in Reaktion auf externe Entwicklungen Schwankungen um diesen Wert herum. Diese Schwankungen liegen in einer Spanne von -1,6 Mrd. Euro bis +1,3 Mrd. Euro (Abb. 15). Diese Größenordnung ist insofern bemerkenswert, als offensichtlich ist, dass die Ausgabenseite des Haushalts nicht so flexibel ist, Schwankungen in dieser Höhe zu kompensieren. Dies gilt a fortiori, wenn man berücksichtigt, dass Zeiten schwachen oder gar negativen Wachstums in der Regel nicht nur ein Jahr dauern, sondern sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Sinkende Puffer und steigende Unsicherheit treffen in einer Zeit auf den Haushalt des Landes, in der die Handlungsspielräume geringer werden. Die ab 2020 greifende, grundgesetzliche Schuldenbremse lässt eine Neuverschuldung grundsätzlich nicht mehr zu. Über das Ob und Wie der landesrechtlichen Ausgestaltung der Schuldenbremse – die etwaige Regelung von Ausnahmetatbeständen für eine Kreditaufnahme bei Konjunkturabschwüngen, Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, einer Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um 4 42 Als Ausgangsjahr für diese Betrachtung wird das Jahr 1995 gewählt, das die erstmalige Einbeziehung des Landes in das System des Länderfinanzausgleichs markiert. 1995 betrugen die finanzkraftabhängigen Einnahmen Berlins 10,334 Mrd. Euro, 2015 18,207 Mrd. Euro. finanzielle Transaktionen sowie eines Konjunkturbereinigungsverfahrens – wird in der nächsten Legislaturperiode zu entscheiden sein. Zum Jahre 2020 laufen auch die Solidarpakt II-Mittel (letzte Rate 2019 rd. 399 Mio. Euro), die Entflechtungsmittel (letzte Rate 2019 rd. 119 Mio. Euro) sowie die Konsolidierungshilfen (letzte Rate 2020 rd. 27 Mio. Euro) aus. Berlin wird vorbehaltlich einer Anschlussregelung für die Solidarpaktmittel dann Mindereinnahmen in Höhe von fast einer halben Milliarde Euro haben, die von 2019 auf 2020 wegfallen und in den Folgejahren fehlen. Sollte bis dahin keine Neuregelung für die Bund-Länder-Finanzbeziehungen gefunden werden, droht ein haushaltspolitischer Handlungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe zu entstehen. Auch schlichte Verwaltungsentscheidungen, wie seinerzeit beim sogenannten Zensuseffekt nachteilig erfahren, können als externe Effekte haushaltspolitischen Handlungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe auslösen. Schließlich bleiben angesichts der hohen Verschuldung Berlins Zinsrisiken eine Quelle der Anfälligkeit für den Haushalt. Ganz unabhängig von möglichen konjunkturell bedingten Mindereinnahmen werden die finanziellen und institutionellen Spielräume, auf unvorhergesehene externe Entwicklungen reagieren zu können, geringer. Insofern steht die Haushaltspolitik vor der Aufgabe, nicht nur auf konjunkturell adverse Entwicklungen reagieren können zu müssen, sondern auch auf strukturell bedingte Beschränkungen. Die früher übliche Pufferfunktion einer Kreditaufnahme wird ab 2020 wegen der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse nicht mehr verfügbar sein, soweit nicht landesrechtlich Ausnahmen bei Konjunkturabschwüngen, Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen geregelt werden, während gleichzeitig auf der Einnahmeseite weniger Spielraum zu erwarten ist. 5.3 Zusätzliches Ziel: Einhaltung Vorgabe für strukturelles Defizit Bei der haushaltspolitischen Strategie ist dabei auch zu beachten, dass für Berlin nicht nur der tatsächliche Finanzierungssaldo handlungsrelevant ist, sondern auch der strukturelle. Der strukturelle Finanzierungssaldo ist dabei insbesondere das Bewertungskriterium für die Konsolidierungshilfenvereinbarung, die das Land Berlin mit dem Bund und den anderen Ländern getroffen hat. Danach hat sich das Land im Gegenzug für den Erhalt der Konsolidierungshilfen i.H.v. Euro 80 Mio. jährlich verpflichtet, das strukturelle Defizit entlang eines linearen Pfades abzubauen (vgl. Kapitel 2.3). Der strukturelle Finanzierungssaldo wird im Rahmen der Überwachung der Konsolidierungsverpflichtung des Stabilitätsrats durch mehrere Rechnungsschritte ausgehend vom tatsächlichen Finanzierungssaldo errechnet. Dabei werden insbesondere der Saldo der finanziellen Transaktionen, die empfangenen Konsolidie43 rungshilfen, die periodengerechte Abrechnung des LFA, Schuldenaufnahmen von Extrahaushalten sowie die Abweichung der tatsächlichen von den geschätzten Steuereinnahmen berücksichtigt. Im Fall Berlins gilt, dass der strukturelle Finan- zierungssaldo in den letzten Jahren grundsätzlich schlechter ausfiel als der tatsächliche Finanzierungssaldo. Der Abstand zwischen beiden betrug im Jahr 2015 rd. 350 Mio. Euro (Abb. 16). Ein wesentlicher Grund für diese Abweichung liegt in der nicht überzeugenden Klassifizierung von strukturellen Mehreinnahmen aus überproportional wachsenden Einwohnerzahlen (wachsende Stadt) als konjunkturelle, also vorübergehende, Einnahmen. Es spricht deshalb einiges dafür, dass der strukturelle Finanzierungssaldo auch in Zukunft schlechter ausfallen wird als der tatsächliche: Zum einen wurde mit der Berliner Gesellschaft zur Errichtung von Flüchtlingsunterkünften (BEFU), einem Gemeinschaftsunternehmen des Landes Berlin und seines Beteiligungsunternehmens, der Berlinovo, ein schuldenfähiger Extrahaushalt geschaffen. Zum zweiten ist nicht auszuschließen, dass die Steuereinnahmen in der Tendenz auch weiterhin oberhalb der Steuerschätzung liegen werden. Gleichzeitig verringert sich aber die zulässige Defizitobergrenze stetig. Daraus folgt: Selbst wenn es Berlin, wie geplant, gelingt, weiterhin Überschüsse im Haushalt zu erwirtschaften, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der strukturelle Finanzierungssaldo die zulässige Grenze übersteigt. Dies wird umso wahrscheinlicher, je geringer der tatsächliche Finanzierungsüberschuss ist, da dann die Ba- 44 sis, von der aus die – in der Regel mit negativem Vorzeichen versehenen – Korrekturfaktoren hin zum strukturellen Defizit führen, kleiner ist. Anders als andere Konsolidierungsländer hat das Land Berlin das strukturelle Defizit bisher nicht als eine explizite haushaltspolitische Zielgröße formuliert und danach gesteuert. Dies liegt daran, dass aufgrund der hohen Überschüsse beim tatsächlichen Finanzierungssaldo das Land nie in der Gefahr stand, die Vorgabe für die zulässige Obergrenze für das strukturelle Defizit zu reißen. Wie oben argumentiert, kann dies aber für die Jahre bis 2020 nicht mehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden. So beträgt die zulässige Obergrenze für das strukturelle Defizit 2019 nur noch 201,2 Mio. Euro. Betrüge die Differenz zwischen tatsächlichem und strukturellem Finanzierungssaldo wie in 2015 wieder 350 Mio. Euro, so wäre der geplante Finanzierungssaldo von 80 Mio. Euro nicht ausreichend, um die Verpflichtung der Konsolidierungsvereinbarung einzuhalten. Berlin muss daher bei seiner Haushaltsplanung für den Finanzierungssaldo in den Jahren bis 2020 einen hinreichenden Puffer einplanen, um sicherzustellen, dass auch der strukturelle Finanzierungssaldo jederzeit regelkonform ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der strukturelle Finanzierungssaldo anders als der tatsächliche Finanzierungssaldo weniger gut zu steuern ist, da einzelne Komponenten wie etwa die periodengerechte Abrechnung des LFA nur bedingt dem Einfluss des Landes unterliegen. Der bisher errichtete – quasi natürliche – Puffer durch das SIWA reicht dazu nicht aus. Für die Zeit ab 2020 muss zudem noch festgelegt werden, welche Definition des strukturellen Defizits für die Kontrolle der Einhaltung der Schuldenbremse zum Tragen kommen wird. Je nach Definition wird es auch dann erforderlich sein, hinreichende Puffer in der Finanzplanung vorzuhalten. 