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Bibliotheksdienst 42. Jg. (2008), H. 1
1886 errichteten ein amerikanischer Missionar (H. G. Appenzeller, 1858–1902) und
eine Pastorin (Mary F. Scranton, 1832–1909) die ersten modernen Schulen. Die
Regierung errichtete Jukyongongwon, eine Ausbildungsstätte, an der amerika-
nische Lehrer eingestellt wurden, um Mathematik, Fremdsprache, Geographie,
Politik, Wirtschaft zu unterrichten. Ab 1895 entstanden neue Schulformen wie
Grundschule, Mittelschule und Berufsschule, so dass erstmals in ganz Korea an
60 Orten Grundschulen gab.
Um demokratisches Denken zu fördern wurde 1896 die Dokribshinmun (Un-
abhängige Zeitung) als Aufklärungsinstitution gegründet; andere Zeitungen
schlossen sich diesen Bemühungen an. Nach der Öffnung des Hafens und den
Zeitungsgründungen in Seoul waren zwei Strömungen von Literatur zu finden.
Eine sorgte für die Vermittlung von westlichem Wissen, indem westliche Literatur
übersetzt, zusammengefasst und vorgestellt wurde, die andere rekonstruierte,
übersetzte und publizierte nationale Klassiker, um der traditionellen Erziehungs-
kultur ein neues Bewusstsein zu verleihen. Ebenso entstanden Buchhandlungen,
die die Literatur verkauften. Teile der höheren Gesellschaftsschicht und die bür-
gerlichen Intellektuellen fanden Zugang über die Buchhandlungen, das Bedürfnis
des Volkes jedoch, Bücher als neues Medium frei zu lesen und die neue Kultur zu
erfahren, gab Impulse für Bestrebungen, moderne Bibliotheken zu errichten.
Für diese Bibliotheksbewegung setzten sich die neuen Eliten ein, die meist als
Studenten oder in diplomatischer Mission in Japan oder den USA gewesen waren.
Nach dem koreanisch-japanischen Schutzbündnis kamen immer mehr Japaner
nach Korea und der Aufbau und die Aktivitäten von Bibliotheken, bei denen diese
Personen eine zentrale Rolle spielten, vermittelten ein neues Bibliotheksbild. Egal
welches Motiv hinter der Gründung moderner Bibliotheken durch die Japaner
stand, versetzte sie die nationalbewusste Führungsschicht in einen Schockzu-
stand. Dies führte zur Errichtung der Koreanischen Bibliothek, die wegen der Be-
setzung Koreas durch die Japaner aber nicht vollendet werden konnte. Die dort
gesammelten Materialien bildeten nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 den Grund-
stock der Nationalbibliothek von Korea.
. Nationale Bibliotheksschule zu Chosun und erste Kurse für Bibliothekare
Als Korea im August 1945 von der japanischen Besatzung befreit wurde, wurde
die Chosun Regierungsbibliothek in die Nationale Zentralbibliothek umorgani-
siert und von koreanischen Fachkräften übernommen. Ein Netzwerk koreanischer
Bibliotheken gründete den Chosun Bibliotheksverband, um die nach dem Krieg
übriggebliebenen Bibliotheken koreanischen Fachkräften zu übergeben. Um die
Bibliotheken zu stabilisieren und auszubauen, die nun für die neue soziale Erzie-
hung zuständig war, begann man den Bedarf an Fachkräften zu diskutieren.