452 Centralblatt der
Bauverwaltung. 14, lovember 1891.
Hierzu treten die Kosten des ersten Beton-Untergrundes mit
3,50—4 Mark, Nimmt man nun eine Verkeilung der Strafsen mit
höchstem, mittlerem und geringem Verkehr im Verbältnifs von
1:2:4 an, eine Annahme, die wahrscheinlich viel zu hoch gegriffen
ist, so ergiebt sich folgender Durchschnittspreis:
^•^ + g.-.jg±M«! = V T Mark,
gegenüber 0,73 Fr. Unterhaltungskosten für Steinpflaster, 2,53 Fr. für
Macadam, 2 Fr. für Asphalt in Paris und etwa 0,95 Mark Kosten
des Asphaltpflasters ohne Beton in Berlin. Man sieht also, was es
mit der angeblichen Kostspieligkeit des Holzpflasters auf sich hat.
Nicht minder übertrieben und unrichtig, wie über die Kosten der
Herstellung und Unterhaltung des Holzpflasters, sind die Angaben
und Ausführungen der erwähnten Schrift über die angeblichen
hygienischen Bedenken gegen Holzpflaster. Freilich, schlechtes
und ungenügend gereinigtes Holzpflaster ist gesnndheitsgefährlich.
Es könnte in letzterer Beziehung in Berlin immerhin noch einiges
geschehen. Auch die Asphaltstrafsen könnten weniger Dungreste
aufweisen. Eine gründliche Reinigung kann nur durch Abspülen
erzielt werden, und diese würde dem Asphalt- und Steinpflaster nicht
minder nützlich sein, als dem Holze. In Paris ist das Holzpflaster
nicht gesundheitsgefährlich und cs genügt ein Blick auf die sauberen,
harten lind ebenen Flächen, um zu sehen, dafs solche Befürchtungen
auch in diesem Falle hinfällig sind. Natürlich ist eine den gesund
heitlichen Anforderungen entsprechende gründliche Reinigung der
geräuschlosen Pflasterarten nicht billig. Dieselbe kostet in Paris für
Holz- und Asphaltpflaster jährlich zwischen 0,80 und 1,20 Fr., wäh
rend die Kosten für Steinpflaster 0,60 Fr. für 1 qm nicht übersteigen.
In Berlin betragen die Kosten — nach freundlichen Mittheilungen
des Herrn Directors der städtischen Strafseureinigung — bei täg
licher Reinigung für das Jahr und Quadratmeter bei Steinpflaster
0,34—0,43 Mark, bei Asphalt 0,52 Mark.
Wie die gesamte Herstellung des Holzpflasters und seine Reini
gung und Unterhaltung, so erfolgt auch die Ausbesserung in Paris
mit bemerkenswerther Sorgfalt. Man sieht im allgemeinen Aus
besserungen nur vereinzelt, wo sie aber vorgenorainen werden, wird
nicht, wie in Berlin, ein grofses viereckiges Stück eingesetzt, das
anssieht wie ein Flicken auf einem Beinkleid, sondern es werden
Klötze von genau gleicher Höhe im Verbände eingefügt. Infolge
dessen fällt die Ausbesserung schon nach kurzer Zeit nicht mehr ins
Auge.
Welche Folgerungen lassen sich nun aus unseren Untersuchungen
für die Frage der Verwendung des Holzpflasters als Strafsenbelag
in Deutschland ziehen? Wir meinen zunächst die, dafs in Paris,
gegenüber den zahlreichen und nicht immer unverschuldeten Mifs-
erfolgen, welche in Deutschland den Ruf des Holzpflasters beein
trächtigt haben, eine durchaus bewunderungswürdige Leistung der
französischen Ingenieure vorliegt. Ferner, dafs wir die bisherigen
unbefriedigenden Erfolge in Deutschland nur zum wenigsten dem
ungünstigeren Klima znzuschreiben haben, sondern zumeist uns
selbst. Schuldig sind die Unternehmer, die bei ihren Arbeiten viel
fach von unrichtigen Grundsätzen ausgegangen sind. Zum Theil
sind auch die Behörden nicht ganz frei von jeder Schuld. Letztere
insofern, als sie gerade zu diesen Arbeiten oft Unternehmer zu-
gelasson haben, die weder persönlich noch geschäftlich ihren Auf
gaben gewachsen waren, zum Theil auch durch das unvermeidliche
Verdingungsweaen, das in Paris seiner Zeit zur Beseitigung des
Asphaltpflasters führte. Ebenso ist es nothwendig, dafs die städti
schen Behörden von allzulangen Haft- und Unterhaltungsverpflich
tungen bis zu 18 und 20 Jahren (!) absehen und solche auf 3 bis
5 Jahre beschränken. Sonst können derartige Arbeiten nur von
solchen übernommen werden, die entweder ganz besonders viel, oder
ganz besonders wenig zu verlieren haben. Es ist daher dankend an-
zuerkennen, dafs insbesondere auch die Stadt Berlin neuerdings mit
kürzeren Verträgen den Anfang gemacht hat.
