Centralblatt der Bauverwaltung,
Ir. 17.
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am Adriatischen Meer, Palermo, Porto Empedocle und Catania auf
Sicilien und Cagliari auf Sardinien. Mit Ausnahme von Genua,
Savona, Venedig, Messina, Neapel, Brindisi, Bari und Trapani ent
behren die Hafenanlagen einstweilen noch Kaimauern, an denen die
Fahrzeuge unmittelbar anlegen können. Die Ausrüstung der Ufer
mit Schuppen, Ladegeleisen und Hebewerken steht vorläufig nur in
Genua auf gleichem Iiang mit den Häfen des nördlichen Europas.
Venedig, Savona und Neapel eifern ihm jedoch nach.
Dafs die Hafenanlagen Italiens mit ihrem inneren Ausbau noch
ö o weit im Rückstand sind, obgleich in den letzten Jahrzehnten seit
der Gründung des Königreichs viele Millionen für Hafenbauzwecke
aufgewandt worden sind und dauernd aufgewandt werden, erklärt
sich durch die Schwierigkeit und Kostspieligkeit der Aufsenbauten.
Die Frage der Strömungen, von so grofser Bedeutung für die Zu
gänglichkeit und den Schutz gegen Versandung bei den Häfen im
Tidegebiet, spielt bei den italienischen Häfen keine Rolle, höchstens
Messina und die Auemündungen des venezianischen Küstensees aus
genommen. Dagegen sind die Hafendämme, welche die künstlichen
Becken umgrenzen, durch ihre Lage am offenen Meer bei widrigen
Winden der vollen Gewalt des Seegangs ausgesetzt, und die Ein
wirkungen der äufseren Wellenbewegung auf daB abgeschlossene
Wasser erfordern die volle Aufmerksamkeit des Hafen-Baumeisters,
um durch Richtung und Weite der Mündung die ruhige Lage der
Fahrzeuge im Hafenbecken zu sichern und dem Eintreiben von Sand
mit den Wellenströmungen vorzubeugen.
Die meisten italienischen Häfen sind in dieser Beziehung noch
unfertig und bieten noch keine volle Sicherheit bei allen Winden.
Bevor mit dem inneren Ausbau vorgegangen wird, mufs durch Ver
längerung der Ilafendämme oder Anlage neuer Schutzwerite für
Ruhe im Hafenbecken gesorgt werden. Während bei den Tidehäfen
gewöhnlich das innere, für Lösch- und Ladezwecke dienende Becken
durch Schleusenthore vom Vorhafen vollständig getrennt ist, geht
letzterer bei den italienischen Häfen öfters allmählich in den inneren
Hafen über oder steht durch eine Wasserfläche von bedeutender
Breite mit ihm in Verbindung. Die aus dem offenen Meer in den
Vorhafen eintretende Dünung pflanzt eich daher gewöhnlich auch
in den Innenhafen fort, auf dem breiter werdenden inneren Becken
zwar abgeschwächt, anderseits jedoch auch manchmal wieder durch
Zurückwerfen der gegen Ufermauern und Ladebrücken mit steilen
Vorderflächen schlagenden Wellen derart verstärkt, dafs die dort
befestigten Schiffe zuweilen im Umladegeschäft gestört oder sogar
beschädigt werden.
Dies macht sich besonders in denjenigen Häfen fühlbar, in
welchen die ehemaligen Hafendämme bei der durch den Bau neuer
Dämme ausgeführten Erweiterung in Ladebrücken verwandelt werden
inufsten, z. B. in Neapel. Wenn die alten Häfen von geringer Be
deutung waren, hat man daher vorgezogen, die neue Anlage unab
hängig von ihnen herzustellen, z. B. in Bari und Cotrone, Nur selten
ist man in der Lage gewesen, die Vergröfserung des Hafens in ähn
licher Weise, wie dies bei den Tidehäfen meistens geschieht, durch
Ausschachtung neuer Becken im Innenhafen zu bewirken, z, B. in
Savona und Livorno.
