27. Juli 1884.
274
Centralblatt der Bauverwaltung;
Abb. l. Längenschnitt
Metall
Chemische Zusammensetzung
C | P Mn Si | S
Martineisen der Weichselbrücke .
Thomaseisen der Hamburger Brücke
0,183
0,092
0,055
0,050
0,480
0,357
0,020
0,012
0,034
0,038
Metall
Zug
festig
keit
kg
Gütec
Streck
grenze
kg
igönschaften
Dehnungen auf
200 mm j 100 mui
Länge
j>Ct. | pCt
Ein
schnü
rung
pCt.
Martmeisen der Weichselbrücke .
Thomaseisen der Hamburger Brücke
40-45 23—27
41,1 28,2
23 -33 26—40 27—54
27,1 35,0 1 56,9
Unter allen Umständen bleibt jedes Flufseisen, welches bei
gleichen Güteeigenschaften einen geringeren Kohlenstoffgehalt hat,
einem solchen mit höherem Gehalt vorzuziehen*) wegen der unange
nehmen Eigenschaften, welche das Metall durch den Kohlenstoff leicht
erlangt. Hierher ist besonders die Härtbarkeit zu rechnen. Je mehr
man sich durch Verringerung des C von der Möglichkeit der Härtung
entfernt, um so zuverlässiger ist das Metall, und allein aus diesem
Grunde dürfte von den verglichenen Metallen dem Thomaseisen mit der
Hälfte Gehalt an C der Vorzug vor dein Martineisen gebühren.
Sodann bemerkt der Herr Verfasser, dafs die Darstellung des
*) Es sind natürlich nur beschränkte Abweichungen möglich, da
mit der chemischen Zusammensetzung sich im allgemeinen auch die
Güteeigenschaften ändern. 1 )
Thomaseisens einen niedrigen Kohlenstoffgehalt bedinge, weil Vor
bedingung der Entfernung des Phosphors die Beseitigung des C sei.
Dies ist richtig, aber Herr Mehrtens erwähnt nicht, dafs nach Ent
fernung des P eine Rückkohlung stattfindet, die sich dem jedes
maligen Verwendungszwecke anpassen läfst, sodafs man im Thomas
verfahren ebensowohl kohlenstoffreiches Metall, z. B. Schieuenstahl,
hersteilen kann wie im Martinverfahren. Dagegen ist zuzugestehen,
dafs das neuerdings dargestellte Martineisen wohl in der Hinsicht
den Vorzug vor dem Thomaseisen verdient, als die Prüfung des
Metalls während der Darstellung eine leichtere ist als die des
Thomaseisens. Wey rieh.
Wir können den vorstehenden Ausführungen zwar nicht durch
weg zustimmen, da u. E. die Auswahl einer bestimmten Flufseisen-
gattung — wie ja der Herr Verfasser am Schlüsse selbst andeutet —
durch deren Verwendungsart bedingt ist. Auch erscheint es uns
noch nicht erwiesen, dafs die Härtbarkeit — besonders die gefähr
liche H. durch Druck — bei Verminderung des Kohlenstoffgehalts
nothwendig abnimmt. Manche, durch Ablöschen in Wasser sogar
sehr weich werdenden Metalle oder Metallgemische, wie z. B. das
Messing, lassen sich bekanntlich hart „schlagen“, ohne dafs ein
wesentlicher Einflufs etwaiger Beimengungen von Kohlenstoff hervor
tritt. Aehnlich erweisen sich auch manche Flufseisensorten zwar
ziemlich unempfindlich gegen das Ablöschen in Wasser, nicht aber
gegen starken Druck oder Stofs. — Diese kleinen Bedenken richten
sich jedoch mehr gegen die Form, als gegen die Sache. Jedenfalls
sind die zahlenmäfsigen Angaben schon ihrer wirthschaftlichen Be
deutung wegen sehr beachtenswert!!. D. Red,
Vom Nicaragua-Canal.
Ueber die bisherigen Entwürfe für die Herstellung eines Schilf
fahrtscanals über die Landenge von Nicaragua und die Bestrebungen,
sie zur Ausführung zu bringen, sind die Leser des Centralblattes der
Bauverwaltung durch ausführliche Mittheilungen auf dem laufenden
erhalten worden.*) Die Absicht des früheren Präsidenten Arthur
der Vereinigten Staaten von Nordamerica, das Unternehmen durch
die Vereinigten Staaten ausführen zu lassen, konnte nicht verwirk
licht werden. Der zu diesem Zwecke mit der Republik Nicaragua
ira Jahre 1884 abgeschlossene, {im December desselben Jahres dem
Senate vorgelegte Vertrag wurde vom letzteren nicht genehmigt und
Arthurs Nachfolger Cleveland zog 1885 den Gesetzentwurf zurück,
indem er die Anschauung vertrat, dafs der Bau des Canals nicht
Sache des Staates, sondern der Privat-Unternehmuug sei.
