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den. Hieraus erhielt die Bibliothek in der Folgezeit weitere umfangreiche Be-
stände. Eine Aufstellung von 1841 vermerkt die Eingliederung von 183.500
Büchern aus dem Zwischenlager in die Nationalbibliothek, darunter 1.394
griechische und hebräische, 84.859 lateinische, 30.168 portugiesische, 33.004
spanische, 22.061 französische und 5.213 italienische Bücher sowie 232
Chor-Bücher, 2.211 liturgische Bücher und 4.391 Broschüren und Blätter. Zu
den wichtigsten Erwerbungen dieser Jahre gehören die wertvollen Handschrif-
ten aus dem Kloster Alcobaça wie das Werk ,,De numeris" von Rabanus
Maurus aus dem 13. Jahrhundert, aber auch das Monumentalwerk über die
Vogelwelt Nordamerikas ,,Birds of America" von John James Audubon
(London 1827 -1838). José Feliciano de Castilho, Direktor von 1843 bis 1846,
veröffentlichte 1844 und 1845 die ersten gedruckten Kataloge über Teilbe-
stände der Nationalbibliothek: Katalog der Werke des 15. Jahrhunderts, Kata-
log der Sammlungen Bodoni und Elzevier, Katalog der Bibeln sowie einen
Katalog der seltenen und Pracht-Werke.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde eine Neuorganisation des
Bibliothekswesens erforderlich. Das Dekret vom 29.12.1887 schuf eine über-
geordnete Generaldirektion der Bibliotheken und öffentlichen Archive, regelte
durch die Einführung von Lehrgängen für Bibliothekare und Archivare eine
bibliothekarische Ausbildung und führte das Prinzip der thematischen Abtei-
lungen in der Nationalbibliothek ein. Ihr Bestand belief sich in dieser Zeit auf
195.000 Bände und 9.854 Manuskripte. Die Veröffentlichung von Katalogen
und Inventarverzeichnissen ebenso wie die Durchführung verschiedenster
Ausstellungen machten den erworbenen Bestand auch der Öffentlichkeit
bekannt.
Mit Jaime Cortesäo als Bibliotheksdirektor und unter Mitarbeit von Raul Pro-
ença erfolgte ab 1919 eine grundsätzliche Reform in der Bibliotheksverwal-
tung. So führten sie 1919 einheitliche Katalogregeln ein und schufen einen
Gesamtkatalog portugiesischer Bibliotheken. Von 1920 bis 1931 erschien vier-
teljährlich die von der Nationalbibliothek herausgegebene Zeitschrift ,,Anais
das Bibliotecas e Arquivos", 1923 eine Bibliographie der portugiesischen
Bibliographien und 1926 eine Bibliographie der in Portugal gedruckten Werke
des 16. Jahrhunderts. Gleichzeitig mit diesem Aufbruch erlebte die Bibliothek
aber auch eine Gefährdung ihres Bestandes durch mehrere schwere Dieb-
stähle, inadäquate Lagerung und durch Insekten, die Handschriften und
Druckwerke zerstörten. Eine Ausstellung 1920, die die Öffentlichkeit auf die
Mißstände in der Nationalbibliothek aufmerksam machen sollte, gab neben
den Handschriften auch 600.000 bis 700.000 Druckwerke als gefährdet an.
Ein Jahr darauf bestätigte eine Bibliothekskommission, daß ein Neubau der
Nationalbibliothek erforderlich sei.
1642 BlBLIOTHEKSDIENST 30. Jg. (1996), H. 10