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Centralblatt der Bauverwaltung.
14. März 1891.
Der Bezirk des Königlichen Eisenbahn-Betriebsamts Görlitz ist fast
auf allen Linien Gebirgsbahn und als solche den Schneestünnen und
deren verderblichen Folgen ganz besonders stark ausgesetzt. Dieser
Bezirk ist zur Zeit bereits mit 31 km Schutzwehren ausgerüstet.
Sämtliche Schutzwehren sind als Waldstreifen angelegt. Die ange
gebene Länge entspricht dem elften Theile der Gesamtlänge des
ganzen Bezirks. Wenn noch 2 bis 3 km Schutzwehren im Laufe der
Zeit hinzugelangen, so dürfte in Bezug auf Schutz gegen Schnee
stürme die Ausrüstung dieses Bezirks vollendet sein.
Aus diesem Beispiel kann der Schlufs gezogen werden, dafs die
Kosten für die Ausrüstung der Bahnen mit Schneeschutzwehren nicht
so übertrieben hoch zu stehen kommen und nicht gescheut werden
dürfen, zumal wenn sie auf 10 bis 15 Jahre vertheilt werden.
Die aus der Schlesischen Zeitung entnommene Angabe, dafs das
Betriebsamt in der Noth zum Schneepfluge seine Zuflucht genommen
habe, ist nicht ganz zutreffend. Bei der Anwendung von Pflugscharen
handelte es sich lediglich um Ausführung von Versuchen, welche
hoherenorts angeordnet waren.
Dafs Schneepflüge 2 m hohen festgelagerten Schnee auf gröfsere
Längen zu durchstofsen imstande sind, durfte sehr zu bezweifeln sein.
Bei einem solchen Unternehmen könnten sich leicht Vorkommnisse ent
wickeln, wie ein solches nach der Schlesischen Zeitung vom 20. Februar
d. J. bezw. nach der Silesia auf der mährisch-schlesischen Städte
bahn im Februar d. J. stattgefunden hat: „Infolge des Schneewetters
hatte sich der Schnee in einem Einschnitt zwischen Wernsdorf und
Hotzendorf festgesetzt. Der Verkehr zwischen Friedeck und Krasna
war daher bis zum 18. Februar eingestellt, Die Schneeanhänfung ist
so fest gewesen, dafs ein Schneepflug beim Anfahren zertrümmert
und die Locomotive beschädigt wurde.“
Verwehungen von Einschnitten bilden der Regel nach sehr feste
Ablagerungen, und solche sind schon hei einer Höhe von 1,5 m auf
gröfseie Längen kaum noch zu durchstofsen. Für derartige Fälle
werden höchst wahrscheinlich Kreiselschaufeln (americanische Schnee
räumer) vortreffliche Dienste leisten; ich bin daher überzeugt, dafs
denselben auch in Europa ebenso wie in America eine Zukunft
blühen wird,
Görlitz, im März 1891. Joh. Garcke.
Beschreibung des Betriebes auf der Ueberladezungc zwischen
Schiff und Eisenbahnwagen.
Bei dem Ueberladebetriebe ist es sehr wichtig, dafs die Arbeit
der Krahne niemals durch den Verschubdienst der Eisenbahnwagen
unterbrochen wird, da sonst die Arbeiter im Schiffe, welche das Be
laden der Krahne besorgen (beim Kohlenverkehr 8 bis 10 Mann)
müfsig stehen müfsten und das Ausladen weniger schnell von statten
gehen würde. Die Eisenbahnwagen dürfen daher niemals vor den
Krahnen hin und her bewegt
werden, weil es zu viel Zeit
erfordern würde, nach Bela
dung eines Wagens wieder
einen anderen Wagen zum
Beladen bereit zu stellen.
Vielmehr müssen die Wagen
stets in einer Richtung an
den Krahnen vorbeigeführt
werden. Die in Abb. 4 dar-
gestellte Anordnung sucht
dies mit Hülfe von Dreh-
scheibenstrafsen zu errei
chen. Die Bewegungsrich
tung der Wagen ist durch
Pfeile angedeutet. Die Be
wegung geschieht unter Zu-
hülfenahme der mit Wasser
druck betriebenen Winden
(Spille).
