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Centralblatt der Banverwaltung*.
10. Oetober 1801.
and die Besprechungen in der Presse kundthaten. Wie nachhaltig der
Eindruck gerade im Auslande war, beweist unter anderem der Um
stand, dafs von dem Ausechufs für den vierten, im vorigen Jahre in
Manchester abgehaltenen Binnenschiffahrtscongrefs dem Ministerium
die Bitte unterbreitet wurde, die Pläne zur nochmaligen Aus
stellung in Manchester zur Verfügung zu stellen. Ebenso wurden
unmittelbar nach dem Congrefs in Frankfurt mehrfach von Handels
kammern und anderen Körperschaften Anträge auf Ausstellung
der Sammlung in verschiedenen Städten oder auf Ueberweisung
einzelner Pläne gestellt. Diesen Wünschen konnte nicht wohl ent
sprochen werden, der Minister verfügte vielmehr die Vervielfältigung
der Wandpläne in kleinerem Mafsstabe, nachdem ihre Besichtigung
noch eine Zeit lang im Landesausstellungsgebäude am Lehrter
Bahnhofe in Berlin gestattet worden war, um sie so den weitesten
Kreisen zugänglich zu machen. Nach angestrengter Arbeit von zwei
Jahren liegt das Kartenwerk nunmehr fertig vor und wird gegen
wärtig den Behörden und Beamten zum Dienstgebrauch ausgehän
digt; dem Buchhandel ist es nicht übergeben. Es bildet einen statt
lichen Atlas von 21 Blatt Zeichnungen und einer Uebersichtskarte.
Die letztere gewährt zunächst einen Ueberblick über das
gesamte Wasserstrafsennetz in Preufsen und den angrenzenden
Staaten. Die schiffbaren Plufs- und Canalstrecken sind von den
übrigen Wasserläufen durch Zeichnung in einer scharf hervortreten-
den blauen Farbe hervorgehoben und nach Umfang ihres Verkehrs,
ihres Ausbaues und ihrer technischen Beschaffenheit verschieden
dargestellt. Aufserdem sind die Wege, auf welchen Seeschiffe von
mindestens 3 m Tiefgang, sei es nun in Flufsmündungen oder durch
Watten, Haffe, Canäle u. dergl. in das Binnenland eindringen können,
die hauptsächlichsten Gebirgszüge, die Kohlenbezirke, Hafenplätze
und die an Schiffahrtsstrafsen gelegenen Eisenbahnstationen ersicht
lich gemacht.
Nachdem man durch die Karte über die Lage einer Wasser-
strafse und ihre Verbindungen zu den anderen Aufschlnfs erhalten
hat, erfährt man durch die übrigen Blätter die Einzelheiten, und zwar
von den Strömen Memel, Weichsel, Oder, Elbe, Weser und Rhein
und den Märkischen Wasserstraßen. Die allgemeinen Verhältnisse
jedes Stromes, seine Lage, Gestalt und hydrotechnischen Eigen
schaften werden durch einen Plan im Mafsstabe von 1:400 000
und durch ein Tiefen- und Breitenhand erläutert. Den Zeichnungen
beigedruckte Tabellen geben nähere Auskunft über die Längen der
einzelnen Strecken, die Gefalle, Wassermengen und Geschwindigkeiten
bei Niedrig-, Mittel- und Hochwasser, über die vorhandene und die
durch den Ausban erstrebte geringste Fahrtiefe bei den verschiedenen
Wasserständen, den kleinsten Krümmungshalbmesser und die Anzahl
der Tage, an welchen durchschnittlich im Jahre die Schiffahrt wegen
Sperrung durch Eis ruht. Besonders wichtige und in ihrem Ausbau
lehrreiche Strecken des Flufslaufes sind in Einzelplänen in größerem
Mafsstabe vorgeführt. Mehrfach Bind die Zustände verschiedener Jahre
nebeneinander dargestellt, sodafs man die Wirkung der Regulirungs
werke unmittelbar vor Augen hat. Endlich sind die an jedem Strome
herrschende Bauweise, die Herstellung der Buhnen, Leitwerke, Grund-
schwellen, Anlagen zum Schutze des Ufers usw. klargelegt. Da für
die gleichartigen Gegenstände durchweg derselbe Mafsstab gewählt
und auch die Darstellungsweise überall die nämliche ist, so kann
man mit Leichtigkeit Vergleiche anstellen und sich über die Zweck-
mäfsigkeit dieser oder jener Construction, über die Vorzüge und Nach
theile der verschiedenen Bauarten ein selbständiges Urtheil bilden.
