Recht THEMEN
(animus socii), aber nicht den Täterwillen (animus auctoris). Aber Vorsicht
vor voreiligen Schlüssen! Eines der ehernen Gesetze der strafrechtlichen
Fallbearbeitung besagt, dass als Erstes stets die Täterschaft geprüft werden
muss; die Teilnahme darf erst untersucht werden, wenn die Täterschaft aus-
zuschließen ist. Es kann nämlich sein, dass ein typisches Teilnahmeelement,
das Handeln zugunsten eines anderen, vom Gesetzgeber zum Bestandteil
des Tatbestandes einer Haupttat gemacht wird. Und genau das ist hier der
Fall: Nach § 331 Abs. 1 StGB genügt es, wenn ,,für die Dienstausübung" ein
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Vorteil ,,für einen Dritten" in Frage kommt . Das Besondere im vorliegenden
Fall ist, dass der Dritte, der unmittelbar Begünstigte, der Professor, selbst den
Tatbestand des § 331 StGB erfüllt. Also prüfen wir den Tatbestand des § 331
StGB daraufhin durch, ob der Bibliothekar ihn erfüllt:
· ,,Amtsträger": Der Bibliothekar einer Universitätsbibliothek ist ein Amtsträ-
ger des öffentlichen Dienstes, wobei es nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB keine
Rolle spielt, ob er in einem Beamtenverhältnis steht oder als Angestellter
tätig ist;
· ,,fordert" einen Vorteil: Der Bibliothekar begehrt zwar das Freiabonnement
ausdrücklich, aber der Vertragspartner hatte die Leistung selbst bereits
angeboten. Dies wird deutlich in der weiteren Tatbestandshandlung
· ,,sich versprechen lässt": Das Angebot einer künftigen Leistung wird auch
seitens der Bibliothek ausdrücklich angenommen in Gestalt der angebote-
nen Lieferung eines Freiabonnements;
· ,,annimmt": Dies läge erst vor, wenn eine angebotene Leistung (Freiabon-
nement) tatsächlich empfangen wird. Dies ist im vorliegenden Fall noch
nicht geschehen.
Bei diesen drei Handlungsmöglichkeiten wird deutlich, dass auch hier
wie im Falle der Täterschaft und Teilnahme vom Gesetzgeber die
Strafbarkeitsgrenze vorverlagert worden ist: Typische Versuchshandlun-
gen wie ,,fordern" und ,,sich versprechen lassen" werden einer typischen
Vollendungshandlung wie ,,annehmen" gleichgestellt. Schon im Vorfeld
soll also die Korruption bekämpft werden, ehe es zu Vermögensver-
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schiebungen kommt . Im vorliegenden Fall wurde das Institutionen-
Abonnement plus Freiabonnement aufgrund des Verlagsprospekts be-
stellt. Dies ist ein Fall von ,,sich versprechen lassen", der vollendet ist,
21 Vgl. § 242 StGB: ,, ... in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten
rechtswidrig zuzueignen".
22 ,,Fordern" und ,,sich versprechen lassen" gehen dabei in der Annahme des Vorteils auf,
sog. tatbestandliche Handlungseinheit, [Tröndle]/Fischer, Strafgesetzbuch, 50. Aufl.
2001, § 331 Rz. 30, wenn es zur konkreten Annahme der Sache kommt.
BIBLIOTHEKSDIENST 35. Jg. (2001), H. 6 733