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1970 aufgeführte Titel nicht mehr vorhanden sind. 35 Bücher fanden sich
2002/03 bei Revisionsarbeiten am nach der Regensburger Verbundklassifika-
tion aufgestellten Freihandbestand in der Bibliothek des Historicums und
wurden mit ihren alten Forschungsabteilungssignaturen im Magazin separiert;
zwei der wieder gefundenen Werke enthielten Besitzvermerke.
Nachdem sich im Rahmen einer Routineüberprüfung der Magazinbestände
die Hinweise verdichtet hatten, dass sich in der Judaica-Sammlung auch NS-
verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut befinden könnte, wurde Ende 2000
mit der Identifizierung und Klärung jüdischer Provenienzen begonnen, deren
Fortsetzung sich aber durch eine Vakanz der Leiterstelle im Sommer 2001
verzögerte. Anfang Januar 2002 kam die durch Autopsie bei jedem einzelnen
Band des Restbestandes erfolgte Kompletterfassung aller verzeichneten Na-
men und Institutionen zum Abschluss. Auf ein reges Interesse stieß die Judai-
ca-Sammlung bei der Abteilung ,,Jüdische Geschichte und Kultur" des
Münchner Historischen Seminars um Prof. Dr. Michael Brenner, auf dessen
Rat und Unterstützung bei der Provenienzenklärung die Bibliotheksleitung
stets zurückgreifen konnte. Als hilfreich erwiesen sich überdies längere Ge-
spräche mit Leibl Rosenberg in Nürnberg, der sich mit der Herkunftsproble-
matik von rund 9.000 Bänden befasst, die zu einem Großteil ihren jüdischen
Vorbesitzern gestohlen wurden, und die die US-Militärregierung 1945 in den
Redaktionsräumen des ,,Stürmers" und auf dem privaten Landgut des Her-
ausgebers Julius Streicher konfiszierte.16
Aus der Gesamtliste wurden dann im Verlauf der nächsten Monate für insge-
samt 67 Titel 39 personenbezogene und acht institutionelle Provenienzen her-
ausgefiltert, bei denen es sich nachgewiesenermaßen oder mit hoher Wahr-
scheinlichkeit um jüdischen Vorbesitz handelt. In der bei weitem überwiegen-
den Zahl aller 47 Provenienzeinträge geht es um jeweils ein Buch. So entstand
eine Provenienzenliste mit exakten bibliographischen Angaben und Beschrei-
bungen (Exlibris, handschriftliche Besitzereinträge, Besitzstempel, Widmun-
gen), die um ermittelte biographische Angaben zu den Vorbesitzern, sofern
dies möglich war, ergänzt wurde und wird. Für bislang 15 Vorbesitzer ließen
sich biographische Daten eruieren. In sechs Fällen war eine Zuordnung durch
Exlibris möglich, 16 Bücher enthalten Besitzstempel. Fast die Hälfte aller in
Frage kommenden Werke, nämlich 31, verfügen über handschriftliche Besitz-
vermerke, in 14 Büchern ließen sich Vorbesitzer durch handschriftliche Wid-
mungen ermitteln. In vier Fällen hat die ,,Forschungsabteilung" Exlibris, Be-
sitzstempel und handschriftliche Widmungen absichtlich zerstört, so dass eine
16 Leibl Rosenberg, Spuren und Fragmente. Jüdische Bücher, jüdische Schicksale in
Nürnberg, Nürnberg 2000. Nürnberg: Lost Art-Bücher suchen ihre Eigentümer. In:
BIBLIOTHEKSDIENST 37/4 (2003), S. 501 f.
BIBLIOTHEKSDIENST 37. Jg. (2003), H. 8/9 1063