Eine eigenartige Behandlung haben, ihrem Wesen und ihrer Be
deutung angemessen, die Märkischen Wasserstrafsen erfahren. Das
weitverzweigte Netz derselben hat eine besondere Uebersichtskarte
erfordert, in welcher auch .die Eisenbahnen und Landstrafsen, Pegel
stationen und Hafenorte Aufnahme gefunden haben. Von den beiden
hochwichtigen Verbindungswegen zwischen Oder und Elbe, nämlich
einmal von Niegripp an der Elbe durch den Plauer Canal, die Havel
und den Finowcanal nach fiohensathen an der Oder, und zweitens
Von der Elbe an der Havelmiindung durch die Havel und Spree
nach Berlin und von hier weiter durch die Spree und einerseits durch
den Oder-Spree-Canal nach Fürstenberg a. O., anderseits durch den
alten Friedrich-Wilhelms-Canal nach Brieskow bis zur Oder, sind
Längenschnitte und Breitenbänder mit besonderer Berücksichtigung
der Schleusen beigegeben. Die bedeutendsten Bauwerke, als Schleusen
und Brücken, und die Canalquerschnitte sind im einzelnen mit An
gabe der Hauptabmessungen abgebildet, sodafs m&n auch darüber
Aufschlufs gewinnt, welche Schiffe die verschiedenen Wege be
nutzen können.
Das letzte Blatt endlich enthält eine Zusammenstellung der
Längenschnitte sämtlicher Ströme in einheitlichem Mafsstabe. Aufser
Niedrig-, Mittel- und Hochwasser nebst den Gefällen sind darin die
Uferhöhen, Deichkronen, Leinpfade und Brücken eingetragen.
Vor einiger Zeit ist in diesem Blatte die Thätigkeit der
preußischen Wasserbanverwaltung innerhalb der letzten zehn Jahre,
namentlich in Bezug auf die zur Verwendung gekommenen Geldmittel,
besprochen worden. Das hier in Rede stehende Werk kann gewisser-
mafsen als Ausweis über das mit jenen Mitteln Geschaffene angesehen
werden und wird die preußische Wasserbauverwaltung von dem Vor
wurf der Unthätigkeit, welcher ihr häufig von wenig eingeweihten
Persönlichkeiten gemacht wird, entlasten. Doch das ist Nebensache.
Viel wichtiger ist der Umstand, dafs das Werk bisher nur Örtlich
bekanntes zum Gemeingut aller heimischen Wasserbautechniker
macht, zu vergleichenden Forschungen herausfordert und vielseitige
Anregungen giebt, die für den Ausbau der Wasserstraßen und den
heimischen Wasserverkehr nur von Nutzen sein köriSpe'n.' —1.
» • 4
Die Eisenbahneü Deutschlands im Betriebsjahre 1889/90.
(Schlafs aus Nr." 33.) •
Im Personenverkehr beläuft sich die Zahl der geförderten
Personenkilomeftr auf über 10172 Millionen, wovon auf die l. Wagen-
klasse 1,93 (1,84) v. H., auf die II. Wagenklasse 16,50 (16,80) r. H.,
auf die lll. Wagenklasse 50,33 (50,99) v, H., auf dfa IV. Wagenkiasse
26,28 (25,36) v. H. und auf Militärbeförderung 4,96 (5,0l) v, H. ent
fallen. Auf 1 km der durchschnittlichen Betriebslänge für den
Personenverkehr treffen 264,396 (235-750) Peraonenkiloineter. Jeder
Reisende ist im Durchschnitt 26,99 (27,10) km weit gefahren. Auf
Rückfahrtkarten sind 3$,05 v. H., auf Rundreiseheft« 4,14 v. H.
und auf Zeit- und Dauerkarten 3,34 v, H. aller Personenkilometer
zurückgelegt. Von den in den Personenwagen vorhandenen Plätzen
wurden in der I. Klasse 9,23 (8,61) v. H., in der II. Klasse 19,45
(19,86) v. H„ in der III. Klasse 24,94 (24,95) v. H., in' der IV. Klasse
32,66 (31,33) v. H. und im Durchschnitt für alle Klassen 24,52
(24,31) v. H. ausgenutzt.
