Notizen
Bibliotheksdienst 41. Jg. (2007), H. 1
werden. Die Existenz solcher digitalen Angebote werde heute von vielen jungen
Leuten vorausgesetzt.
Jürgen Bunzel stellte den Ausbau der Digitalbibliotheken als Aufgabe für die Zu-
kunft dar: „Wir müssen diese Parallelkultur im Internet in unsere Angebote auf-
nehmen. Die Bibliotheken dürfen nicht der Entwicklung hinterherhinken. Im Ge-
genteil, wir müssen versuchen, uns an die Spitze dieser Entwicklung zu stellen.“
HBZ: Aufbruch in den Suchraum
„Der Weltsuchende zieht am Narrenseil“, wusste Angelus Silesius1 im 17. Jahrhun-
dert. Heute ist es nicht anders, unser Narrenseil ist die Internet-Suchmaschine.
Dort fördert eine Frage nach dem Barockdichter weit über 100.000 Verweise zu
Tage. Ausreichend wären schon die ersten zwei Dutzend. Unter anderem finden
sich hier der Text des „Cherubinischen Wandersmannes“, eine Kurzbiographie des
Angelus und ein Antiquariat, das ein paar „dilettantisch geklebte“ und „schwach
stockfleckige“ Insel-Bände aus dem frühen 20. Jahrhundert anbietet.
Daran schließt sich die Narretei an: Zu welcher Stelle im Internet führt wohl Such-
ergebnis 85.493? Angezeigt werden lediglich die ersten tausend Fundstellen. Wer
besucht Seiten mit seltsamen Titeln wie „The Square of Opposition: Mysticism“
oder „Geist und Gnade Frühling 2000“? Wen interessiert es, dass die Universität
Berkeley laut eines frei verfügbaren Anschaffungsverzeichnisses den Band „Von
Gottes und des Menschen Wesen“ im November 2004 angeschafft hat?
Recherche für die Wissenschaft
Eines ist klar: Wer wissenschaftliche Informationen und Fachliteratur sucht, kommt
mit einer herkömmlichen Internet-Suchmaschine nicht weit. Er weiß meist schon,
wer der Autor ist und kennt das Werk. Die Germanistikstudentin Karin Warner zum
Beispiel sucht nach der Erstausgabe von „Heilige Seelen-Lust“. Sie nutzt dafür den
Dreiländerkatalog, der die Bestände zahlreicher Bibliotheken aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz erfasst. Der Katalog zeigt sofort mehr als ein Dutzend
Fundstellen an. Auch auf die originale Erstausgabe wird verwiesen, sie liegt in der
Kölner Universitätsbibliothek – und ist zu wertvoll für die Ausleihe. Doch die Stu-
dentin findet ebenfalls einen Verweis auf die Faksimileausgabe des Erstdrucks, die
sie sich per Fernleihe beim „Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik“
der Uni Münster bestellt.
In diesem Fall konnte der übergreifende Buchkatalog helfen. Doch es wären ei-
nerseits seltenere Werke denkbar und anderseits umfassendere Aufgaben. Wer
1 „Wo du auch Kluge siehst sich um die Welt bemühen, / So sage, dass auch sie am
Narrenseile ziehen“ (Aus: Cherubinischer Wandersmann)