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Es wird erkennbar, dass die DFG-Initiative in die gleiche Richtung geht, die
auch im Vereinigten Königreich mit dem Aufbau von ,,Learning (Resource)
Centres" eingeschlagen worden ist. Ob sich dieses Konzept auch ohne weite-
res auf die Bundesrepublik in ihrer gegenwärtigen politischen und ökonomi-
schen Situation übertragen lässt, sollte doch noch einmal eingehender be-
dacht werden. In der Sheffield Hallam University wurde die Einrichtung des
,,Centre" durch eine Baumaßnahme begleitet, die für 14 Millionen Pfund auf
30.000 qm die räumlich wichtigen Voraussetzungen für ein solches Zentrum
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schuf . Auch andere Realisierungen in England wurden durch Baumaßnah-
men gefördert. Hiervon ist bei der DFG-Förderinitiative an keiner Stelle die
Rede, und auch die ausgelobten Summen bei einem positiven Bescheid für
die Förderung (nach einem zweistufigen Auswahlverfahren werden zwei Kon-
zepte mit jeweils bis zu 2,5 Mio Euro in fünf Jahren bedacht) zielen nicht auf
die Realisierung von baulichen Maßnahmen zur Konzentration der verschie-
denen Einrichtungen an einem Ort, sondern eher zum Aufbau einer ,,virtuellen"
funktionalen Einschichtigkeit. Wozu dieses Geld überhaupt ausgelobt wird, ist
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mir nach eingehendem Studium der Unterlagen immer noch nicht ersichtlich.
Kompetenz und Superkompetenz
Was in der DFG-Initiative aufmerken lässt, ist die eher nachlässige Behand-
lung der in den jeweiligen zentralen Einrichtungen Bibliothek, Rechenzentrum
und Medienzentrum vorhandenen Kernkompetenzen. Wenn hier von einem
,,Überlappungsbereich" gesprochen wird, in dem Kooperation stattfindet, wird
der Eindruck vermittelt, dass bei einer organisatorischen Integration dieser
zentralen Einrichtungen gleichartige Kernkompetenzen kostensparend ge-
bündelt werden können. Betrachtet man jedoch diese Kernkompetenzen et-
was näher, wird sehr schnell deutlich, dass dieser Eindruck falsch ist.
17 Leiter der Einrichtung wurde Graham Bulpitt (,,well known for his pioneering of the
learning centre concept in Higher Education"), seit 1990 Direktor der Universitäts-
bibliothek Sheffield und von 19962003 ,,Director of the Learning Centre". 2003
wechselte er zur Kingston University in London als ,,Director of Library Services".
Graham Bulpitt gehörte auch 2000 zum Beratergremium für die Neuausrichtung der
Universitätsbibliothek Cottbus. Zur Biographie Graham Bulpitts s.
http://www.ticer.nl/summer03/course2/curric.htm. [Letzter Aufruf: 14.9.2004] und
http://www.kingston.ac.uk/~kx25594/press/press_archive/2003/apr
/graham_bulpitt.htm. [Letzter Aufruf: 14.9.2004].
18 Eine der ,,Siegerinnen" in diesem Wettbewerb, die Universität Oldenburg, setzt in-
zwischen dieses Konzept konsequent seit dem 1.6.2004 mit der Bildung der ,,ZE
(Zentraleinrichtung) Integriertes Informationsmanagement" um, vgl. http://www.uni-
oldenburg.de/projekti3sic/index.html. [Letzter Aufruf: 14.9.2003].
BIBLIOTHEKSDIENST 38. Jg. (2004), H. 11 1405