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Centralblatt der Bauverwaltung.
Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten,
IX. Jahrgang. Berlin, 2. November 1889. Nr. 44.
Redaction: SW. Zimmerstraf»«7 ll - Geschäftsstelle and Annahme der Anzeigen:
W. Wilhelmstrafse^ÖO. Erscheint jeden Sonnabend.
Bezugspreis: Vierteljährlich 3 Mark. Briugerloha in Berlin 0,75 Mark; bei Zusen
dung unter Kreuzband oder durch Postvertrieb 0,75 Mark, nach dem Auslande 1,30 Mark.
INHALT! Amtliches; Personal-Nachrichten. — Nichtamtliches: DiePreisbewerbung
um das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. (Fortsetzung.) — Eine neue Kohlen-
ladevorrlchtung in Cardiff. — Die Preisbewerbung um den Neubau einer Syuagogc
in Grofs-Glogau. — Au» dem lleichshaushalts-Etat für 1890/91. (Schlufs.) — Ver
mischtes: Neuer Vorhang im Berliner Scbauspielbause. — Preisbewegung für den
Unterbau eines Standbildes Kaiser Wilhelm I. auf dem Marktplatz in Lippstadt. —
Preisbewegung für den Entwurf eines Kreishauses für den Kreis Euskirchen. —
Wettbewerb um das Kaiser Wilhelms-Denkmal für die Rbeinproviuz. — Vermehrung
der Garnison-Baubeamtenstellen. — Aenderungen im Festiings-Baupersonal. — Vor
träge im Berliner Kunstgewerbemuseum. — Zur Frage der Einheitszeit
Amtliche Mittheilungen.
Preufeen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Landes
bauinspector Karl Julius Otto Bindewald in Stendal den Charakter
als Baurath zu verleihen.
Es ist verliehen: den Regierungs- und Bauräthen Sättig in
Erfurt die Stelle eines Mitgliedes der Königlichen Eisenbahndirection
daselbst und Richter, bisher aus dem Staatseisenbahndienste be
urlaubt, die Stelle eines ständigen Hülfsarbeiters bei dem König
lichen Eisenbahn*Betriebs-Amte in Harburg.
Versetzt sind: die Regierungs-und Bauräthe Sehaper, bisher in
Oppeln, als Mitglied (auftrw.) an die Königliche Eisenbabn-Direction
(linksrh.) in Köln und Löbach, bisher in Harburg, als ständiger
Hilfsarbeiter an das Königliche Eisenbabn-Betriebs-Amt in Oppeln
sowie der Land-Bauinspector Bergmann, bisher in Bromberg, nach
Hannover behufs Bearbeitung des Entwurfs für das neue Empfangs
gebäude auf Bahnhof Osnabrück,
Zu Eisenbahn-Bau- und Betriebsinspectoren sind ernannt: die
Königlichen Regierungs-Baumeister Simon in Thorn unter Verleihung
der Stelle eines ständigen Hülfsarbeiters bei dem Königliehen Eisen-
balm-Betriebs-Amte daselbst, Günther in Kattowitz unter Verleihung
der Stelle eines ständigen Hülfsarbeiters bei dem Königlichen Eisen
bahn-Betriebs-Amte daselbst, Evmann in Allenstein unter Verleihung
der Stelle eines ständigen Hülfsarbeiters bei dem Königlichen Eiscn-
bahn-Bctriebs-Amte daselbst und Gette in Graudenz unter Verleihung
der Stelle des Vorstehers der Eisenbahn-Bauinspection I daselbst.
Zu Königlichen Regierungs-Baumeistern sind ernannt: die Re
gierungs-Bauführer Ludwig Hempel aus Stettin und Karl Biecker
aus Köln a. Rh. (Hochbaufach); — Philipp Fischer aus Gerns
heim, Grofsherzogthum Hessen, Bernhard Zander aus Jessen, Kreis
Schweinitz, Franz Minten aus Bergedorf bei Hamburg und Wilhelm
Paul aus Cammin i. Pomrn. (Ingenieurbaufach).
Deutsches Reich.
Der Postbaurath W. Kefsler in Berlin ist gestorben.
Sachsen.
Mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des Königs
ist dem Privatdoccnten am Polytechnicum in Dresden Dr. Erwin
Papperitz der Titel eines aufserordentlichen Professors verliehen
worden.
Nichtamtlicher Theil.
Redacteure: Otto Sarrazin und Oskar Hofsfeld.
Die Preisbewerbung um das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I.
