366
Centralblatt der Bauverwaitung.
5, October 1889.
erwähnten Punkten aus und ziehen diese durch leichte Hallenanlagen
u. dgl. mit dem neugeschaffenen Platze zu einem grofsen Ganzen zu
sammen.
Dev letztere Gedanke findet sich besonders schön durchgeführfc
in dem grofsartigen und doch mafsvollen Entwürfe Nr. 92 („Der
Herr hat Grofscs an uns gethan, Ehre sei Gott in der Hohe“), wel
cher das Kaiserdenkmal bis zur Kreuzung*) hinausrückt. Dieser
Standort ist in einer gröfseren Zahl der bedeutendsten Entwürfe
gewählt worden und hat zweifellos ungemein viel für sich. Die
Stelle hat erwünschten, aber nicht übermäfsigen Verkehr, und zwar
einen Verkehr mehr der Erholung als des hastenden, geschäftlichen
Treibens, ruhige Standpunkte für die Betrachtung lassen sich leicht
schaffen, die Entfernung vom Brandenburger Thore steht in einem
angemessenen Verhältnisse zu dessen und des Denkmals Bedeutung’
und baulichen Massen, inhaltvolle Beziehungen auf das Thor und das
Siegesdenkmal sind gegeben, kurz, es läfst sich kaum eine Anforde
rung stellen, welche der Platz nicht erfüllte. An Schwierigkeiten
fehlt es natürlich auch hier nicht. Die Stellung des Reiters —
von einem solchen kann unseres Erachtens hier, wie überall, nur
die Rede sein — in die Hauptachse, mit dem Gesicht der Stadt
zugewandt, scheint selbstverständlich. Sic weist an dieser Stelle,
gewisaermafsen als Endpunkt der für die Verherrlichung des neuen
deutschen Reiches bis hierher erweiterten alten Berliner Sieges
und Einzugsstrafse, auf eine abschliefsende, hintergrundartige Be
handlung der das Standbild umgebenden Architektur hin. Mit einer
solchen aber läuft man Gefahr, die Achse zu sperren, die doch aus
praktischen Gründen für den täglichen Verkehr und insbesondere
auch für festliche Einzüge u. dgl. thunlichst offengehalten werden
mufs, man kann in den Fehler verfallen, lediglich einen Abschlufs
da zu bilden, wo in Wirklichkeit der Beginn der Siegcsstrafse Hegt.
Der Architekt wird also, wenn er nicht eine mehr einfassende, hallen
artige Anlage wählen will, bemüht Bein müssen, für eine entsprechend
geöffnete Gestalt seines Hintergrundes und vornehmlich auch für
angemessene seitliche Ablenkung des Verkehrs Sorge zu tragen. Dafs
von aufsen Kommende, so z. B. einziehende Truppen, sich dem Stand
bilde vom Rücken nähern und an seiner Langseite vorüberziehen
müssen, hat etwas mifsliches, ist jedoch bei der Stellung in der Achse
auf allen den letzterwähnten Plätzen, den Pariser Platz eingeschlossen,
unvermeidlich und darf wohl auch mehr als Empfindungssache, denn
als künstlerischer Gegengrund gelten. Einen Versuch, den Wider
spruch zu mildern, darf man in der Anordnung einer Centralanlage
auf oder unmittelbar hinter der Kreuzung erblicken, wie wir ihr in
einigen Entwürfen begegnen, unter denen ganz besondere Nr. 116
(„Alleweg guet Zolre“) hervorragt. Sie räumen auch die Schwierig
keit der schiefen Kreuzung aufs einfachste aus dem Wege. Fraglich
ist nur, ob dergleichen thurmartige, meist mit Kuppeln gek^fcite
Rundbauten nicht das unter ihrer Wölbung stehende Rciterbild allzu
sehr schädigen, und ob sie nicht besser auf einer Anhöhe, die ihre
Baumassen vorbereitet, wirken würden, als hier auf dem baum-
umstandenen Platze des Berliner Thiergartens.
