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976 Bibliotheksdienst 45. Jg. (2011), H. 11
über“ d.h. entgegen stehen. Das einzig Konkrete an diesem sonst unverfänglich
erscheinenden Leitbild ist der „Soll“-Teil, als harmloser Klammersatz und auch da
nur verschämt als Negation. Ob das allein den Bibliothekaren geschuldet ist? Im-
merhin schlug aus deren Reihen den Lobbykräften der Mittelumwidmungsaktion
von 1998 beachtlicher Widerstand entgegen. Honi soit qui mal y pense.
Die vorliegende Untersuchung gilt jedoch nicht irgendwelchen Visionen, Soll-
oder Wunschimages, wessen auch immer. Sie gilt den – manchmal überraschen-
den – messbaren Folgeerscheinungen vergangener Maßnahmen, nicht ihren
Ursachen.
Allgemein ist es im öffentlichen Bereich eher unüblich, wenn nicht sogar absicht-
lich vermieden10, Lieblingsideen, die zuvor als fortschrittlich, dem Volkswohl die-
nend oder als schlicht unumgänglich propagiert wurden, nach ihrer Umsetzung
auch noch auf tatsächlichen Erfolg hin zu überprüfen. Trotzdem sollte hier die in
der Wissenschaft sonst allgemein übliche Ursache-Wirkungs-Forschung einmal
auf die Universitätsbibliotheken selbst angewandt werden.
Nach mehr als einem E-Journal-Jahrzehnt steht immer noch nicht sicher fest, ob es
die Bibliotheken und ihre Benutzer waren, die von den damals vorangetriebenen
Veränderungen so profitiert haben wie erhofft.
Die zutage geförderten, konkreten Ergebnisse lassen, repräsentiert in Abb. 1 (Kauf-
ZSS-Entwicklung) und Abb. 10 (UNI-Bestandsentwicklung) jedenfalls zweierlei
Schlussfolgerungen zu:
• die großzügig begonnene Ablösung lokaler Printmedien durch Online-Zu-
gang auf zentrale Server zeigt bereits die gewünschten Erfolge
• dem unüberlegten Trend-Enthusiasmus folgt die peinliche Überraschung.
Gegen die erste Hypothese spricht die Fülle der Negativ-Auswirkungen (Abb. 2–5,
6b–7, 9–11b), die sich dabei bislang eingestellt haben und von denen nicht be-
kannt ist, dass vorausschauende Auffangmaßnahmen konzipiert, eingeleitet oder
wenigstens gefordert worden wären.
Kurzübersicht der Untersuchungsergebnisse von Teil 1 und 2:
Haupt-Neben-Wirkungen des bisherigen E-Journal-Ausbaus an deutschen
Universitätsbibliotheken
Trotz bereits mehrjährig rückläufiger Zeitschriftennachfrage in der Fernleihe bei
mehr als einem Drittel der deutschen Universitätsbibliotheken wurde bundesweit
eine massive Zeitschriftenaufstockung mit Online-Abonnements vorangetrie-
ben und gefördert, obwohl die zur Verfügung gestellten Erwerbungsmittel dafür
weder ausreichten noch bedarfsentsprechend angepasst wurden. Dadurch ver-
10 Muir, Hazel: Science rules OK! Why do we still run societies in such a crazy way?
In: New Scientist 198 (2008) 24.5.2008, p. 40–43