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Centralblatt der Bauverwaltung.
28. Miln 1891,
Nachweis der vollkommenen Constanz der relativen Höhen
lage der Küste zum Niveau der Ostsee für die in Betracht
gezogene, die Jahre 1811—1888 umfassende, 78jährige Be-
ob&chtungszeit. Denn aus den Rechnungen des Herrn Seibt
über eine angenommene Veränderlichkeit zeigt sich, dafs zwar eine
Zahl für die jährliche Aenderung des Wasserstandes gefunden werden
kann, aber mit einem mittleren Fehler, der fünfmal gröfser
ist, als die Aenderung selbst, sodafs diese selbst that-
sächlich nicht vorhanden ist.
Wir dürfen also die Oberfläche der Ostsee als Stück einer Gleich
gewichtsoberfläche im eingangs erklärten Sinne ausehen.
Nun ist es noch nöthig, diese Gleichgewichtefläche mit anderen
Meeren durch Präcisionsniveilements in grofsen Schleifen zu verbinden,
deren Schlufsfehler uns dann Aufschlufs geben über den Grad des
Nichtparallelismus jener anderen Gleichgewichtsflächen, auf denen
wir uns etwa beim Nivellement bewegen. Wie aus diesen Ergebnissen
dann die wichtigsten geophysicalischen Schlüsse gezogen werden
können, denken wir demnächst auch zu zeigen.
Die Bedeutung der Mittelwasserbestimmungen und der auf sie
zu verwendenden geistigen Arbeit wird aber hoffentlich aus den
vorstehenden Zeilen genügend erhellen,
Aufstellung eines Brücken-Ueberbaues der Oliiobalm mittels schwimmenden Gerüstes.
Die Einfügung fertig verbundener Ueberbauten eiserner Brücken
in die Brückenöffnungen mittels schwimmender, auf Prähmen stehen
der Gerüste ist bereits seit längerer Zeit geübt worden. Die ersten
und grofsartigsten Anwendungen dieses
Verfahrens sind von Robert Stephenson
gemacht worden, welcher in solcher
Weise die Conway- und Britannia-Brücken
aufstellte. Später wurden nach diesen
Vorgängen die Jubiläumsbrückc über
den Hugly-Flufs in Indien, die Tay-
brücke in Schottland, die Hawkesbury-
brücke in Australien, die Coteaubrücke
über den St. Lorenz-Strom u. a. aus
geführt. Das jüngste Beispiel einer
derartigen Ausführung ist die Auf
stellung eines Ueberbaues der Eisen-
bahnbrücke über dem Hauptlaufe des
Ohio bei Pittsburg in Nordamerica,
Unterhalb der genannten Stadt ist
die Ohio-Verbindungsbahn, wie in Abb. 1 dargestellt, über den zwei
armigen Strom geführt, oberhalb eines Wehres, welches den Strom
hier anstaut und ein ruhiges [Fahrwasser an der Brückenbaustelle
Die Anordnung geht im übrigen aus den Abb. 2—4 mit genügender
Deutlichkeit hervor. Genau unter jeder Senkrechten des eisernen
Ueberbaues war eine Gerüstwand angeordnet, die Pfahljoche waren
indes aus den Ebenen dieser Wände
um ein Geringes zur Seite gerückt
(Abb. 2), um — die eine um die andere
Gruppe wechselnd — zur Aufnahme von
Prähmen, wie sie auf dem Ohio zur
Kohlenförderung benutzt werden, den
nöthigen Raum zu schaffen. Diese Prähme
haben bei 2,4 m mittlerer Tiefe eine
Länge von 39,7 m und 7,93 m Breite,
während der Abstand der Träger-
Senkrechten wie der Gerüstwände nicht
mehr als 7,97 m von Achse zu Achse
betrug.
