Technik Themen
Bibliotheksdienst 43. Jg. (2009), H. 12 1265
Ingest liegenden Prozesse der Bildung, Bewertung und Erschließung von Informa-
tionsobjekten durch den Produzenten, der damit Aufgaben des Archivars über-
nimmt. Die traditionelle Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärzweck
verliert an Bedeutung.
Herr Karsten Huth (Bundesarchiv) beschrieb die praktische Umsetzung des OA-
IS-Modells beim Aufbau des digitalen Archivs im Bundesarchiv. Er sprach sehr
praxisbezogen über die Erfahrungen der Konzeptionierungsphase. In ihr wurde
zunächst die Basis für die Architektur des digitalen Archivs und dessen Implemen-
tierung in die technische Infrastruktur geschaffen. Neben der angestrebten OAIS-
Konformität waren folgende Fragen zu klären: (1) Welche Dokumente sind abzulie-
fern?, (2) In welcher Form werden diese übermittelt ? (Originale oder Exportdaten),
(3) Welche Metadaten werden beigefügt?, (4) Wie sind rechtliche Belange geklärt?,
(5) Welcher technische Standard ist notwendig?, (6) Wie viel Haushaltsmittel sind
vorhanden und (7) welches Personal (mit archivarischem und technischem Hinter-
grundwissen) steht zur Verfügung?
Der Vortrag und die dazu gehörige Übung gaben eine Handlungsorientierung für
den Aufbau eines digitalen Archivs7.
Herr Prof. Dr. Achim Oßwald (Fachhochschule Köln/Institut für Informationswis-
senschaft) und Herr Jens Ludwig ( Niedersächsische Staats- und Universitätsbib-
liothek Göttingen), zeigten die Vorteile und Nachteile der einzelner Langzeitarchi-
vierungsstrategien (Datensicherung, Computermuseum, Konversion, Emulation,
Migration und Persistent Archives) auf. Als wichtigste Strategien der langfristigen
Datensicherung sind Migration und Emulation zu nennen. Unter Migration ver-
steht man die Änderung der Daten und ihre Anpassung an ein anderes, neueres
Format. Dagegen wird bei der Emulation das digitale Objekt nicht verändert.
Dessen Lesbarkeit wird durch Nachahmen der Ursprungsumgebung und Funktio-
nalitäten gewährleistet. Dies erfolgt mittels spezieller Programme (Emulatoren)8.
Bei der Konversion werden die Daten auf ein anderes Medium gebracht, bspw.
auf einen Mikrofilm bzw. Fiche. Als einen kurz- bzw. mittelzeitigen Ansatz einer
Speicherstrategie kann das Modell Computermuseum angesehen werden. Je-
doch muss beachtet werden, dass trotz des Bereithaltens von Ersatzteilen und
softwarespezifischem Knowhow die dauerhafte Funktionalität der verschiedenen
Systemkomponenten nur sehr eingeschränkt gewährleistet werden kann.
Frau Dr. Heike Neuroth (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek
Göttingen) verdeutlichte in ihrem Vortrag, dass zukünftig die Frage der Lang-
zeitverfügbarkeit und des Zugangs zu Forschungsdaten innerhalb der Langzeit-
7 Nestor Kompetenzwerk Langzeitarchivierung: Digitale Langzeitarchivierung: Von der
Konzeption zur Umsetzung. Nestor/ DPE Spring School 2009. S. 50–57.
8 Rauch, C.; Rauber, A.: Anwendung der Nutzwertanalyse zur Bewertung von Strategien
zur langfristigen Erhaltung digitaler Objekte. In: ZfBB 52 (2005) 3–4, S. 172–180.