Die Berliner Holzpflasterversuche zerfallen in drei ge
trennte Zeitabschnitte. Der erste schliefet mit dem Jahre 1883 ab.
Diese Pflasterungen haben kein befriedigendes Ergebnifs aufzuweisen.
Das Pflaster ist aber theils aus ganz ungetränktem IIolz, theils
mit einer Holztränkung hergestellt worden, welche die Luft mit
Theergeruch erfüllte. Das ganze Pflaster hat dem Verkehr nicht
nach Wunsch Stand gehalten. Der zweite Zeitraum der Berliner
Versuche von 1883—1889 betrifft ausschliefslich Holzpflasterungen in
Fferdebahngelcisen. Diese erfolgten auf Wunsch der Direction
der Grofsen Berliner Pferdeeisenbahn-Gesellschaft, um eine gröfsere
Schonung der Pferde herbeizuführen. Auch in Paris sind IIolz-
pflasterungen in Pferdebahngeleisen vorgenommen worden, wenn auch
wegen des überwiegenden Omnibusverkehrs in unerheblicher Aus
dehnung. Diese Pflasterungen fallen durch hohe Unterhaltungs
kosten und häufige Ausbesserungen auf. Die Pariser Ingenieure
hoffen, wie dor sonstigen Mängel, so auch dieser noch Herr zn werden.
Auf Gnmd unserer erheblich gröfseren und älteren Berliner Erfah
rung gerade in Bezug auf Holzpflasterungen in Geleisanlagen können
wir dieser Meinung nicht beitreten. Gerade die Untersuchung der
Pariser Pflasterungen führt zu diesem Ergebnifs und giebt zugleich
Aufschlufs über die Ursache des Mifserfolges jenes zweiten Berliner
Zeitabschnitts. Die Pferdebahngeleise treten fortwährend aus dem
Holzpflaster heraus. Hiergegen hat der Verfasser dieser Zeilen selbst
in Berlin einen jahrelangen vergeblichen Kampf geführt. Das Gleiche
wird auch in Paris geschehen. Ein Pflaster, welches sich im Laufe
der Zeit von 15 cm Höhe auf die halbe Höhe abnutzt und abnutzen
soll, ist seiner Natur nach — trotz der dem Pferdehuf gebotenen
besseren Fläche — für Geleisanlagen ungeeignet. Die Geleise
müssen alsbald aus dem Holzpflaster heraustreten. Der dritte Ab
schnitt der Berliner Versuche von 1889 bis jetzt weist nur drei Ver
suche mit getränktem Buchenholz auf. Die Arbeiten haben keinen
beträchtlichen Umfang gehabt. Zwei Pflasterungen sind von einer
Wiener Firma geliefert und liegen vor dem alten Museum und auf
der Kaiser Wilhelmbrücke. Die dritte am Bethanienufer ist aus
Friedrichsruh. Bei den beiden letzten ist man auf unsere Anregung
zu einer etwas gröfseren Höhe (10 cm) zurückgekehrt. Diese Pflaste
rungen machen einen guten Eindruck, was zum Theil auf den an
gewendeten Diagonalverlag zurückzuführen sein wird. Immerhin ist
die Zeit bis jetzt zu kurz, um ein abschliefsendes Urtheil gewinnen
zu können. Die Art des Verlegene ist bei allen drei Pflasterungen
die alte geblieben. Inmitten der Strecke am BetlianienufeT ist im
vorigen Jahre versuchsweise eine kleine Fläche aus schwedischem
Kiefernholz nach Pariser Art eingeschaltet worden. Vor kurzem ist
nunmehr durch den Verfasser dieser Zeilen eine gröfsere Pflasterung
in der Herwarthstrafse ganz nach Mafsgabe der Pariser Arbeiten in
Selbstbetrieb ausgeführt worden. Der Verkehr der Strafse ist nicht
erheblich, immerhin aber genügend, um ein Urtheil über die Pariser
Vorschriften zu gewinnen. Abgesehen von der leider nur 10 und
12 cm betragenden Höhe wird das Pflaster mit seinen breiten Quer
fugen und seinen Thonfugen an der Bordsehwelle dem Beschauer
das getreue Bild einer Pariser Holzpflasterstrafse gewähren. Auch
Holzmaterial und Tränkung sind dieselben wie in Paris, und
diese Erwähnung wird daher von einigem Interesse sein.
