Recht THEMEN
Systematisierung, die Archivierung, die Restaurierung, der dauerhafte Zugang
und nicht zuletzt die Werbung für deutsche Verlagsprodukte kostenlos von
den Bibliotheken geleistet. Die Gewährleistung der Sammelaufträge und den
Zugang zur Information im digitalen Umfeld - unabhängig von wirtschaftlichen
Interessen - erfordert auch in den Bibliotheken wesentliche Investitionen des
Bundes, der Länder und Kommunen. Diese Investitionen führen wirtschaftlich
betrachtet zu qualifizierten Arbeitnehmern, Urhebern, Wissenschaftlern und
nicht zuletzt zu einer hohen Medienkompetenz der Bevölkerung.
Die Kernfrage in dieser Diskussion ist nicht, ob für eine Leistung bezahlt wer-
den soll, sondern vielmehr, ob der lizenzierte Zugang zu elektronischen Wer-
ken für die Bibliotheken noch bezahlbar bleibt, um auch im digitalen Umfeld
das Grundrecht auf ungehinderten Zugang zur Information für jedermann (Art.
5 GG) zu gewährleisten. Auf eine Balance der Interessen kommt es an.
Die derzeitige überwiegend wirtschaftliche Orientierung bei der Argumentation
um den Interessenkonflikt allein auf einzelne Informationsträger, auf Vorrang
des Vertrages und auf Verbote ist genauso untauglich wie die Negation des
Allgemeininteresses. Befürchtungen auf der Verlegerseite, Bibliotheken könn-
ten ihre Waren uneingeschränkt verbreiten, so dass kein Kaufinteresse mehr
vorliegt, sind unnötig. Auch ist die Behauptung der Verleger, dass Bibliothe-
ken nach einmaliger Entrichtung eines Kaufpreises oder einer Lizenzgebühr
aufgrund von Ausnahmeregelungen weltweit als Verbreiter auftreten und da-
durch potenzielle Käufer ausfallen, unbewiesen. Dessen ungeachtet müssen
Bibliotheksvertreter aufhören zu fordern, dass digitale Medien wie analoge
Medien uneingeschränkt durch Bibliotheken verbreitet werden sollen.
Vielmehr sollte eine tragfähige Lösung für die Forderung der Enquete-
Kommission des Deutschen Bundestages ,,Zukunft der Medien in Wirtschaft
und Gesellschaft - Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft" gefun-
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den werden, denn: ,,Auf einen erschwinglichen Zugang zur Information"
kommt es an.
Dazu ist es erforderlich, dass entsprechend dem sozialen Bezug des Urheber-
rechts klare Definitionen des überwiegenden Allgemeininteresses auch im di-
gitalen Umfeld erfolgen und in der Regel für jeden auf dieser Grundlage aner-
kannten Ausnahmetatbestand eine Vergütung folgt, die allen Beteiligten am
Produkt zufließen muss.
7 Erster Zwischenbericht der Enquete-Kommission Zukunft der Medien in Wirtschaft
und Gesellschaft Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft. Drucks.
13/6000, S. 48
BIBLIOTHEKSDIENST 35. Jg. (2001), H. 9 1153