THEMEN Betriebsorganisation
19. Jahrhundert hinein ohnehin Latein war. Auf diese Weise sind Bibliotheken
zu geistigen und kulturellen Zentren gewachsen. In früheren Jahrhun-
derten gehörten daher Bibliotheksbesuche zum wissenschaftlichen Touristik-
programm eines Gelehrten.
Während in den ersten beiden Dritteln des 20. Jahrhunderts die Bedeutung
der Regionalbibliotheken etwas in den Hintergrund trat, zum Vorteil der Hoch-
schul- und Universitätsbibliotheken, hat es im letzten Drittel des 20. Jahrhun-
derts eine Rückbesinnung auf die ungeheuren kulturellen Schätze gegeben,
die sich in Europa, und auf Grund der besonderen historischen Situation ge-
rade auch in Deutschland, in den Regionen befinden. Einige der neugeschaf-
fenen Bundesländer der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg und die
allerneuesten Bundesländer nach der Wiedervereinigung, die keine Landes-
bibliothek besaßen, entschlossen sich, entsprechende eigene Institutionen zu
gründen oder wieder zu gründen.
Im größeren politischen Rahmen gesehen ist vielleicht zu konstatieren, dass
das Wiederaufblühen der Landesbibliotheken einerseits mit dem Zusammen-
wachsen und der zunehmenden politischen Einheit Europas zusammenhängt,
was auf der anderen Seite wiederum eine Rückbesinnung auf die Region, auf
den kulturellen und geistigen Hintergrund des eigenen Umfelds zufolge hatte.
Die deutschen Regionalbibliotheken entwickelten in den letzten Jahrzehnten
aber nicht nur Konzepte für die Sammlung, Erschließung und Bereitstellung
der historischen und aktuellen Medien, sie unternahmen auch verstärkt An-
strengungen, sich in die weltweite Informationsstruktur einzubinden und sich
zu kulturellen Zentren ihrer Region auszubauen.
Vor diesem Hintergrund ist der Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für
Wissenschaft und Kultur vom 17. Juli 2001 zu verstehen als eine folgerichtige
Umsetzung der Kenntnis von der Bedeutung einer Landesbibliothek für das
Land, wobei diese Bedeutung nicht nur akzeptiert, sondern expressis verbis
auch gefördert werden soll. Im Erlass heißt es dazu: ,,Das Ministerium erkennt
den Wunsch der Universität an, die bibliothekarische Versorgung weitgehend
in die eigene Verantwortung zu übernehmen. Dazu ist es nicht zwingend er-
forderlich, die historisch bedeutsame Niedersächsische Landesbibliothek
(NLB) in die Universität einzugliedern, wie es von den Gutachtern vorgeschla-
gen wird. Vielmehr wird eine Lösung angestrebt, die es der NLB gestattet,
sich ihrerseits verstärkt ihren Kernaufgaben und dem Ausbau zu einer moder-
nen und innovativen Regionalbibliothek zuzuwenden, und andererseits zu der
Universität hinsichtlich der ergänzenden bibliothekarischen Versorgung durch
ihre bisherige Zentralbibliothek in eine Kundendienstleisterbeziehung zu
treten."
1040 BIBLIOTHEKSDIENST 37. Jg. (2003), H. 8/9