5.4 Notwendigkeit und mögliche Ausgestaltung eines Puffers Nimmt man die vorhergehende Argumentation zusammen, bestehen mindestens drei Gründe, warum höhere Puffer im Haushalt notwendig sind: − Berlin hat wie der Bund und alle Länder bei den Steuereinnahmen von der guten konjunkturellen Lage profitiert. Die weitere konjunkturelle Entwicklung und damit die Steuereinnahmen sind aber mit größerer Unsicherheit behaftet als in den letzten Jahren. − Die Notwendigkeit, neben dem tatsächlichen auch den strukturellen Finanzierungssaldo als explizite Zielgröße des Haushalts zu etablieren, erfordert in den Jahren bis 2020 einen hinreichenden Überschuss im tatsächlichen Finanzierungssaldo. 45 − Das Land hat wegen der notwendigen Maßnahmen zur Finanzierung der wachsenden Stadt eine strukturell höhere Ausgabenbasis geschaffen, insbesondere bei den Bereichen Personal und Investitionen. Die natürlichen Puffer reichen dann nicht aus, wenn eine Zinserhöhung parallel zu einer haushälterischen Anspannung eintritt. Die quantitative Analyse der Schwankungen und Abweichungen der Einnahmen und Ausgaben unterstreicht den politischen Handlungsbedarf: Ergeben sich im Haushaltsvollzug durch unerwartete Mehrausgaben oder Mindereinnahmen substantielle Haushaltslücken, können diese unter den Bedingungen der Schuldenbremse nicht mehr durch eine Kreditaufnahme abgedeckt werden, sondern müssten entweder durch Kürzungen bei den diskretionären Ausgaben oder durch kurzfristige Vermögensveräußerungen ausgeglichen werden. Beides ist gleichermaßen unerwünscht: Kürzungen bei den diskretionären Ausgaben treffen üblicherweise in erster Linie die Investitionsbudgets, mithin Bereiche, die für die Zukunftsfähigkeit einer wachsenden Stadt besonders relevant sind. Kurzfristige Vermögensveräußerungen wiederum sind zum einen ökonomisch unerwünscht, weil solche Verkäufe unter Druck (sog. „fire sales“) nur Erlöse unter dem eigentlichen Wert der Beteiligungen bringen; sie sind zum anderen politisch unerwünscht, weil sie dem Erreichen der mit den Beteiligungen angestrebten politischen Ziele widersprechen. Es liegt daher im Interesse einer vorsichtigen Finanzpolitik, solche Handlungszwänge gar nicht erst entstehen zu lassen. Theoretisch lässt sich dies auf zwei Wegen vermeiden: − Einerseits dadurch, dass bereits bei der Haushaltsplanung ein hinreichender Puffer zwischen Einnahmen und Ausgaben eingeplant wird, der auch größere Einnahmeausfälle bzw. Mehrausgaben abfedert. − Andererseits dadurch, dass im Haushalt eine Rücklage gebildet wird, die für den Fall von Finanzierungslücken für einen Ausgleich des Haushalts genutzt werden kann. Risikopuffer im laufenden Haushalt Ein hinreichend großer Abstand zwischen den geplanten Einnahmen und Ausgaben im Länderhaushalt würde sicherstellen, dass die Vorgabe eines ausgeglichenen Haushalts jederzeit eingehalten werden kann, auch wenn es zu Einnahmeausfällen oder unerwarteten Ausweitungen der Ausgaben kommt. Dabei ist zu bedenken, dass im Zuge eines konjunkturellen Einbruchs beide Effekte üblicherweise gleichzeitig auftreten: Gibt es eine Rezession und erhöhte Arbeitslosigkeit, steigen die Ausgaben der öffentlichen Hand v.a. wegen höherer Ausgaben im So- 46 zialbereich, während gleichzeitig die Einnahmen aus Umsatz-, Lohn- und Einkommensteuer sowie der Körperschaftssteuer zurückgehen. Ein Puffer zwischen geplanten Einnahmen und Ausgaben müsste also so hoch dimensioniert sein, auch eine solche Situation aufzufangen. Das bedeutet im Umkehrschluss eine Haushaltsplanung, die hohe Überschüsse einplant, die, sofern der Puffer nicht in Anspruch genommen werden muss, zur Schuldentilgung genutzt werden können. Es bedeutet freilich auch, dass das Ausgabenniveau deutlich abgesenkt und auf niedrigem Niveau gehalten werden muss, was politische Gestaltungsspielräume einschränkt. Dies ist angesichts der Notwendigkeit, in Reaktion auf die Herausforderungen der wachsenden Stadt reagieren zu müssen, nicht zielführend. Rücklage Eine Rücklage ermöglicht die intertemporale Glättung von Abweichungen vom Trend in den Einnahmen und Ausgaben des Staates mit dem Ziel, trotz unerwarteter Mindereinnahmen bzw. Mehrausgaben einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. In wirtschaftlich schlechten Zeiten kann auf die Rücklage zurückgegriffen werden, um Haushaltslücken zu schließen. Die Verfügbarkeit einer Rücklage hat den Vorteil, dass im Bedarfsfall keine – möglicherweise sehr umstrittenen oder schwerfälligen – politischen Entscheidungen gefällt werden müssen. Eine Rücklage hat zudem eine stabilisierende Wirkung, da sie im Fall einer Rezession zusätzliche fiskalische Mittel zur Verfügung stellt, in Boomphasen hingegen durch das Abschöpfen fiskalischer Überschüsse für eine Dämpfung der aggregierten Nachfrage sorgt. Tabelle 2: Vergleich Puffer im lfd. Haushalt vs. Ausgleichsrücklage Risikopuffer im lfd. Haushalt Vorteile Nachteile Erfordert kein neues haushaltspolitisches Instrumentarium Erfordert hohe laufende Haushaltsüberschüsse Schränkt finanziellen Gestaltungsspielraum stark ein 47 Die Ermöglicht Ausgleich von Defiziten ohne Notwendigkeit, staatliche Leistungen einzuschränken bzw. vermögen zu veräußern beiden Optionen abwägend spricht viel dafür, das Erforderliches Volumen mit Unsicherheit behaftet Ausgleichsrücklage Erfordert keine – evtl. schwierigen – politischen Entscheidungen Instrument einer Aufbau erfordert temporär, Ausgabespielräume nicht voll auszuschöpfen Aus- gleichsrückAnti-zyklische Wirkung der Fiskalpolitik lage zu wählen. Eigene Darstellung SenFin Zur angemessenen Höhe einer Rücklage Grundsätzlich muss die Rücklage so groß sein, dass damit unerwartete Entwicklungen sowohl auf der Einnahme- wie auf der Ausgabeseite aufgefangen werden können. Ansatzpunkt für eine Schätzung, wie hoch eine Rücklage sein sollte, um unter den Bedingungen der Schuldenbremse nachhaltige Haushalte zu sichern, müssen daher die Schwankungen der Einnahmen und Ausgaben des Landes Berlin sein. Da die Rücklage das Ziel hat, ungeplante Schwankungen in den Einnahme- bzw. Ausgabeströmen des Staates zu erreichen, sollte die Methodik grundsätzlich auf die Betrachtung von Schwankungen dieser Ströme um einen zu bestimmenden Normwert beruhen. Als Basisjahr für die nachfolgende Analyse wird das Jahr 1995 gewählt: dieses Jahr markiert den Zeitpunkt, ab dem Berlin nach der Vereinigung Teil des normalen gesamtstaatlichen Finanzausgleichssystems wurde. Die finanzkraftabhängigen Einnahmen (Steuern, LFA, allg. BEZ) des Landes wachsen seitdem (Zeitraum 1995-2015 einschl.) trendmäßig mit etwa 390 Mio. Euro oder 3,81% jährlich. Die Schwankungen zwischen den tatsächlich realisierten Einnahmen von Jahr zu Jahr sind dabei aber beachtlich: So sanken die finanzkraftabhängigen Einnahmen im Rezessionsjahr 2009 um 1,26 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr; demgegenüber ergab sich in den Boomjahren 2006/7 ein Zuwachs von je 1,2 Mrd. Euro. Berücksichtigt man das o.g. Trendwachstum, so schwankt die Abweichung vom Trendwachstum zwischen -1,65 Mrd. Euro und +1,3 Mrd. Euro. Eine Rücklage, die Schwankungen in dieser Höhe in vollem Umfang ausgleichen kann, ist unrealistisch hoch – sie muss es aber auch nicht. So ist zu berücksichtigen, dass im Falle eines Defizits nicht die vollständige Lücke durch Rücklagen ausgeglichen werden muss, da ein Teil der Lücke auch durch den diskretionären Spielraum im Haushaltsvollzug geschlossen werden kann. Dieser Aspekt würde das erforderliche Volumen der Rücklagen tendenziell verringern. Außerdem ist zu 48 berücksichtigen, dass die o.g. Schwankungsbreite Extremwerte wie die Große Rezession des Jahres 2009 abbildet, die atypisch für einen normalen Konjunkturverlauf sind und daher oft auch besondere Politikmaßnahmen auslösen – wie das Konjunkturprogramme K2, das zu Mehreinnahmen bei den Ländern führte. Mit einer Zielausstattung von rd. einer halben Milliarde Euro hätte eine Rücklage daher ein hinreichendes