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Centralblatt der Bauverwaltung.
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Länge ist in neun Abschnitte von je 7,5 m Länge getheilt und über
ebenso viele Zwillingsquerträger gestreckt. In Abb. 12 steht unter
der Mitte jedes Querträgers ein Druckkolben, in Abb. 9—11 sind je
zwei seitliche zur Unterstützung verwendet, sodafs die eine weit'
gehende Verkleinerung der Haupttragtheile herbeiführenden Kolben-
zahlen 18 bezw. 9 sich ergeben. Die nebst Wasserfüllung rund
2000 Tonnen schwere Trogschleuse belastet jeden Kolben mit etwa
111 bezw. 222 Tonnen und erfordert bei nur 20 Atm. Ueberdruck in der
Druckrohrleitung Kolbenquerschnitte von je V20. Hl 000 = 5550 qcm
bezw. von 11100 qcm. Die berechneten Kolbenfläcben sind in Abb. 11
bei 84 cm Durchmesser vorhanden, wahrend die Kolben der Abb. 12
Durchmesser von 120 cm erhalten.
Ob als Gegengewicht der Trogschleuse eine zweite Schleuse von
gleicher Bauart, oder ein oder mehrere Kraftsammler, welche übrigens
keiner gemeinsamen Führung bedürfen und in beliebiger Reihenfolge
sich bewegen mögen, zur Anwendung kommen, ist für die hier zu
besprechenden Vorrichtungen bedeutungslos. In jedem Falle hand
habt der Schleusenführer nur einen einzigen Schieber in der Drnck-
rohrverbindüng zwischen beiden Lastkörpem, um Steigen und Sinken
der Trogschleuse einzuleiten und zu beschleunigen oder zu verlang-
samen und zu beenden.
Der regelrechte Gang und die wagerechte Lage der neunmal in
der Längsrichtung unterstützten Trogscbleuse wird durch zwei
schmiedeeiserne LUngswellen w gesichert, welche durch Lager au
den Enden der Querträger befestigt sind und mittels je 9 bezw.
9x2 Zahnrädern an ebenso vielen Zahnstangen v der gemauerten
Seitenpfeiler laufen: ein vorauseilender Kolben dreht die benach
barten Zahnräder schneller um, und die durchgehenden Wellen to
übertragen diese Voreilung eines Stützpunktes auf die anderen Zahn
räder, welche durch Druck auf die Zahnstangen v den Gang der
zurückgebliebenen Kolben fordern.
Um die Stärke der führenden Wellen zu berechnen, stellen wir
zunächst die übliche Bedingung auf, dafs dieselben auf je 1 m Länge
sich um V* Grad verdrehen dürfen. Dies ergiebt auf 4.7,5 m von
der Mitte aus eine Verdrehung von 7,5° oder von V« der Kreis-
theilung. Bei einem Theilkreishalbmeeser von 10 cm und dem zu
gehörigen Umfange von 63 cm ist der Verwindungsbogen zwischen
der Schleusenmitte und den äufsersten Stützpunkten 1 /is, 63 = 1,3 cm.
Setzen wir unter Berücksichtigung des Spielraumes zwischen den
Zähnen der Zahnräder und der Zahnstangen den Ausschlag am Ende
der Kammern auf rund 2 cm an, so beträgt der verschobene Wasser
keil auf jeder Hälfte der 8,6 m breiten Kammer 1 /2.0,02,34.4,8
— 1,462 cbm, wovon allein 0,578 cbm auf den Endkolben fallen. Die
Torsionsmomente aus dieser ungleichen Wasserbelastung sind in
den Mittelstrecken der Wellen
Mi —1462.100 = 146 200 kgmm
und in den Endstrecken
Ms — 578.100 = 57 800 kgmm.
Hierzu treten die Angriffe infolge der Ungleichheit der Kolben
widerstände.
Die Gröfse der Stopfbüchsenreibung F ist bei gut geölten Leder-
etulpdichtungen nach Versuchen von Hick (siehe Reuleaux „Con-
etructeur“, 4. Auflage, Seite 1030):
F= also in Abb. 12: und in Abb. 11: -*'2 = ^.