Zunächst wird ein leerer
Zug in das mittlere Geleis
geschoben, und die Wagen
werden durch die Dreh-
scheibenstrafsen I, III, V
nach den äufseren Geleisen
abgeführt. Hier werden sie,
indem sie vor den Krahnen
stets in derselben Richtung
vorbeifahren, sämtlich be
laden und nehmen dann die
unter 6 angedeutete Stellung
ein. Sobald die sämtlichen leeren Wagen dieses Zuges in die äufseren
Geleise gebracht worden sind, wird ein zweiter leerer Zug in das
Mittelgeleis geschoben. Die Wagen dieses Zuges werden ebenfalls
in der vorbeschriebenen Weise in die Aufsengeleise befördert. Die
inzwischen an den Krahnen beladenen Wagen des ersten Zuges
kehren nun durch die Weichenstrafsen II und IV wieder zum mitt
leren Geleise zurück, sodafs nunmehr auf dem mittleren Geleise nur
beladene Wagen stehen. Haben die sämtlichen beladenen Wagen
die unter c angegebene Stellung, so holt die Locomotive zunächst
die vorerwähnten, am Anfänge der Aufsengeleise stehenden beladenen
Wagen, drückt sie in das Mittelgeleis hinein und befördert, nach
dem der ganze Zug dort gekuppelt ist, die sämtlichen beladenen
Wagen zum Bahnhöfe. Während die Wagen des zweiten Zuges be
laden werden (Stellung d), bringt die Maschine wiederum einen leeren
Zng in das Mittelgeleis (Stellung 6), dessen Wagen dann wiederum
in die Aufsengeleise abgeschwenkt werden, während die inzwischen
auf den Aufsengeleisen beladenen Wagen ins Mittelgcleis befördert
werden (Stellung c). In dieser Weise kann der Betrieb ohne irgend
Der neue Hafen bei Strafsiburg i. E.
(Schlufs.)
Stellung b.
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pLZZZTB q
'uf I
Stellung c.
J^Krahn. CT~1 Leere Wagen.
II
Stellung d.
I Beladene Wagen,
Abb. 4.
eine Unterbrechung fortgesetzt werden. Bei guter Bedienung können
in einer Stunde mit einem Krahne 4 Wagen beladen werden, dem
nach auf der ganzen Ueberladezunge 40 Wagen, also in l 1 /? Stunde
ein ganzer Eisenbahnzug von 120 Achsen. Daraus geht hervor, dafs
auf dieser Zunge wahrscheinlich ein gröfserer Eisenbahnverkehr statt-
finden wird als auf den übrigen Geleisen des Hafens zusammen, wo
durch die bevorzugte Lage in der unmittelbaren Nähe des Bahnhofes
gerechtfertigt erscheint.
Einrichtung der Kohlen
lagerplätze«
Die Kohlenlagerplätze
erhalten an der Ufermauer
ein Krahngeleis für die fahr
baren Waeserdruckkrahne.
Soweit die Ausladung dieser
Krahne es zuläfst, werden
die Kohlen aus den Kästen
auf den Lagerplatz ausge-
schiittet; da dies aber nur
auf einem schmalen Streifen
geschehen kann, so soll die
weitere Ablagerung bei ge
wöhnlichen Kohlensorten
mittels leichter Feideisen-
bahnen von 0,6 m Spurweite
bewirkt werden, welche oben
auf den Kohlenhaufen ver
legt werden. Die Behälter,
in denen die Kohlen dann
durch die Krahne aus den
Schiffen gehoben werden,
bilden die Kästen kleiner
Kippwagen, von denen das
Radgestell stets auf den
Geleisen stehen bleibt, wäh
rend der Kasten durch den
Krahn in das Schiff gebracht
und nach Füllung wieder
heraufgehoben wird. Auf
diesen Feldeisenbabnen wer
den die Kohlen in den Kippwagen verfahren und an der nach dem
Lagerplatze zu befindlichen Böschung ausgekippt, Auf diese Weise
kann die ganze Fläche beschüttet werden.
Dieses Verfahren ist aber für die besseren Kohlensorten un
geeignet. Für diese ist die Erbauung einer aus Eisenträgern be
stehenden, auf massiven Pfeilern ruhenden Hochbahn von gleichfalls
0,6 m Spurweite vorgesehen, in welche Drehscheiben eingeschaltet
sind, von denen leichte, hölzerne Hochbahnen abzweigen. Jedes
Trägerfeld der eisernen Hochbahn läfst sich mit Hülfe der Krahne
gegen ein solches mit Drehscheibe auswechseln, sodafs in jedem
beliebigen Felde eine Bahn abzweigen kann. Anf diese Weise wird
ebenfalls der ganze Lagerplatz mit Kohlen beschüttet, ohne dafs
man nöthig hat, oben auf den Kohlen zu fahren oder zu gehen, wo
durch feinere Kohlensorten zu sehr leiden würden.
Das Beladen der CanaUchiffe oder der Eisenbahnwagen von den
Kohlenplätzen aus geschieht entweder mittels der Feldeisenbahnen,
die dann auf dem von Kohlen freien Theile der Lagerplätze liegen, und
zwar mit oder ohne Zuhülfenahme der Krahne, oder durch Einkarren.
— Ehlers.
III
IV
E Wagen in Beladung befindlich.