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858 Bibliotheksdienst 46. Jg. (2012), H. 10
Kursinhalt: Was können Öffentliche Bibliotheken tun, um sich zunehmend für Mi-
grantinnen und Migranten zu öffnen? Insgesamt besteht bei Menschen mit Mig-
rationshintergrund ein hohes Interesse an kultureller Bildung. Allerdings nutzen
Migranten-Familien im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich seltener ent-
sprechende Angebote, vor allem, wenn diese kostenpflichtig sind.
Sinus-Studie: Lebensstile und Lebenswelten: Die 2011 von der Stadt Köln veröffent-
lichte Broschüre zu Lebenswelten und Milieus von Menschen mit Migrations-
hintergrund auf der Basis der Sinus-Studie zeigt, dass der Zugang zur kulturellen
Bildung nicht abhängig ist von der Herkunftskultur. Vielmehr sind der Bildungs-
stand, das Einkommen sowie Wertorientierungen, Einstellungen und Lebensstile
entscheidend. Meral Cerci hat dieses Projekt als sozialwissenschaftliche Beraterin
begleitet. Sie wird die Ergebnisse zum Auftakt des Fachtags Interkulturelle Biblio-
theksarbeit vorstellen.
Blick ins Wohnzimmer: Die Studie liefert KEINE mustergültigen Konzepte zum
Umgang mit DEM Migranten. Im Gegenteil, sie fordert uns auf, zu differenzieren
anstatt zu pauschalisieren. Sehr persönliche Interviews und Fotografien wollen
einen Beitrag leisten zum Kennenlernen und Verstehen der Alltagswelten von
Menschen mit Migrationshintergrund. Sie bilden in der Studie die Grundlage für
das Herausarbeiten unterschiedlicher Migranten-Milieus.
Deutlich wird, so Meral Cerci, dass das Interesse der Migrantinnen und Migranten
an kulturellen Angeboten den Grad der tatsächlichen Nutzung übersteigt. Die
zentrale Frage ist also, wie können die Interessierten gezielt angesprochen und
somit tatsächlich erreicht werden?
Wandel: Interkulturelle Bibliotheksarbeit ist in den bundesdeutschen Öffentlichen
Bibliotheken seit langem gelebte Praxis. Wie sehr sich diese Arbeit seit ihren Ur-
sprüngen in Bezug auf gesellschaftliches Bewusstsein und auf verwendete Be-
grifflichkeiten gewandelt hat, zeigt Susanne Schneehorst im Anschluss mit ihrer
Zeitreise durch bibliothekarische Gremienarbeit.
Spracherwerb und Mehrsprachigkeit: Zum Themenkomplex Spracherwerb und
Mehrsprachigkeit werden am Nachmittag Ali Tugutlu und Dogan Tezel mit Blick
auf Familie und Schule und Prof. Ali Ucar mit Fokus auf das Sprachverhalten türki-
scher Jugendlicher einen Beitrag zur aktuellen Diskussion leisten.
Persönlich: Der Botschafter der Türkischen Republik in Deutschland, Hüseyin Avni
Karslioglu, schließt den Tag mit einem weiteren, sehr persönlichen Einblick in die
Lebenswelt eines Migranten. Er berichtet von (s)einem Leben zwischen zwei Kul-
turen und von gesellschaftlichem Erfolg, der sich trotz dieser Zerrissenheit ein-
stellte.
Ziel des Fachtages ist es, den engagierten Bibliothekarinnen und Bibliothekaren
vertieftes Hintergrundwissen zu vermitteln und den Blick für gesellschaftliche