THEMEN Ausland
Der in der amerikanischen Bevölkerung nachweisbare sich beschleunigende
Rückgang literarischer Lektüre ist sicherlich nicht auf einen Mangel an Aus-
wahl beim Erwerb von Büchern zurückzuführen, sondern, wie einige Beob-
achter meinen, vielleicht eher als eine Reaktion auf das Überangebot an Titeln
anzusehen. Anfang der 80er Jahre lag die Zahl der in den USA jährlich produ-
zierten Neuerscheinungen noch bei rund 60.000 Titeln. Zu Beginn der 90er
Jahre war die jährliche Titelflut bereits auf mehr als 100.000 angestiegen, und
im letzen Jahr (2003) wurden sogar 164.600 neue Titel gemeldet.
Der NEA-Vorsitzende fasste das Ergebnis der Studie mit den Worten zusam-
men, dass in allen Bevölkerungsgruppen die Lektüre literarischer Texte abge-
nommen habe, aber in besonders alarmierender Weise bei den Jüngeren.
Zugleich konstatiert er für den Freizeitbereich einen massiven Schwenk zu
den elektronischen Medien, die heute für Unterhaltung und Information eine
immer größere Rolle spielen. Damit einhergehend lässt sich ein Rückzug in
die häusliche Sphäre beobachten, von dem alle Bereiche des kulturellen Le-
bens betroffen sind. Wenn dieser Trend anhält, wird in den USA nicht nur die
Zahl der Leser weiter abnehmen, auch Theater, Opernhäuser und Museen
werden sich darauf einzustellen haben, dass ihre Angebote nur noch von ei-
nem stetig schwindenden Bevölkerungsanteil wahrgenommen werden.
1398 BIBLIOTHEKSDIENST 38. Jg. (2004), H. 11