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Centralblatt der Bauverwaltung.
Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
IX. Jahrgang. Berlin, 3. August 1889. Nr. 31.
Bedactlon: SW. Zimmeretrafse 7 'i* Geschäftsstelle and Annahme der Anzeigen:
W. Wilhelmstrafse 90. Erscheint jeden Sonnabend.
Bezugspreis: Vierteljährlich 3 Mark. Bringerlofan in Berlin 0,75 Mark; hei Zusen
dung unter Kreuzband oder durch Postvertrieb 0,75 Mark, nach dem Auslände 1,30 Mark.
INHALT! Amtliches: Circular-Erlafs vom 25. Joli 1889. — Personal-Nach
richten. — Gutachten über die Entwürfe für die Gebäude des neuen Central-Per-
sonenbahnhofs in Köln. — Nichtamtliches: Ueber einige Arten orientalischer Mosaik-
arbeiten. — Elseub&hnonfall infolge ungenügender Freihaltung des I.ichtraume?
neben Eisenbahnfahrzeugen. — Einige Vorschläge zur Sicherung von Wjcterdeicheu. —
Einfaches Verfahren zur Berechnung der mittleren Wassergeschwindigkeit nach der
Formel .von Ganguillct und Kutter. — Vermischtes: Preisausschreiben für kunstge
werbliche Entwürfe jeder Art — Anstellung von Abthcllungs-Iögenieuren iu Württem
berg. — Vorkommen von Hausschwamm in unseren Wäldern. — Verwendbarkeit ein
facher Schneepflüge. — Schiffsziehung mit Triebseil. — v. Ritgen +. — Briefkasten.
Amtliche Mittheilungen.
Circular - Erlafs, betrettend die Feststellung allgemeiner
Grundsätze für die Berechnung der . Standfestigkeit
hoher Bauwerke auf geringer Grundfläche.
Berlin, den 25. Juli 1889,
Euer . . . lasse ieh Abschrift eines aus Anlafs eines Einzelfalles
von der Königlichen Akademie des Bauwesens unter dem 13. d, M.
abgegebenen Gutachtens, betreffend die Feststellung allgemeiner
Grundsätze für die Berechnung der Standfestigkeit hoher Bauwerke
auf geringer Grundfläche in Bezug auf die Bemessung des Wind
druckes und der Festigkeit des Mauerwerks im öffentlichen Sicher
heits-Interesse, beifolgend zur Kenütnifsnahme und Nachachtung in
vorkommenden Fällen zugehen.
Der Minister deT öffentlichen Arbeiten.
Im Aufträge
Schultz.
An die Königlichen Regierungs-Präsidenten bezw.
Regierungen, den Königlichen Polizei-Präsi
denten und die Königliche Ministerial-Bau-
Commission. — ITT. 13 597.
Gutachten.
Die Akademie des Bauwesens hat in den Sitzungen am 33. Mai
und 24. Juni d. J. die Grundsätze berathen, nach welchen bei der
Berechnung der Standfestigkeit hoher Bauwerke auf geringer Grund
fläche in Bezug auf die Bemessung des Winddrucks und der Festig
keit des Mauerwerks im öffentlichen Sichcrheits-Intöresse zu ver
fahren sei. Die Berathungen haben zu folgendem Ergebnifs geführt.
Den Berechnungen der Stabilität und Festigkeit der Bauwerke
ist bisher ein Winddruck von 125 kg für das Quadratmeter einer der
Windrichtung normal entgegenstehenden Ebene zu Grunde gelegt
worden. Trifft der Wind die Ebene nicht normal, so ist der Normal
druck auf die Einheit der Ebene nach dem Quadrate des Cosinus
des Richtungswinkels verringert worden. Von diesen Regeln abzu
gehen liegt, obwohl in verschiedenen technischen Zeitschriften ein
zelne Mittheilungen über gröfsere Windpressungen gemacht worden
sind, ein Anlafs nicht vor. Der Druck von 125 kg für das Quadrat
meter ist gröfser, als solcher bei den stärksten Stürmen im deutschen
Binnenlande beobachtet worden ist, und es ist bisher nicht bekannt
geworden, dafs Bauwerke, deren Standfestigkeit unter Zugrunde
legung eines solchen Winddrucks richtig bemessen worden ist, vom
Winde umgestürzt worden wären. Es ist indessen nicht ausge
schlossen, dafs an gewissen Orten, an denen durch locale Hindernisse
eine Zusammenziehung des Windstromes bedingt wird, gröfsere
Pressungen entstehen können. Auch sind in den Küstengebieten,
namentlich in Schottland, Windpressungen beobachtet worden, welche
die bei uns ermittelten weit überschreiten. Dieselben würden in
dessen nur an den Beobachtungsorten Berücksichtigung verdienen,
dagegen für die Aufstellung allgemein gültiger Regeln wohl
nicht in Betracht kommen können.
