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Centralblatt der Bauverwaltuug.
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in der Regel ohne Schwierigkeiten und ohne erhebliche Kosten mög
lich gewesen; vollständige Ilmdeckungen sind nur in ganz vereinzelten
Fällen nöthig geworden. Allerdings ist die Beobachtungszeit noch zu
kurz, als dafs schon jetzt ein abschliefsendes Urtheil darüber ge
wonnen werden könnte, ob die Holzcementmasse von unbegrenzter
JDauer ist. Es wäre allenfalls möglich, dafs die Dachhaut durch die
langsam auf ihr absickernden Wasserfäden allmählich so angegriffen
wird, dafs die Harzmasse ihre Schutzkraft verliert.
Immerhin aber darf man nach den bisherigen Erfahrungen dem
Holzcement-Dach die Vorzüge zueprechen, dafs es mit mäfsigen
Kosten hcrzustellen und unbedingt dicht ist gegen Wasser, Schnee,
Rufs und Staub, dafs es grofse Feuersicherheit und guten Schutz
gegen Hitze und Kälte gewährt, dafs es eine unbeschränkte Ver-
werthung der Bodenräume, auch eine Benutzung der Dachfläche selbst
zu mancherlei Zwecken zuläfst und bei einiger Aufmerksamkeit nur
geringe Unterhaltungskosten verursacht.
Nichts destoweniger wäre es verkehrt, das Holzcement-Dach im
Vorzug vor anderen bewährten Dächern etwa ganz allgemein, für
jeden Landestheil und für jeden Zweck empfehlen zu wollen. Seine
Anwendung wird immer in erster Linie auf dem Gebiet der Nutz
bauten liegen. In unserer Zeit insbesondere, welche danach strebt,
bei Bauten, die höheren Ansprüchen genügen sollen, das Dach
sichtbar zu macheu und zur architektonischen Wirkung gelangen zu
lassen, wird man namentlich bei freistehenden Gebäuden dem Schiefer-,
Ziegel- oder Kupferdach seine berechtigte Vorrangstellung ‘lassen
müssen. — H.—
Zur Bestimmung der Härte der Metalle und über das Mafs der Härte
Es sind mannigfache Verfahren zur Bestimmung der Harte der
Metalle und der festen Körper überhaupt in Anwendung, ihre Er
gebnisse lassen sieh aber auf keine bestimmte Einheit zurückführen,
solange mau für den Begriff Härte kein Mafs besitzt. Die Härte
wird als der Widerstand bezeichnet, den ein fester Körper dem Ein
dringen eines anderen entgegensetzt, wie soll jedoch dieser Wider
stand — die Härte — gemessen werden?
Es liegt sehr nahe zu vemiuthen, dafs die Härte in geradem Ver
hältnisse stehen müsse zu jener Kraft, welche erforderlich ist, die
Massentheilchen des zu prüfenden Körpers gegeneinander zu ver
schieben, also zur Schubfestigkeit oder Scherfestigkeit. Aber
diese Vermuthung, welche wohl mannigfach aufgetaucht sein mag,
wird dem Anscheine nach sofort widerlegt, wenn man mit den bisher
zur Bestimmung der Scherfestigkeit gebräuchlichen Mitteln zwei
Körper, z. B. Eisen und Quarz, untersucht. Zwei gleichgrofso
Prismen dieser Stoffe, auf ihre Scherfestigkeit geprüft, zeigen, dafs
der härtere, aber gleichzeitig weit sprödere Quarz weniger Wider
stand leistet, als das weichere, aber zähere Eisen. Dieses Ergebnifs
beruht jedoch auf einer Täuschung, weil die gewöhnlich zur Ab
scherung gebrauchten Mittel keine reine Abscherung liefern, sondern
den Versuchskörper stets auf Biegung beanspruchen, sodafs die
spröden Stoffe nicht abgeschert, sondern gebrochen werden. Bei
den mehr oder weniger zähen Stoffen, den meisten Metallen, tritt
diese Biegung bei dem Beginne der Abscherung ebenfalls auf, nachdem
dieselbe erfolgte, findet aber wirkliche Abscherung statt, und der dabei
geäufserte Widerstand ist weit gröfser als jener bei der Biegung.
Ob die Härte thatsächlich in geradem Verhältnisse zum Ab
scherungswiderstande steht oder nicht, läfst sich nur durch solche
Abscherungsversuche feststellen, bei welchen wirklich reine Ab
scherung auftritt; hierzu ist es aber erforderlich, dafs der abzu
scherende Körper allseits vollkommen dicht umschlossen ist und
zwar von einem Stoffe, welcher harter ist als er.
Solche Versuche hat der Unterzeichnete mehrfach durchgeführt
und gefunden — wenn auch zunächst noch für eine beschränkte Zahl
von Körpern —, dafs die Härte durch die Scherfestigkeit ge
messen werden kann. Es ist hier nicht der Ort auf diese Ver
suche des näheren einzugehen, aber es sei hervorgehoben, dafs die
Härte des Zinnes und jene des Schellacks für die gewöhnlichen
Zimmertemperaturen die gleiche ist, denn es stumpft sich eine Bruch
kante des Schellack am Zinn und eine Zinnspitze am Schellack bei
Ritzversuchen ab; der Abscherungswiderstand wurde bei beiden
gleich, zu etwa 2,7 kg/qmm gefunden.
