Themen Erschließung
684 Bibliotheksdienst 45. Jg. (2011), H. 8/9
„The testing revealed that currently the community is relying on two to three peo-
ple nationally who are identified as having the expertise to answer RDA?related
questions in an authoritative and trustworthy manner.“ (S. 19).
Bei den Testpersonen, die sich eigentlich eingehend mit der Thematik auseinan-
dergesetzt haben sollten, traten vielfach grundlegende Missverständnisse auf.
Ein gutes Beispiel dafür sind die von RDA neu eingeführten Datenelemente „In-
haltstyp“ (content type), „Medientyp“ (media type) und „Datenträgertyp“ (carrier
type), welche die allgemeine Materialbenennung ersetzen. Für ein Buch wäre bei-
spielsweise „text“ als Inhaltstyp, „unmediated“ als Medientyp (d.h. es wird kein
Abspielgerät benötigt) und „volume“ als Datenträgertyp zu erfassen. Dies erregte
heftige Kritik, insbesondere am Begriff „unmediated“ (S. 70). In der Tat muss man
dieses Wort nicht mögen. Doch hätten die Tester zumindest verstanden haben
sollen, dass solche Bezeichnungen gar nicht für die Benutzeranzeige gedacht
sind, sondern nur für die interne Verarbeitung: Aus den entsprechenden MARC-
Feldern soll jeweils eine sinnvolle Anzeige generiert werden, z.B. im obigen Fall
das Wort „book“ oder ein Buch-Icon (S. 20). Weitaus besser wäre es natürlich ge-
wesen, wenn man für diese Felder nicht Textstrings, sondern Codes vorgesehen
hätte – dies hätte nicht nur das Missverständnis verhindert, sondern würde auch
den internationalen Austausch erleichtern.16
Aufklärungsarbeit ist auch bei den „underlying principles of RDA“ (S. 20) vonnö-
ten. Dies betrifft nicht nur die FRBR-Konzepte, deren Verständnis im Test häufig
Schwierigkeiten machte (S. 44), sondern auch die Vorstellung, dass bibliographi-
sche Beschreibungen als ein „set of reusable relationship information packets“
betrachtet werden sollen und nicht mehr wie bisher als fest zusammengefügte,
monolithische Datensätze (S. 20). Angesichts der Testbedingungen kann dies
freilich nicht überraschen: Denn konventionelle MARC-Datensätze können eben
weder FRBR-Beziehungen sinnvoll abbilden noch sind sie dazu geeignet, das Se-
mantic-Web-Zeitalter einzuläuten.
Die Auflage Nr. 6 ist sicher die interessanteste, weil sie zum Kernproblem vordringt.
Um es mit Karen Coyle zu sagen: „We still don’t have a data carrier for RDA, so there
is no way to create RDA data“.17 Dass RDA und MARC in der Tat nicht zusammen-
16 Nicht explizit kritisiert worden scheint übrigens das viel drängendere Problem zu sein,
dass die RDA-Konstrukte nicht mit dem übereinstimmen, was vor einiger Zeit für die
ISBD als neue „Gruppe 0“ eingeführt wurde. Vgl. Area 0 : content form and media type
area, IFLA 2009, URL: .
Insgesamt werden die vielfachen Abweichungen zwischen RDA und ISBD im
Testbericht nur beiläufig angesprochen: „The Coordinating Committee looks forward
to increased harmonization efforts among JSC, ISBD, and ISSN communities“ (S. 10).
17 Karen Coyle: Yes We Can! Libraries and the Semantic Web (wie Anm. 13), Folie 48; Zitat
aus der gesprochenen Fassung.