Zur gröfseren Sicherheit sollen diese Werthe verdoppelt werden,
111 006
sodafs man für jeden Kolben in Abb. 11: F-i =—“264 kg
Reibungswiderstand findet.
Macht man nun die Annahme, dafs die Widerstände sämtlicher
Kolben auf der einen Hälfte gleichzeitig um 50 pCt, sich vergröfsern,
so tritt in den Mittelstrecken der Wellen das Torsionsmoment
Mi 1 = 1/2.4.264,100 = 52 800 kgmm
auf, welches mit obigem Mi zusammen 199 000 kgmm ergiebt. In
den Endstrecken würde bei voller Verdopplung der Reibung des
Endkolbens nur ein Moment M%' — 264.100 kgmm zu obigem Ms
treten und den Gesamtangriff auf 84 200 kgmm steigern.
Für das gröfste Torsionsmoment in den Mittelstrecken der
Wellen genügt in Rücksicht auf Verdrehung nach der Formel:
4
d — 4,13 VM (siehe Heul. „Constr.*, S. 362) ein Durchmesser d~Sl mm.
Auf Festigkeit bei <5 = 6 kg/qmm berechnet, würden die 87 mm
starken Wellen ein Torsionsmoment von 768 000 kgmm, also fast das
Vierfache des erforderlichen aufnehmen. Beim Bruch einer Welle
aus nicht vorherzusehenden Ursachen würde sonach die zweite
Welle nicht überanstrengt, sondern nur etwas mehr verdreht werden.
Dies erscheint aber im Hinblick auf obigen Ausschlag von 1,34-0,7
= 2 cm, der auf etwa 2,6 4- 0,9 = 3,5 cm sich vergröfsern könnte,
völlig unbedenklich. Ueber die Wahl des Verdrehungswinkels vergl.
Reul. »Constr « S. 363.
Die beiden Längswellen w in Abb. 12 fallen wegen der gröfseren
Kolbendurchmesser und deren um Vs geringeren Reibungswider
stände etwas schwächer als in Abb. 11 aus. Ferner können dort die
Zahnstangen v in der Achse der Zwillingsquerträger angeordnet und
auf je neun zu jeder Seite beschränkt werden.
Durch mehrere Querwellen w?i, welche mit den Längs wellen w
der Abb. 9—12 durch Kegelräder verbunden sind, wird neben den
Gleitschienenfübrungen c gegen Winddruck eine Parallelführung
nach der Quere gewonnen, welche zugleich die Ungleichmäfsigkeiten
der Kolbenwiderstände ausgleichen hilft.
Bei dem hohen Sicherheitsgrade der Wellenführungen kann von
der Mitwirkung der Längsträger zur Ausgleichung der Belastungen
und Widerstände abgesehen werden. Nach Abb. 12 sind alle Kolben
fest mit den Qaerträgem verbunden und dadurch lotbrecht geführt;
bei solcher Unverschieblichkeit der Stützpunkte sind die Wärme
längungen durch Anschlufsfugen, welche mit Gummiplatten gedichtet
werden, in jedem Kammerfelde unschädlich zu machen. Umgekehrt
gehen in Abb. 9—11 die Längsträger und die als solche auszu-
bildenden Seitenwände des Kastens auf 68 m Länge durch und
unterstützen die Wellen in der Ausgleichung der Widerstände; dafür
sind wegen der Wärmeausdehnungen auf den Köpfen der Kolben
Gleitlager und darunter doppelte Gleitschienenführungen 2 ange
ordnet. Unter Umständen liefert die geringere Gründungstiefe seit
lich gestellter Kolben, die durch Erhöhung der Seitenpfeiler noch
weiter vermindert werden kann, wesentliche Ersparnisse gegenüber
der Anordnung mit halb so vielen Mittelkolben.