Für die Bestimmung der Scherfestigkeit, bezw. der Härte der
meisten Metalle kann die bezügliche Vorrichtung aus zwei festen
Und einer zwischen denselben verschiebbaren (oder drehbaren) Stahl
platte bestehen, durch welche ein gemeinsames, sehr wenig kegel
förmiges Loch gebohrt ist. Die Platten müssen durch Schaben oder
Schleifen so genau angearbeitet sein, dafs sie sich dicht an einander
verschieben, und das abzuscherende Stück mufs
nach demselben Kegel angeschliffen sein. Es
seien a die bewegliche Platte, b b die festen
Platten. Einfacher und für praktische Zwecke
bei Härtebestimmung von Metallen noch ge
nügend, würde eine Vorrichtung sein, die
nur aus zwei gegenseitig verschiebbaren Platten
besteht, welche zusammenfallende cylindrisehe Bohrung aufweisen,
und in welche die Versuchstücke als cylindrisehe Stücke von thun-
üch genauer Abarbeitung eingeschoben werden müfsten.
Die Ansicht, dafs jene Körper, welche wir spröde nennen, keine
reinen Abscherungsflächen zu liefern vermöchten, kann als Vorurtheil
bezeichnet werden. Es ist nur sehr schwierig, die Erscheinungen
splittrigen oder sohaligen Bruches hintanzuhalten. Wenn aber der
spröde Körper allseits von härterem Stoffe dicht umschlossen
und eingezwängt ist, dann verhält er sich wie ein bildsamer Stoff.
So bog ich in jüngster Zeit krystallisirtes Steinsalz, Fraueneis
(kryst. Gips) und Talk, indem ich diese Stücke ln den härteren
Schellack und diesen in ein Eiseorohr einschmolz. Nach dem Aus
kühlen wurde gebogen, hierauf durch Salpetersäure das Eisen, durch
Spiritus der Schellack entfernt, und so wurden die in der festen Um-
schliefsuDg gebogenen spröden Stoffe wohlerhalten, aber gebogen,
freigelegt.
In gleichet Weise duxehgeführte Drnekproben liefern noch auf
fälligere Erscheinungen des Flicfsens dieser spröden Körper.
Prag, im Juni 1889. Prof. Friedr, Kick.
Der in obiger Mittheilung gemachte Vorschlag, die Scherfestig
keit. als Mafs für die Härte, anzunehmen, erscheint uns nicht ganz
einwurfsfrei, da nach dem üblichen — allerdings nicht scharfen —-
Begriffe der Härte eines Stoffes diese Eigenschaft schon vor dem
Bruche (z. B. bei Verdrückung) zur Geltung kommt, während sich
die Scherfestigkeit nur auf den Augenblick des Bruches bezieht.
Immerhin verdient der obige dankenswerthe Versuch einer Lösung
der noch ziemlich dunklen Frage Beachtung, D. Red,
Die Kirche des heiligen Vincenz in Metz,
Unter den Kircheubautcu der Stadt Metz treten zwei besonders
in den Vordergrund, die Domkirche St- Peter und die ehemalige
Klosterkirche des heiligen Vincenz. Obschon die Anlage eines Domes
in Metz viel älter ist, als die des genannten Klosters, so sind an
ersterein doch nur wenige Theile vorhanden, die aus so früher Zeit
stammen, wie der .Hauptbau der heutigen Vincenzkirche. Und wenn
jetzt dei Dom durch seine reichen, von den zierlichen Spitzen seiner
Thürine überragten Massen die Hauptrolle spielt im Stadtbilde von
Metz, so fallen neben ihm vor allem die beiden viereckigen Thürme
der Vincenzkirche auf, die schon seit der Mitte des XIII Jahrhunderts
ein Wahrzeichen der wehrhaften Moselstadt sind.
Im Jahre 968 1 ) fafste Bischof Dieterich von Metz den Entschlufs,
auf einer der Mosel-Inseln aufserhalb der damaligen Stadt eine
Männerabtei zu gründen, die vor allem eine Stätte der Wissenschaft
werden sollte. Er berief zu diesem Zwecke Benedictinermöuche aus
den Orten Gorze und St. Amould. Dieser Niederlassung entstammt
') Pertz: Mon, Germ. I. S. 157. Armales S. Vincentii Mettonsis.
die heutige Vincenzkirche, welche ebenso wie die Klosterbaulicb-
keiten im Laufe der Jahrhunderte manche Wandlungen durchmachte.
En dem Mafse, wie der Stifter die Abtei mit Gütern reich versah, 2 )
suchte er ihr auch durch den Ankauf geschätzter Reliquien ein be
sonderes Ansehen zu geben So erstand er 969 in Corfiuo den Leich
nam der heiligen Lucia, der, durch einen seiner Vertrauten Wigeric
nach Metz überführt, dort am 18, Januar 970 anlangte und in der
Abteikirche St Vincenz beigesetzt wurde. 3 ) Es wurde dies ein wich
tiges Ereignifs für die Baugeschichto der Kirche. Man beeilte sich
in dem damals wohl noch nicht vollendeten Bau für die Heilige so
fort eine neue prunkvolle Capelle anzulegen, welche am 6. August 972
in Gegenwart der beiden Nachbar-Bischöfe Gerhard von Toul
und Wiefried von Verdun geweiht wurde- Auch gelang es dem
rastlos thätigen Bischof für die Aebte seines Klosters von den Päpsten
8) Vgl. den Aufsatz von M. Burtin in dem Voeu National, Echo
du Eays Metein, Jahrgang 1883 Nr- 5509, 5510
3 ) Pertz a. a. O,