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Ceatralblatt der Eauverwaitüng.
80. November 1889.
Die Zugvorrichtungen für die szenischen Verwandlungen Bind, so
weit als irgend möglich, aus Drahtseilen herzustellen.
Es ist durch geeignete Vorkehrungen zu verhüten, dafs Personen
in die Bahn der Gegengewichte und Fahrstühle treten können.
§24.
Treppen-Podeste, Flure und Corridore müssen von jeder Behinde
rung des Verkehrs frei gehalten werden.
Die sofortige Alarmirung des gesamten Personals bei Entstehung
einer Gefahr mufs durch Signal-Einrichtungen sichergestellt sein.
Beleuchtung, Heizung und Lüftung.
§25.
Die Verwendung von Gas und von Mineralölen zu Beleuchtungs
zwecken irgend welcher Art ist in grofsen Theatern unstatthaft. Es
ist vielmehr in allen Theilen eines solchen Theatergebäudes mit
Einschluß der etwa vermietheten, nicht zum Theaterbetriebe gehörigen
Räume elektrische Beleuchtung herzustellen. Hierbei mufs die Be
leuchtung des Bühnenhauses und des Zuschauerhauses so eingerichtet
werden, dafs bei Störungen des Betriebes ein völliges Dunkelwerden
in beiden Räumen nicht eintreten kann.
§26.
In allen Theilen des Zuschauerhauses und des Bühnenhauses,
besonders auf den Corridoren, Treppen und Fluren ist eine Noth-
beleuchtung nach Vorschrift der Polizeibehörde herzustellen. Für
diesen Zweck sind Kerzen- oder Oel-Lampen zu verwenden, welche
in geeigneter Weise gegen Erlöschen durch Zug oder Rauch ge
sichert und an besonders vorzuschreibeBden Stellen durch rotbe Farbe
kenntlich gemacht werden müssen. Die Nothbeleuchtung ist so
anzuordnen, dafs mit Hülfe derselben die Ausgänge erreicht werden
können, selbst wenn die gewöhnliche Beleuchtung vollständig er
löschen sollte.
§27.
Die Erwärmung des Zuschauerraumes und der Bühne mit ihren
Nebenräumen darf nur durch eine Centralheizung erfolgen, deren
Heizkammern nur von aufsen zugänglich, rings von massiven Wänden
und Decken umschlossen und von den übrigen Räumen des Bühnen
kellers vollständig getrennt sein müssen.
Canäle für die Leitung heifser Luft sowie Hohlräume zur Unter
bringung von Dampf- oder Wasserheizröhren müssen durchweg von
Wänden aus feuersicherem Material umschlossen und so angelegt
werden, dafs sie von Staub gereinigt werden können. Austritts
öffnungen für Luft, welche auf mehr als 50° Celsius erwärmt wird,
sowie Metallröhren zur Leitung von Dampf oder heifsem Wasser
müssen von brennbaren Stoffen mindestens 25 cm nach jeder Richtung
hin entfernt sein.
Um das Eindringen von Rauch in das Zuschauerhaus und in das
Bühnenhaus verhüten zu können, müssen alle Luftheizungs- und
Lüftungscanäle mit rauchsicheren Verschlüssen versehen werden.
In einzelnen von der Bühne abgelegenen Räumen kann die Ver
wendung von Kachelöfen unter besonderer Vorsicht bei Anlage der
Rauchrohre, der Feuerung und des Aschenfalles gestattet werden.
In den Magazinräumen ist die Anbringung von Heizvorrichtungen
gänzlich verboten.
§ 28.
Bei Canälen zur Zuführung frischer und zur Abführung ver
brauchter Luft ist besonderes Augenmerk darauf zu richten, dafs sie
zu schneller Verbreitung eines Feuers nicht beitragen können.
Im Dache über der Bühne sind möglichst nahe dem Dachfirst
Luftabzüge herzuetellen, deren Verschlufs durch einen einzigen Griff
von gesicherten Stellen aus geöffnet werden kann. Die Summe der
freien Durchgangsflächen dieser Abzüge soll mindestens 5 pCt. von
der Grundfläche der Bühne betragen.
In der Decke des Zuschauerraumes ist eine Luftabzugsöffnung
anzulegen, deren untere Mündung mindestens 1 m höher als die Decke
des obersten Ranges liegen, und deren Querschnitt mindestens 3 pCt.
der Grundfläche des Zuschauerraumes betragen mufs. Der Verschlufs
dieses Luftabzuges mufs durch einen einzigen Griff von gesicherter
Stelle aus geöffnet werden können.
