Themen Beruf
388 Bibliotheksdienst 44. Jg. (2010), H. 5
„In Verwaltungssystemen führten die bürokratischen Strukturmuster auch zu
bürokratischen Organisationskulturen. Diese zogen typische Deformationen
der Organisationsmitglieder nach sich. […] sprechen von einer ‚bürokrati-
schen Sozialisation’, die sich in ‚bürokratischen Persönlichkeiten’ und im Ex-
trem im ‚Büropathen’ manifestiert. Als Merkmale nennen die Autoren Rigidi-
tät, Dogmatismus, mangelnde Risikobereitschaft und niedrige Kreativität.“19
Diese und weitere Arbeiten haben eine Diskussion hervorgerufen, die zu Reform-
ansätzen unter dem Label „New Public Management“ führten und betriebswirt-
schaftliche Handlungsstrategien in die öffentliche Verwaltung getragen haben. In
deutschen Bibliotheken der öffentlichen Verwaltung sind inzwischen u.a. Elemen-
te wie globale Budgetierung, Kundenorientierung, Controlling und Kosten- und
Leistungsrechnung vielfach angewandte Methoden. In diesem Rahmen ändert
sich auch das Verständnis von Personalarbeit in Bibliotheken von reinen Fortbil-
dungsmaßnahmen hin zu strategisch erarbeiteter Personalentwicklung.20
Gerade in Behörden bringen neue Führungskräfte häufig diese neuen Strategien
der Personalentwicklung mit, müssen diese aber in ein System einordnen, in dem
noch viel „Altes“ verwurzelt ist. Die neue Führungskraft muss daher sich einerseits
in dem vorhandenen System zurecht finden, sieht sich aber andererseits einem
zunehmenden Druck der Kundinnen und Kunden – hier also der Personen, die die
Bibliothek nutzen und/ oder sie durch ihre Steuergelder finanzieren – ausgesetzt,
„Wirtschaftlichkeit“ und „Effizienz“ in ihrem Einflussbereich zu verstärken.
Dabei ist es für die neue Führungskraft aber auch sehr wichtig, die eigene Stellung
zu erkennen, die sie aufgrund der Art der Einstellung in ihrer Bibliothek hat. Ist sie
innerhalb der Bibliotheksstruktur aufgestiegen, kommt sie aus einer anderen Ab-
teilung derselben Bibliothek oder kommt sie ganz neu von außen in ein ihr noch
gänzlich unbekanntes System?21
Des Weiteren hängt die Einstellung, die der neuen Führungskraft entgegenge-
bracht wird, auch maßgeblich davon ab, wie Persönlichkeit und Führungsstil der
Vorgängerin oder des Vorgängers waren und wie und weshalb sie oder er die Posi-
tion verlassen hat – sofern die Stelle nicht neu geschaffen wurde. Sofern die neue
Führungskraft in der bibliotheksinternen Hierarchie selbst Vorgesetzte hat, ist es
für sie auch von Bedeutung, diese Strukturen schnell kennenzulernen und diese
Kenntnisse in der eigenen Positionierung mit einzubeziehen. Außerdem sind im-
19 Schreyögg, Coaching für die neu ernannte Führungskraft, S. 163.
20 Vgl. hierzu Umlauf, Konrad, Personalentwicklung in Bibliotheken. Berliner Handreichungen
zur Bibliothekswissenschaft 94, Berlin 2001.
21 Schreyögg führt hierzu unterschiedliche Beispiele an: Schreyögg, Coaching für die neu
ernannte Führungskraft, S. 119ff.