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DIES UND DAS
Mit Veröffentlichung der Abbildungen No. 316 340
aus dem Nachlaß des am 15. Mai v. Js. verstorbenen
Baurat ARNOLD HARTMANN glauben wir eine
Ehrenpflicht gegen diesen ausgezeichneten idealge
richteten Künstler zu erfüllen, der uns allzu früh ent
rissen wurde. Leider haben die Schwierigkeiten,
unter denen alles Buchgewerbe heute zu leiden har,
erst sehr verspätet eine Wiedergabe der uns von den
Erben gütigst überlassenen Blätter ermöglicht.
Es läßt sich nicht mehr leugnen, daß unsere bau
lichen Verhältnisse immer trübseliger werden. Die
Baustoffe reichen infolge des ständigen Kohlenmangels
nicht einmal dazu, alle begonnenen Siedelungsbauten
fertigzustellen, und die Bewirtschaftung dieser wenigen
Baustoffe geht längst über das Vermögen an Sach
verständnis bei den in Frage kommenden Behörden.
Hat doch bis vor kurzem der Oberpräsident, der für
die ausschlaggebende Genehmigung neuer Baugesuche
nach Maßgabe von deren Dringlichkeit im Verhältnis
zur Menge der noch verfügbaren bewirtschafteten Bau
stoffe jetzt zuständig ist, noch nicht einmal Kenntnis
davon gehabt, welche Mengen an Baustoffen über
haupt verfügbar waren und arbeitet doch die Bau
beschaffungsstelle infolge von Überlastung so langsam,
daß man auf einige Säcke Zement mehrere Wochen
warten muß, während in den Vorzimmern dieser Be
hörde die Schleichhändler unverfroren ihre Karten
den Harrenden abgeben und jedes Quantum, aller
dings zu Phantasiepreisen, für baldigste Lieferung in
Aussicht stellen! Daß aber durch Verweigerung der
Genehmigung zu Baugenehmigungen das Baugewerbe
in immer weiterem Umfange kaltgestellt wird, muß
als Folge dieser Bewirtschaftung eben wie so vieles
unter den jetzigen kopflosen Zuständen hingenommen
werden. Inzwischen kaufen Ausländer unter der Hand
alle möglichen Betriebe und zukunftversprechende
Grundstücke, und wenn unsere wirtschaftlichen Zu
stände sich überhaupt noch einmal heben, so werden
unsere Architekten schließlich nur noch im Dienste
von Amerikanern ihr Leben fristen können! Wer
einen Ausweg aus diesem Whrsal weiß, möge es
sagen!
NACHRICHTEN VON PERSONEN.
Am 30. September wurde im Alter von 59 Jahren
der Architekt FRANZ WICHARDS durch einen
plötzlichen Tod dahingerafft. Seine zusammen mit
Hermann Solff, seinem schon 1909 viel zu früh ver
storbenen Freunde, geschaffenen Werke gehören zu den
feinsjnigsten und harmonischesten Schöpfungen der
letzten Jahrzehnte vor dem Kriege. Beiden Künstlern
lag vielleicht nicht monumentale Größe; dazu waren
sie zu abgerundete moderne Kulturmenschen im besten
Sinne; allzuviel Feingefühl und abgeklärtes verästeltes
Denken beeinträchtigt die ungestüme Stoßkraft der
Genialität. Aber-eben diese vornehmste Kultiviertheit
der beiden Künstlerseelen gab ihren Werken doch bei
aller Pflege überlieferter Formen eine durchaus eigene
Handschrift, die sich schon bei ihrem ersten Bau, dem
Geschäftshaus der Berlinischen Lebensversicherungs
gesellschaft in der Markgrafenstraße, unverkennbar
zeigte; der bedeutsame und eindrucksvolle Bau des
Geschäftsgebäudes für das Patentamt in der Gitschiner
Straße darf vielleicht gerade um deßwillen als gut
modern bezeichnet werden, weil er nicht monumentale
Größe einem nur in den Gesamtabmessungen großen
Hause für bloße Arbeitsstuben auflügen wollte, sondern
nur schmückende Gefälligkeit als Bezeichnung für
einen öffentlichen Bau eines mächtigen Reiches an
strebte. ln dem Tochter-Geschäftshause für die Lebens
versicherung Wilhelma-Magdeburg in der Tauben
straße zu Berlin aber bleibt uns ein ganz ungemein
hochstehendes Denkmal beider Künstler; an eigentlich
architektonischer Erfindung, ganz abgesehen von der
glänzenden Formensprache, also an Bewältigung der
Probleme des Geschäftshauses an sich und rhyth
mischen Gliederung der Bauteile wie der Differen
zierung und am Zusammenklingen der Motive, scheint
es mir eine der vollendetsten Lösungen des modernen
Geschäftshauses. Von körperlichen Leiden bedrückt,
war Wlchards kein glücklicher Mensch; nur wenigen
zeigte er seine innerlich reiche Natur; in seiner
Künstlerschaft aber ist diese trotzdem für Gene
rationen glücklich zum Ausdruck gekommen.