Volumen, um die Einnahmeverluste eines normalen Konjunkturabschwungs einigermaßen abfedern zu können. Diese halbe Milliarde Euro müsste dann prozentual jährlich mit einem wachsenden Haushaltsvolumen steigen, um in der Wirkung gleich stark bleiben zu können. Bei einem Haushaltswachstum von 4% wären das 20 Mio. Euro p.a. Voraussetzung für die Nutzung Mit einem solchen Volumen wäre die Ausgleichsrücklage hinreichend, aber nicht übermäßig dotiert. Dies ist mit Blick auf zwei Erwägungen bedeutsam: Zum einen sollte es möglich sein, mit der Ausgleichsrücklage auch die Wirkung einer länger anhaltenden wirtschaftlichen Schwächephase zu kompensieren. Zum anderen muss stets bedacht werden, dass die Rücklage nach einer Inanspruchnahme zügig wieder aufgefüllt werden müsste, um für die nächste wirtschaftliche Abschwungphase wieder in vollem Umfang zur Verfügung zu stehen. Diese Überlegungen sprechen dafür, die Ausgleichrücklage zur Deckung von Haushaltsdefiziten nur konservativ einzusetzen. Konkret empfiehlt es sich, eine Mindestschwelle an Steuermindereinnahmen zu definieren, die erreicht sein muss, bevor die Rücklage genutzt werden darf. Auf diese Weise wäre sichergestellt, dass kleinere Haushaltslücken durch ein aktives Haushaltsmanagement im laufenden Vollzug geschlossen werden, während die Rücklage geschont und für die Bewältigung substantieller wirtschaftlicher Schwächephasen zur Verfügung stehen würde. Die Höhe der Mindestschwelle sollte sich dabei einerseits an historischen Erfahrungen über Abweichungen von der Budgetplanung orientieren, andererseits am diskretionären Steuerungsspielraum im Haushalt. Dies berücksichtigend scheint die Höhe des trendmäßigen Wachstums der finanzkraftabhängigen Einnahmen ein guter Näherungswert zu sein, so dass die Mindestschwelle einer negativen Abweichung vom Trendwachstum der finanzkraftabhängigen Einnahmen z.B. auf 400 Mio. Euro festgelegt werden könnte. Bildung der Rücklage Die Rücklage kann sich nicht nur aus Haushaltsüberschüssen speisen, sondern ihre Dotierung muss vielmehr Teil der Haushaltsplanung sein: Würde man die Bildung der Rücklage ausschließlich aus Überschüssen speisen, wäre sie zu sehr 49 von der unvorhersagbaren wirtschaftlichen und budgetären Entwicklung abhängig und eine hinreichende Dotierung mithin fraglich. Daraus folgt, dass bereits in den laufenden Haushalten Zuweisungen an die Rücklage erfolgen müssen, die durch etwaige Haushaltsüberschüsse lediglich ergänzt werden könnten. Wenn das Zielvolumen erreicht ist, kann die Dotierung ausgesetzt werden; etwaige Inanspruchnahmen der Rücklage zum Ausgleich von Defiziten müssen jedoch nachfolgend im Sinne eines symmetrischen Mechanismus durch erneute Zuführungen ausgeglichen werden. Rein praktisch ist es erforderlich, dass diese Rücklage bereits ab dem Jahr 2020 zur Verfügung steht, mithin bereits vor 2020 und damit im Zeitraum der hier vorliegenden Finanzplanung dotiert werden muss. Der Grund hierfür ist: Es ist nicht auszuschließen, dass bereits im Haushaltsjahr 2020 – dem Jahr, in dem die Schuldenbremse wirksam wird – die Notwendigkeit auftritt, einen Fehlbetrag auszugleichen. Daher müssen die Rücklagenmittel bereits für dieses Haushaltsjahr in hinreichender Höhe zur Verfügung stehen. Die momentan günstigen Rahmenbedingungen erlauben es, eine solche Grunddotierung der Rücklage vorzunehmen. 50 6 Die Eckwerte der Finanzplanung 2016 bis 2020 alle Angaben in Millionen Euro Ist Ist Ist Ist DHH DHH Planung Planung Planung 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2 3 4 6 7 8 9 10 11 6.760 11.619 1.377 6.938 12.110 1.265 7.207 12.566 1.380 7.487 13.015 1.681 7.944 13.738 1.765 8.268 14.184 1.813 8.601 14.810 1.877 8.901 15.160 1.942 9.205 15.510 2.010 39 2.097 36 1.921 53 1.759 26 1.607 691 23 1.676 90 21 1.708 66 20 1.410 119 19 1.410 134 18 1.460 110 Mio. € = 21.892 22.270 22.965 24.507 25.235 26.060 26.837 27.566 28.313 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 21 Steuereinnahmen, LFA, Allgemeine BEZ2 22 Ausgleichsrücklage Mio. € + 16.112 16.335 17.583 18.207 19.078 19.942 20.817 -400 21.417 -50 22.227 -50 23 Solidarpakt Mio. € + 24 sonstige Bundesergänzungszuweisungen Mio. € + 1.381 255 1.245 255 1.099 255 963 255 817 255 681 255 535 255 399 255 0 255 25 Konsolidierungshilfen3 26 sonstige Einnahmen (einschl. PME4 ) 27 Vermögensaktivierung Mio. € + 80 4.607 133 80 4.716 117 80 4.741 80 80 5.152 56 80 5.023 63 80 5.131 52 80 5.640 30 80 5.570 28 27 5.489 25 28 Schätzgröße zur Neuordnung BLF 5 ) 29 b e r e i n i g t e E i n n a h m e n Mio. € + 22.568 22.747 23.837 24.713 25.315 26.140 26.957 27.699 450 28.422 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 872 896 691 205 170 90 80 146 66 80 239 119 119 267 134 134 219 110 110 2018 2019 2020 b erein ig t e Au sg ab en 11 Personalausgaben Mio. € + 12 konsumtive Sachausgaben Mio. € + 13 Investitionsausgaben1 14 Tilgung von Bundesdarlehen Mio. € + 15 Zinsausgaben Mio. € + 16 Zuführung SIWA6 17 b e r e i n i g t e A u s g a b e n Mio. € + Mio. € + b erein ig t e Ein n ah men Mio. € + Mio. € + Mio. € + Mio. € = F in an zierun gssaldo 32 kalkulatorischer Finanzierungssaldo Mio. € 33 Zuführung SIWA6 34 F i n a n z i e r u n g s s a l d o 7 Mio. € Mio. € = 676 477 1 ohne Sonderv ermögen Inv estitionen in die Wachsende Stadt (SIWA), v gl. Zeile 16 2 im Jahr 2018 inklusiv e der zw ischen Bund und Ländern am 7. Juli 2016 v ereinbarten Integrationspauschale/Asy l (Umsatzsteuerfestbetrag) in Höhe v on 2 Mrd. € / Berlin 110 Mio. € (BEZ = Bundesergänzungszuw eisungen) 3 sow eit die Voraussetzungen erfüllt w erden; letzte v olle Jahresrate (80 Mio. Euro) in 2019, Teilrate (27 Mio. Euro) in 2020, danach v ollständiger Entfall 4 enthält ab 2018 Beträge für die zugesagten, aber gesetzgeberisch noch nicht umgesetzten Entlastungen der Kommunen (Eingliederungshilfe); im Jahr 2018 inklusiv e der zw ischen Bund und Ländern v ereinbarten Übernahme der Kosten der Unterkunft für Flüchtlinge durch den Bund sow ie der Änderungen bei den Regionalisierungsmitteln (PME = Pauschale Mindereinnahme) 5 Schätzung auf der Basis der v orliegenden Vorschläge (BLF = Bund-Länder-Finanzen) 6 2015 Summe aus Zuführung aus Vorjahresergebnis (496 Mio. Euro) und Zuführung aus Ergebnis 2015 (195 Mio. Euro) 7 bereinigte Einnahmen (Zeile 29) abzüglich bereinigte Ausgaben (Zeile 17) 2011 2012 2013 2014 2015 Mio. € 62.914 62.337 61.617 60.804 59.906 Mio. € 61.538 61.006 60.429 59.773 58.591 Nachrichtlich 46 Schuldenstand zum Stichtag 31.12. (gesamt8 ) 47 darunter: Schulden am Kreditmarkt 2016 2017 7 Erläuterungen zu den Eckwerten der Finanzplanung Personalausgaben (Zeile 11) Aufsetzend auf den Ist-Ausgaben des Jahres 2015 wurden die Personalausgaben für den Zeitraum der Mittelfristplanung um alle bekannten bzw. prognostizierbaren Sachverhalte fortgeschrieben. Wie sich bereits im Rahmen der vorjährigen Finanzplanung abgezeichnet hat, ist bei den Ausgaben der Hauptgruppe 4 vor allem wegen der Auswirkungen der wachsenden Stadt und der daraus resultierenden Entwicklung des Personalbestands von deutlichen Steigerungsraten auszugehen. Ausgehend vom Ergebnis 2015 beträgt die durchschnittliche jährliche Steigerung bei den Personalausgaben bis 2020 rd. 4,2 %. Die eingeplanten Tarif-, Besoldungs- und Versorgungsanpassungen tragen wesentlich zu den steigenden Personalausgaben bei. Die finanziellen Auswirkungen des Tarifabschlusses vom 29. März 2015 sowie die Anpassung an das Vergütungsniveau der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) sind vollständig berücksichtigt. Für das laufende Jahr hat das Abgeordnetenhaus eine Anpassung der linearen Besoldungs- und Versorgungsbezüge um 2,8 % zum 1. August beschlossen. Hinzu trat die Regelung, dass mindestens 75 Euro bei der Erhöhung pro Person mehr anfallen. Mit dieser Erhöhung wird der im Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2014/2015 enthaltenen Regelung entsprochen, wonach die Erhöhungen der Berliner Besoldung ab 2016 mindestens 0,5 % über der durchschnittlichen Besoldungsanpassung der anderen Länder liegen sollen. Im Ergebnis lag die Anpassung damit sogar gut 1,0% höher als im Bundesdurchschnitt. Daneben trägt auch der fortschreitende Aufwuchs der Zahl der Versorgungsfälle zu spürbaren finanziellen Mehrbelastungen bei. Nach den aktuellen Prognosen des Versorgungsberichts steigt die Zahl der Versorgungsfälle von derzeit rd. 53.700 bis zum Jahre 2031 auf den dann zu verzeichnenden Höchststand von rd. 67.900 Versorgungsfällen an. Konsumtive Sachausgaben (Zeile 12) Die konsumtiven Sachausgaben umfassen den laufenden Sachaufwand mit den sächlichen Verwaltungsausgaben – also die Kosten der Verwaltung im engeren Sinne – sowie die laufenden Zuweisungen und Zuschüsse. 