Nach Fertigstellung der Gerüste
und des Ueberbaues wurden neun
derartige von Kohlenschiffem gemie-
tbete Prähme mit besonderen, der Länge nach verholmten
Bockgerüsten versehen, wie in Abb. 2 — 4 angedeutet, und
in die breiteren Oeffnungcn der Joche eingefahren; in der Mitte
Abb. 1, Lageplan,
herstellt. Der Hauptarm des Stromes wird mit einer Oeffnung von
160 m Weite und 20 m Lichthöhe, der Nebenarm mit einer Oeffnung
von 127 m Lichtweite überschritten, an welche über die Bunots-
Insel hinweg und an den beiden Ufern kleinere Oeffnungen sich an-
schliefsen. Um den Hauptlauf für den unablässigen bedeutenden
Verkehr von Flöfsen und Kähnen freizuhalten, und gleichzeitig vor
UnterBpülungen sicher zu sein, beschlofs die Keystone-Brücken
gesellschaft, die Unternehmerin des Brückenbaues, von der Ein
richtung fester Gerüste in diesem Stromlauf abzusehen, statt dessen
vielmehr den eisernen Ueberbau dieser Oeffnung am Ufer über
hohem Holzgerüste zusammenzusetzen und Gerüst mit Brücke auf
Prähmen hernach an Ort und Stelle zu führen.
An der in Abb. 1 mit BG bezeichneten Stelle wurden in seichtem
Wasser auf einem mit der Langseite senkrecht zur Brücke gerich
teten Rechteck von 183 m Länge und 30 m Breite 21 hölzerne Joche
aus je 5 Pfählen, wie in den Abb. 2 und 3 angedeutet, eingetrieben.
Die Pfähle wurden 4,1 m über dem gewöhnlichen Wasserstande ab
geschnitten, und verholmt. Sodann wurden je zwei und zwei Joch
reihen durch doppelte X-fÖrmige eiserne Querträger (Abb. 3) mitein
ander verbunden. Auf letztere wurde ein 16,75 m hohes hölzernes
Gerüst errichtet, und auf diesem endlich der Ueberbau der Brücken
öffnung zusammengestellt. Die einzelnen über den Pfahljochen er
richteten Balkenwände hatten 27,5 m Länge an der Schwelle und
9 m an dem oberen Holm. In der halben Höhe gesondert durch
laufende Schwellen trennten die Gerüstständer in je zwei Theile,
wurden zwei nebeneinander liegende Oeffnungen leer gelassen.
Die Prähme waren mittels besonderer Einlafshäbne vorher durch
Wasserballast soweit gesenkt worden, dafs die Höhenlage der
X-förmigen Querträger über den Pfahljochen die unbehinderte Ein
fahrt gestattete. Das Wasser wurde nun von drei in der Nähe be
findlichen Schleppdampfern ans mittels Dampfpumpen aus den
Prähmen beseitigt, bis diese schliefslich das Holzgerüst samt der
Eisenconstruction von den Pfahljochen abhoben und in freischweben
der Lage erhielten. Die Prähme, welche vor den Jochen durch lang
laufende Hölzer fest verbunden worden waren, wurden hiernach aus
gefahren und dann auch an den hinteren Enden in ähnlicher Weise
mit einander befestigt, während der eiserne Ueberbau durch Draht
seile von den Prahm-Enden aus gegen Umkanten gesichert wurde.
Die ganze schwimmende Masse wurde hierauf um den einen Endpunkt
(B der Abb. 1) im rechten Winkel gedreht, auf diese Weise gleich
gerichtet zur Bahnachse gestellt, dann stromaufwärts in die Brücken
öffnung eingefahren und durch Einlassen von Wasser in die Prähme
gesenkt, bis die Eisenconstruction auf ihre Widerlager gebracht war.
Die sämtlichen Bewegungen, welche die äufserste Vorsicht erforderten,,
worden mit Hülfe einer Anzahl von Zugseilen ausgeführt, die an den
Brückenpfeilern, an Land und an den Pfahljochen befestigt waren.
So wie es die Bewegungen erforderten, wurden diese Seile eins nach
dem andern oder mehrere gleichzeitig durch Winden von zwei flachen
vor den letzten drei Prahmen an jedem Ende befestigten Booten aus
aufgcwickelt. Die ganze zu bewegende Masse war im übrigen in