Beruf Themen
Bibliotheksdienst 46. Jg. (2012), H. 6 491
fachleute unter der Diktatur der Schnelligkeit wird dem Ansehen des Berufs weit-
aus mehr schaden als Spier bei Untätigkeit derselben befürchtet.
Spier weiß, dass „eine Stellungnahme nicht immer der Meinung aller [Beteiligten]
entsprechen“ kann und stellt sich daher eine Plattform vor, auf der die Stellung-
nahme, die innerhalb einer Woche nach einer Entlarvung öffentlich gemacht
wurde, diskutiert würde. Im Klartext heißt das: Wir wollen uns vor allen Dingen
erst einmal äußern; das Denken können dann die Minderheiten und diejenigen
übernehmen, die Argumente haben.
Dass nicht alle, die den Beruf des Bibliothekars ergriffen haben, denselben Idea-
len wie Spier anhängen, es also keinen Automatismus des Denkens innerhalb
des Berufsstands gibt und geben kann, zeigt Uwe Jochum sehr deutlich, wenn
er schreibt: „Je mehr sich daher die Bibliotheken zum Transmissionsriemen eines
allgemeinen gesellschaftlichen Willens auf Informationsversorgung und -freiheit
in Spiel zu bringen versuchen, desto mehr muss man betonen, dass dieser Trans-
missionsriemen ein negatives Tun umsetzt, das nichts weiter als die ‚negative Frei-
heit‘ erreichen kann, die in der Zerstörung des Vorhandenen liegt. […] Was man
dann haben wird, wird keine Informationsfreiheit sein, sondern die ‚Freiheit der
Leere‘.“13
Spier ist laut Google-Profil „Student of Library and Information Science and Gen-
der-Studies at the Humboldt-Universität, Berlin”, und in seinem Xing-Profil gibt
er an, er habe Berufserfahrung in der Informationstechnologie. Möglicherweise
ist es diesen Umständen geschuldet, dass er die Tatsache, „dass Bibliotheken zu-
nehmend Information mieten […] und abnehmend erwerben“ als „Trend“ sieht.
Er sagt, dieser „Trend“ stütze „sich auf ein Urheberrechtsmodell, das wir unter-
stützen …“ Im Urheberrecht steht jedoch nicht, dass mit dem Kauf von Content
mehr Rechte auf den Käufer übergingen als mit dem Abschluss einer Lizenz. Hier
verzettelt sich Spier in seiner Ablehnung des geltenden Urheberrechts. Selbstver-
ständlich kann das zunehmende Lizenzieren anstelle von Kauf kritisiert werden.
Dies ist z.B. bereits ausführlich im Jahr 2000 von Jeremy Rifkin in seinem Buch „Ac-
cess“ dargelegt worden.14 Allerdings stehen völlig andere Gründe für diese Kritik
als das Urheberrecht.
Spier behauptet, Access anstelle von Ownership könne „sich auf unsere Tätig-
keit katastrophal auswirken“. Wie sich diese katastrophale Auswirkung darstel-
len könnte, wird nicht weiter erläutert. So manche/r Beschäftigte kennt sicher
Veränderungen im Umfeld seiner Tätigkeiten, die er persönlich als katastrophal
empfindet, doch das kann hier nicht gemeint sein. Grundsätzlich jedenfalls fällt
13 Das Ende der Bibliothek: vom Wert des Analogen / hrsg. von U. Jochum. –
Klostermann, 2011. – S. 20 f.
14 J. Rifkin: Access. – Frankfurt, 2000