THEMEN Bibliotheken
Doch wie werden die neuen Arbeitsabläufe innerbetrieblich implementiert? Ist
es sinnvoll, eine eigene Abteilung für digitale Informationsangebote zu schaf-
fen, die dann in einem ,,virtuosen Methodenmix" und integriertem Geschäfts-
gang Erwerbungsaufgaben wahrnimmt, d.h. Konsortialverhandlungen führt
und anschließend IP-Adressen je nach Lizenz für die Campusnutzung frei-
schaltet, die Formalerschließung mithilfe von Metadatengeneratoren nach
Dublin Core Standard betreibt, in der Benutzungsabteilung elektronische Me-
dien in interaktiven Onlineschulungen und am virtuellem Referencedesk an
den Wissenschaftler / die Studentin bringt oder für die Sondersammlungsab-
teilung Scanner zur Retrodigitalisierung von Altbeständen beschafft und am
besten auch gleich für die zu digitalisierenden Dokumente softwareseitig ein
optimales Retrieval des beigefügten wissenschaftlichen Apparates garantiert?
Oder sollte man in einer hybriden Bibliothek den Weg verteilter Zuständigkei-
ten im Bestandsmanagement gehen, der eine Bearbeitung der Medien unab-
hängig von ihrer physischen Form vorsieht und es der Erwerbungsabteilung
überlassen, lokaler Ansprechpartner für Konsortialverträge zu sein und Fä-
cherkontingente für Lizenzangebote zu entwickeln? Sollten sich die Katalogi-
sierer einer hybriden Bibliothek neben RAK-WB Spitzfindigkeiten mit der for-
malen Metadatenerschließung befassen, Fachreferenten, nachdem Diplom-
Bibliothekare bereits verbale und klassifikatorische Erschließungsdaten als
Fremdleistungen aus dem Netz ergänzt haben, nur noch Spitzenbestände oh-
ne Fremddaten klassifizieren und verschlagworten, Klassifikationskonkordan-
zen schaffen und Standards für die Indexierung und anschließendes Retrieval
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von Schlagwortansetzungen nach RSWK in Onlinekatalogen entwickeln,
und sich schwerpunktmäßig im Rahmen der Hochschullehre mit der - realen
und virtuellen - Vermittlung von Informationskompetenz durch gestufte fach-
und themengebundene Schulungsangebote befassen? Wie ist der Ablaufplan
für nicht physisch präsente digitale Medien im Geschäftsgang? Wenn künftig,
wie von Bilo gefordert, Anteile der durch Abbestellungen eingesparten Me-
dienmittel für die passive Dokumentdirektlieferung einzelner Aufsätze einge-
setzt werden, anstatt diese Kosten immer auf die Nutzer abzuwälzen, fällt die
Verwaltung des Budgets dann in Zuständigkeit der Erwerbungsabteilung oder
die der Fernleihabteilung? Wie erfährt der Fachreferent, dass ein digitales Le-
xikon auf Erschließung wartet? Über einen bibliotheksinternen Alertingservice
im Intranet? Veränderungen, die konventionelle Abteilungsstrukturen und Rol-
lenverständnisse infrage stellen, sind nicht immer problemlos und schnell um-
42 Wer sich einmal die Diskrepanz von Erschließungsregeln nach RSWK und dem
Retrieval in Onlinedatenbanken vergegenwärtigen möchte, der suche einmal Quel-
len zur Darstellung Londons im viktorianischen Roman über die Schlagworte ,,Eng-
lisch", ,,Roman", "London ", "Geschichte 1800-1900" in den einzelnen Ver-
bundkatalogen und vermittle das anschließend seinen Nutzern.
1050 BIBLIOTHEKSDIENST 35. Jg. (2001), H. 9