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Bibliotheksdienst 45. Jg. (2011), H. 11 973
schungseffekt. Beim Überprüfen, welche Bundesländer zu den schwarzen Scha-
fen zählen, zeigt sich schnell: diese Gelder sind überall versickert. Wie in Abb. 11a
allzu einheitliche ZSS-Preisspitzen Anlass waren, gemeinsame verborgene Sys-
temeinflüsse zu vermuten, gibt diese Einheitlichkeit auch hier zu denken und lässt
fragen „Warum?“ Offenbar sorgt der einheitlich versickerte Sondermittelfluss als
artesische Quelle anderswo für verwandeltes Glück, sei es unter klangvoller Pro-
jektbezeichnung, wie in Nordrhein-Westfalen2 oder als Tarnkappe für Haushalts-
kürzungen, wie in Hessen3.
Dem Leiter der Marburger Universitätsbibliothek gelang es anlässlich der campus-
weiten Freischaltung von Online-Zeitschriften trotzdem in einer Pressemitteilung,
seinen Unmut über diesen Coup geschickt zu verpacken:
„Insgesamt hat das Bibliothekssonderprogramm damit eine Verbreiterung des
Angebots der Bibliotheken nicht zuletzt auf dem Gebiet der elektronischen Me-
dien und auch einen Modernisierungsschub erbracht. Die Studierenden haben
ihre Studienbedingungen ohne Zweifel punktuell verbessert...“ (Presseinforma-
tion der Universitätsbibliothek Marburg v. 2.3.1999 )
Man halte sich vor Augen: Die Studierenden streiken, weil nicht nur „punktuell“,
sondern flächendeckend zu wenig und veraltete Studienliteratur an ihren Aus-
bildungsstätten vorhanden ist. Ihre Klagen werden als berechtigt anerkannt, die
unhaltbaren Zustände allseits bestätigt und Abhilfemittel fließen. Diese werden
aber geschickt umgelenkt, um stattdessen in nie dagewesener Größenordnung
(vgl. die Zusatzmittel-Prozentangaben in den Länder-Diagrammen Abb. 12b-L)
technische Ausrüstung zu beschaffen für die bis dato aber erst in bescheidenen
Anfängen vorhandenen elektronischen Medien. Erst nachdem die dafür benötig-
te Hardware im Hause ist, können in großem Stil elektronische Zeitschriften geor-
dert werden. Nach gebührend pressebegleiteter Anschubfinanzierung durch die
2 Die „Digitale Bibliothek NRW“ ist ein gemeinsam mit den Hochschulbibliotheken des
Landes erarbeitetes Projekt. Es wird aus dem von Bund und Ländern im März 1998
beschlossenen und für die Verbesserung der Informationsdienstleistung für die
Studierenden zweckgebundenen Bibliothekssonderprogramm mit einem Gesamt-
volumen von 80 Millionen Mark finanziert. Auf NRW entfallen 17,6 Millionen Mark,
nach Worten der Bildungsministerin „wirklich gut angelegtes Geld“. (Pressemitteilung
397/6/98 v. 22.6.1998 des Min. f. Schule, Weiterbildg., Wiss. u. Forschung, Düsseldorf
)
3 Das Bibliothekssonderprogramm des Bundes und der Länder, das auf die Protestaktion
der Studenten vom Herbst 1997 zurückgeht, erbringt den hessischen Hochschul-
bibliotheken insgesamt 11,3 Mill. DM. Diese auf die Jahre 1998 und 1999 verteilte
einmalige Finanzspritze beseitigt keineswegs die schwere Etatkrise der Bibliotheken,
sie gleicht noch nicht einmal die Haushaltskürzungen in den beiden Jahren aus. In:
Bibliotheksdienst 33 (1999), H. 6, S. 931