53 Dabei weisen die Transferausgaben seit mehreren Jahren eine stärkere Dynamik auf als das Volumen der bereinigten Ausgaben insgesamt. Dies ist zum einen eine Folge der trotz des hohen Wirtschaftswachstums noch immer schwachen sozialen Struktur des Landes, zum anderen Folge bundesgesetzlicher Regelungen im Sozialbereich, bei deren Ausgestaltung Berlin nur geringen Spielraum hat. Entlastend wirkt sich aber aus, dass sich der Bund in den letzten Jahren verstärkt an der Finanzierung der Transferausgaben beteiligt, so etwa bei der Finanzierung der Grundsicherung, beim Wohngeld, beim BAföG sowie bei den Kosten der Unterkunft für Geflüchtete. Den hohen Zuwächsen der Ausgaben stehen damit auch einnahmeseitig höhere Zuweisungen des Bundes bzw. Anteile Berlins (und der anderen Länder) an den Gemeinschaftssteuern gegenüber. Nach dem flüchtlings- und integrationsbedingten stärkeren Anstieg der konsumtiven Sachausgaben in den Jahren 2016-18 ist damit zu rechnen, dass die Wachstumsrate dieser Ausgabenkategorie in den Folgejahren wieder sinkt. Investitionsausgaben (Zeile 13) Im Einklang mit der haushaltspolitischen Leitlinie des Zweiklangs von Investieren und Konsolidieren werden die Investitionsausgaben im Finanzplanungszeitraum stärker steigen als die Personalausgaben und die konsumtiven Sachausgaben. Die Investitionsausgaben sind auf den gelben Seiten im Anhang zusammengestellt. Eine Übersicht über große Hochbaumaßnahmen (Schwellenwert 25 Mio. Euro) enthält Tabelle 3, eine Übersicht über die größten investiven Zuschüsse (Schwellenwert 10 Mio. Euro jährlich) Tabelle 4. Bei den in der Tabelle aufgeführten Mobilen Ergänzungsbauten für Geflüchtete handelt es sich nur um die aus dem Kernhaushalt finanzierten MEBs. Weitere MEBs werden über das SIWA finanziert; hinzu kommen die von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften errichteten Einheiten sowie die vom LAGeSo zu beschaffenden sog. Tempohomes. 54 Tabelle 3: Große Hochbaumaßnahmen 2016 Staatsoper, Sanierung/Grundinstandsetzg. (400) 2017 2018 2019 2020 55 45 30 10 1 Internationales Congress Centrum (200) 1 3 17 30 30 Beuth, Umbau Flughafen Tegel (106) 0 0 1 1 5 FU, Institut für Chemie 2. BA (97) 2 5 10 17 17 TU, Neubau Mathematikgebäude (90) 0 0 0 10 12 Leitstelle Polizei und Feuerwehr (88) 0 5 10 16 20 Olympiapark (84) 6 6 6 6 6 Komische Oper, Sanierung (80) 0 0 0 1 1 HU, Philologische Institute (57) 0 0 0 2 5 Bauhausarchiv (56) 3 6 12 14 10 Beuth, Neubau Campus Mitte (53) 0 0 3 7 10 HU, Hauptgebäude (47) 4 8 10 10 7 10 30 5 0 0 HU, Forschungsbau Hybridsysteme (44) 5 15 16 6 0 FU, Forschungsneubau Biogrenzflächen (42) 0 0 5 10 14 TU, Grundsan. Lehr- und Laborgebäude (36) 0 0 0 1 5 TU, Forschungsneubau Mathesimulation (35) 0 0 3 10 15 HU, Institut für Lebenswissenschaften (34) 8 1 0 0 0 12 7 5 0 0 FU, Institut für Chemie 1. BA (32) 9 10 5 1 0 FU, Tiermedizin. Zentr. Resistenzforschung (32) 0 2 12 16 2 Modulare Schulergänzungsbauten (25) 5 5 5 5 5 Werner-Seelenbinder-Schule (25) 2 0 0 0 0 JVA Tegel (25) 0 0 10 10 5 MEB für Asylbegehrende (45) Hochschule für Schauspielkunst (34) Millionen Euro. in Klammern: Gesamtkosten 55 Tabelle 4: Die größten investiven Zuschüsse 2016 2017 2018 2019 2020 Öffentlicher Personennahverkehr 214 221 228 235 Flughafen BER (Beteiligung) 183 135 50 0 Wohnungsneubaufonds 54 92 146 169 GA Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur – Gewerbe 71 73 77 77 Krankenhausbau Pauschale an nichtöffentliche Träger 73 75 75 69 Charité sonstige 67 18 33 28 Forschungseinrichtungen 34 36 40 37 9 9 16 36 Charité Pauschale 34 34 34 34 Krankenhausbau Pauschale an Vivantes 33 34 34 31 Zukunftsinitiative Stadtteil 28 29 28 28 Stadtumbau Ost 26 26 26 26 GA Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur – Private 25 19 19 19 Investitionspakt Hochschulen 24 22 11 11 Kita-Ausbauprogramm 24 17 32 32 Historische Stadtkerne 18 21 22 23 Straßenregenentwässerung, Grundwasserschutz 19 19 19 19 Tempelhofer Feld 10 10 18 15 Stadtumbau West 13 13 16 17 Aktive Stadtzentren 14 15 15 16 4 10 16 5 Freie Universität 11 11 11 11 Technische Universität 11 11 11 11 Humboldt-Universität 10 10 10 10 Zukunftsstandort Tegel UNESCO-Weltkulturerbestätten Millionen Euro. 56 Tilgung von Bundesdarlehen (Zeile 14) Die zur Tilgung anstehenden Bundesdarlehen waren im Rahmen der Bundeshilfe für Berlin vorwiegend für Zwecke des Wohnungsbaus und zur Finanzierung neuer U-Bahn-Linien gewährt worden. Zinsausgaben (Zeile 15) Die Zinsausgaben enthalten angesichts der Portfoliostruktur und der gegenwärtigen Kapitalmarktbedingungen eine Vorsorge für Zinssatzerhöhungen nach Maßgabe historischer Schwankungsbreiten. Zuführung SIWA (Zeile 16) Die Zuführungen an das SIWA ergeben sich aus der im SIWA-Errichtungsgesetz festgelegten Berechnungslogik in Abhängigkeit vom tatsächlich realisierten Finanzierungsüberschuss. bereinigte Ausgaben (Zeile 17) Die bereinigten Ausgaben ergeben sich als Summe der vorangehenden Zeilen 11 bis 16. Steuereinnahmen, Länderfinanzausgleich, Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen (Zeile 21) Die Prognose der finanzkraftabhängigen Einnahmen (Steuereinnahmen, Länderfinanzausgleich und Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen) basiert auf der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung (2016) zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sowie auf der Steuerschätzung vom Mai 2016. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ hat in dieser Steuerschätzung die bundesweiten Einnahmeerwartungen gegenüber den letzten Steuerschätzungen nochmals angehoben. Gründe sind vor allem die deutliche Ausweitung der Beschäftigung, die gestiegene Binnennachfrage und eine verbesserte Gewinnsituation der Unternehmen. Für Berlin ist nach der Steuerschätzung ein geschätztes Mehraufkommen ggü. dem Haushalt 2016/2017 von 42 Mio. Euro im Jahr 2016 und 98 Mio. Euro im Jahr 2017 zu erwarten. Die bundesweite Steuerschätzung erfolgt grundsätzlich auf der Basis des geltenden Steuerrechts, so dass absehbare, aber noch nicht rechtskräftige Rechtsänderungen noch nicht berücksichtigt sind. In der Steuerschätzung sind daher folgende aktuelle Sachverhalte wie folgt berücksichtigt: 57 a.) Die Bundesbeteiligung an den Asylkosten wirkt über den Zahlungsweg der Umsatzsteuer in die Steuereinnahmen Berlins hinein. Im Haushalt 2016/2017 ist die Bundesbeteiligung an den Asylkosten auf Basis des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes und des Senatsbeschlusses S-648/2015 vom Oktober 2015 in Höhe von rd. 231 Mio. Euro (2016) und 183 Mio. Euro (2017) abgebildet. Auf Basis der vereinbarten Spitzabrechnung können sich Veränderungen bei den Steuereinnahmen ggü. den früheren Erwartungen ergeben (vgl. hierzu Abschnitt 4.2). Am 7. Juli 2016 haben sich Bund und Länder auf eine zusätzliche Integrationspauschale für die Länder von 2 Mrd. Euro für die Jahre 2016, 2017 und 2018 geeinigt, die über die Umsatzsteuerverteilung