(Fortsetzung.) *
Den Ucbergang zu den Denkmalanlagen auf dem Platze vor dem
Brandenburger Thore bilden die Entwürfe Nr. 91, „Ehrenpflicht“
(Architekt Görard und Bildhauer Bärwald) und Nr. 28, „Gewaltige
Zeiten, in Stein zu deuten“ (Architekt W, Walter-Berlin). Beiden
ist gemeinsam, dafs sie das Brandenburger Thor nach Westen zu
hinausrücken und den Pariser Platz mit dem vor dem Thore in eins
zusammenfassen. Sie können damit also auch als Lösungen für
ereteren gelten. G^rard u. Bärwald schaffen eine geschlossene An
lage. Sie belassen dem Thore seine Seitcntheile und verbinden diese
mit den Eckgebäuden des alten Platzes durch flachbogig geschwungene
Säulenhallen. Um letztere für die Aufstellung von Standbildern be
nutzen zu können, sind sie auf den gröfsten Theil ihrer Länge im
Unterbau geschlossen und nur durch je zwei schmale, mit Flach
kuppeln überdeckte Thorbauten unterbrochen worden. Reicht diese
Anordnung schon für die Verbindung zwischen aufsen und innen
nicht ganz aus, so hemmt sie den von der Königgrätzer Strafse nach
der Sommerstrafse durchgehenden Verkehr in unzulässiger Weise.
In künstlerischer Beziehung ist die Architektur zwar an Bich von
ansprechenden Formen und Verhältnissen, sie pafst aber nicht zum
Brandenburger Thore, auch versinken die Hallen zu sehr im Erd
boden. Das breit modellirte Kaiserdenkmal, eine reife, sehr beachtens
werte Arbeit, ist in den Krummungsmittelpunkt der Hallen, also
auf die Stelle gesetzt, wo jetzt das Thor steht. Sein Postament
schmücken schöne Eckfiguren, denen man jedoch nicht ohne weiteres
ansieht, dafs sie die W ehrkraft und Friedensliebe, die rastlose Pflicht
treue und die Sorge um das Volks wohl darstellen sollen. Diese Figuren
ruhen auf länglichrundem Stufenbau, der durch Laufbrunneu mit je
zwei Löwen zur Seite unterbrochen ist. Der Kaiser, auf kräftig aus
schreitendem Rosse, in Uniform, mit dem Purpur angethan und den
Helm mit Lorbeer bekränzt, erhebt sein Volk begrüfsend die Rechte,
eine Gebärde, die dem Wesen Wilhelms I. wenig entspricht und
auch, rein künstlerisch genommen, nicht ganz glücklich zur Darstellung
gebracht ist.
Der Entwurf Walters zeigt draufsen eine weite, selbständige
Platzanlage, deren westlichen Abschlufs das Brandenburger Thor
bildet, und an die der zur einfachen Erweiterung der Linden herab
gedrückte Pariser Platz breit geöffnet anschliefst. In ihrer Mitte ist
das Denkmal vor einem besonderen baulichen Hintergründe errichtet.
Den Verkehrsverhältnissen ist besser entsprochen als im vorigen
Plane, doch leidet der neue Platz an einer starken Zersplitterung
seiner architektonischen Umrahmung.
Wo der Platz vor dem Thore in seiner jetzigen Gestalt oder mit
einer mäfsigen Erweiterung nach Westen hin für die Denkmalanlage
benutzt ist, zeigt diese zumeist die Grundform eines Kreisbogenstückes
oder vollständigen Halbkreises, vor dem oder in dessen Mittel
punkte das Kaiserbild steht. Es gehören hierher die beiden auf
Seite 383/84 besprochenen, mit zweiten Preisen ausgezeichneten
Entwürfe von Schaper u. Ferber und von Hilgers. Den Lageplan
des letzteren fügen wir, als bezeichnend für die Gattung, in Abb. 9
noch nachträglich bei. Ferner sind dieser Gruppe zuzuzählen mit
sehr weitem, flachgeschwungenem Halbrund die Arbeiten Nr. 30,
„Roma Skizze“, und Nr. 21, „Barba alba“, letztere die künst
lerisch weitaus bedeutendere von beiden. Der Rundbau besteht bei
ihr aus einem mittleren, dreigliedrigen Triumphbogen, an den sich
offene dorische Säulenhallen anschliefsen. Da wo diese, in ihren
ersten Theilen geradlinig, in die Krümmung übergehen, ist ihnen je
ein kräftiger Pfeiler eingefügt, noch breiter entwickelte, Obelisken-
gekrönte Pfeilerbauten bilden die vorderen Hallenabschlüsse. Vor
der Mitte ist, mit zwei Springbrunnen zur Seite, das Kaiserdenkmal
sehr stattlich entwickelt. Sein reliefgeschmückter, fast zu stark
gegliederter und mit vielem Treppenwerk ausgestatteter Unterbau
zeigt übereck vorgeschobene Sockel, auf denen die Reiterbilder der
Kronprinzen von Preufsen und Sachsen, des Prinzen Friedrich Karl
und des Grofsherzogs von Baden Platz gefunden haben. Zwischen
ihnen auf den Langseiten je eine Flufsgruppe, links der Rhein und
die Mosel, rechts der Inn und die Memel. Das Fufsgestell des Kaiser-