Bibliotheken Themen
Bibliotheksdienst 41. Jg. (2007), H. 5 541
rische Fachleute,40 doch da die Umbenennung mit bibliothekarischen Sachargu-
menten begründet wurde, müssen diese einer kritischen Betrachtung standhal-
ten. Wie wir sahen, tun sie dies aber gerade nicht, und daher liegt die Vermutung
nahe, dass die Namensänderung offensichtlich eher politisch als inhaltlich mo-
tiviert ist und die Sachargumente letztlich nur vorgeschoben wurden. Über die
wahren gründe kann nur spekuliert werden: Möglicherweise spielen finanzpo-
litische Überlegungen eine Rolle, oder aber es handelt sich – wie auch von den
politischen gegnern gemutmaßt wurde41 – um eine symbolpolitische geste. Wie
dem auch sei, jedenfalls ignoriert die Umbenennung die nationale Bibliothekstra-
dition völlig, und man muss sich fragen, ob ein stärkeres Bekenntnis zur eigenen,
historisch gewachsenen Bibliothekslandschaft, wie es in anderen Ländern ganz
selbstverständlich ist, Deutschland nicht auch gut zu gesicht gestanden hätte.
Fest steht, dass die Umbenennung das Verhältnis zwischen den führenden deut-
schen Bibliotheken unnötig, da aus sachfremden erwägungen motiviert, gestört
und das gut funktionierende System der verteilten Nationalbibliothek belastet
hat.
Dies ist umso bedauerlicher, als die Hauptintention des DNBg – die erweiterung
des Sammelauftrags der DDB um Internetpublikationen – allseits begrüßt wird.
Damit sind wir bei den positiven Folgen des DNBg: Nun ist die Archivierung und
Verzeichnung der in Deutschland eingestellten Internetpublikationen, die bis-
her nur auf freiwilligen Abmachungen beruhte, endlich auf eine rechtliche Basis
gestellt und klar geregelt. Nicht geklärt ist hingegen eine wichtige Frage, deren
Beantwortung in der politischen Debatte von der Abgeordneten der Linkspartei
mehrmals vehement, aber erfolglos gefordert wurde:42 Wie soll diese Aufgabener-
weiterung der DNB finanziert werden? es ist lediglich ausweichend die Rede von
„Umschichtungen“ innerhalb des Kulturetats,43 woraus allerdings logischerweise
Kürzungen bei anderen bundesfinanzierten Kultureinrichtungen folgen. Man darf
also gespannt sein, welche einrichtungen davon betroffen sein werden!
40 Dieser Umstand führt bisweilen zu Fehlern wie der Behauptung zweier Abgeordneter,
die DDB sammle die deutsche Literatur nur bis (!) zum Jahre 1913 (DBt Bericht 11, S.
771f.; DBt Bericht 32, S. 2677). – Dass der Name der Staatsbibliothek zu Berlin –
Preußischer Kulturbesitz nicht immer exakt wiedergegeben wird, ist hingegen nicht
zuletzt wegen der häufigen Umbenennungen und des wenig griffigen Namens
verzeihlich: DBt Bericht 11, S. 770 („Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz“); DBt
Bericht 11, S. 773f. und DBt Bericht 32, S. 2673 und 2676 („Preußische Staatsbiblio-
thek“).
41 DBt Bericht 32, S. 2674.
42 DBt Bericht 11, S. 772f.; DBt Bericht 32, S. 2676.
43 DBt Drucksache 16 / 896, S. 1.