Die Schwierigkeit, welche die Siegesallee zwischen dem Königs-
*) Wir werden uns fortab dieses einfachen Ausdruckes bedienen,
um die in der Wiederholung schwerfällige Bezeichnung „Kreuzung
der Charlottenburger Chaussee mit der Siegesallee* zu vermeiden.
platze und der Charlottenburger Chaussee bietet, haben die meisten
Bewerber, welche sich für diese Strecke entschieden haben, nicht zu
bewältigen vermocht. Sie liegt in der doppelten Beziehung des Denk
mals auf die Siegessäule und auf die Kreuzung. Es erscheint natür
lich, das Kaiserbild mit der Vorderseite gegen letztere zu richten,,
man hat aber dann in der Siegessäule keinen geeigneten Hintergrund.
Und wird ein solcher durch eine neue Architektur geschaffen, so ver
baut man die Achse. Mit der Stellung des Denkmals an die West
seite der Allee ist die Schwierigkeit umgangen, aber nicht gehoben.
Der hervorragende, einen überaus gewandten Baukünstler verrathende
Entwurf Nr. 107 („Magna Magnie“) sucht die Lösung darin, dafs er
dem Standbilde die umgekehrte Stellung giebt und Beine Denkmal
anlage hart an den Königsplatz vorrückt. Durch die Trennung der
Hintergrund-Architektur in zwei, in der Mitte nur durch eine Treppe
im Unterbau verbundene Baumassen wird der Blick auf die Sieges
säule von der Kreuzung her offen gehalten und eine architektonische
Beziehung auf die letztere geschaffen. Es tritt nun aber der Uebel-
stand auf, dafs man von der Charlottenburger Chaussee her die Rück
seite des Standbildes erblickt, und wenn dieser Mangel auch durch
das Vovschieben der Anlage bis an den Königsplatz stark gemildert
wird, so ist er dadurch doch nicht beseitigt. Vortrefflich und ohne
einer wesentlichen Acnderung zu bedürfen würde der Plan Nr. 107
übrigens für die gegenüberliegende Seite, den sog. kleinen Königs
platz, passen.
Für den letzten der programmmäfsigen Standorte, den König s-
platz, finden sich Lösungen, die das Denkmal lediglich in Beziehung
zur Siegessäule bringen oder es zwischen diese und das Reichs-
tagshaus setzen. Der Mifsgriff leuchtet ohne weiteres ein. Ein wich
tiges Nebenziel für alle, die sich für den Königsplatz entschieden
haben, wird sein müssen, dafs sie diese weite Fläche erst zum eigentlichen
Platze machen. Das wird aber durch Begrenzung und Einengung,
und nicht auf jene Weise zu erreichen sein. Die meisten Bearbeiter
wählen denn auch eine Stelle am Rande des Platzes, vornehmlich die
sehr geeignete des KrolFschen Etablissements, und errichten dort
einen baulichen Hintergrund für das Denkmal. Da dieser ein Gegen
stück zum Reichstagshause bilden mufs, fällt er naturgemäfs durch
weg sehr grofs aus, vielfach sogar so grofs, dafs das Standbild
durch die Abmessungen der Baulichkeit empfindlich geschädigt wird,
und zwar namentlich dann, wenn der Bau zum wirklichen Gebäude
gemacht ist, dessen Inneres einem besonderen Zwecke, einer Ruhines-
oder Gedcnkhallc u. dgl. dient. Anders, wenn diesen Gebäude-Inhalt
die Darstellung des Kaisers selbst bildet, eine Auffassung, der wir
für diese Stelle in dem phantasievollen und künstlerisch vollendet
durchgeführten Entwürfe Nr. 129 („Kaiser und Reich“) begegnen. Der
Kaiser ist hier als der wiedererstandene Barbarossa, als der Träger
des Kaisergedankens aufgefafst. So konnte ihn der Künstler nicht ins
Freie, in den lauten Verkehr der modernen Grofsstadt stellen. Er
mufate auf den Anblick des Kaiserbildes vorbereiten, den Beschauer in
weihevolle Stimmung versetzen. Das erreicht er mit seinem mächtigen
Kuppelraume und mit der zu diesem hinleitenden Hallcnanlage, durch
die er Reichstagsgebäude, Kaiserdenkmal und Siegessäule zu einem
an äufserer Pracht und durch seinen inneren Zusammenhang hoch
bedeutenden Ganzen verbindet und den Königsplatz zum wirklichen
Platze gestaltet.