gezahlt werden. Der Berliner Anteil beträgt 110 Mio. Euro pro Jahr. In der Eckwerteübersicht wurden daher die Steuereinnahmen für das Jahr 2018 angehoben. b.) Die Entlastung der Kommunen um 5 Milliarden Euro wirkt über den Zahlungsweg der Umsatzsteuer ebenfalls in die Steuereinnahmen Berlins hinein. Gesetzlich umgesetzt ist bisher erst die Entlastung für die Jahre 2016 und 2017, die bereits in die Veranschlagung im Haushalt 2016/2017 eingeflossen ist. Für die Jahre 2018ff. haben sich Bund und Länder im Juni 2016 auf die Transferwege geeinigt (vgl. hierzu Abschnitt 4.2). Eine gesetzliche Umsetzung steht jedoch noch aus, so dass die aus dieser Einigung zu erwartenden Einnahmen für Berlin ab dem Jahr 2018 in Höhe von rd. 333 Mio. Euro (Steuern und KdU) weiterhin pauschal bei den nicht finanzkraftabhängigen sonstigen Einnahmen berücksichtigt werden (siehe dort). Bereits in der letzten Finanzplanung von 2015 bis 2019 waren an dieser Stelle 330 Mio. Euro berücksichtigt worden, so dass die Veränderung durch die aktuellen Beschlüsse vergleichsweise gering ausfällt. c.) Finanzielle Effekte aus der Einwohnerentwicklung: Im Haushalt 2016/2017 sind Einnahmen von 90 Mio. Euro (2016) und 180 Mio. Euro (2017) aus dem erwarteten überdurchschnittlichen Berliner Einwohnerwachstum berücksichtigt. Aufgrund der stark gestiegenen Flüchtlingszahlen in der zweiten Jahreshälfte 2015 haben sich die langjährigen Trends der Einwohnerentwicklung und damit die Relation zwischen den Ländern signifikant verändert. In der Folge ist Berlin nach rund zehnjährigem überdurchschnittlichen Wachstum nach den letzten Einwohnerfortschreibungen des Statistischen Bundesamtes (II. und III. Quartal 2015) nur unterdurchschnittlich gewachsen. Ursache dieser Verwerfungen unter den Ländern war der bundesweit große Flüchtlingsandrang innerhalb kürzester Zeit, der ein geordnetes Aufnahmeverfahren zeitweise nicht mehr zugelassen hat. 58 Darüber hinaus dürften auch Probleme bei der melderechtlichen Erfassung der Flüchtlinge in Berlin durch die Bezirksämter sowie die Betreiber der Unterkünfte eine Rolle gespielt haben. Diese Meldedefizite konnten durch Nacherfassungen in der ersten Jahreshälfte 2016 weitgehend abgebaut werden. Somit könnte das Einwohnerwachstum in Berlin im Jahr 2016 dennoch weniger überdurchschnittlich ausfallen, als das zum Zeitpunkt des Haushaltsbeschlusses 2016/2017 erwartet worden war. Ob die eingangs genannten Mehreinnahmen aus dem überdurchschnittlichen Einwohnerwachstum in dieser Situation noch in voller Höhe realisiert werden können, bleibt daher abzuwarten. Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung der Flüchtlingszahlen und die relative Verteilung der Flüchtlinge auf die Länder sind nach wie vor hoch. d.) Steuerrechtsänderungen: Die finanziellen Auswirkungen der Reform der Erbschaftsteuer, die aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zur weitgehenden Verschonung von Betriebsvermögen notwendig geworden war, sind derzeit noch nicht absehbar. Ausgleichsrücklage (Zeile 22) Die Dotierung der Ausgleichrücklage erfolgt grundsätzlich aus Steuereinnahmen in Zeiten guter wirtschaftlicher Entwicklung. Sie ist deswegen gedanklich ein Abzugsposten auf der Einnahmeseite des Haushalts. Für die Erstdotierung wird angestrebt, bis zum Beginn der Schuldenbremse im Jahr 2020 die Rücklage in Höhe eines Betrags von 500 Mio. Euro aufzufüllen, der einen hinreichend großen Puffer für Steuerausfälle in wirtschaftlich schwächeren Zeiten bildet und nötigenfalls bereits im Jahr 2020 Höhe zur Verfügung steht. Einnahmen aus Solidarpakt II (Zeile 23), sonstige Bundesergänzungszuweisungen (Zeile 24), Konsolidierungshilfe (Zeile 25) Die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen (SoBEZ) zählen wie die Konsolidierungshilfen zu den nicht finanzkraftabhängigen Einnahmen. Bei den SoBEZ haben die Leistungen aus dem Solidarpakt II den größten Anteil. Sie sind degressiv ausgestaltet und werden letztmalig im Jahr 2019 gezahlt. Im Jahr 2016 erhält Berlin noch rd. 817 Mio. Euro aus dem Solidarpakt II. Die Konsolidierungshilfen werden bis 2019 mit einem konstanten Betrag (80 Mio. Euro) und 2020 mit einer letzten Teilrate (rd. 27 Mio. Euro) gezahlt. 59 Sonstige Einnahmen (Zeile 26) Der deutliche Anstieg der sonstigen Einnahmen im Jahr 2018 ggü. dem Jahr 2017 war teilweise bereits in der letztjährigen Finanzplanung ersichtlich und resultiert wesentlich aus der Verbuchung der Einnahmen aus der Fünf-Milliarden-Zusage des Bundes ab dem Jahr 2018. Während die kommunale Entlastung für die Jahre 2015 bis 2017 bereits gesetzlich umgesetzt ist, steht diese für die Jahre ab 2018 noch aus. Wie oben dargestellt, ist eine Entlastung für Berlin durch den Bund in Höhe von 333 Mio. Euro p.a. ab dem Jahr 2018 berücksichtigt. Zusätzlich hier berücksichtigt sind die Anschlussregelung für die Regionalisierungsmittel ab 2018 sowie die Übernahme der KdU für Geflüchtete durch den Bund. Letztere sind durch den Bund bisher nur für das Jahr 2018 zugesagt und sind deswegen für die Folgejahre nicht fortgeschrieben. 2020 ist ferner der Wegfall der Entflechtungsmittel berücksichtigt. Vermögensaktivierung (Zeile 27) Die Einnahmen resultieren im Wesentlichen aus Erlösabführungen aus dem Treuhandvermögen Liegenschaftsfonds. Schätzgröße zur Neuordnung BLF (Zeile 28) Die Mindereinnahmen aus dem Auslaufen von Solidarpakt II und Entflechtungsmitteln sind für das Jahr 2020 in den Zeilen 21 und 23 als Mindereinnahmen des Landes berücksichtigt. Diesen wegfallenden Beträgen stehen Einnahmen aus dem erwarteten Bund-Länder-Kompromiss über die Finanzverteilung ab dem Jahr 2020 gegenüber. Zeile 28 weist für 2020 einen Wert von 450 Mio. Euro aus, der in der Größenordnung des auf Berlin entfallenden Anteils aus den derzeit vorliegenden Modellen für die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen liegt. Bereinigte Einnahmen (Zeile 29) Die bereinigten Einnahmen ergeben sich als Summe der vorangehenden Zeilen 21 bis 28. Finanzierungssaldo (Zeile 34) Der Finanzierungssaldo ermittelt sich als Differenz zwischen den bereinigten Einnahmen und den bereinigen Ausgaben abzüglich der Zuweisung an das SIWA gemäß Zeile 16. 60 Schuldenstand (Zeilen 46 und 47) Die Entwicklung des Schuldenstandes lässt sich nicht aus den haushälterischen bzw. finanzplanerischen Zahlen der Eckwertetabelle ableiten, weil es sich dabei um eine stichtagsbezogene Angabe handelt. Sie wird jährlich zum 31. Dezember erhoben und an das Statistische Bundesamt gemeldet. Zeile 46 weist den gesamten Schuldenstand (Kreditmarkt, Verwaltungsschulden, Inneres Darlehen, Kassenkredite) aus, Zeile 42 als Teilmenge davon nur den Schuldenstand am Kreditmarkt. 61 8 Gemeinsames Schema Die nachfolgende Übersicht der Einnahmen und Ausgaben folgt einem gemeinsamen Schema von Bund und Ländern. Hierfür werden die Gruppierungen des Haushaltsplans in ›Positionen‹ aufbereitet. 