THEMEN_________________________ Betriebsorganisation
Das Regelwerk ist noch heute an der Vorstellung von Zettel- und Li-
stenkatalogen orientiert. Der Ruf der Katalogexperten nach Definition von
Problembereichen hat die Zahl der Regelwerksparagraphen und ihre inhaltli-
che Komplexität fast stetig gesteigert. Katalogisierer müssen daher bei der
(Verbund-)Katalogisierung als Konsequenz dieser Entwicklung immer neue
Regeln beachten und immer mehr Kategorien ausfüllen, um eine eineindeutige
Titelaufnahme zu erstellen, die dann wiederum nicht selten von Kollegen in
anderen Bibliotheken mit Hinweis auf das Regelwerk wieder in Frage gestellt
wird.' Unter dem Aspekt der anscheinend notwendigen verbundweit erforderli-
chen einheitlichen Regelwerksinterpretation sind m. W. bisher immer verbind-
liche Regelwerke auf Verbundebene entstanden nach denen die vorhandenen
oder neu anzulegenden Titelaufnahmen vereinheitlicht werden. So ist auch zu
erklären, warum mit nicht unbeträchtlichem Aufwand selbst die Aufnahmen
der Deutschen Bibliothek teilweise verbundkonform verändert werden. Was
ist damit aber gewonnen? Nach arbeitszeitintensiver Katalogisierung gewäh-
ren die OPACs dem Benutzer, für den wir alle unsere Arbeitskraft einsetzen,
einen Blick auf eine wesentlich komplexitätsreduzierte Trtelaufnahme im ISBD-
Format. Dabei lassen wir uns von der Erkenntnis leiten, daß es dem Benutzer
wohl letztlich nicht auf spitzfindige Unterscheidungen von Kategorien an-
kommt, sondern darauf, daß seine Recherche zum Erfolg führt. Dem Benutzer
ist letztlich sehr häufig gar nicht klar, daß Bibliothekare sehr differenziert die
Informationen erfassen. Im OPAC erhält der Benutzer beispielsweise die Re-
cherchekategorie Titelstichwörter. Daß der Bibliothekar aber zuvor u. a. fol-
gende Kategorien erst mehr oder weniger mühsam differenziert hat: Titel,
Zusatz zum Sachtitel, Paralleltitel, etc. bleibt dem Benutzer aus guten Grün-
den verborgen: erstens interessiert ihn das gar nicht, und zweitens würde er
es ohne Benutzerschulung ohnehin kaum verstehen.
Diese Aspekte zeigen bereits recht deutlich, daß Rationalisierungsreserven im
Bereich der Formalkatalogisierung zwar theoretisch, derzeit nicht aber fak-
tisch existieren.
1.2 Erwerbung
In der Organisation der Erwerbungsdienststellen hat sich in den vergangenen
Jahren in sehr vielen Bibliotheken ein rascher Wandel vollzogen. Waren noch
in den siebziger und achtziger Jahren bei der Monographienakzession diverse
Bestellkataloge und in der Zeitschriftenakzession der Kardex zu pflegen, so
sind heute häufig EDV-Systeme im Einsatz. Das Ausfertigen von konventionel-
len Bestelldatensätzen auf Durchschreibesätzen prägte lange das Bild. Heute
werden zumeist elektronische Bestellkatalogisate angelegt und - sofern die
1890 BlBLIOTHEKSDIENST 30. Jg. (1996), H. 11