Digitale Bibliothek Themen
Bibliotheksdienst 40. Jg. (2006), H. 7 819
„Wie kaum eine andere Ressource sieht sich das E-Buch seit seiner Einführung vor etwa fünf
Jahren extrem divergierenden Erwartungshaltungen ausgesetzt: Verlage und agenturähn-
liche Anbieter kommen mit immer neuen und stets wachsenden Angeboten auf den Markt,
Bibliotheken hingegen üben (zumindest im deutschen Sprachraum) große Zurückhaltung
beim Einsatz des neuen Mediums. In einem Spannungsfeld von traditioneller Begriffsbe-
setzung und moderner Technologie angesiedelt, vom Siegeszug der E-Zeitschriften weit
entfernt, kämpft das E-Buch um die Anerkennung seiner trotz aller Einwände zweifellos
auch vorhandenen Vorteile.“
Einen guten Einstieg in die Thematik boten die drei Keynotes am Vormittag des
ersten Tages, in denen das elektronische Buch von den unterschiedlichen Aus-
gangspunkten – aus Sicht eines Verlages, der Wissenschaft bzw. der Bibliothek
– dargestellt wurde.
Zunächst sprach Robin Fogel (Ovid Technologies, Inc.) zum Thema „The Future of
E-Books is Integration“. Sie definierte das elektronische Buch als Medium, das nicht
Seite für Seite gelesen wird, sondern als Reference Tool, das über eine E-Buch-
Datenbank organisiert wird. Für eine erfolgreiche Zukunft des elektronischen
Buches reicht es nicht, dieses auf einem Server anzubieten. Entscheidend ist viel-
mehr, ob es einem Verlag bzw. Aggregator gelingt, den Inhalt des elektronischen
Buches so anzubieten, dass es für die tägliche Arbeit des Nutzers unverzichtbar
wird. Voraussetzung dafür ist die Integration sämtlicher elektronischer Ressour-
cen (Datenbanken, elektronische Zeitschriften, elektronische Bücher) unter einer
Oberfläche, wie sie etwa bei den Angeboten von Ovid entwickelt wurde.
Anschließend referierte Daniela Zivkovic (Lehrstuhl für Buch- und Verlagswesen an
der Universität Zagreb) über den „Paradigmenwechsel durch E-Bücher“. Zivkovic,
Autorin einer einschlägigen Fachpublikation3, brachte in ihrem Überblick eine
Fülle an Details über die Identifikationssysteme ISBN, DOI und URN. Sie wies da-
rauf hin, dass die geschichte des elektronischen Publizierens zwar bereits Mitte
der 1980er Jahre begonnen hat, das elektronische Buch aber erst seit 1998 einen
bemerkenswerten Platz in den Verlagsplänen einnimmt.
Unter dem Titel „Elektronische Bücher – ein Überblick über unterschiedliche Ange-
botsformen“ berichtete Adalbert Kirchgäßner (Bibliothek der Universität Konstanz)
als Mitglied der Expertengruppe Erwerbung und Bestandsentwicklung im DBV 4 über
die Ergebnisse von gesprächen, die im Rahmen der Frankfurter Buchmesse 2005
mit Anbietern geführt worden sind, um deren Sichtweise zu erkunden.5 Die aktu-
3 Zivkovic, Daniela: The electronic book: the change of paradigm for a changing
bookmarket. [Transl. from Croatian into Engl. by: gordana Mikulic]. Berlin: BibSpider,
2005. – ISBN 3-936960-09-7
4 http://www.bibliotheksverband.de/ex-erwerb/
5 Vgl.: Kirchgäßner, Adalbert: Das Angebot elektronischer Bücher. Ergebnisse aus den
gesprächen der Expertengruppe Erwerbung des DBV mit Anbietern. In: Bibliotheks-
dienst 40 (2006), H. 4, S. 429–438.