Altes Buch Themen
Bibliotheksdienst 46. Jg. (2012), H. 1 17
gegen das andere (ebenso legitime) auszuspielen. Orientiert an den Aufgaben gilt
es zu fragen, welche IT-Instrumente für den jeweiligen Zweck sinnvoll und not-
wendig sind.
Die am Markt üblichen Datenbanken (wie z.B. Microsoft Access), die meist von
den Mitarbeitern der Projekte angepasst werden müssen, erweisen sich als voll-
kommen unzureichend. Übersteigt die Quantität der zu prüfenden Bücher eine
bestimmte (schon recht geringe) Menge oder werden die Abfragen komplizierter,
geraten von Laien erstellte Systeme schnell an ihre Grenzen. Viele Einrichtungen
sind mangels Alternativen aber gezwungen, mit solch unzureichenden Werkzeu-
gen zu arbeiten. Als Konsequenz sind nicht nur die jeweiligen Forschungsprojek-
te in ihrer Effizienz eingeschränkt, sondern wichtige Erkenntnisse zum Raub, den
Buchwegen und den rechtmäßigen Eigentümern können anderen nicht in ad-
äquater Weise zur Verfügung gestellt werden. Publikationen dokumentieren den
aktuellen Stand der Forschung, sie ersetzen aber nicht den Austausch der „Roh-
daten“ – all der kleinen und unscheinbaren Hinweise und vermuteten Zusammen-
hänge, die vielleicht erst lange nach Abschluss eines Projektes den Durchbruch in
einem spezifischen Fall mit sich bringen können.
Im Projekt der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) müssen infolge der
komplizierten Geschichte der Vorgängereinrichtungen mehr als 200.000 Bücher
einzeln durchgesehen werden. Jede enthaltene Spur der früheren Besitzer muss
erfasst, mit bereits dokumentierten verglichen und dann analysiert werden, um
den damaligen Eigentümer zu ermitteln.4 Eine erste selbst erstellte Accessdaten-
bank ermöglichte die systematische Suche in den Magazinen und Verzeichnung
der verdächtigen Bücher und ihrer Spuren. Recht bald zeigte sich jedoch die Not-
wendigkeit einer professionellen Datenbank mit umfangreicheren Möglichkeiten
bei der Erfassung und Auswertung. Mit Hilfe von Fördermitteln des Bundes ist es
2011 gelungen, eine auf der Opensource-Software „Collective Access“ basierende
Datenbank zu entwickeln, die ein stabiles Arbeitsinstrument für die eigentliche
Erforschung und Analyse bietet, aber ebenfalls noch software-bedingte Grenzen
hat.5 Mit hoher Dringlichkeit stellt sich bereits jetzt die Frage der Nachnutzung der
4 Vgl. Gerlach, Annette: Provenienzrecherchen im Bestand der Zentral- und Landes-
bibliothek Berlin. In: Bibliothek: Forschung und Praxis, 36. Jg. (2010), Heft 1, S. 57–59.
Bis Ende 2011 wurden über 9.000 verdächtige Exemplare, die knapp 15.000 einzelne
Provenienzhinweise enthalten, in der Access-Datenbank erfasst. Bücher und Hinweise
konnten mit mehr als 3.200 Personen und Körperschaften in Verbindung gebracht
werden.
5 http://collectiveaccess.org/. Die Bundesregierung spricht sich für den Einsatz von
Open Source Software in der öffentlichen Verwaltung aus, „wo sie geeignet und
wirtschaftlich ist“ und unterstütz deren Verwendung durch das Kompetenzzentrum
OSS (www.oss.bund.de) vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der
Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Ingrid Hönlinger, Memet Kilic, weiterer