(Fortsetzung folgt.)
SpritzYorrichtungen beim Einrammen und Ausziehen von Pfählen,
Wie an vielen anderen Stellen der Oßtseeküstc, so sind auch im
Bezirke dev Hafenbauinspection von Neufahrwasser an der Wester
platte und bei dem Hochufer von Oxhoeft zur Vermeidung von Ufcr-
abbrüchen Pfahlbuhnen in die See geschlagen, welche aus je einer
Reihe von 2 bis 4 m langen, ungefähr 20 cm im Durchmesser starken
Rundpfählen bestehen. Die 2 m langen Pfähle sind zur Herstellung
der Buhnenwurzeln im Lande benutzt; die 9 m langen desgleichen
bis zu einer Wassertiefe von 0,5 m, und die 4 m langen bis zu einer
solchen von 1,5 m. Der Kopf der Pfähle wird überall — auch in
der Wurzel auf dem trockenen, allmählich aufeteigenden Strande —
auf die Höbe des Mittelwassers gelegt. Bei dem Bau solcher Buhnen
in der Nähe des Hafens waren früher hierorts auf Flöfsen oder
Prähmen stehende Rammen, auch Stützrammen ganz einfacher Art
auf dem Strande und in flacherem Wasser zur Anwendung gekommen.
Diese Rammen waren naturgemäfs ständig Gefahren bei eintreten
dem Seegange ausgesetzt; feste Gerüste wären denselben Gefahren
ausgesetzt gewesen, und wenn sie einigermafsen hätten haltbar sein
sollen, so wären sie zu theuer geworden. Es handelte sich also
darum, für das Eintreiben der Buhnenpfähle wirksame Vorrichtungen
zu beschaffen, die leicht auf den höheren Strand zu bergen waren
und zu ihrer Inbetriebsetzung möglichst geringer Rüstung bedurften.
Hierzu sind nun an obenbezeichneten Orten Spritzvorrich
tungen in Verbindung mit Handrammen in ausgedehnter
Weise und zu voller Zufriedenheit benutzt worden. Der Hergang
bei dem Einschlagen der Pfähle ist folgender:
Zunächst werden in Entfernungen von 1,5 bis 2 m einzelne
Buhnenpfähle vom Lande aus eingetrieben, jedoch nur so tief, dafs
der Kopf der Pfähle ungefähr 0,75 bis 1 m über Mittelwasser bervor-
ragt. Die Pfähle sind ungefähr 0,15 m von ihrem oberen Ende recht
winklig zur Buhnenriehtung durchbohrt zur Aufnahme von eisernen
Brechstangen oder Rundeisen, die ihrerseits als Unterstützung für
zwei seitliche Laufplanken dienen. Die Aufstellung dieser Rüst-
bezw. Buhnenpfähle erfolgt in der Weise, dafs von den bereits
stehenden Pfählen die Laufplanken, soweit sich solche freitragen
— 1,5 bis 2 m —, hinausgestreckt werden, dafs dann der Pfahl ge
richtet und mittels Drehens und Einspritzens soweit gesenkt wird,
dafs seine Standfähigkeit für das Auflegen der Planken genügt.
Hiernach erfolgt das weitere Senken des Pfahles unter gemeinschaft
licher Benutzung der Handramme und der Spritzvorrichtung. Nach
Vollendung des Einschlagens einer Anzahl Rüstpfähle werden die
Zwischenpfähle bis zu der vorgeschriebenen Höhe (Pfahlkopf auf
Mittelwasser) unter Benutzung der Spritzvorrichtung mittels
Drebens und mittels Handrammen — wenn nöthig unter Benutzung
einer Jungfer — eingetrieben. In reinem Sandboden, wie solcher
am Strande vielerorts vorhanden, genügt für das Senken das Drehen
des Pfahles bei Anwendung von Spritzvorrichtungen vollständig, bei