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Centralblatt der Bauverwaltung.
Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
XL Jahrgang, ^ Berlin, 11« April 1891. ^ r * *5*
Erscheint jeden Sonnabend. — Bednetloa; SW/Zimmerstrafse 7“* — Ge*ehlft*t«lle «Md Annahme der imttlfen: W. 'Wilhelmstrafse 90. — Beuppreh; Vierteijäbrllch 3 Mark.
Einschließlich Abträgen, Post- oder Streifbandzusendaag 5,75 Mark; desgl, für das Aasland ißO Mark.
INHALTS Amtliches: Personal-Nachrichten. — Nichtamtliches: v. Tncherscher Brauerei-Aasschauk in Berlin. — Bestrebungen auc Hehnng der Biaaenachiffaürt Frankreichs,
— Umbildung und Tragfähigkeit des Planums von Eisenbahnd&mmen. — Elektrische Wasserstandsanzeiger. — Vermischtes: Preisausschreiben für Gesamt-
ansichteu von Wohn- and Pepräsentationsränmen. — Preisertbeiiung betr. eine neae evangelische Kirche in Gießen. — Eisenbatmfachwissenscliaftliche Vorlesungen.
— Lockerwerden der Laschenbolzen. — Beschlag für dnrchschlagende Thören. — „Breitfufsschiene oder Stuhlschiene ?" — Abhängen von Schlnfswagen auf
englischen Eisenbahnen- — Wirkungen des Baues der Fortbbräcke, — Eiserne Vorgarten-Gitter. — Gustav Prowe f.
Amtliche Mittheilungen.
Preufgen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem
Intendantur' und Baurath Bandke von der Intendantur des
XV. Ameecorpe und dem Königlichen Regierungs-Baumeister Stabe],
diätarisch beschäftigt im Garnison-Baukreise Strafsburg i. die
Erlaubnife zur Anlegung des ihnen verliehenen Grofsherzoglieh Badi
schen Ordens vom Zähringer Löwen zu ertheilen, und zwar ersterem
des Ritterkreuzes II. Klasse mit Eichenlaub, letzterem des Ritter
kreuzes II. Klasse, sowie ferner dem Regierungs-Baumeister und
Deichinspector Otto Hermann Schultze in Guben den Charakter
als Baurath zu verleihen.
Der Königliche Regierungs-Baumeister Emil Krueger in Han
nover ist an Stelle des ausgeschiedenen Professors Arnold zum
Mitgliede des Königlichen technischen Prüfungs - Amts dortselbst er
nannt worden.
Zu Königlichen Regierungs-Baumeistern sind ernannt: die König
lichen Regierung»-Bauführer Anton Schwarze aus Lindau a./Harz
und Paul Leuchten aus Aachen (Hochbaufach); — August Denicke
aus Buxtehude und Johannes Sittard aus Berlin (Ingenieurbaufach).
Den bisherigen Königlichen Regierungs-Baumeistern Ludwig
Kuehn in Wandsbek und Johannes Wannovius in Berlin ist die
nachgesuchte Entlassung aus dem Staatsdienst ertheilt worden.
Der Eisenbahn-Director May im technischen Eisenbahn-Bureau
des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten ist gestorben.
Der Wasser-Bauinspector Prowe, früher in Harburg, ist in
Valparaiso (Südamerica), wohin er seit einigen Jahren beurlaubt ge
wesen, gestorben.
Bayern.
Der Oberingenieur Johann Ludwig Strehl in Rosenheim und
der Bezirksingenieur Julius Hilgard hei der General-Direction haben
den Verdienstorden vom h. Michael IV, Klasse erhalten.
Ernannt sind; der Betriebsingenieur August Müller in Neu-Ulm
zum Bezirksingenieur, der Abtheilungsingemeur Gustav Bullinger
in München zum Betriebsingenieur, der Ingenieurassistent Bonifaz
Schmitt zum Abtheilungsingenieur beim Oberbahnamt Bamberg
und der Ingemeurassistent Joseph Bleibimhaus zum Abtheilungs
ingenieur in Schwandorf.
Versetzt sind in gleicher Diensteigeuschaft: der Bezirksingenieur
Alphons Kester von Schwandorf nach Regeosbarg, der Betriebs
ingenieur August Roscher von Landshut nach Schwandorf und der
Abtheilungsingenieur Gustav Markert von München nach Landshut.
Der Abtheilungsingemeur H. Hacker in Würzburg ist gestorben,
Sachsen,
Bei der ftscalischen Hochbauverwaltung ist infolge des frei
willigen Austrittes des Landbauinspectors Alfred Hermann Wanckel
der Regierungs-Baumeister Karl Louis Florenz Schmidt zum Land
bauinspector, und der technische Hülfsarbeiter Regierungs - Bau
meister Max Schnabel zum ständigen Regierungs-Baumeister er
nannt worden.