Zum weitaus gröfsten Theil besitzen die italienischen Buchthäfen
nur eine Einfahrt. Die Buchthäfen mit zwei Einfahrten sind neuer
dings meistens durch Schliefsung einer derselben umgebaut worden,
2. B. in Salerno und Molfetta. Die Häfen von Livorno, Civitavecchia
und Licata, welche einstweilen noch mit zwei Einfahrten versehen
sind, zeigen mancherlei Uebelstände, vor allem zu gxofse Unruhe in
dem vom Wellenbrecher abgeschlossenen Vorhafen. In Civitavecchia
ist bereits die Verbindung des Wellenbrechers mit dem südlichen
Hafendamme, also die Beseitigung der südlichen Einfahrt in Angriff
genommen. In Livorno wird ein besonderer Hafendamm zum Schutz
der Südeinfahrt gegen die herrschenden Winde angelegt. Auch in
Licata dürfte kein anderer Ausweg bleiben, als die östliche Einfahrt
zu schliefsen. Wenn früher die Anlage von zwei Einfahrten eine
gewisse Berechtigung hatte, um den Hafen bei verschiedensten Wind
richtungen für Segelschiffe leicht zugänglich zu machen, so ist dieser
Grund bei dem jetzigen Ueberwiegen der Dampfschiffahrt nicht mehr
ausschlaggebend, zumal sich die Segelschiffe bei widrigem Wind der
Schleppdampfer bedienen können. Selbst wenn die Ablagerung von
Sand beim Vorhandensein zweier Einfahrten in geringerem Mafse
stattfände — was als Vorzug dieser Hafenform angesehen wurde,
aber keineswegs immer zutrifft —, so wird dieser Vortheil doch da
durch gröfstentheils ausgeglichen, dafs man im ruhigen Wasser
stetiger und billiger baggern kann. Als wichtigste Bedingung er
scheint die Erhaltung ruhigen Wassers im Vorhafen; und diese
Rücksicht hat dazu geführt, die Form der Buchthafen mit zwei Ein
fahrten in Italien aufzugeben.
In der Regel liegt daher die Einfahrt der italienischen Häfen
zwischen zwei Hafendämmen, von denen der luvwärts befindliche am
gröfsten und gewöhnlich in geschwungener Linie so weit vorgebaut
ist, dafs er den aus dem offenen Meer kommenden Seegang von der
Einfahrt abhält. Meistens liegen die Häfen an einer geräumigen
Einbuchtung der Küste, sodafs die Mündung durch ein vorspringen
des Cap geschützt ist. Zuweilen reicht dieser Schutz aus, um den
leewärts befindlichen Hafendamm ganz entbehren, z. B. in Molfetta,
oder auf den Vorbau eines Sporen beschränken zu können, z. B. in
Bari und Salerno. Jedoch verursachen die zur Küste parallel
streichenden Winde alsdann öfters einige Unruhe im Hafen. Wenn
jener Schutz nicht ausreicht, so empfiehlt es sich, den gegenüber
der Mündung gelegenen Strand nicht mit Ufermauern zu versehen,
sondern für das Auflaufen der Wellen offen zu halten, wie dies z. B.
in Porto Empedocle, Barletta und Porto Maurizio der Fall ist.
Letztere Rücksicht beeinträchtigt einigermafsen den inneren
Ausbau der Häfen, da ein Theil des Beckens dem Verkehr entzogen
bleiben mufs. Falls dessen Anwachsen späterhin zur besseren Aus
nutzung des Hafenbeckens nöthigt, würde man an jener Stelle senk
recht zum Ufer eine Ladebrücke anlegen können, damit der bei ge
wissen Windrichtungen eintretende Seegang die Schiffe nicht von
der Seite, sondern in der Längsachse trifft. Im ausgedehntesten
Mafse sind solche Ladebrücken beim Hafen von Genua zur Aus
führung gebracht, sämtlich für das Anlegen der tiefstgehenden Fahr
zeuge geeignet und von genügender Breite für die Einrichtung von
Schuppen, Geleise- und Krahnanlagen, an ihrem FuCs durch Kai
mauern längs des Ufers mit einander verbunden. Auch bei anderen
Häfen, z. B. Cagliari und Ancona bedient der Lösch- und Lade
verkehr sich derartiger Brücken. In Neapel, Livorno und anderen
Hafenplätzen hat man die bei der Erweiterung ihrer früheren Be
stimmung entzogenen alten Hafendämme in Ladebrücken umgewandelt.