63 Finanzplanung von Berlin Gesamtübersicht der Einnahmen 2016 bis 2020 Einnahmen Einnahmeart Mio. € Position 2016 Einnahmen der laufenden Rechnung 2017 2018 2019 2020 1 24.433 25.262 25.988 26.680 27.365 Steuern 11 14.282 14.902 15.403 15.920 16.513 steuerähnliche Abgaben 12 24 24 24 24 24 Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit 13 522 535 533 523 520 Zinseinnahmen 14 25 25 20 20 20 laufende Zuweisungen und Zuschüsse 15 8.569 8.770 8.970 9.123 9.213 v om öffentlichen Bereich 151 8.242 8.438 8.599 8.738 8.843 v om Bund 1511 4.353 4.360 4.360 4.355 4.292 Länderfinanzausgleich 1512 3.631 3.817 4.022 4.168 4.333 sonstige v on Ländern 1513 98 98 85 86 86 v on Bezirken 1514 28 28 20 19 22 v on Sozialv ersicherungsträgern 1516 132 135 112 110 110 152 327 332 371 385 370 35 (ohne Schuldendiensthilfen) v on anderen Bereichen Schuldendiensthilfen v om Bund v on anderen Bereichen 16 25 25 30 35 1611 0 0 0 0 0 162 25 25 30 35 35 sonstige Einnahmen der laufenden Rechnung 17 986 981 1.008 1.035 1.040 Gebühren, sonstige Entgelte 171 906 910 926 950 950 sonstige Einnahmen 172 80 71 82 85 90 Einnahmen der Kapitalrechnung 2 878 853 969 1.019 1.057 Veräußerung von Sachvermögen 21 71 61 72 79 80 Vermögensübertragungen 22 518 506 597 633 652 Zuw eisungen für Inv estitionen v om Bund 2211 339 319 358 381 381 v om sonstigen öffentlichen Bereich 2215 66 64 72 76 77 Bereichen 222 110 120 163 172 190 sonstige Vermögensübertragungen 223 3 3 4 4 4 v on anderen Bereichen 2234 3 3 4 4 4 Zuschüsse für Inv estitionen v on anderen Darlehensrückflüsse 23 285 283 295 302 320 2321 285 283 295 302 320 24 4 3 5 5 5 Globale Mehr-/Minderausgaben 3 4 26 0 0 0 Bereinigte Einnahmen 4 25.315 26.140 26.957 27.699 28.422 v on Sonstigen im Inland Veräußerung von Beteiligungen u. dgl. Besondere Finanzierungsvorgänge 5 -13 -77 -114 -129 -105 Nettoneuv erschuldung am Kreditmarkt 51 -79 -83 -119 -134 -110 Entnahme aus Rücklagen 52 6 6 5 5 5 Überschüsse aus Vorjahren 53 60 0 0 0 0 360 Zu- und Absetzungen Nettostellungen (Verrechnungen u.ä.) Einnahmevolumen 64 6 359 361 360 360 64 359 361 360 360 360 7 25.661 26.424 27.203 27.930 28.677 und Ausgaben nach Arten Ausgaben Mio. € Position 2016 2017 2018 2019 Ausgabeart 2020 23.132 23.816 24.324 25.015 25.875 1 Ausgaben der laufenden Rechnung 7.944 8.268 8.601 8.901 9.205 6.604 6.717 6.905 7.055 7.257 3.016 3.029 3.086 3.115 3.160 121 sächliche Verw altungsausgaben 3.453 3.551 3.679 3.804 3.952 123 Erstattungen an andere Bereiche 135 137 140 136 145 1.676 1.708 1.410 1.410 1.460 2 1 1 1 1 1311 an Bund 1.674 1.707 1.409 1.409 1.459 1322 für Kreditmarktmittel 6.786 7.028 7.307 7.548 7.845 568 577 586 587 592 260 260 264 262 270 1411 an Bund 62 63 64 64 63 1413 sonstige an Länder 7 7 8 8 9 1415 sonstige an Bezirke 0 0 0 0 0 1416 an Sonderv ermögen 239 247 250 253 250 1418 an Sozialv ersicherungsträger 6.218 6.451 6.721 6.961 7.253 2.869 2.986 3.112 3.223 3.334 1422 sonstige an Unternehmen und 2.986 3.089 3.208 3.312 3.465 1423 Renten, Unterstützungen u.ä. 349 363 387 413 441 1424 an soziale u. ähnliche Einrichtungen 14 14 14 13 13 1425 an Ausland 122 95 101 101 108 122 95 101 101 108 72 67 68 68 68 1521 an Unternehmen u. öffentliche Einrichtungen 50 29 33 33 40 1522 an Sonstige im Inland 1.920 1.951 2.066 2.143 2.188 1.855 1.880 1.996 2.076 2.120 43 51 50 48 50 23 21 20 19 18 22 20 19 18 17 1 1 1 1 1 182 293 447 408 250 25.235 26.060 26.837 27.566 28.313 66 2 5 5 5 6 2 5 5 5 52 Zuführung an Rücklagen 60 0 0 0 0 53 saldierter Fehlbetrag 359 360 360 360 360 359 360 360 360 360 25.661 26.424 27.203 27.930 28.677 11 Personalausgaben 12 laufender Sachaufwand 124 sonstige Zuschüsse für laufende Zw ecke 13 Zinsausgaben 14 laufende Zuweisungen und Zuschüsse 141 an öffentlichen Bereich 142 an andere Bereiche öffentliche Einrichtungen 15 Schuldendiensthilfen 152 an andere Bereiche 2 Ausgaben der Kapitalrechnung 21-24 Investitionen 223 Vermögensübertragungen 25 Schuldentilgung an öffentlichen Bereich 251 an Bund 252 an Sonderv ermögen 3 Globale Mehr-/Minderausgaben 4 Bereinigte Ausgaben 5 Besondere Finanzierungsvorgänge 6 Zu- und Absetzungen 64 Nettostellungen (Verrechnungen u.ä.) 7 Ausgabevolumen 65 Kompendium wichtiger Fachbegriffe bereinigte Ausgaben Summe aus Personalausgaben, konsumtiven → Sachausgaben, Zinsausgaben, Tilgungen gegenüber Verwaltungen und Investitionsausgaben; gelegentlich auch als nachfragewirksame Ausgaben bezeichnet investive Ausgaben siehe → Investitionsausgaben konsumtive Ausgaben siehe laufende → Ausgaben laufende Ausgaben Summe der Personalausgaben, konsumtiven → Sachausgaben und Zinsausgaben Ausgabevolumen bereinigte Ausgaben zuzüglich der besonderen → Finanzierungsausgaben (Zuführung an Rücklagen, ausgabeseitige Verrechnungen, Abdeckung von Vorjahresfehlbeträgen); entspricht dem Haushaltsvolumen. Bruttoinlandsprodukt bezeichnet den Teil der Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft, der innerhalb der Landesgrenzen erbracht wird (Territorialprinzip); dabei spielt es keine Rolle, ob diese Leistungen durch inländische oder ausländische Produzenten erzielt werden. Bruttowertschöpfung Gesamtbetrag der in einer Region in einem Zeitraum erzeugten Sachgüter und Dienstleistungen abzüglich der Vorleistungen Bundesergänzungszuweisungen •• Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen für leistungsschwache Länder zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs nach § 11 Abs. 2 FAG (ergänzendes Element im bundesstaatlichen → Finanzausgleich); •• Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zur Deckung von teilungsbedingten Sonderlasten aus dem bestehenden starken infrastrukturellen Nachholbedarf und zum Ausgleich unterproportionaler kommunaler Finanzkraft für die neuen Länder und Berlin nach § 11 Abs. 3 FAG; •• Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für die neuen Flächenländer zum Ausgleich von Sonderlasten durch die strukturelle Arbeitslosigkeit und den daraus entstehenden überproportionalen Lasten bei der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige nach § 11 Abs. 3a FAG; •• Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen wegen überdurchschnittlich hoher Kosten politischer Führung nach § 11 Abs. 4 FAG. Deckungslücke Unterschiedsbetrag zwischen → Ausgabevolumen und → Einnahmevolumen Defizit siehe → Finanzierungsdefizit konjunkturelles Defizit auch: konjunkturbedingte Komponente des → Finanzierungsdefizits; gibt Auskunft darüber, welcher Teil des Finanzierungsdefizits durch unmittelbare konjunkturelle Wirkung (insbesondere konjunkturbedingte Steuermindereinnahmen) verursacht ist. Nicht empirisch beobachtbar; kann nur mithilfe theoretischer Modelle ermittelt werden. strukturelles Defizit auch: strukturelle Komponente des → Finanzierungsdefizits; bezeichnet denjenigen Teil des Finanzierungsdefizits, der nicht durch unmittelbare konjunkturelle Wirkung verursacht und damit tendenziell dauerhaft ist. Wird als Restgröße ermittelt, indem vom Finanzierungsdefizit das konjunkturelle Defizit abgesetzt wird. Defizitquote Verhältnis des → Finanzierungsdefizits zu den bereinigten → Ausgaben 67 bereinigte Einnahmen Summe der laufenden und investiven Einnahmen; enthält keine → Nettokreditaufnahme. investive Einnahmen Zuweisungen und Zuschüsse Dritter (insbesondere vom Bund und der EU für Investitionen), Darlehensrückflüsse und Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögen konsumtive Einnahmen siehe laufende → Einnahmen laufende Einnahmen Summe der Steuereinnahmen, Einnahmen aus Zuweisungen und Zuschüssen Dritter (insbesondere vom Bund und der EU) mit Ausnahme für Investitionen, Gebühren, sonstigen Entgelte und Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit Einnahmen aus Vermögensaktivierung umfassen die Veräußerungserlöse, soweit im Einzelplan 29 (Allgemeine Finanzangelegenheiten) gebucht. Einnahmevolumen bereinigte Einnahmen zuzüglich der besonderen Finanzierungseinnahmen (Entnahme aus Rücklagen, einnahmeseitige Verrechnungen, Überschüsse aus Vorjahren, Nettokreditaufnahme); entspricht dem Haushaltsvolumen (siehe auch Ausgabevolumen). bundesstaatlicher Finanzausgleich Der bundesstaatliche Finanzausgleich ist das Instrument zur Verteilung der gemeinsamen Steuereinnahmen im Bundesstaat. Seine wesentlichen Ziele sind, die Eigenstaatlichkeit der Länder zu garantieren und einheitliche Lebensverhältnisse in Deutschland zu wahren: •• 1. Stufe: vertikale Steuerverteilung. Verteilung des gesamten Steueraufkommens auf die beiden staatlichen Ebenen Bund und Länder (einschließlich Gemeinden). •• 2. Stufe: horizontale Steuerverteilung. Das Steueraufkommen der Länderge- 68 samtheit wird den einzelnen Ländern zugeordnet, und zwar (mit Ausnahme der Umsatzsteuer) nach dem Prinzip des örtlichen Aufkommens (Wohnsitz oder Betriebsstätte). Die Steuerzerlegung korrigiert erhebungstechnisch bedingte Verzerrungen des örtlichen Aufkommens. •• 3. Stufe: Länderfinanzausgleich. Im Länderfinanzausgleich erhalten finanzschwache Länder Ausgleichsleistungen der finanzstarken Länder. Siehe → Länderfinanzausgleich. •• 4. Stufe: Bundesergänzungszuweisungen. Allgemeine Bundesergänzungszuweisungen ergänzen den Länderfinanzausgleich durch Zuweisungen des Bundes an leistungsschwache Länder. Daneben existieren SonderbedarfsBundesergänzungszuweisungen, die spezielle Sonderlasten einzelner Länder ausgleichen (z.B. die »Solidarpaktmittel« für die ostdeutschen Länder zur Deckung von Sonderlasten aus dem bestehenden starken infrastrukturellen Nachholbedarf und der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft). Siehe → Bundesergänzungszuweisungen besondere Finanzierungsausgaben Zuführung an Rücklagen, ausgabeseitige Verrechnungen, Abdeckung von Vorjahresfehlbeträgen Finanzierungsdefizit Negativer → Finanzierungssaldo. In der Regel muss das Finanzierungsdefizit durch Kreditaufnahme gedeckt werden. besondere Finanzierungseinnahmen Entnahme aus Rücklagen, einnahmeseitige Verrechnungen, Überschüsse aus Vorjahren → Nettokreditaufnahme Finanzierungssaldo Unterschiedsbetrag zwischen bereinigten → Einnahmen und bereinigten → Ausgaben. Ist der Finanzierungssaldo gleich null, handelt es sich um einen materiell ausgeglichenen Haushalt, der ohne Kreditaufnahme finanziert werden kann (siehe ausgeglichener → Haushalt). Föderalismusreform I Im Zentrum der Föderalismusreform I, die im September 2006 in Kraft trat, standen die Neuordnung der Gesetzgebungs- kompetenzen und die Aufhebung der bisherigen Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (unter Aufteilung ihrer Materien auf Bund und Länder). Für Berlin ist darüber hinaus die Änderung des Grundgesetzes von großer Bedeutung, die die gesamtstaatliche Repräsentation in der Hauptstadt als Aufgabe des Bundes nunmehr auch im Grundgesetz explizit festschreibt (Art. 22 Abs. 1 GG). Für die durch die Änderung des Grundgesetzes weggefallenen Mischfinanzierungen regelt Art. 143c GG die Ausgleichszahlungen an die Länder im Gesamtzeitraum 2007 bis 2019. eigenfinanzierte Investitionen → Investitionsausgaben abzüglich der von Dritten empfangenen Zuweisungen und Zuschüsse für Investitionen (vor allem vom Bund und der EU) Föderalismusreform II Im Zentrum der Föderalismusreform II, die im August 2009 in Kraft trat, standen die Begrenzung der Verschuldung von Bund und Ländern sowie die laufende Haushaltsüberwachung zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen. Siehe → Schuldenregel für Bund und Länder, Vermeidung von Haushaltsnotlagen, Konsolidierungshilfen Kassenkredite kurzfristige Kreditaufnahme zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen Forum Finanzausgleich Zusammenschluss der ausgleichsberechtigten Länder im Länderfinanzausgleich (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, RheinlandPfalz, Saarland, Sachsen, SachsenAnhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen; zusätzlich: Hamburg; nicht vertreten: Nordrhein-Westfalen) zur gemeinsamen Wahrnehmung ihrer finanzpolitischen Interessen ausgeglichener Haushalt Ein Haushalt ist formal stets ausgeglichen (Gleichheit von Einnahme- und Ausgabevolumen). Materiell ausgeglichen ist der Haushalt dann, wenn die Ausgaben ohne → Neuverschuldung finanziert werden können. Investitionsausgaben Ausgaben für Baumaßnahmen, Erwerb von beweglichen und unbeweglichen Sachen, investive Zuweisungen und Zuschüsse, Vergabe von Darlehen, Erwerb von Beteiligungen Investitionsquote Verhältnis der → Investitionsausgaben zu den bereinigten Ausgaben Kapitalrechnung umfasst die investiven → Einnahmen und → Ausgaben. Kennziffernsystem Der → Stabilitätsrat bedient sich bei der fortlaufenden Überwachung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern eines Systems, das aus den Kennziffern (struktureller) → Finanzierungssaldo je Einwohner, → Kreditfinanzierungsquote, → Zins-Steuer-Relation und Schuldenstand je Einwohner besteht. Für den Bereich der Länder ist zu jeder Kennziffer – ermittelt auf Basis des Länderdurchschnitts – ein Schwellenwert festgelegt. Die Kennziffern für den Bund werden aus dessen eigener Vergangenheitsentwicklung hergeleitet. Überschreitet eine Gebietskörperschaft eine Mehrzahl von Schwellenwerten (d.h. drei von vier), leitet der Stabilitätsrat eine Prüfung (»Evaluation«) ein, ob der betreffenden Gebietskörperschaft eine Haushaltsnotlage droht. Konjunkturkomponente siehe konjunkturelles → Defizit Konsolidierungshilfen Teil der Beschlüsse der → Föderalismusreform II. Als Hilfe zur Einhaltung der Schuldenregel kann fünf Ländern (Bremen, Saarland, Berlin, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) im Zeitraum 2011 bis 2019 eine finanzielle Unterstützung in Höhe von zusammen 800 Mio. Euro jährlich gewährt werden (insgesamt 7,2 Mrd Euro). Voraussetzung ist die Einhaltung von Konsolidierungsverpflichtungen mit einem jährlichen Abbau des strukturellen → Defizits des Jahres 2010 um jeweils ein Zehntel. 69 Kreditfinanzierungsquote Verhältnis von → Neuverschuldung zu bereinigten → Ausgaben Länderfinanzausgleich Im Länderfinanzausgleich erhalten finanzschwache Länder Ausgleichszuweisungen, die von den finanzstarken Ländern erbracht werden. Grundlage hierfür ist Art. 107 GG. Wesentlicher Maßstab des Ausgleichs ist die durchschnittliche Finanzkraft je Einwohner. Mit dem Länderfinanzausgleich wird eine angemessene Annäherung der Finanzkraft der Länder erreicht, wobei die Finanzkraftreihenfolge der Länder nicht verändert wird. Der Länderfinanzausgleich stellt die dritte Stufe des bundesstaatlichen Finanzausgleichs dar. Siehe bundesstaatlicher → Finanzausgleich Mischfinanzierungen •• Art. 91a GG [Gemeinschaftsaufgaben Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes]; •• Art. 91b GG [Gemeinschaftsaufgaben Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre, Bildungsevaluation]; •• Art. 91c GG [Gemeinschaftsaufgabe IT-Zusammenarbeit von Bund und Ländern]; •• Art. 91d GG [Gemeinschaftsaufgabe Verwaltungs-Benchmarking für Bund und Länder]; •• Art. 91e GG [Grundsicherung für Arbeitssuchende]; •• Art. 104a Abs. 3 GG [Geldleistungsgesetze des Bundes]; Art. 104 a Abs. 4 GG [Zustimmungserfordernis des Bundesrats zu bestimmten Bundesgesetzen mit Kostenfolgen]; •• Art. 104b GG [Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden, die zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts oder zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich sind; Voraussetzung: Gesetzgebungsbefugnis des Bundes; Befristung, Degression, regelmäßige Überprüfung; Ausnahme: bei Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notsituationen (z.B. die zum Beschlusszeitpunkt dieser Grundgesetzänderung aktuelle Finanz- und Wirt70 schaftskrise) Gewährung von Finanzhilfen durch Bund an Länder und Gemeinden auch ohne Gesetzgebungsbefugnis möglich]; •• Art. 104a Abs. 6 GG [Regelung der Lastentragung von Bund und Ländern bei Verletzung supranationaler oder völkerrechtlicher Verpflichtungen]; •• Art. 109 Abs. 5 [Regelung der vertikalen und horizontalen Aufteilung möglicher Sanktionszahlungen nach MaastrichtVertrag]; •• für weggefallene Mischfinanzierungen (GA Hochschulbau und Bildungsplanung, Finanzhilfen zur Gemeindeverkehrsfinanzierung und Wohnraumförderung) regelt Art. 143c GG Ausgleichszahlungen an Länder für den Gesamtzeitraum 2007 bis 2019; •• nach Art. 106a GG steht den Ländern ein Anteil aus dem Steueraufkommen des Bundes für den öffentlichen Personennahverkehr zu. Nettokreditaufnahme siehe → Neuverschuldung Neuverschuldung Gesamtbetrag der in einem Haushaltsjahr aufgenommenen Kredite (Bruttoneuverschuldung) abzüglich derjenigen Mittel, die für eine Refinanzierung