Es bildete sieh nunmehr die Nicaragua-Seecanal-Gesell-
scliaft, welche Ende 1887 neue Vorarbeiten beginnen liefs, deren
Ergebnifs in mehrfachen Abänderungen und Vereinfachungen des
früher von dein americanischen Ingenieur Menocal aufgestellten
Canalentwurfs bestand. Die Gesellschaft erhielt die Bauerlaubnifs
seitens der Republik Nicaragua, doch mufste ihr daran liegen, auch
von den Vereinigten Staaten Nordamericas anerkannt zu werden, um
ihr Ansehen auf dem Weltmarkt zu steigern und hierdurch die Auf
bringung der erforderlichen bedeutenden Geldmittel zu ermöglichen.
Ihre Bestrebungen haben diese erwünschte Förderung nun durch ein
Gesetz erfahren, welches der Gesellschaft einen Freibrief für die
Vereinigten Staaten ertheilt. Dasselbe wurde dem Congrefs zu
Anfang des Jahres 1888 vorgelegt, nach mehrfachen Verhandlungen
am 6. Februar d. J, vom Repräsentantenhause, am folgenden Tage
vom Senate angenommen und am 20. Februar vom Präsidenten unter
zeichnet. Ueber den Inhalt des hiermit rechtsgültig gewordenen
Gesetzes sowie über das Ergebnifs der letzten Vorarbeiten ent
nehmen wir einem Berichte des technischen Attaches in Washington,
Regierungs-Baumeister Petri, die folgenden Mittheilungen.)
Das neue Gesetz genehmigt die Gesellschaft unter dem Namen
„The Maritime Canal Company of Nicaragua“ mit einem Vermögen
*) Vergl. die Mittheilungen im Jahrg. 1884 S. 547, Jahrg. 1885
S. 77 und Jahrg. 1886 S. 48 d. Bl.
von 100 Millionen Dollars, das auf 200 Millionen erhöht werden darf
und in Antheilscheinen zu 100 Dollars auszugeben ist. Die Gesell
schaft hat ihren Sitz in New-York und wird von einem Directorium
von 15 Mitgliedern geleitet, von denen die Mehrzahl aus Bürgern und
Einwohnern der Vereinigten Staaten bestehen mufs. Die Antheil-
scheine dürfen nicht eher ausgegeben werden, bis ein Zehntel des
Betrages eingezahlt ist. Innerhalb eines Jahres mufs mindestens
1 Million Dollars in die Gcsellschaftskasse eingezahlt sein. Alljähr
lich am ersten Montage des Decembers hat die Gesellschaft dem
Minister des Innern einen Bericht einzureichen, dessen Form und
Einzelheiten von demselben vorgeschrieben werden. Die Bauerlaubnifs
erlischt, wenn die Gesellschaft nicht innerhalb dreier Jahre mit dem
Bau begonnen hat.
Der aus den jüngsten Vorarbeiten hervorgegangene Entwurf für
die endgültige Canallinic ist in den hier beigegebenen Abbildungen 1
und 2 in allgemeinen Umrissen dargestellt. Wie der Längen-
schnitt (Abb. 1) erkennen läfst, war man bemüht, eine möglichst
lange Scheitelstrecke zu gewinnen, die Gefälle an den beiderseitigen
Enden thunlichst zu vereinigen und gleichzeitig eine Verminderung
der Einschnitte und der Schleusenzahl zu erreichen. Bei einer Ge
samtlänge von Meer zu Meer von 273 km (169,8 engl. Meilen) ist die
Scheitelstrecke etwa 245 km lang. Die Länge der auszugrabenden
Canalstrecke beträgt nur 46 km, da der Nicaragua-See und die durch
Thalsperren aufzustauenden Wassermassen des Rio Grande, des
San Juan und des San Francisco auf weite Strecken benutzt wer
den sollen.
Die Zahl der Schleusen in dem westlichen Abstieg vom
Nicaragua-See nach dem Stillen Ocean ist von 4 auf 3 verringert
worden, sodafs die Gesamtschleusenzahl mit den 3 östlichen nunmehr
6 beträgt. Zwischen den Spiegeln des Nicaragua-Sees und der bei
den Meere besteht ein Höhenunterschied von 33,5 m.
Die Baukosten sind zu dem schon früher ermittelten Betrage
von etwa 270 Millionen Mark (65 Millionen Dollars) berechnet wor
den. Diese Summe wird jedoch von manchen Seiten für zu gering
gehalten, weil man vermuthet, dafs die Kosten für Vertiefung der
seichten Stellen des Sees und der Flufslaufe zu niedrig veranschlagt
sind, und dafs die Anlage von Thalsperren manche nicht vorherzu-