Im Wettbewerb um den Entwurf zu einer Stadt
halle für Erfurt erhielten unter 106 (!) Bewerbern
den ersten Preis (5000 Mk.) die Architekten WILLY
HARDER (Steglitz) mit FRITZ SCHOCK (Charlotten
burg); ein Entwurf von Professor OTTO KUHLMANN
wurde zum Ankauf empfohlen.
Die Technische Hochschule in Braunschweig hat
dem verdienstvollen Leiter der Bahnhof-Hochbauten
im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, dem Geh.
Oberbaurat ALEXANDER RÜDELL die Würde eines
Doktor-Ingenieurs ehrenhalber verliehen; die gleiche
Auszeichnung wurde dem Geh. Regierungsrat Prof.
HUGO HARTUNG, dem bekannten Dozenten für
mittelalterliche Baukunst an der Charlottenburger
Hochschule, seitens der Technischen Hochschule in
Karlsruhe zuteil.
Zu Mitgliedern der Akademie des Bauwesens wurden
ernannt der Geh. Oberbaurat Dr.-Ing. JOSEF STÜBBEN
(erneut) und der Geh. Oberbaurat im Ministerium der
öffentlichen Arbeiten WALTER HESSE.
Der Bildhauer Professor JOSEF RAUCH, der be-
deudendste Mitarbeiter des Stadtbaurates Ludwig
Hoffmann erhielt einen Lehrauftrag für die Technische
Hochschule in Charlottenburg.
Im Wettbewerb um einen Vorentwurf zu einer Fried
hofanlage in Saarbrücken fiel der zweite Preis (3500 Mk.)
nach Berlin, und zwar an die Professoren REINHARDT
und SÜSSENGUTH.
Der schon vor dem Kriege angeregte Wettbewerb
um Entwürfe zur Umgestaltung des Platzes vor dem
hiesigen Potsdamer Bahnhof ist endlich zum Austrage
gebracht worden. Ein erster Preis wurde nicht ver
teilt. Zwei zweite Preise fielen an die Entwürfe von
Geh. Regierungsrat Prof. Dr. BRIX (Charlottenburg)
mit Reg.-Baumeister EMIL FADER (Friedenau) und
von Reg.-Baumeister ANTON VON WERNER; zwei
dritte Preise erhielten Arch. FRITZ SCHOCK (Char
lottenburg) und Arch. KARL OETTINGER (Lichter
felde); die Entwürfe der Architekten BIELENBERG
& MOSER, Prof. OTTO KUHLMANN und ein weiterer
Entwurf von FRITZ SCHOCK wurden angekauft.
Abgeschlossen am 4. 12. 19. H. S.
Verantw.f.d. Schriftleitung: Günther Wasmuth, Berlin, Verlag v. Ernst Wasmuth A.-G., Berlin W., Markgrafenstr. 31
Gedruckt bei Herros£ Ä Zierrsen. G. m. b. H„ Wittenberg (Bz. Halle). Klischees von Fritz Heilmann, Berlin