Centralblatt der Bauverwaltung.
21. December 1889,
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selben höchst ungünstige Schneesäcke gebildet werden, welche zu
baldiger Zerstörung der Galerieen besonders bei dem Fehlen jeder
Vorkehrung zu einer schnellen Abführung des Wassers fuhren müssen.
Eine weit wirkungsvollere architektonische Gestaltung wäre ohne Auf
wendung höherer Kosten zu erreichen gewesen, wenn Verfasser, wie
für eine in Berlin zu erbauende Kirche nahe lag, sich mehr der
märkischen Bauweise angeschlossen und einen einheitlichen Backstein
bau zur Durchführung gebracht hätte. Das Innere der Kirche zeigt
ebenfalls eine gewisse Nüchternheit, welche durch die vereinzelt bei
den Pfeilern auftretende gemusterte Backstein-Architektur nicht be
hoben werden kann.
Hinsichtlich der getroffenen constructiven Anordnungen findet
sich, soweit die Vorlagen in dieser Beziehung überhaupt ein Urthcil
gestatten, zu bemerken, dafs für die anscheinend nicht genügend vor
gesehene Ausgleichung des verschieden starken Schubes der Gewölbe
des Mittelschiffes bezw. der Seitenschiffe in zweckmäfsiger Weise zu
sorgen sein wird, und dafs die Strebepfeiler der Seitenschiffe nicht
kräftig genug erscheinen, um den von den Gewölben herrührenden
Schub und die durch Winddruck bei den grofsen Achsen bezw. Ab
messungen entstehende erhebliche Beanspruchung gleichzeitig ohne
Gefährdung der Stabilität aufnehmen zu können. Auf Grund ein
gehender statischer Ermittlungen ist daher noch näher festzustellen,
inwieweit in den gedachten Richtungen eine Aenderung bezw. Verstär
kung der gewählten Anordnungen einzutreten haben wird. Aufserdem
ist auch das Mauerwerk der Giebel an den Kreuzflügeln anscheinend
zu schwach bemessen und bedarf entsprechender Verstärkung.
Königliche Akademie des Bauwesens.
Schneider.
Nichtamtlicher Theil.
Redacteure: Otto Sarrazin und Oskar Hofsfeld.
Gerichtsbauten in Ratibor.
Zur Unterbringung der Gerichtsbehörden in Ratibor besitzt die
Justizverwaltung z, Z, nur ein in den zwanziger Jahren unter Schinkels
unmittelbarem Einflufs entstandenes Gebäude, das alte „Appellgericht“,
welches nach Einführung der neuen Gerichtsverfassung dem Land
gericht überwiesen wurde, während die Geschäftsräume des Amts- |
Zustand des alten Hauses in seinem baulichen Kerne verneint upd
beschlossen, dasselbe zu erhalten und auszubaueu. Die dazu er
forderlichen Arbeiten wurden im Sommer 1888 in Angriff 'ge
nommen. Sie umfafsten aufser dem Wiederaufbau des abgebrannten
Dachgeschosses die gründliche Erneuerung aller Räume in Decken,
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Hauptansicht.
Landgericht in Ratibor.
gerichts in einem Miethshause untergebracht sind. Dieser auf die
Dauer unhaltbare Zustand veranlafste bereits zu Anfang der acht
ziger Jahre die Aufstellung verschiedener Baupläne, die zum Theil
einen Anbau an das vorhandene Gebäude bezweckten, aber zu der
Erkenntnifs führten, dafs dem Raummangel für die Folgezeit wirksam
nur durch einen Neubau begegnet werden könne.
Es wurde deshalb im Jahre 1884 die Errichtung eines neuen
Landgerichtsgebäudes auf dem fiscalischen Platze zwischen dem alten
Gebäude und dem ebenfalls den zwanziger Jahren entstammenden
„Inquisitoriat“, jetzigen Gerichtsgefängnifs, ins Auge gefafst. Im
Zusammenhänge damit sollte dann das ältere Haus durch Umbau
den Zwecken des Amtsgerichts angepafst werden. Die Ausführung
der bezüglichen, nach einer ministeriellen Skizze ausgearbeiteten Pläne
mufste jedoch vertagt werden, bis im Jahre 1888 die erforderlichen
Geldmittel im Staatshaushalte zur Verfügung gestellt werden konnten.
Der Beginn des Neubaues war bereits angeordnet, als ein Brand
am 13. März v. J. das Schinkelsche Gebäude theilweise zerstörte und
die Erwägung nahe legte, ob sich unter diesen veränderten Ver
hältnissen nicht nach Beseitigung jenes Hauses ein einheitlicher Neu
bau für Land- und Amtsgericht zusammen empfehlen würde. Es
wurde jedoch diese Frage mit Rücksicht auf den noch guten
Wänden, Fufsböden, Fenstern und Oefen, die Herstellung einer zweiten
Treppenanlage, eines neuen Schößensaales, die Durchlegung der
bisher dunklen Flurgänge bis zu den Giebeln, die Ueberwölbung der
Grundbuchämter, die Umänderung der alten Feuerungsanlagen und
die gänzliche Erneuerung der im Putzbau ausgeführten Fronten.
Gleichzeitig hiermit erfolgte die Herstellung des künstlichen Bau
grundes für den Neubau des Landgerichts, während dessen Pläne
unter Leitung des> Geheimen Ober-Bauraths Endell im Ministerium
der öffentlichen Arbeiten einer Neubearbeitung unterzogen wurden.
Die künstliche Gründung war durch die schlechte Beschaffenheit
des Bauplatzes veranlafst, den zwei im Laufe der Jahre mit Schutt
ausgefüllte Wallgräben der alten Stadtbefestigung durchschneiden.
Bis auf 3 m Tiefe wurde die ganze Baugrube ausgeschachtet und
eine 2 m hohe Sandsehüttung eingebracht. Diese Arbeiten nahmen,
zumal da mehrere die Baugrube durchziehende gröfsere Canäle ver
legt werden mufsten, den Herbst 1888 und das Frühjahr 1889 in
Anspruch. Im Laufe dieses Sommers ist sodann mit den eigentlichen
Bauarbeiten begonnen worden; sie sollen so gefördert werden, dafs
zum Winter 1891 92 das Gebäude in Benutzung genommen werden kann.
Die freie Lage des Neubaues ermöglichte eine symmetrische
Grundrifsbildung, sowie eine ausreichende Lichtzuführung von allen