THEMEN Ausland
Diese so häufig gehörte Aussage ist richtig: Wo denn sonst, wenn nicht genau
hier ansetzen, um die fehlenden Informationen über das Nachbarland zu
liefern bevor es zu spät ist? Sie sind doch die Voraussetzung für ein gegen-
seitiges Verstehen und überhaupt für das Interesse am anderen. Aber auch
hier gilt: Die Nachfrage reguliert das Angebot.
Im Kulturstaat Frankreich wird über ein funktionierendes Bibliothekssystem
zwar auch ein Angebot an deutschsprachigen Medien bereitgestellt. Der Be-
stand aber spiegelt häufig den Kanon der Germanistik wider: er ist klassisch,
ausgerichtet an dem weiterhin sehr traditionell geprägten Lehrangebot der Uni-
versitäten, der keinen Platz für Neues, für neue Namen und Tendenzen lässt
und somit das vorhandene Bild von Deutschland bestätigt. Zurückgehende
Studentenzahlen in der Germanistik oder anderer Disziplinen wie der Philoso-
phie, der Geschichte, den Sozialwissenschaften oder auch der Politik, die auch
deutsche Bücher benötigten, haben nun, in entsprechender zeitlicher Verzöge-
rung, zur Folge, dass die Bestände in den Bibliotheken, insbesondere in den
Universitätsbibliotheken zurückgehen. Warum auch deutschsprachige Bücher
kaufen, wenn die Nachfrage sinkt und die Etats dringend für die Anschaffun-
gen in anderen Sprachen gebraucht werden? Die Anschaffungsquoten richten
sich nach eingeschriebenen Studentenzahlen; sinken diese, sinkt auch der
Erwerbungsetat.
Damit ist es auch nicht mehr notwendig, die Bestände zu erschließen, das An-
gebot sichtbar zu machen. Wurden früher über Agenturen annotierte Neuer-
scheinungslisten geliefert, um an die französischsprachigen Informationen und
bibliographischen Angaben deutscher Neuerscheinungen zu kommen, so ste-
hen heute entsprechende Erwerbungshilfen zwar noch für die englischen Titel
zur Verfügung, nicht aber für die deutschen. Ein Bibliothekar, der für die Er-
werbung deutschsprachiger Materialien zuständig ist und über entsprechende
Sprachkenntnisse verfügt, ist die große Ausnahme.
Aktive Vermittlungsarbeit
Hier setzt die bibliothekarische Vermittlungsarbeit der Goethe-Institute in
Frankreich ein, deren Bereiche Information & Bibliothek sich in den vergange-
nen Jahren entschieden von der ausschließlichen Betreuung eigener Biblio-
theken zu Koordinationspartnern und Vermittlern für die französischen Biblio-
thekskollegen entwickelt haben. Das Fachpersonal vermittelt nun die notwen-
digen französischsprachigen Annotationen zu den Neuerscheinungen des
deutschen Buchmarkts, es erstellt thematische Bestandslisten, Informationen
über CDs, CD-ROMs, Hörbücher und vermittelt das notwendige Know-how
selbst durch die Vermittlung von Fachaufenthalten oder Sprachkursen für die
französischen Kollegen. Für diese Angebote ist das Internet ein segensreiches
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