der im laufenden Haushaltsjahr vertragsgemäß anfallenden Tilgungen früherer Perioden erforderlich werden. Gelegentlich auch als Nettoneuverschuldung bezeichnet. Positionen der Finanzplanung Den Positionen der Finanzplanung liegt ein für Bund und Länder einheitliches Abgrenzungsschema zugrunde. Die Positionen der Finanzplanung werden aus der Gruppierung der Haushalte hergeleitet; Absicht ist eine verdichtete Darstellung unter vorwiegend volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Primärausgaben bereinigte → Ausgaben abzüglich Zinsausgaben (d.h. Personalausgaben, konsumtive Sachausgaben ohne Zinsausgaben, → Investitionsausgaben) Primärdefizit negativer → Primärsaldo Primäreinnahmen Bereinigte → Einnahmen ohne Einnahmen aus der Aktivierung von Vermögen. Umfassen damit Steuereinnahmen, Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen, andere Zuweisungen und Zuschüsse des Bundes und der EU, Gebühren, Beiträge sowie Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung. Primärhaushalt Rechnerischer Teil des Haushalts, wie er sich aus der Zusammenstellung von → Primäreinnahmen und → Primärausgaben ergibt. Die Absicht des Primärhaushalts ist es, einen politischen »Kernhaushalt« mit den für die Politikfelder relevanten Einnahmen und Ausgaben darzustellen; hierbei bleiben die Zinsausgaben unberücksichtigt, weil es sich um die Finanzierungskosten früherer Haushaltsjahre handelt. Die Abschlusssumme des Primärhaushalts – der Primärsaldo – gibt Aufschluss darüber, in welchem Umfange die für politische Gestaltung im laufenden Haushaltsjahr eingesetzten Ausgaben durch (dauerhafte) Einnahmen finanziert werden. In längerfristiger Perspektive sollte der Primärhaushalt einen Überschuss erwirtschaften, der hoch genug ist, um daraus die Zinsausgaben finanzieren zu können (siehe ausgeglichener Haushalt). Primärsaldo Abschluss des Primärhaushalts, d.h. Differenzbetrag zwischen → Primäreinnahmen und → Primärausgaben konsumtive Sachausgaben sächliche Verwaltungsausgaben, Ausgaben für den Schuldendienst ohne Tilgungsausgaben an Gebietskörperschaften, Schuldendiensthilfen, Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse ohne Ausgaben für Investitionen laufender Sachaufwand Umfasst die sächlichen Verwaltungsausgaben, die Erstattungen an andere Bereiche sowie sonstige Zuschüsse für laufende Zwecke. Enger abgegrenzt als die konsumtiven → Sachausgaben, die außerdem noch die laufenden Zuweisungen und Zuschüsse und die Schuldendiensthilfen enthalten. Sanierungsprogramm Wird vom → Stabilitätsrat mit einer Gebietskörperschaft (Bund oder Land) abgeschlossen, wenn die Evaluation ergeben hat, dass eine Haushaltsnotlage droht. Enthält Vorgaben für die angestrebten Abbauschritte der jährlichen Nettokreditaufnahme und die geeigneten Sanierungsmaßnahmen. Laufzeit fünf Jahre, wird ggf. um weitere fünf Jahre verlängert. Schuldenbremse siehe → Schuldenregel für Bund und Länder Schuldendienst Ausgaben für Zinsen und Tilgung Schuldendiensthilfen Zuschüsse an Dritte zur Finanzierung von Zinsen und Tilgung von Darlehen, die von den Zuschussempfängern aufgenommen wurden (z.B. in der sozialen Wohnraumförderung) Schuldenregel für Bund und Länder Teil der Beschlüsse der Föderalismusreform II. Die Schuldenregel sieht – beginnend mit dem Haushaltsjahr 2011 – vor, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Aufnahme von Krediten auskommen müssen; für den Bund ist eine begrenzte strukturelle Verschuldung in Höhe von 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts zulässig. Ausnahmen bestehen lediglich mit Blick auf eine Konjunktursteuerung und bei Naturkatastrophen und anderen außergewöhnlichen Notsituationen. Eine Übergangsregelung lässt den Abbau bestehender struktureller Defizite beim Bund bis Ende 2015, bei den Ländern bis Ende 2019 zu. Solidarpakt II Anschlussregelung zu der Vereinbarung aus dem Jahr 1993 (Solidarpakt I; Laufzeit 1995 bis 2004). Besondere Förderung der neuen Länder und Berlins ab dem 1. Januar 2005: •• Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zum Abbau teilungsbedingter Sonderbelastungen sowie zum Ausgleich unterproportionaler kommunaler Finanzkraft (›Korb I‹). Das Gesamtvolumen beträgt 105 Mrd Euro und ist degressiv ausgestaltet, die Zuweisungen laufen mit dem Jahr 2019 aus. 71 •• Überproportionale Leistungen des Bundes u.a. für die Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen, EU-Strukturfondsmittel sowie die Investitionszulage an die ostdeutschen Länder (›Korb II‹). Das Gesamtvolumen beträgt rd. 51 Mrd Euro, die Zuweisungen laufen ebenfalls mit dem Jahre 2019 aus. Die neuen Länder und Berlin berichten dem → Stabilitätsrat jeweils jährlich im Rahmen eines »Fortschrittsberichts Aufbau Ost« über ihre Fortschritte bei der Schließung der Infrastrukturlücke, die Verwendung der erhaltenen Mittel zum Abbau teilungsbedingter Sonderlasten und die finanzwirtschaftliche Entwicklung der Länder- und Kommunalhaushalte einschließlich der Begrenzung der Nettoneuverschuldung. Stabilitätsrat Eingerichtet zur fortlaufenden Überwachung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern. Mitglieder sind der Bundesminister der Finanzen und der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie sowie die Länder mit den für Finanzen zuständigen Ministerinnen und Ministern. Der Stabilitätsrat tagt im Regelfalle zweimal jährlich. Bund und Länder berichten in jährlichem Turnus auf der Basis eines Kennziffernsystems sowie einer Standardprojektion; auffällig gewordene Gebietskörperschaften werden auf die Frage hin evaluiert, ob eine Haushaltsnotlage droht. Bejaht der Stabilitätsrat diese Frage, schließt er mit der betroffenen Gebietskörperschaft ein Sanierungsprogramm ab. Seit 2013 obliegt dem Stabilitätsrat auch die Überwachung der Einhaltung der im Fiskalvertrag festgelegten gesamtwirtschaftlichen Defizitquote (0,5 % des BIP). Siehe auch → Kennziffernsystem, → Standardprojektionen. Standardprojektion Instrument des → Stabilitätsrats zur Erkennung drohender Haushaltsnotlagen. Die Standardprojektionen ermitteln auf der Grundlage einheitlicher Annahmen, bei welcher Zuwachsrate der Ausgaben der Länder am Ende eines siebenjährigen Projektionszeitraums ein Überschreiten des Schwellenwerts der Kennziffer Schuldenstand gerade noch vermieden wird. 72 gesamtwirtschaftliche Steuerquote Verhältnis des Steueraufkommens aller Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) zum → Bruttoinlandsprodukt finanzielle Transaktionen Im Zusammenhang mit der Bestimmung des strukturellen Defizits bleiben folgende Positionen unberücksichtigt: •• einnahmeseitig Darlehensrückflüsse, Veräußerung von Beteiligungen, Schuldenaufnahme beim öffentlichen Bereich, •• ausgabeseitig Vergabe von Darlehen (einschl. Gewährleistungen), Erwerb von Beteiligungen, Tilgungsausgaben an den öffentlichen Bereich. Absicht ist, reine Finanzierungsvorgänge von den eigentlichen Politikfeldern des Haushalts zu trennen. Vermeidung von Haushaltsnotlagen Teil der Beschlüsse der Föderalismusreform II. Zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen regelt ab dem Jahre 2010 das Stabilitätsratsgesetz •• die laufende Überwachung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern durch ein gemeinsames Gremium (Stabilitätsrat), •• die Voraussetzungen und das Verfahren zur Feststellung einer drohenden Haushaltsnotlage, •• die Grundsätze zur Aufstellung und Durchführung von Sanierungsprogrammen zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen. Siehe → Stabilitätsrat. Zins-Steuer-Relation auch: Zins-Steuer-Quote; Verhältnis der Zinsausgaben zu den Steuereinnahmen (ggf. unter Hinzurechnung der Einnahmen aus → Länderfinanzausgleich und Allgemeinen → Bundesergänzungszuweisungen sowie ggf. auch von SonderBundesergänzungszuweisungen). 73
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.