Erschließung THEMEN
Heiliger Joseph!
Zu einem Kardinalschreibfehler in deutschen Bibliotheks-
katalogen (falscher *Guiseppe statt richtigem Giuseppe)
Ulrike Hollender
Im letzten Jahrgang des BIBLIOTHEKSDIENST (H. 7/8, S. 868-876) wunderte sich Henning
Klauß, dass Tippfehler in Bibliothekskatalogen bisher nur selten Gegenstand bibliothe-
karischer Diskussion gewesen seien. Der folgende Appell zur Korrektur und künftigen
Vermeidung eines massenhaft auftretenden Buchstabendrehers versteht sich als ein
solcher praxisbezogener Beitrag.
In schätzungsweise jedem vierten deutschen Zeitungsartikel und Internet-
Dokument, in dem der italienische Vorname Giuseppe enthalten ist, taucht der
Fehler auf, sei nun die Rede von Verdi, Arcimboldo oder Garibaldi: Giuseppe
wird falsch geschrieben, nämlich als *Guiseppe, als handele sich um eine Va-
riante von Guido, was dem deutschen Auge offensichtlich vertrauter ist. Be-
merkenswert ist, dass die Buchstaben ,,i" und ,,u" auf der Tastatur direkt ne-
beneinander liegen, was der Tippfehleranfälligkeit Vorschub leistet. Lässt man
die Internet-Suchmaschine Google ,,Seiten auf deutsch" absuchen, findet sie
61.500 Giuseppes und 15.200 *Guiseppes (über 25%). Google ist übrigens
seit neuestem so ,,intelligent", bei der falschen Eingabe zu fragen: ,,Meinten
Sie Giuseppe?". Schränkt man die Suchmaschine auf italienisch-sprachige
Seiten ein, sinkt der Anteil der falschen Schreibweise auf 0,54 % (426.000
richtige gegen 2.330 falsche). Bei genauerem Hinsehen tauchen die meisten
der Falschschreibungen bei offenbar amerikanischen dot-com-Seiten auf, die
italienische Genealogien aufschlüsseln. Die genuin aus Italien stammenden
Seiten weisen nur in den allerwenigsten Fällen den Fehler auf.
Dieses Phänomen fiel mir als Romanistin zunächst auf, dann störte es mich,
später belustigte es mich beinahe und schließlich wurde die Suche danach
fast zum Spiel. Unter bibliothekarischen Gesichtspunkten ist der Fehler ein
Ärgernis, hat sich doch diese falsche Schreibweise massenhaft in bibliotheka-
rische Datenbanken eingeschlichen. Als ich schon vor Jahren eine Düsseldor-
fer Diplombibliothekarin darauf ansprach, widersprach diese und behauptete,
es gebe sehr wohl den Namen in der Schreibweise *Guiseppe neben der
vielleicht üblicheren Form Giuseppe. Und tatsächlich findet sich die falsche
Form in manchen Vornamenbüchern so oft schon wurde der Fehler tradiert,
dass er jetzt schon legitimiert erscheint. Schlägt man hingegen in italienischen
Vornamenbüchern nach, zeigt sich, dass man hier vergeblich nach *Guiseppe
BIBLIOTHEKSDIENST 36. Jg. (2002), H. 4 465