THEMEN __________________________________ Beruf
2.3.5 Projektarbeit
Besonderes Gewicht bei der Reformierung der Ausbildung kommt der praxis-
und problemorientierten Projektarbeit zu. In einem Projekt arbeiten die Studie-
renden selbständig und legen den Verlauf eigenverantwortlich fest. Die Rolle
der Dozenten geht eher in Richtung Moderationstätigkeit und Trouble Shoo-
ting. Sie ziehen sich zurück, lassen durchaus auch Mißerfolgserlebnisse zu
und greifen erst im Notfall ein. Die Themen können fächerübergreifend sein
und von Dozenten oder den Studierenden selbst vorgeschlagen werden.
Konkrete Aufträge aus der Privatwirtschaft sollten dabei an Selbstver-
ständlichkeit gewinnen.
Zwei Beispiele:
· In Hannover nahm ein sehr eindrucksvolles Projekt zwei Jahre in An-
spruch. Auftraggeber war die Bibliothek des Landessportbundes. Im 1.
Jahr sichteten die Studierenden den Bestand der Bibliothek und systema-
tisierten ihn. Außerdem richteten sie die Bibliothek neu ein. Im 2. Jahr de-
finierten sie ein Regelwerk, anhand dessen sie den Bestand -10.000 Bän-
de plus Zeitschriften - in einer Datenbank erschlossen.Sie wählten ein
Ausleihsystem aus und führten die Ausleihverbuchung ein.
· In Stuttgart wurde ein Mammutprojekt gemeinsam von zwölf Studierenden
durchgeführt.Sie organisierten unter Leitung von zwei Professoren einen
internationalen Kongreß.Die Organisation beinhaltete alles von der Kon-
zepterstellung und der Akquirierung der Referenten, über Fund Raising,
Sponsoring, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bis hin zur Eröffnung des
Kongresses und der Moderation der einzelnen Veranstaltungen.
Die genannten Projekte sind als geglückt und didaktisch richtungsweisend zu
bezeichnen. Die Studierenden bewiesen, daß sie mehr können als nur den
Worten eines Dozenten lauschen. Derartig umfangreiche Projekte fordern und
fördern das Engagement und die Motivation der Studenten weit über das
normale Maß hinaus, sie sind daher in der internen Ausbildung schon aus
Zeitgründen kaum möglich.
2.4 Resümee
Die interne Ausbildung wird von maßgeblichen Gremien in Deutschland als
nicht mehr zeitgemäß beurteilt. Frankfurt und München haben derzeit den-
noch keine Ambitionen, sie zugunsten eines externen Studiums aufzugeben.
Immerhin wird an diesen beiden Fachhochschulen versucht, innerhalb des
vorgegebenen, sehr engen Rahmens, die Ausbildung zu modernisieren, z.B.
durch Reduzierung des Pflichtstundenanteils, Erhöhung der Stundenzahl für
EDV-bezogene Übungen und Einführung kleinerer unbenoteter Projekte.
1880 BIBLIOTHEKSDIENST 30. Jg. (1996), H. 11