Alle Treppenräume und Corridore müssen mit genügenden
Lüftungseinrichtungen versehen sein.
Feuerlösch-Einrichtungen.
§29.
Das Theatergebäude ist, soweit eine öffentliche Wasserleitung vor
handen ist, an dieselbe anzuschliefsen. In Orten ohne Wasserleitung
mufs für Bereithaltung eines Wasservorraths in Behältern unter ge
nügendem Druck Sorge getragen werden.
Jedes Theatergebäude mufs mit Feuerbähnen und mit einer Regen
vorrichtung für die Bühne versehen werden.
Einzelbestimmungen über Wassermengen und Druckhöhen, über
Anbringung und Anzahl der Feuerhähne sowie über die Bereithaltung
sonstiger zweckdienlichen Löschgeräthschaften im Theatergebäude,
über Erlafs und Durchführung von Betriebsvorschriften, welche die
stete Dienstbereitschaft aller für das Theatergebäude vorgesehenen
Feuerlösch-Einrichtungen im Augenblick der Gefahr sicherstellen,
bleiben der Polizeibehörde überlassen.
Die genannten Einrichtungen dürfen nur zu Feuerlöschzwecken
und nicht anderweitig benutzt werden.
Das Theatergebäude mufs mit einer entsprechenden Anzahl von
Meldevorrichtungen versehen werden, durch welche bei Entstehung
eines Brandes die örtliche Feuerlöschhülfe sofort herbeigerufen
werden kann.
Betriebs-Vorschriften.
§ 30.
Die Aufbewahrung von Decorationen, Requisiten und dergleichen
ist im Zuschauerraum sowie in den mit der Bühne zusammen
hängenden Kellerräumen überhaupt verboten und auf und über der
Bühne nur insoweit gestattet, als dieselben zum unmittelbaren Ge
brauch bestimmt sind.
Ein Werkstättenbetrieb von Tischlern, Malern oder anderen Hand
werkern ist im Zuschauerhause nur im Kellergeschofs, insoweit als
dasselbe nur von aufsen zugänglich ist, und ira Bühnenhause nur
in solchen Räumen statthaft, welche mit der Bühne, mit den Bühnen-
kellern oder mit den Räumen für das Personal keine unmittelbare
Verbindung haben. Derartige Werkstätten müssen gegen die Corri-
dore durch rauch- und feuersichere Thüren abgeschlossen sein.
§31.
Das Rauchen im Theatergebäude ist verboten, kann jedoch für
einzelne Restaurationsräume, für Wohnungen und vermiethete Ge
schäftsräume gestattet werden.
§32.
Die Verwendung von unverwahrtem Feuer oder Licht, von be
weglichen Beleuchtungskörpern und von Feuereffecten im Bühnen
raum ist nur, soweit als es die Vorstellungen nöthig machen, mit be
sonderer Erlaubnis zulässig. Eine derartige Erlaubnifs kann für
bestimmte Stücke ein für allemal ertheilt werden.
Im übrigen ist das Betreten der Theaterräume mit unverwahrtem
Feuer oder Licht verboten.
Die Verwendung von Feuerwerk ist unzulässig.
Für Schüsse dürfen nur Pfropfen aus ungefährlichem Material,
zum Beispiel Kälberhaar oder Asbestwolle, verwendet werden.
§33.
Die Räume des Theaters sowie die Decorationen sind staubfrei
zu halten und. aufserdem alljährlich nach vorgängiger Anzeige bei
der Polizeibehörde mindestens einmal gründlich zu reinigen.
§ 34.
Zwischen den zur Benutzung eingestellten Decorationen und den
Umfassungsmauern der Bühne mufs ein Gang von mindestens 1 m
Breite freigehalten werden, welcher auch bei Bewegung der De
corationen nicht gesperrt werden darf. Der Raum, zwischen der
ersten und zweiten Culisse mufs für den Dienst der Feuerlosch-
Mannschaften frei gehalten werden.
§35.
Das Oeffnen und Schliefsen des Schutzvorhanges oder der Schiebe-
thüren soll während der Spielzeit täglich einmal in Gegenwart der
Feuerwehr probeweise vorgenommen werden. Die Bühnenöffnung ist
nach jeder Vorstellung durch den Schutzvorhang oder die Schiebe-
tliüren zu schliefsen und des Nachts geschlossen zu halten.
§36.
Die Nothbeleuchtung mufs bei jeder Vorstellung während des
Zeitraumes von Oeffnung der Kasse bis nach vollständiger Leerung
des Zuschauerhauses und des Bühnenhauses in Wirksamkeit sein.