Centralblatt der Bauverwaltuog.
25. April 1801,
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Die Arbeiter hätten sich dadurch ihren Dienst aber selbst erschwert,
weil sie dann mit den beladenen Wagen gröfsere Wege hätten zurück
legen müssen, wozu sie weder Zeit noch Grund gehabt hätten.
Anderseits gestattete es die Bauart der Wagen auch nur mit Auf
wand gröfserer Mühe, die für Kalk bestimmte Abtheilung bereits
am Sandlagerplatz theilweise mit Sand zu füllen. Es war somit auch
ohne strenge Beaufsichtigung alle Gewähr dafür geboten, dafs ein
stets sich gleichbleibender guter Mörtel erzielt wurde.
Die innige Mischung der so herbeigefahrenen Materialien erfolgte
in der schon erwähnten Mörtelmaschine. Dieselbe bestand aus einem
halbcylindrischen Blechmantel, in dessen Längsrichtung sich eine
mit schräg verstellten Flügeln versehene Welle befand, die durch
ein Vorgelege mit der Treibwelle des Maschinenhauses verbunden
war. Das zur Mischung erforderliche Wasser lieferte eine über dem
Schütttrichter der Mörtelmaschine angebrachte Wasserleitung. Der
fertige, gut gemischte Mörtel flofs am unteren, mit Klappe verschliefs-
baren Ende der Maschine in die daselbst bereit stehenden Bau wagen
ab und gelangte von dort mittels Locomotive an die einzelnen Arbeits
stellen des Tunnels. Die Zubereitung des gesamten für den Tunnel
erforderlichen Mörtels wurde in der beschriebenen Weise meist durch
nur zwei Arbeiter bewerkstelligt, wobei der Umstand die Arbeit
wesentlich förderte, dafs die im Geding arbeitenden Maurer ihren
Einflufs auf die im Tagelohn beschäftigten Kalklöscher im Sinne
einer beschleunigten Arbeitsleistung geltend machten. Auch hatten
die Arbeiter, die zu den einzelnen Verrichtungen nöthigen Fertig
keiten, wie das Durchdrücken der Wagen durch die feste Weiche
und das Umsetzen der ersteren auf der Plattform, bald erlernt, sodafs
der Betrieb während der eigentlichen Mörtelbereitung schnell und
ohne Störung von statten ging und die übrigen vorbereitenden
Arbeiten mit Sorgfalt und gröfster Sauberkeit ausgeführt werden
konnten.
Die ganze Anlage am Marienthaler Tunnel bat sich gut bewährt
und ist auch neuerdings bei dem kürzlich vollendeten 1150 m langen
Milseburg-Tunnel der Strecke Fulda-Tann mit demselben Erfolg und
nur unwesentlichen Abänderungen zur Ausführung gelangt.
Nixdorff, Kgl. Reg.-Baumeister.
Amtsgericht in Hennef.
Zu den kleinen preufsischen Amtsgerichtsgebäuden, deren Er- I gen des Schöffensaales,
richtung in neuerer Zeit, insbe
sondere nach Einführung des
Grundbuches, nothwendig gewor
den ist, gehört das Geschäfts
haus für das Amtsgericht des
im Siegburger Kreise belegenen
Ortes Hennef. Das kleine Ge
bäude , dessen im Ministerium
der öffentlichen Arbeiten unter
Oberleitung des verstorbenen
Ober - Baudirectors Endell ent
standener Entwurf sich zur Zeit
in Ausführung befindet, erhält
seinen Platz beim Anfänge des
Ortes am Kreuzungspunkte der
Geistinger und Köln - Frankfurter
Chaussee. Da es dort inmitten
von Gartenanlagen nach allen Sei
ten freisteht, hat es, um bei
zweckmäfsiger Geschlossenheit den
Anforderungen vollkommener Licht
zufuhr und gefälliger Auf
baugliederung zu entsprechen,
eine mäfsig gruppirte Gestalt er
halten.
Die Anordnung der Haupt
grundrisse ist aus Abb. 2 und 3
ersichtlich. Der Keller enthält
Gelasse für Brennstoffe, für Ge-
räthe und zurückgelegte Acten
sowie Räumlichkeiten, die zur
Castellanswohnung gehören. In
dem in einfachen Renaissance
formen gehaltenen Aufbau spricht
sich das Wesen des Gebäudes
schlicht und klar aus. Der Haupt
eingang und die Fensteröffnun-
des
Abb. 1. Hauptfront.
Abb. 2. Erdgeschofs.