Verdient bei beiderseits guter Ausführung Holzpflaster oder
Asphalt den Vorzug? So könnte man uns fragen. Wir meinen,
dafs jede dieser Pflasterarten bei richtiger Ausführung grofse Vorzüge
hat. Gemeinsam verdienen sie den Vorzug vor dem Steinpflaster,
das billiger ist, aber selbst in Strafsen mit mittlerem Verkehr unseren
ohnedies über Gebühr angestrengten-Nerven die wohlthätige Schonung
der geräuschlosen Pflasterarten versagt. Wir haben auch gehört,
dafs man in Paris vom Asphaltpflaster zum Holzpflaster übergegangen
und anderswo umgekehrt verfahren ist, aber noch nie, dafs man eine
mit geräuschlosem Pflaster belegte Strafse nachträglich wieder mit
Steinen gepflastert hat. Dies spricht für den grofsen Vorsprung der
geräuschlosen Pflasterarten vor dem Steinpflaster, das ihnen überall
mehr und mehr weichen mufs. Auch bewegt sich der Verkehr auf
Holz- und Asphaltpflaster schneller. Strafsen, wie die Leipzigerstrafse
oder Königsstrafse in Berlin, wären, mit Steinpflaster versehen, dem
heutigen Verkehr gar nicht mehr gewachsen. Wer vor 20 Jahren
bei viel geringerem Verkehr die sich endlos im Schritt bewegenden
Wagenzüge sah und sieht, wie wenig heute, trotz des riesigen Pferde-
bahnverkehrs, Stockungen eintreten, der kann darüber nicht im
Zweifel sein.
Das Asphaltpflaster verdient den Vorzug in Strafsen mit
Geleisanlagen, sowie dort, wo sonst in erheblicher Weise Eisentheile
in der Fahrbahn vorhanden sind, welche der regelmäßigen Abnutzung
des Holzpflasters nicht folgen können. In Paris liegen die Sieleingänge
unter den Bordschwellen und die vereinzelt in der Strafsenkrone vor
handenen Eisentheile sind verstellbar (tötes mobiles). Das Holz
pflaster ist vorzuziehen bei nennenswerten Steigungen, für welche
die Fahrbahn aus Asphalt zu grofse Glätte besitzt. In Paris wendet
man Holzpflaster unbedenklich noch bei Steigungen von 3—4 cm,
d. h. 1: 33 l /3—1 : 25 an. Bei den zuerst zur Ausführung kommenden
Strafsenzügen lagen Steigungen von l ! /2—2 cm vor. Diese Steigungen
schlossen nach den gemachten Erfahrungen Asphalt völlig aus, und
das bahnte dem Holzpflaster zuerst den Weg. Das hierin liegende
Anerkenntnifs gröfserer Sicherheit mufs folgerichtig auch auf die
ebene Fahrbahn ohne Steigung übertragen werden.
In Bezug auf die Herstellungskosten haben wir gesehen, dafs
ein wesentlicher Unterschied zwischen einem guten Holzpflaster und
Asphalt nicht besteht. So lange die verschiedenen Berliner Asphalt-
gesellecbaftcn ihre jetzigen — wie wir glauben zu niedrigen — Unter*
haltungspreise stellen, ist die Unterhaltung des Holzes etwas theurer.
Dafür kommt aber die äufserst schonende Wirkung des Holzbelages
auf den kostspieligen städtischen Pferdebestand in Betracht. Im