Sachsen • Altenbuvg.
Der bisherige Königlich sächsische Landbauinspector Alfred
Wanckel ist vom 1, April d. J. ab als bautechnischer Sachver
ständiger im Ministerium mit dem Range eines Ministorialassessors
und dem Titel Baudirector angestellt worden.
Nichtamtlicher Theil.
Redacteure; Otto Sarrazin und Oskar Hofsfeld.
Der t. Tuchersche Brauerei-Ausschank in Berlin.
Wenig mehr als ein Jahrzehnt ist es her, dafs wir uns ernstlich
und allgemein auf den Schatz besannen, den uns ungehoben die
deutsche Heimath in den Werken der Vorfahren barg, und fast hat
cs den Anschein, als gehe der Gewinn, welcher seitdem aus den
gewissermafsen neuentdeckten Kunstschöpfungen vaterländischer Ver
gangenheit gezogen worden ist, bereits wieder verloren. Erfreulicher
weise trügt aber dieser Schein. Bei aufmerksamerem Zusehen er
kennt man die guten Früchte jener Besinnung überall, selbst da, wo
man äufserlich wohl schroff ablehnendes Verhalten erblickte. Aber
auch die nicht zu entbehrende, zum mindesten jetzt noch unentbehr
liche unmittelbare Pflege und Fortentwicklung jenes Erbgutes hat
zum Glück nach wie vor Vertreter in namhafter Zahl, Künstler wie
Laien, und unter ihnen viele der Einsichtigsten und Trefflichsten;
es entstehen glücklicher Weise unausgesetzt Werke, die mehr wirken
und beweisen, als alles gesprochene und geschriebene Für und Wider.
Zu den Schöpfungen solcher Art gehört das Bauwerk, welches
der Nürnberger Architekt Prof. Konrsdin Walther zur Zeit für
seinen kunstsinnigen Bauherrn, den Frelherm v. Tücher, in Berlin
&n der Kreuzung der Friedrich- und Taubenstrafse errichtet, und
welches nur des Eintrittes andauernd milden Bauwetters geharrt hat,
um nun schnell seiner Vollendung entgegengeführt zu werden.
Wie eine gröfsere Zahl von Bauwerken, für die das oben Ge
sagte gilt, dient auch dieses Haus der Hauptsache nach den Aus
schankzwecken einer bayerischen Brauerei. Dafs das der Fall, dafs
überhaupt gerade die „Brauhäuser“ ganz besonders zu Trägern der
erwähnten Bestrebungen geworden sind, darf nicht Wunder nehmen.
Unsere Bräustuben zählen nun einmal zu unsern berechtigten und
beneidenswerten Eigentümlichkeiten;— gehört nicht auch in unserer
deutschen Dichtkunst zum Erfrischendsten und Volkstümlichsten
so mancher kernige Sang vom Wein und edlen Gerstensaft?
Der dem alten Nürnberger Patriciergeschlechte derer v. Tücher
entstammende Bauherr ist ein Mann echt deutscher Art und eifriger
Förderer nationaler Kunstweise. Auf seinen Wunsch sollte das Ge
bäude in der Art der Patricierhäuser seiner Vaterstadt aus dem
16. Jahrhundert — der bekanntesten eins von ihnen ist ja das
Tuchersche Stammhaus — gestaltet werden, und in Prof. Walther
hat er für die Verwirklichung seines Gedankens den richtigen
Künstler gefunden. Bezeichnend für jene Altnürnberger Bauweise
ist eine durchaus sehlichte und anspruchslose Frontengestaltung. In
die einfach glatten Mauern, welche der Gesimsgliederungen fast
ganz entbehren, sind die Fenster einzeln oder gruppenweis einge
schnitten, umrahmt von Gewänden, deren Proflle in mittelalterlicher
Weise in die Leibung zuriiekap rin gen. Hier und da unterbricht die
Mauerfläche eine reichere Pforte, belebt sie ein wenig vorspringen-
der Erker, der gleichfalls Gelegenheit zur Anbringung anmuthigen
Zierathes bietet. Die geputzten Wandflächen sind vielfach fröhlich
bemalt, mit Darstellungen, welche sich oft zusammenhängend über
die ganze Front ausspinnen und hierdurch allein schon die Ent
faltung von Gesimsen und plastischen Fensterumrahmungen aus-
schliefsen. Bezeichnend für die Bauten Alt-Nürnbergs ist ferner das
hohe Ziegeldach, welches mit seinen Treppengiebeln und reich -
geschnitzten Dach-Erkern, mit seinen Luken und eigenartigen Kamin-
hauben eine Hauptzierde des Gebäudes bildet.
In gewissem Gegensätze zu der Schlichtheit der äufseren Er-