In Abb. 9—11 ißt nebenbei der Versuch gemacht, durch eine
Wasserfüllung der Trockenkammer unterhalb der regelmäßigen
Stellung der Trogschleuse die gleiche Sicherheit gegenüber den
Folgen von Rohrbrüchen wie bei der nassen Kammer in Andeiton
zu gewinnen. Durch Blech- oder Bretterverkleidungen sollen ge
neigte Hälften eines zweiten Bodens und äufsere Trogwände her
gestellt werden, welche neben den gemauerten Kammerwänden so
geringe Spielräume offen lassen, dafs die Wasserfüllung durch un
beabsichtigtes Eintauchen des Bodenkeils schnell bis zur Kammer-
Oberkante getrieben wird. Dem weiteren Sinken der Trogschleuse
wird alsdann der volle Auftrieb sowie der Widerstand des Wassers,
welches aus der zu einem Wasserpuffer gewordenen Trocken
kammer nach oben gedrückt wird, entgegenwirken und dasselbe
rasch hemmen.
Die in Schemfil (Canal- und Hafen-Werkzeuge in Frankreich
und England, Wien 1882, Seite 7 und 8) erwähnten Fallversuche mit
Blechkörpern in Marseille sind nicht mafsgebend für die Stofs-
wirkung des Wassers auf fallende Trogschleusen, weil die aus 10 m
Höhe fallenden VerBuchskästen mit einer Geschwindigkeit von rund
14 m/Sec. auf die Wasserfläche treffen mufsten, die Fallgeschwindig
keit von hydraulischen Schleusen bei Rohrbrüchen aber nach
folgendem weit geringer ist.
In dem genannten Werke auf Seite 3 wird berichtet: man habe
bei dem Bau des Ascensors in Anderton geglaubt, dafs die Trog
kammerwandung bei einem rapiden Falle durch die Anordnung
einer gefüllten Schleusenkammer vor gröfserem Schaden bewahrt
bliebe, als wenn sie auf trocknen Boden fallen würde. Auf Seite 10
wird diese Vorsichtsmafsregel wegen der erwähnten Fallversuche als
«nicht von grofsem Werthe“ bezeichnet, aber bald nach dem Er
scheinen des Buches hatte Bein Verfasser in der Wochenschrift des
Oesterreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins 1882, Seite 213,
die Mittheilung zu machen, dafs am 18. April 1882, d. h. nach sieben
jährigem Betriebe infolge Senkung der Pressen der oberste Cylinder-
ring unter einer hoch gehobenen Schleusenkammer geborsten, und
die Kammer ohne Schaden zu nehmen ins Unterwasser gefallen sei.
Bei einem Ueberdrucke von 36 Atm. mufste die Geschwindigkeit
des ausströmenden Druckwassers
V= 0,67 . V2.9,81.367TÖ 56 m/Sec. sein.
Die Ausströmungsöffnung läfst sich nach einer Skizze des aus
gebrochenen Ringstückes aus der Rifslänge und der Breite des
Zwischenraumes zwischen Kolben und Cylinder von scheinbar Vs Zoll
engl, auf rund 105 qcm oder Vtsi der tragenden Fläche des 91,4 cm
starken Kolbens schätzen. Die Fallgeschwindigkeit der Schleusen
kammer konnte daher nur die Gröfse v ~ yea. 56 = 0,90 m/Sec. er
reichen. Die zur Aufhebung der lebendigen Kraft der fallenden
Schleuse erforderliche Eintauchungstiefe t nach Eintritt des vollen
Auftriebes Cr berechnet sich aus
G.t
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"2.9
ZU
2.9,81
— 0,04 m.
Eine Wirkung der weiten Schleusenkammer für beide Trog-
schleusen als Wasserpuffer konnte nicht eintreten, war auch
entbehrlich, da die zulässige Mehrtauchung bis zur Berührung der
Stopfbüchse rund 0,30 m beträgt (vergl. Bellingrath, Bau- und Be
triebsweise eines Canalnetzes, Berlin 1879, Blatt 8). Für Abspringen
des vollen Ringes berechnet sich die Eintauchungstiefe t = 0,5 m.