Im Güterverke hr sind im ganzen über 22013 Millionen Tonnen
kilometer oder auf 1 km der durchschnittlichen Betriebalänge für
diesen Verkehr 542 637 (514399) Tonnenkilometer geleistet, und ist
jede Güterwagenachse im beladenen Zustande mit 3,68 (3,67) Tonnen
und im Durchschnitt bei allen Fahrten (beladen und leer) mit 2,39
(2,36) Tonnen belastet gewesen, was einer Ausnutzung der Tragfähig
keit von 75,41 (75,51) v. H. bezw. 48,98 (48,56) v, H, entspricht.
Die Gesamteinnahmen betrugen über 1267 Millionen Mark
(gegen 886 Millionen Mark im Jahre 1880/81), wovon 383,9 Millionen
oder 26,4 v. H. ans dem Personenverkehr, 873,2 Millionen odei 1
69,05 r. H. ans dem Güterverkehr, der Rest aus sonstigen Einnahmen
entstammten. Diesen Einnahmen steht eine Betriebsausgabe von
701,4 Millionen (1880/81 rund 494 Millionen) Mark gegenüber, sodafs
sich ein Betriebsiiberschufs von 565,7 Millionen (1880/81 rund
392 Millionen) Mark oder von 44,64 (1880/81 von 44,21) v, H, der
Ges&mtdnnahmQ ergiebt, was einer Verzinsung dar Baukosten yojj.5,88
v. H. gegen 4,70 V. H.jmdahre 1880/81 entspricht; Für die preußischen
Staätsbahneh finden ^wir einen Betriebsüberschuß Von 3^,9 Millionen
Mark. oder 46 v, H.- der Gesamteinüahme und ejhae Verzinsung der
Baukosten in Höhe Von. 6,65. v. H. / ' .> " r '
Der Nach Weisung über die Unfälle beim Eisenbahnbetriebe
(mit Ausschluß der Werkstätten) ist au ■ entnehmen, dafs 423 Ent
gleisungen — 150 auf freier Strecke, 273 in Stationen ►— infolge von
Schienenunterbrechungen ün<T Hindernissen auf der, Bahn, ungenauer
oder falsch^ Stellung der W«ichejV und der sonstigen; beweglichen
Vorrichtungen, unrichtiger Handhabung des Äugfflenstes', Mängeln am
Oberbau oder au Fahrzeugen (Ausbrüchen, Radreifenbrüchen) usw.
stattgefunden haben, und 304 Zusammenstöfse — 28 auf freier Strecke,
276 in Stationen — durch falsch« Anordnungen des Stationspersonals,
falsche Weichenstellung, mangelhafte Signalgebung oder Nichtbeach
tung der Signale, 28 schnelle« Einfahren in die. Stationen, unvorsich
tige Handhabung des Verschubdienstea oder unrichtige Aufstellung
von Fahrzeugen, Zugtrennungen mW* verursacht werden sind. Hier
bei wurden 36 Personen getödtet und 345 Personen verletzt, sowie
2286 Fabmeuge mehr oder minder .erheblich beschädigt. Sonstige
Unfälle — Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kessel
explosionen usw. — haben sich 577 auf freier Bahn und 1784 in.
Stationen ereignet. Bei allen diesen Unfällen wurden von den
Reisenden .ohne eigenes, Verschulden 16 getödtet und 118 verletzt
Und' Infolge eigener ÜAVorslehtigkeit 24 getödtet und 56 ver
letzt Es kommt somit überhaupt erst eine Tödtung auf nahezu
10 Millionen Reuende und eine Verletzung auf etwa 2,2 Millionen
Reisende. Der Verlust an Bahnbeamten und Arbeitern im Dienste
stellte sieh auf 848 Todte und 1763 -Verletzte, wobei in der über
wiegenden Mehrzahl der Fälle eigenes Verschulden — unvorsich