Die Akademie des Bauwesens ist daher der Ansicht, dafs im
Sicherheits-Interesse die Pressung des Windes unter gewöhnlichen
Verhältnissen nicht unter 125 kg für das Quadratmeter einer normal
zur Windrichtung gerichteten ebenen Fläche anzunehnoeu ist, und
nur, soweit nach den örtlichen Verhältnissen erfahrungsmäfeig gröfsere
Windpressungen auftreten, diese bei Ermittlung der dem Bauwerke
zn gebenden Abmessungen in Rechnung zu stellen sind.
ln Bezug auf die Berechnung der Standfestigkeit von hohen
Bauwerken auf kleiner Grundfläche, wie etwa Schornsteine, frei
stehende Mauern, Therme usw. r soweit dieselben als einheitliche
Mauerkörper betrachtet werden können, bei denen der Winddruck
allein die umstürzende Kraft bildet, ist im Sicherheits-Interesse der
Nachweis zu führen, dafs die Mittelkraft aus dem Eigengewichte des
über dem gefährlichen Querschnitt liegenden Theils des Bauwerks
und dem darauf wirkenden, am ungünstigsten gerichteten stärksten
Winddruck noch innerhalb des Mauerwerks verbleibt und dem
äufseren Rande desselben nicht so nahe tritt, dafs eine Zerstörung
des Materials durch Druck herbeigeführt wird. Diese Voraussetzung
mufs selbst in dem Falle zutreffen, dafs eine Adhäsion des Mörtels
an den Steinen nicht vorhanden ist, und die Lagerfugen windseitig
sich ungehindert öffnen können.
Berlin, den 13. Juli 1889.
Königliche Akademie des Bauwesens.
Schneider.
Personal-Nachrichten.
Preufsen,
Seine Majestät der Kaiser und König haben Allergnädigst ge
ruht, den bisherigen Oberlehrer an der Luisenstädtischen Oberreal
schule in Berlin, Professor Dr. Lampe, zum etatsmäfsigen Professor
an der Königlichen technischen Hochschule in Berlin zu ernennen;
demselben ist die infolge Abscheidens des Professors Dr. du Bois-
Reymond an genannter Hochschule frei gewordene etatsmäfsige Pro
fessur für Mathematik vom 1. Octobcr d. J. ab verliehen.
Der bisherige Königliche Regierungs-Baumeister Dimel ist zum
Königlichen Bauinspector ernannt; demselben ist eine Bauinspector-
Stelle bei dem Königlichen Polizei-Präsidium in Berlin verliehen.
Der bisherige Königliche Regierungs-Baumeister Emst Weber in
Memel ist zum Königlichen Kreisbauinspector ernannt; demselben
ist die Kreisbauinspector-Steile daselbst verliehen.
Zu Eisenbahn-Bau- und Betriebsinspectoren sind ernannt: die
Königlichen Regierungs-Baumeister Bassel, bisher in Berlin, unter
Verleihung der Stelle eines Eisenbahn-Bau- und Bctriebsinspectors
im Bezirk der Königlichen Eisenbahn-Dircction Köln (linksrh.),
derselbe wird bei den Umbauten der Bahnhofs-Anlagen in Köln be
schäftigt —, Boettcher in Berlin, unter Verleihung der Stelle eines
ständigen Hülfsarbeiters bei dom Königlichen Eisenbahn-Betriebs-
Amte (Directions-Bezirk Frankfurt a. M.) in Berlin, Zisseler in
Northeim unter Verleihung der Stelle des Vorstehers der Eisenbahn-
Bauinspection daselbst und Boie in Thorn nnter Verleihung der
Stelle eines ständigen Hülfsarbeiters bei dem Königlichen Eisenbahn-
Betricbs-Amte daselbst, sowie der Betriebsinspector Schubert in
Sorau unter Verleihung der Stelle des Vorstehers der Eisenbahn-
Bauinspection daselbst.
Versetzt sind: die Eisenbahn - Bau- und Betriebsinspectoren
Fischer, bisher in Dessau, als Vorsteher der zum Königlichen
Eisenbahn-Betriebs-Amt Stralsund gehörigen Eisenbahn-Bauinspection
nach Berlin und Hesse, bisher in Hamburg, als ständiger Hülfs-
arbeitcr an das Königliche Eisenbahn-Betricbs-Ämt in Dessau.
Der Baurath Zeh, Vorsteher der Eisenbahn-Bauinspection in
Kreuznach, ist in den Ruhestaiid getreten.
Dem bisherigen Königlichen Regierung»-Baumeister Eduard
Suling in Bremen ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Staats
dienste ertheüt worden.
Der Eisenbahn-Maschineninspector Langbein, Vorsteher der
Hauptwerkstätte in Erfurt, und der an der Königlichen Regierung in
Wiesbaden beschäftigte technische Hülfsarbeiter, Baurath Hilgcrs
sind gestorben.
Bayern.
Auf die bei dem Landbauamte München erledigte Assessorstelle
wurde der Bauamtsaasessör Benno Grünewald in Regensburg, auf die
hierdurch hei dem Landb&uamte Regensburg »ich eröffnende Assessor-
steile der Bauamtsassessor Friedrich Niedermayer in Amberg, beide