Abb. 3. Obergeschofs.
vornehmsten Raumes im Gebäude,
sind der Strafsenkreuzung und
dem dort befindlichen Hauptzu-
gange des Grundstückes in einem
mittleren Vorbau zugekehrt. An
dieser Stelle des Hauses ist auch
der demselben zugedachte be
scheidene ornamentale und heral
dische Schmuck zusammenge-
halten.
Die Ausführung der Fronten
erfolgt in gelben Backsteinen
für die Flächen und rothem Kyll
burger Eifelsandstein für die Ge
simse , Gewände, Abdeckungen
usw. Das Dach erhält Mosel
schiefer - Eindeckung; die Flure
und Treppenhäuser werden eben
so wie die Kasse und der Grund
buchraum überwölbt, sonst kom
men durchweg Balkendecken zur
Anwendung. Beheizt wird das
Haus mit Regulirfüllöfen. Die
Goschofshöhen betragen zwischen
den Fufsbodenoberkanten im Kel
ler 2,50 m, im Erdgeschofs und
ersten Stock je 4,30 m, während
die Höhe des Schöffensaalcs auf
5,30 m gesteigert wird. Die Aus
führung des einschliefslicli der
Nebenanlagen (Einfriedigung usw.)
auf 76 600 Mark veranschlagten
Gebäudes (1 qm = 211 Mark,
1 cbm = 16,5 Mark) leitet der
Regierungs - Baumeister Krücken
unter Oberaufsicht des Kreis-Bau
inspectors, Baurath Eschweiler
in Siegburg.
Die Seehäfen Italiens.
Trotz seiner grofsen Küstenentfaltung ist Italien an guten, für
die Anforderungen der heutigen Grofsschiffahrt genügenden Seehäfen
nicht reich. Theilweise mag der Grund hierfür sein, dafs nur [die
nördlichen Küsten ein ausgedehntes Hinterland besitzen, wogegen
die Küsten von Mittel- und Unteritalien ein verhältnifsmäfsig
schmales, vorzugsweise auf seine Bodenerzeugnisse angewiesenes
Land einschliefsen, in welchem die Gewerbethätigkeit, dieser mäch
tige Hebel der Seeschiffahrt, noch wenig entwickelt ist. Zum anderen
Theil liegt .jedoch der Grund in den natürlichen Bedingungen der
Küsten, welche die Anlage von Häfen mit ausreichender Tiefe an
den meisten Stellen, wo der Verkehr solche wünsebenswertli macht,
bedeutend erschweren und vertheuern.
Den Ilafenanlagen des nordwestlichen Europas kommt der Tide
wechsel zu gute, der dem Mittelländischen Meere fast ganz fehlt, ab
gesehen von der nördlichen Adria, wo Venedig und die Verbindungs
canäle seines Küstensees mit dem Meer von der Tideerscheinung
Vortheil ziehen. Während die meisten wichtigen Hafen der Länder
des Nordens an tiefen, als Reede dienenden Mündungsbecken von
Flüssen mit natürlichen Spülströmungen gelegen und gut geschützt
gegen den Seegang des Meeres selbst sind, während also dort die
Ströme den Hafenbau erleichtern und begünstigen, bilden sie in
Italien geradezu eine Erschwerung, da seine Flüsse sämtlich grofse
Massen von Sinkstoffen mit sich führen, welche an der Mündung
sich ablagern und die Küste allmählich vorwärts schieben. Nur
einige unbedeutende Häfen sind durch kleine Seecanälc, die von
Flüssen oder aus Binnenbecken gespeist werden, mit dem Meere ver
bünden, z. B. Fiumicino an der Tibermündung, Ravenna mit dem
Oorsinicanal, Rimini, Pesaro usw. Ihre Einfahrten besitzen parallele
Hafendämme, ebenso wie Malamocco, der wichtigste Verbindungs
canal für die nacli Venedig gerichtete Grofsschiffahrt.
Die meisten italienischen Häfen bestehen dagegen aus einer
natürlichen oder durch Hafendämme künstlich hergestellten Bucht.
Zu den Naturhäfen gehören vor allem Venedig, in Apulien Brindisi
und Tarent, auf Sicilien Messina, Syrakus und Trapani, von denen
jedoch nur Venedig und Messina für den Grofshandel Bedeutung
haben, Brindisi für den Postverkehr nach dem Morgenland. Unter
den künstlichen Häfen sind die wichtigsten; Genua, Savona, Livorno,
Civitavecchia und Neapel am Tyrrhenischen Meer, Bari und Ancona