452
Centralblatt der Bauverwaltung:
SO. November 1880.
sondere, wenigstens 4 m im lichten breite Zufahrt zu den Stallungen
angelegt wird.
§ 45.
Für die Herstellung der äufseren und inneren Wände ist aufser
Massivbau und Constructionen aus unverbrennlichem Material auch
ausgemauertes Fachwerk zulässig.
Balkendecken müssen mit Mörtel verputzt werden.
Zur Herstellung der Decke oder des Daches über dem Zuschauer
raum sind hölzerne "Unterstützungen zulässig.
Die Dachconstructionen dürfen sichtbar bleiben.
Das äufsere Deckmaterial der Dächer mufs gegen Uebertragung
eines Feuers von aufsen her sicheren Schutz gewähren.
Freiliegendes Holzwerk an Stützen, Deeken und Dächern mufs in
den Ansichtsflächen gehobelt werden.
Der Unterbau zur Unterstützung der Sitzreihen des Zuschauer
raumes ist aus unverbrennlichem Material herzustellen.
§46.
Stallungen und Thierkäfige, sowie Räume für das Personal und
für die Aufbewahrung von Decorationen, Requisiten und Futter-
bestanden müssen vom Zuschauerraum durch unverbrennliche Wände
und Decken getrennt werden. Die Thüren in diesen Wänden sind
feuer- und rauchsicher herzustellen.
§ 47.
Die Räume unter den Sitzreihen des Zuschauerraumes dürfen als
Garderoben für das Personal sowie zur Aufbewahrung von Deco
rationen, Requisiten und Futterbeständen nur dann benutzt werden,
wenn sie von massiven Wänden und Decken umschlossen sind und
mit feuer- und rauchsicheren Thüren versehen werden.
§48.
Für die Anlage von Treppen gelten die in § 5 gegebenen Be
stimmungen mit der Abänderung, dafs bei Treppen innerhalb des
Zuschauerraumes Geländer nicht gefordert werden.
§ 49.
Auf jedem Circusgebäude sind Blitzableiter anzubringen.
§50.
Vermiethbare Räume und Wohnungen dürfen in einem Circus
gebäude nur im Keller- oder im Erdgeschofs und nur unter der Be
dingung eingerichtet werden, dafs sie durch massive Wände ohne
Oeffnungen und unverbrennliche Decken von den zutu Circusbetrieb
gehörigen Räumlichkeiten abgeschlossen und nur von aufsen zugäng
lich gemacht werden.
§51.
Die im Zuschauerraum zulässige höchste Personenzahl ist von
der Polizeibehörde nach folgenden Bestimmungen festzustellen:
Die Sitze müssen mindestens 50 cm breit sein und die Abstände
der Sitzreihen wenigstens 80 cm betragen, sofern nicht mehr als
14 Plätze in ununterbrochener Reihe neben einem Seiten- oder
Zwischengang angeordnet werden. Wird die Zahl 14 überschritten,
so mufs der Abstand der Sitzreihen auf 1 m vergröfsert werden.
Hierbei dürfen indessen höchstens 25 Sitze in ununterbrochener Reihe
neben einem Seiten- oder Zwischengang angenommen werden.
Auf allen Bänken müssen die einzelnen Plätze durch Leisten ab
gegrenzt werden.
Für Stehplätze dürfen höchstens 3 Personen auf 1 qm Grundfläche
gerechnet werden.
§52.
Die Anzahl und Breite der Gänge, Treppen und Thüren im Zu
schauerraum ist nach dem Verhältnifs von 1 m für 120 Personen zu
bemessen, wobei die geringste Breite eines Ganges, einer Treppe
oder einer Thür nicht unter 90 cm sein darf.
§53.
Corridore und Flure müssen mindestens 2 m breit sein, im übrigen
ist ihre Breite sowie die Breite der aufserhalb des Zuschauerraumes
belegenen Treppen und der Ausgänge nach dem Verhältnifs von
1 m für 120 Personen bei einer Anzahl bis zu 900 Personen
lm „ 135 „ „ „ „ von 900 bis 1500 „
lm „ 150 n „ „ „ von mehr als 1500 *
zu bemessen.
§54.
In Bezug auf die Bezeichnung der Ausgänge, das Aufschlagen
der Thüren und die Einrichtung der Thürverschlüsse finden die Be
stimmungen der §§ 16 und 17 Anwendung.
