PROGRAMME
,,Das ist nicht des Deutschen Größe / obzusiegen mit
dem Schwert" (Schiller) ,Das deutsche Buch` in der
Debatte um nationale Identität und kulturelles Erbe
Termin: 9.11. März 2005, Beginn jeweils 9.30 Uhr
Ort: Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek
Veranstalter: Herzogin Anna Amalia Bibliothek der Stiftung Weimarer Klas-
sik und Kunstsammlungen
Leitung: Michael Knoche, Justus H. Ulbricht, Jürgen Weber
Friedrich Schiller, dessen Todesdatum sich im Jahr 2005 zum 200. Mal jährt,
hat mit seinem kulturpatriotischen Pathos eine Traditionslinie ausgeprägt, die
auch heute noch virulent ist. Danach besteht Deutschlands Sendung nicht in
militärischer Stärke, sondern darin, ,,ins Geisterreich zu dringen", um sich das
Fremde anzueignen und es zu bewahren. In diesem Sinn werde ,,die deutsche
Sprache die Welt beherrschen". Schillers Nationalmythos war offen für chau-
vinistische wie für progressive Auslegungen.
In Übereinstimmung mit Schiller haben sich Kulturpolitiker gerne für ,das
deutsche Buch' eingesetzt. Dieser Begriff tauchte nicht nur in der 1. Hälfte
des 20. Jahrhunderts u.a. mit Auswüchsen im Nationalsozialismus in zahl-
losen Publikationen auf, sondern wird auch heute noch oft verwendet. So ver-
leiht der Börsenverein für besondere Verdienste die Plakette ,,Dem Förderer
des deutschen Buches", und die Bilanz einer großen Bibliotheksförderung der
Volkswagen Stiftung wurde unter dem Titel ,,Das deutsche Buch. Die Samm-
lung deutscher Drucke 14501912" publiziert.
Die Tagung untersucht die Frage, welche historischen und ideologischen Vor-
aussetzungen dem Wortgebrauch ,das deutsche Buch' zugrundeliegen, wel-
che Rolle ,das deutsche Buch' für die nationale Identität heute spielt und ob
es für die Bewahrung des kulturellen Erbes in Deutschland eine taugliche Ka-
tegorie ist. Das Fehlen einer zentralen deutschen Nationalbibliothek; der mas-
senhafte Verlust von Büchern infolge Papierzerfalls; die Entwicklung der Neu-
en Medien und die Transformation des gedruckten Buches in elektronische
Form; die Multikulturalität der deutschen Gesellschaft sollen Anlass sein, die
Geschichte, Akteure und Institutionen, die mit dem deutschen Buch zu tun
haben, in den Blick zu nehmen.
Nach einem einführenden Beitrag über die Vorstellung von nationaler Identität
in der Weimarer Klassik soll im ersten Teil der Tagung Nationales Erbe und
Weltkulturerbe über die identitätsstiftende Funktion des kulturellen Ge-
dächtnisses, die Kultur- und Medienpolitik informiert werden: Was heißt natio-
nales Erbe im europäischen und außereuropäischen Kontext? Welche Vor-
aussetzungen und Ziele hat die Vermittlung des deutschen Buches im Aus-
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