Themen Recht
640 Bibliotheksdienst 44. Jg. (2010), H. 6
te und Kultur den Schutz und die Pflege des Staates und der Gemeinden. Diese
Norm richtet sich als eine Art Staatszielbestimmung an Gesetzgebung und Ver-
waltung.10 Im Hessischen Bibliotheksgesetz wird diese abstrakte Verpflichtung
näher konkretisiert. Es ergänzt damit die bereits bestehenden, ebenfalls konkreti-
sierenden Regelungen im Hessischen Denkmalschutz gesetz.
Letztlich ist die Frage, ob Bibliotheken wesentlich für die Verwirklichung von
Grundrechten und damit ein tauglicher Gegenstand gesetzlicher Regelung sind,
eine Frage, die verbindlich zu entscheiden der demokratisch legitimierte Gesetz-
geber selbst aufgefordert und berufen ist.11
Juristisch weitgehend uninteressant ist übrigens, wie nützlich ein solches Gesetz
für die weitere Entwicklung des hessischen Bibliothekswesens tatsächlich ist. Hier
geht es um politische Ziele, über die politisch gestritten wird. Dieser Streit wird
auch im laufenden Gesetzge bungsverfahren sichtbar. Allein, dass ein solcher
Streit im Parlament stattfindet, darf unabhängig von seinem Ausgang schon jetzt
als positiver politischer Effekt des Gesetzes gewertet werden. Die Aussage, dieses
Gesetz sei wirkungslos und letztlich überflüssig, ist daher verfehlt. Man streitet
nur über Wesentliches.
Damit ist festzuhalten, dass das Hessische Bibliotheksgesetz mit Blick auf die
Handlungsform Gesetzgebung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu
bean standen ist. Es ist ein normales Parlamentsgesetz und wird mit Recht auch in
dieser Form verabschiedet.
2. Ein neues Gesetz trotz Bürokratieabbau?
Kritisch gesehen werden kann das neue Gesetz aber unter dem Gesichtspunkt
eines allseits gewünschten Bürokratieabbaus. Warum, so könnte man fragen, wird
ohne Not ein neues Gesetz erlassen, wenn auf der anderen Seite der Abbau über-
bordender gesetzlicher Regelungen angestrebt wird? Es ging bisher doch auch
ohne ein Bibliotheksgesetz.
Hier ist zunächst zu sagen, dass unter Berufung auf den Bürokratieabbau der Ge-
setzgeber nicht gehindert ist, sich neuer Themen anzunehmen. Bürokratieabbau
ist kein Selbstzweck. Er hat das Ziel, rechtliche Vorgaben, die zu komplizierten und
langwierigen Entscheidungssituationen führen, auf das tatsächlich gebotene und
sinnvolle Maß zurückzuführen.
Das hessische Bibliotheksrecht gehört sicher nicht zu den Bereichen, die in die-
sem Sinne unter ausufernder Gesetzgebung leiden. Andererseits ist das Hessische
10 Vgl. Stein, in: Zinn/Stein, Verfassung des Landes Hessen: Kommentar, Baden-Baden
(Loseblatt ausgabe), Art. 62, Anm. 2.
11 Vgl. Lerche, aaO (Fn. 7), Rn. 54, 70.