Themen Bibliotheken
902 Bibliotheksdienst 46. Jg. (2012), H. 11
keit bibliothekarischer Arbeitsstellen und trotz aller erzielten Fortschritte in ein-
zelnen Bundesländern und Städten, an einzelnen Schulen. Schulbibliotheken, so
vorhanden, werden noch immer gerne in kleinen Räumen untergebracht, betreut
von Eltern, Lehrern mit wenigen Stunden für die Bibliotheksarbeit oder Ein-Euro-
Jobbern ohne Vorkenntnisse, und sind meist mit einem Budget ausgestattet, das
unter dem Taschengeldniveau eines Zehntklässlers liegt. Baden-Württembergs
Fachstellen für Bibliotheken kennen noch nicht einmal die genaue Zahl vorhan-
dener Schulbibliotheken. Nicht weil sie nicht wollten, sondern weil sie nicht zu-
ständig sind, nicht dürfen.
Warum haben es nicht alle Schüler in Deutschland verdient, dass Schulbibliothe-
ken vor Ort und als erweitertes Klassenzimmer beitragen können zur umfassen-
den Bildung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen? Warum gibt es trotz
eindeutiger Belege für die langfristige Wirkung frühzeitiger Bibliotheksbesuche
von Kindern – sie werden auch als Erwachsene zu einem hohen Prozentsatz Bib-
liotheksbesucher bleiben – noch immer Stadtbibliotheken, die Schulbibliotheken
als Konkurrenz betrachten? Warum ist Existenz und gute Ausstattung einer Schul-
bibliothek nicht – wie in vielen anderen europäischen und außereuropäischen
Ländern – längst Standard jeder Schule? Öffentlichkeit und Politik wissen kaum
etwas über Schulbibliotheken, über ihre potentiellen Möglichkeiten und ihre tat-
sächlichen Schwierigkeiten. Kultur und Bildung sind beliebte Bereiche, in denen
als erstes Einsparungen vorgenommen werden – auch öffentliche Bibliotheken
können ein Lied davon singen. Und solange es keine funktionierende Lobby für
Schulbibliotheken gibt, wird das wohl auch so bleiben – von Inseln der Glückselig-
keit einmal abgesehen.