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808 Bibliotheksdienst 40. Jg. (2006), H. 7
bert, in dem die Verwaltung sowie die Abteilung Forschung und Lehre des INHA
untergebracht sind, wurde inzwischen renoviert und kann von dessen Partnern
seit dem Frühjahr 2005 in vollem Umfang genutzt werden.
Bevor das INHA die Bestände der drei Kollektionen im gebäudekomplex an der
Rue Richelieu vereinen kann, muss aber eine umfassende Renovierung des Alt-
baus der Nationalbibliothek (ca. 47.000 qm Nutzfläche) erfolgen. Diese wird von
den Verantwortlichen seit Jahren gefordert, nicht zuletzt um die dort eingelager-
ten Materialien, die einzigartig sind und einen nach Millionen bezifferten Wert
haben, in hinreichendem Umfang und konservatorisch angemessen unterzubrin-
gen. Besonders von den maroden Elektroleitungen des historischen gebäudes
geht eine nicht abschätzbare Brandgefährdung aus. Eine 2003 vorgenommene
interne Schätzung setzt die Renovierungskosten mit 120 Millionen Euro an. An-
gesichts dieser finanziellen größenordnung weitet sich das Projekt aber in eine
politische Dimension hinein, denn das Kultusministerium kann den genannten
Betrag nicht allein aus seinem Jahresbudget bestreiten, das in hohem Umfang
von den Betriebskosten des Riesenbaus der BNF am Seineufer belastet ist. Das
Renovierungsprojekt INHA müsste daher von der Regierung zu einem Prestige-
objekt erklärt werden, und ihm täte auch ein politischer Förderer gut, etwa der
französische Staatspräsident. Doch die derzeitige Regierungskrise lässt das kaum
erwarten, und Jacques Chirac dürfte kulturelle Belange wohl eher in den Hinter-
grund seiner politischen Agenda platzieren. In der Direktionsetage des INHA hat
man sich schon auf die Zeit nach den Präsidentenwahlen des Jahres 2007 einge-
stellt, wenn ein neu gewähltes Staatsoberhaupt und eine andere Ministerriege
ihre Akzente in der Kulturlandschaft Frankreichs setzen werden.