Jedoch bildet hier wie in fast allen italienischen Häfen das Ueber-
laden der Güter in und aus kleinen Schuten die Regel, das unmittel
bare Ueberladen dagegen zum Nachtheile des Handels nur die Aus
nahme. Ein solcher unmittelbarer Lösch- und Ladeverkehr zwischen
den tiefgehenden Fahrzeugen und den mit Kaimauern eiugefafsten
Ufern findet in Messina, Brindisi, Trapani und am Seeumschlags
platz von Venedig statt. Letzterer wird gegenwärtig mit hydrauli
schen Krahnen ausgerüstet und gehört zu den besteingerichteten
Hafenanlagen des Mittelmeeres, besonders in betreff seiner Lade
geleise.
Während bei den alten, aus früheren Jahrhunderten herrühren
den italienischen Hafenanlagen der Üufsere Liegehafen, Porto oder
Rada genannt, von dem inneren Ladehafen, der die Benennung Dar-
sena führte, scharf getrennt war, ist bei den neueren Anlagen der
Unterschied zwischen Vorhafen und eigentlichem Hafen in der Regel
nicht klar ausgeprägt. Vielfach dienen die leewärts gelegenen
Hafendämme zum Güterumschlag mindestens für die Kleinschiffahrt,
z. B. in Catania, Bari, Barletta, Torre Annunziata usw. Oefters sind
sogar die luvwärts gelegenen Schutzdämme auf der Innenseite mit
Ladestrafsen versehen, an deren Kaimauern die Fahrzeuge unmittel
bar anlegen, z. B. in Bari, oder in etwas gröfserem Abstand fest
gelegt und mit Schuten gelöscht werden, z. B. in Palermo. Wo eine
Darsena noch vorhanden ist, z. B. in Genua, Civitavecchia und
Neapel, wird sie jetzt gewöhnlich nur von Küstenfahrzeugen und
Schuten benutzt. Ausnahmsweise hat man in Livorno und in Savona
ein solches inneres Hafenbecken mit gröfserer Tiefe neu angelegt,
letzteres mit Ladegeleisen und Erahnen auf seinen Ufern vortrefflich
ausgestattet. An anderen Orten, z. B. in Catania, Palermo und Porto
Empedocle, hat durch den Bau der neuen Schutzdämme der alte Hafen
genügende Sicherheit gegen den Eintritt des Seegangs erhalten.
Meistens jedoch ist bei den neuen Anlagen weder der Vorhafen
noch der Innenhafen, wo sich überhaupt ein solcher Unterschied
machen läfst, gegen Wellenbewegungen unter allen Umständen ge
sichert. Der Hauptgrund dieses Uebels liegt darin, dafs sowohl die
Einfahrt in den Vorhafen als auch dessen Verbindung mit dem
Innenhafen weiter zu sein pflegt, als für die heutigen Schiffahrts
verhältnisse nothwendig ist, da seinerzeit bei Ausarbeitung der Ent
würfe zu viel Rücksicht auf die bequeme Zugänglichkeit für Segel
schiffe genommen war. Wie die Sachen jetzt liegen, scheint für das
sichere Ein- und Auslaufen von Dampfern und geschleppten Segel
fahrzeugen eine Weite der Vorhafen-Einfahrt von 200 bis höchstens
800 m vollständig zu genügen, für die Verbindung mit dem Innen
hafen eine Weite von etwa 50 m. Aehnliche Abmessungen besitzt
z. B. der Hafen von Savona, wogegen bei den meisten gröfseren
Häfen die Einfahrtsweiten über 300 bis zu 550 m betragen. Sogar
die Verbindungen zwischen Vor- und Itmenhafen sind in Genua und
Neapel über 370 m weit. In jenem Sinne, Einschränkung der über-
mäfsig grofsen Einfahrtsweiten, werden jetzt die Entwürfe zum Aus
bau des Hafens von Neapel und anderer italienischen Hafenanlagen
bearbeitet. Gute Erfolge dürften nicht ausbleiben.
Die vorstehenden Angaben stützen sich vorzugsweise auf die in
der Zeitschrift II Polüecnico Jahrg. 1890 erschienene höchst ver
dienstliche Abhandlung des Ingenieurs D. Lo Gatto. H. Keller.