§ 55.
Für die Beleuchtung eines Circusgebäudes ist aufser elektrischem
auch Gaslicht, sowie die Verwendung von Pflanzenölen und Kerzen
zulässig.
Die Verwendung von Mineralölen ist verboten.
Wird Gasbeleuchtung gewählt, so sollen dabei die im § 41 ge
gebenen Vorschriften entsprechend befolgt werden und insbesondere
die dort für das Bühnenhaus angeordneten Vorsichtsmafsregeln bei
Circusgebäuden auf die Stallungen sowie auf die Räume für das
Personal und für die Aufbewahrung von Decorationen und Requisiten
Anwendung finden.
§ 56.
Eine ausreichende NothbeJeuchtung mittels Kerzen- oder Oel-
Lampen ist nach näherer Anweisung der Polizeibehörde einzurichten.
§57.
In Bezug auf Heizung, Wasserversorgung und Feuerlösch-Ein-
richtungen finden die für Theater gegebenen Vorschriften sinngemäfse
Anwendung.
§58.
An Stroh, Heu und sonstigen Futterstoffen darf in einem Circus
nur der für drei Tage erforderliche Vorrath gelagert werden. In
Bezug auf das Rauchen im Gebäude, das Umgeben mit unverwahrtem
Feuer oder Licht, die Verwendung von Feuerwerk, die Unterhaltung
der Nothbeleuchtung, die Aushängung von Grundrifsplänen, die
Einrichtung eines besonderen Feuerwehr- und Wächterdienstes, sowie
auf die polizeiliche Ueberwachung der Vorstellungen sollen die für
Theater in den §§ 31, 32, 36, 37, 38 und 39 gegebenen Bestimmungen
sinngemäfse Anwendung finden.
§ 59.
Die Anlage eines zeitweilig aufzustellenden Circus darf nur auf
einem freien Platze unter Beobachtung eines Abstandes von wenig
stens 15 m von jeder Nachbargrenzc gestattet werden.
Stallungen müssen vom Zuschauerraum getrennt derart angelegt
werden, dafs die Aus- und Eingänge für das Publicum möglichst
entfernt von den Hauptthüren der Stallungen liegen.
Für die zulässige Anzahl von Sitz- und Stehplätzen, für die An
ordnung der Gänge und Thüren im Zuschauerraum, für die Breite
der Corridore, Treppen, Flure und Ausgänge sind die Bestimmungen
der §§ 51, 52, 53 und 54 mafsgebend.
Im übrigen soll die Polizeibehörde je nach den örtlichen Ver
hältnissen und nach dem Umfang des Betriebes entscheiden, wie weit
sonst die für Circusgebäude erlassenen Vorschriften in Bezug auf
Bauart, innere Einrichtung und Betrieb auch bei Anlage eines zeit
weilig aufzustellenden Circus und für den Fall, dafs ein Circus vor
übergehend in einem sonst zu anderen Zwecken benutzten Gebäude
eingerichtet wird, zu befolgen sind.
C. Oeffentliche Versammlungsräume.
§60.
Als Öffentliche Versammlungsräume im Sinne dieser Verordnung
gelten alle baulichen Anlagen, welche zur gleichzeitigen Aufnahme
einer gröfaeren Anzahl von Personen zu öffentlichen Lustbarkeiten,
öffentlichen Versammlungen oder zu ähnlichen Zwecken dienen sollen.
Baulichkeiten, welche ausschliefslich für Gottesdienst oder Unter
richtszwecke bestimmt sind, werden von dieser Verordnung nicht be
troffen.
§61.
Wird für öffentliche Versammlungsräume ein selbständiges Ge
bäude hergestellt, so mufs der Abstand der die Haupt-Ein- und
Ausgänge enthaltenden Front von der gegenüberliegenden Strafßen-
begrenzung mindestens 10 m betragen.
Das Gebäude darf gegen die Nachbargrenzen nur an denjenigen
Theilen der Umfassungswände Thür- oder Fensteröffnungen erhalten,
welche von der Nachbargrenze oder von anderen Bauten auf dem
selben Grundstück mindestens 6 m entfernt bleiben.
§62.
Für Versammlungsräume, welche Theile eines im übrigen für